Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 410

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 410 (NJ DDR 1956, S. 410); Ähnliches gilt für die Zeit, die zwischen der fristgerechten Einlegung eines Rechtsmittels und seiner Zurücknahme durch den Angeklagten verstreicht. Auch in diesen Fällen handelt es sich doch in aller Regel nicht um eine Maßnahme der Prozeßverschleppung. Darüber hinaus kann man dafür, daß auch die während dieser Zeit erlittene Untersuchungshaft auf die zu vollstreckende Freiheitsstrafe anzurechnen ist, folgenden Umstand heranziehen: Soweit das Rechtsmittelgericht gemäß § 284 StPO die eingelegte Berufung wegen offensichtlicher Unbegründetheit verwirft, geht es hinsichtlich der Anrechnung einer evtl, weiteren Untersuchungshaft von dem in § 219 Abs. 2 StPO aufgestellten Grundsatz aus, d. h. es rechnet in der Mehrzahl aller Fälle die weitere Untersuchungshaft an. Es ist nun nicht einzusehen, warum der Angeklagte, der hinsichtlich seiner eingelegten Berufung auf Grund einer gründlichen Überlegung zu dem gleichen Ergebnis gelangt wie das Rechtsmittelgericht und der daher seine Berufung selbst zurücknimmt, schlechter gestellt werden soll, als wenn das Rechtsmittelgericht diese Entscheidung, sei es durch Verwerfungsbeschluß (§ 284 StPO) oder durch Urteil (§ 290 Abs. 2 Buchst, a StPO), trifft. Die Ursachen für diese Mängel, die sich bei der Anwendung des Gesetzes ergeben, liegen letzten Endes darin, daß das Gesetz nur die Anrechnung der Untersuchungshaft regelt, die der Verurteilte nach den in § 335 StPO genannten Zeitpunkten erleidet. Das Gesetz sagt nichts darüber, wie mit der Untersuchungshaft zu verfahren ist, die zwischen der Verkündung des Urteils und den in § 355 StPO genannten Zeitpunkten des Eintritts der Rechtskraft des Urteils liegt. Die Praxis schließt einfach aus § 335 StPO, daß diese Untersuchungshaft nicht anzurechnen sei. Das ist unserer Auffassung nach nicht richtig. Eine solche Auslegung des § 335 StPO bedeutet zugleich, daß das Verbot der Straferhöhung (§ 277 StPO) wenn auch nicht direkt, so doch in einem weiteren Sinne umgangen wird. Da es sich hier praktisch um die Lösung einer Frage handelt, die das Gesetz nicht regelt, sind wir der Meinung, daß es richtig wäre, sie durch eine Richtlinie des Obersten Gerichts mit folgendem Inhalt zu klären: 1. Aus § 335 StPO folgt die Verpflichtung der Vollstreckungsorgane, auf die zu vollstreckende Freiheitsstrafe unverkürzt die Untersuchungshaft anzurechnen, a) die der Angeklagte erlitten hat, seit er auf Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet oder das eingelegte Rechtsmittel zurückgenommen hat oder seitdem die Einlegungsfrist abgelaufen ist, ohne daß er eine Erklärung abgegeben hat; b) die der Angeklagte erlitten hat, weil er sich nach dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils noch in der Untersuchungshaftanstalt oder auf dem Transport zur Vollstreckungsanstalt befindet. 2. Die Untersuchungshaft, die der Angeklagte von der Urteilsverkündung an bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. bis zu einem durch ihn erklärten Verzicht verbüßt, wird von der Entscheidung, die das erstinstanzliche Gericht gemäß § 219 Abs. 2 StPO fällt, mit umfaßt. 3. Soweit der Angeklagte ein form- und fristgerecht eingelegtes Rechtsmittel zurücknimmt, ist das Rechtsmittelgericht verpflichtet, durch Beschluß über die Anrechnung bzw. Nichtanrechnung der bis zur Zurücknahme erlittenen Untersuchungshaft zu entscheiden. RICHARD SCHINDLER, Dozent an der Deutschen Akademie für Staatsund Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ Soll eine Prozeßauswertung in der Presse mit Nennung des Namens des Angeklagten erfolgen? I In einer Richterdienstbesprechung führte ein Kreisgerichtsdirektor aus, daß es nicht richtig sei, in der Presse Urteile mit voller Namensnennung des Angeklagten zu veröffentlichen. Dadurch lege man dem Angeklagten nach seiner Haftentlassung gewisse Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche in den Weg. Der Kreisgerichtsdirektor warf die Frage auf, welches Gesetz es uns erlaube oder uns die Möglichkeit gebe, auch in anderen Fällen als denen des § 242 StPO Urteile öffentlich bekanntzugeben. M. E. ist es grundsätzlich falsch, eine Prozeßauswertung durch Presseberichterstattung mit einer öffentlichen Urteilsbekanntgabe gemäß § 242 StPO gleichzusetzen. Die Staatsanwaltschaft nimmt ständig Prozeßauswertungen in der Presse mit voller Namensnennung vor, soweit es sich nicht um Jugendstrafsachen handelt. Zur Begründung möge folgendes dienen: Grundsätzlich sind die Gerichtsverhandlungen öffentlich; das bedeutet, daß bereits der gefällte Urteilsspruch in die Öffentlichkeit dringt und daß die interessierten Kreise sich informieren können. Welches Gesetz verbietet uns, dann auch eine öffentliche Auswertung des Verfahrens mit Namensnennung in der Presse vorzunehmen? Ein solches Gesetz gibt es nicht. Um die Tatsache, daß manche Angeklagte gerade diese Veröffentlichung in der Presse um jeden Preis vermeiden möchten, beweist m. E. den hohen erzieherischen Wert solcher Presseauswertungen. HEINZ KLITZSCH, Staatsanwalt des Bezirks Karl-Marx-Stadt II Klitzsch ist darin zuzustimmen, daß eine Prozeßauswertung in der Presse nicht mit einer öffentlichen Bekanntmachung des Urteils gemäß § 242 Abs. 2 StPO als prozessualer Maßnahme vergleichbar ist. In diesem Zusammenhang wichtig ist aber vor allem die in strafrechtlichen Einzelgesetzen und einzelnen Paragraphen des StGB vorgesehene öffentliche Bekanntmachung von Urteilen als materiell-rechtliche Bestimmung (zum Beispiel § 18 WStVO, § 285a StGB). Dagegen fehlt sowohl im Strafgesetzbuch als auch in wichtigen strafrechtlichen Einzelgesetzen (z. B. Gesetz zum Schutze des Volkseigentums und anderen gesellschaftlichen Eigentums, Gesetz zum Schutze des innerdeutschen Handels) eine generelle Bestimmung über die öffentliche Bekanntmachung von Urteilen als Zusatzstrafe. Im Gegensatz dazu kennt z. B. das Strafgesetzbuch der CSR in § 54 eine derartige allgemeine Bestimmung. Eine durch das Gericht angeordnete Veröffentlichung des Urteils verstärkt einmal dessen erzieherische Wirkung auf den Verurteilten selbst, zum anderen aber auch auf andere rückständige Bürger. Die erzieherische Funktion des Urteils wird dadurch auf einen größeren Personenkreis ausgedehnt. Aus diesem Grunde sieht der Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Strafgesetzbuchs eine Bestimmung vor, nach der das Gericht die öffentliche Bekanntmachung des Urteils in allen Strafsachen anordnen kann. Es wird jeweils sorgfältig zu prüfen sein, ob ein derartiger Ausspruch geboten ist und ob dadurch die erzieherische Wirkung des Urteils verstärkt werden kann. Die verschiedensten Umstände, z. B. besonders leichtfertiges Verhalten des Täters, Häufigkeit derartiger Straftaten, können für eine öffentliche Bekanntmachung, die auch auf verschiedene Art, z. B. durch die Presse, in einer Hausversammlung usw., erfolgen kann, maßgebend sein. Aus diesen nur angedeuteten Gesichtspunkten ergibt sich, daß die Auswirkungen der öffentlichen Bekanntmachung auf den Verurteilten und die Bevölkerung vom Gericht sorgfältig zu prüfen sind. Damit wird gleichzeitig auch die Abgrenzung zur Prozeßauswertung in der Presse erkennbar. Im allgemeinen wird ein Urteil nur einem relativ kleinen Personenkreis bekannt. Das durch die Presse ausgewertete Urteil gelangt dagegen einer bedeutend größeren Anzahl von Personen, nämlich allen Lesern, zur Kenntnis. Es ist deshalb bedenklich, insbesondere in den örtlichen Presseorganen eine Auswertung mit voller Namensnennung vorzunehmen, weil dadurch unerwünschte, mit dem Sinn und Zweck der Bestrafung nicht mehr vereinbare Reaktionen sowohl bei den Bürgern als auch bei dem Verurteilten hervorgerufen werden können. Deshalb sollte die volle Namensnennung bei solchen Verfahren, die nur in der örtlichen Presse ausgewertet werden, unterbleiben. Als Maßstab für eine weitergehende Auswertung sollte eine evtl, durch das Gericht angeordnete öffentliche Bekanntmachung des Urteils in der Presse dienen. HELMUT SCHMIDT, Hauptreferent im Ministerium der Justiz 410;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 410 (NJ DDR 1956, S. 410) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 410 (NJ DDR 1956, S. 410)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Positionen herausgebildet, gesellschaftswidrige Verhaltensweisen hervorgerufen oder verstärkt und feindliche Handlungen ausgelöst werden können, um langfristig Jugendliche im Sinne konterrevolutionärer Veränderungen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung liegenden Ursachen und Bedingungen und den noch innerhalb der und anderen sozialistischen Staaten existierenden begünstigenden Bedingungen für die Begehung von zu differenzieren. Im Innern liegende begünstigende Bedingungen für die Schädigung DDE. für den Mißbrauch, die Ausnutzung und Einbeziex Dürrem der in eine Feindtätigkeit? - Wo sind Lücken und Schwächsteilen, im Sicherungssystem der Untersueuungshaftanstalt? Realo Einschätzung der zur Verfügung stehenden Zeit grundsätzlich bis maximal am darauffolgenden Tag nach der Verhaftung zu realisieren, bedarf es einer konsequenten Abstimmung und Koordinierung der Maßnahmen aller beteiligten Diensteinheiten. Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der sind vielfältige Maßnahmen der Inspirierung feindlich-negativer Personen zur Durchführung von gegen die gerichteten Straftaten, insbesondere zu Staatsverbrechen, Straftaten gegen die staatliche Ordnung und Sicherheit. Die wesentlichste Angriffsrichtung bei staatsfeindlicher Hetze und anderen Straftaten gegen die innere Ordnung bestand in der Diskreditierung der Staats- und Gesellschaftsordnung der gerichtet ist. Mit besonderer Sorgfalt sind alle objektiven und subjektiven Umstände sowie auch die Ursachen und edingunren dei Tat aufzuklären und zu prüfen, die zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher kommt insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der anzugreifen oder gegen sie aufzuwiegeln. Die staatsfeindliche hetzerische Äußerung kann durch Schrift Zeichen, bildliche oder symbolische Darstellung erfolgen.

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