Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 423

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 423 (NJ DDR 1956, S. 423); die Unterscheidung zwischen den, besonders nach dem zweiten Weltkrieg verschiedentlich vollzogenen Nationalisierungen in westlichen Ländern und den sozialistischen Nationalisierungen. In beiden Fällen findet eine Verstaatlichung nicht nur einzelner Objekte, sondern ganzer Wirtschaftszweige statt; aber die sozialistischen Nationalisierungen unterscheiden sich quantitativ und qualitativ, ökonomisch und juristisch von den Nationalisierungen westlicher Länder. Während es sich bei den letzteren vor allem nur um einen Wechsel des Subjekts des Eigentumsrechts handelt, werden bei den sozialistischen Nationalisierungen das Wesen des Eigentums selbst und damit zugleich auch das Wesen der ganzen Rechtsordnung geändert. Vom internationalen Standpunkt aus werfen die sozialistischen Nationalisierungen, die Bystricky näher untersuchte, zwei Hauptfragen auf: Ist der nationalisierende Staat zur Entschädigung der früheren Eigentümer, d. h., vor allem soweit es sich um Ausländer handelt, verpflichtet? Und: Äußern die Nationalisierungsmaßnahmen auch außerhalb des Territoriums des nationalisierenden Staates Rechtswirkungen? Die erste Frage gehört im wesentlichen dem Völkerrecht an. Ausgehend von dem souveränen Recht jedes Staates, die Bedingungen der Nationalisierung selbst zu bestimmen, wies Bystricky nach, daß entschädigungslose Enteignungen faktisch auch in kapitalistischen Staaten unbeanstandet vorgenommen worden sind, z. B. in Form der Geldentwertung und der Monopolisierung bestimmter Gewerbe. Auch die internationale Vertragspraxis beweist, daß keine allgemein anerkannte Völkerrechtsnorm existiert, wonach die Zulässigkeit der Enteignung oder die Wirksamkeit von Enteignungsmaßnahmen an die Zahlung einer Entschädigung geknüpft wäre. Weder existieren für die Ewigkeit bestehende „wohlerworbene Rechte“ (vested rights, droit acquis), noch können Ausländer eine andere Behandlung verlangen als die Staatsangehörigen des nationalisierenden Staates. Unmittelbar dem internationalen Privatrecht dagegen gehört die zweite Frage nach den Auslandswirkungen der Nationalisierung an. In dieser Frage hat sich bekanntlich in den westlichen Ländern eine unterschiedliche Praxis herausgebildet, je nachdem, ob sich die nationalisierten Gegenstände zur Zeit der Nationalisierung auf dem Territorium des nationalisierenden Staates befanden und erst später ins Ausland gebracht wurden oder ob sie sich von vornherein im Ausland befanden. Bystricky zeigte anhand zahlreicher Entscheidungen, daß die Mehrzahl der westlichen Länder die extra-territorialen Wirkungen der Enteignung bei der ersten Kategorie von Gegenständen anerkennt und daß im Grunde nur die Gerichte Westdeutschlands nach dem zweiten Weltkrieg (im Gegensatz zur deutschen Praxis nach dem ersten Weltkrieg!) und die Gerichte Frankreichs sich der Anerkennung der Nationalisierungen in diesem Fall entgegenstellen, obwohl sich in Frankreich anläßlich des bekannten Falles der sowjetischen Ausstellung von Picasso-Bildern aus dem Jahre 1954 eine gewisse Tendenz zur Anerkennung der Realität abzeichnet. In bezug auf die fast durchgängige Nichtanerkennung der Erstreckung von Nationalisierungswirkungen auch auf das Auslandsvermögen nationalisierter Unternehmen wies Bystricky nach, daß diese Ablehnung den eigenen Kollisionsnormen der westlichen Länder über das Schicksal des Vermögens juristischer Personen denn darum handelt es sich gewöhnlich widerspricht. Er beschäftigte sich auch mit den verschiedenen Argumenten, die gegen die Anerkennung ins Feld geführt werden, der Qualifikation der Nationalisierungsmaßnahmen als Strafgesetze oder als nicht anwendbares „öffentliches Recht“, der beschränkten Auslegung der Nationalisierungsvorschriften, die angeblich einen stillschweigenden renvoi auf das ausländische Recht enthalten, und mit der unberechtigten Heranziehung der Vorbehaltsklausel. Schließlich befaßte Bystricky sich mit einem speziellen, besonders wichtigen Komplex aus dem Gebiet der Nationalisierung, der Nationalisierung von Waren- zeichen, wobei er seine Beispiele interessanterweise zu einem erheblichen Teil aus dem Bereich der Enteignung von Kriegs- und Naziverbrechern in der DDR und daneben natürlich auch aus der Nationalisierung in der CSR wählte. Gestützt auf die Zugehörigkeit des Warenzeichens zu dem nationalisierten Unternehmen und die sog. Akzessorietät der Marke, die das Schicksal des Unternehmens teilt, konnte Bystricky die Fehlerhaftigkeit der Entscheidungspraxis . nachweisen, die dem nationalisierten Unternehmen die Fortführung der Marke untersagt. Verständlicherweise war die Diskussion über dieses Thema besonders lebhaft. Oberrichter B e n k ö vom Obersten Gericht der Ungarischen Volksrepublik ergänzte einerseits die Ausführungen Bystrickys durch einige ungarische Erfahrungen auf dem Gebiet der Nationalisierungen, andererseits wendete er sich gegen einige der Thesen Bystrickys, u. a. gegen die seiner Ansicht nach vom Standpunkt des internationalen Privatrechts, wenn auch natürlich nicht vom ökonomischen und politischen Standpunkt, unbegründete Unterscheidung zwischen bürgerlicher und sozialistischer Nationalisierung, die er vor allem im Hinblick auf die Nationalisierung in ehemals kolonialen Ländern für überflüssig hielt. Rechtsanwalt Sarraute skizzierte ein Abbild der französischen Praxis, das seiner Ansicht nach nur geringe Hoffnung auf Verwirklichung der von Bystricky dargelegten Konzeption bot, die er deshalb auch als zu optimistisch einschätzte. Ansatzpunkte für eine Veränderung in der französischen Praxis sah er nur in der bekannten französischen Lehre von der schwächeren Wirkung des ordre public, soweit es sich um „droits acquis“ handelt. x Im Gegensatz dazu bestätigten verschiedene Diskussionsredner die Meinung von Prof. Bystricky, wobei sich Prof. L u n z und Dozent W i e m a n n (Humboldt-Universität Berlin) vor allem auf praktische Gesichtspunkte stützten, während Rechtsanwalt Ledermann (Frankreich) seinen längeren „optimistischen“ Beitrag hauptsächlich mit Stellen aus einem der extraterritorialen Wirkung von Nationalisierungen zustimmenden Gutachten des Dekans der juristischen Fakultät der Sorbonne, Prof. Julliot de la Morandiere, belegte. In seiner zusammenfassenden Stellungnahme unterstrich Rechtsanwalt Sarraute, der Berichterstatter der Kommission, daß die Verwirklichung der von Bystricky dargelegten Rechtsgrundsätze in hohem Maße wünschenswert wäre. Übereinstimmung herrschte in der Kommission hinsichtlich der rechtlichen Stellung von staatlichen Außenhandelsunternehmen der sozialistischen Staaten. Hier stand die abgesonderte Vermögenshaftung dieser als juristische Personen organisierten Unternehmen im Vordergrund. Nach grundlegenden Ausführungen von Richter Gross vom Obersten Gericht der Volksrepublik Polen unterstrich Prof. Knapp, daß die Außenhandelsunternehmen, obwohl sie als juristische Personen auftreten und Rechtsgeschäfte im eigenen Namen abschließen, mit staatlichem sozialistischem Eigentum arbeiten. Dieses Eigentum genießt grundsätzlich Immunität gegen ausländische Zwangsvollstreckung. Knapp führte aus, daß in der Organisation der Außenhandelsunternehmen ein gewisser Verzicht auf diese Immunität liegt. Durch die Organisation der Außenhandelsunternehmen als juristische Personen verzichtet der sozialistische Staat insoweit auf dieses Immunitätsrecht, als er die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Außenhandelsunternehmens wegen der gegen dieses Unternehmen gerichteten Forderungen gestattet. Jede Zwangsvollstreckung in das Vermögen der juristischen Person wegen einer gegen den Staat als Zivilrechtssubjekt gerichteten Forderung oder wegen einer Forderung, die gegen eine andere staatliche juristische Person gerichtet ist, widerspricht dagegen dem Prinzip der Immunität. Bei völliger Billigung der Ansichten Knapps, die wohl sogar zu noch weitergehenden Schlußfolgerungen über das Gebiet der Zwangsvollstreckung hinaus berechtigen, legte W i e m a n n dar, daß das gleiche Ergebnis auch dann aus den allgemeinen Kollisions- 423;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 423 (NJ DDR 1956, S. 423) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 423 (NJ DDR 1956, S. 423)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen Staatssicherheit sind im Sinne der Gemeinsamen Anweisung über den Vollzug der Unter- suchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Organisierung, Durchführung und des Besucherverkehrs in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Vertrauliche Verschlußsache Gemeinsame Festlegung der Leitung des der НА und der Abteilung zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung Verhafteter und Strafgefangener in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Damit die Hausordnung den in der Forschungsarbeit nachgewieeenen höheren gegenwärtigen und perspektivischen Erfordernissen an die Untersuchungshaft Staatssicherheit zur Gewähr leistung der Ziele der Untersuchungshaft ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die sundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eine hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt verfügten und diei linen bei Besuchen mit Familienangehörigen und anderen Personen übergeben wurden, zu garantieren. Es ist die Verantwortung der Diensteinheiten der Linie für die Gesamt aufgabenstellung Staatssicherheit . Diese hohe Verantwortung der Linie ergibt sich insbesondere aus der im Verlaufe der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens und aus der vor und während der Bearbeitung des Forschungsvorhabens gewonnenen Ergebnisse, unter anderem auch zur Rolle und Stellung der Persönlichkeit und ihrer Individualität im Komplex der Ursachen und Bedingungen für das Zustandekommen von feindlich-negativen Einstellungen und ihres Umschlagens in staatsfeindliche Handlungen nicht vorgegriffen werden soll. Ausgehend vom Ziel der Forschung, zur weiteren Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung Staatssicherheit bei der Vorbeugung und Bekämpfung der Jugendkriminalität, allen Bestrebungen und Aktivitäten, Jugendliche und Jungerwachsene auf feindliche oder negative Positionen zu ziehen, stärkere Aufmerksamkeit zu widmen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X