Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 391

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 391 (NJ DDR 1956, S. 391); 1. Nachdem eine beträchtliche Zahl von Strafgefangenen in letzter Zeit zur Entlassung gekommen ist und weitere Entlassungen bevorstehen, ergeben sich Möglichkeiten, alle arbeitsfähigen Strafgefangenen in den Arbeitsprozeß einzureihen. Dieses Ziel soll im III. Quartal im vollen Umfange erreicht werden. 2. Der erzieherische Zweck des Strafvollzugs ist mehr in den Vordergrund zu rücken. Solche Maßnahmen, wie die Behandlung der Strafgefangenen, die An- wendung von Hausstrafen usw. im Strafvollzug müssen diesem Zweck dienlich sein und sind auf ihren erzieherischen Wert hin zu überwachen. 3. Es ist notwendig, im Rahmen der Kontrollen Einsicht in die von der Abteilung SV ergangenen Instruktionen und Weisungen zu nehmen. 4. Überprüfung der ärztlichen Betreuung in den Anstalten und Einleitung von Maßnahmen, diese zu gewährleisten, sofern Mängel zu verzeichnen sind. Neuordnung des Fahndungswesens Von HANS-JOACHIM BODEN, Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der DDR Die von der 3. Parteikonferenz der SED für die weitere Festigung unserer sozialistischen Gesetzlichkeit gestellten Aufgaben haben zur gründlichen Prüfung der Ergebnisse der bisherigen Rechtsprechung und der Durchführung von Ermittlungsverfahren geführt. Dabei war es notwendig, dem Fahndungswesen in dem in der Vergangenheit oftmals unbeweglich und ohne Berücksichtigung der besonderen Situation in Deutschland gearbeitet wurde, besondere Beachtung zu schenken. Die in der Konferenz der Richter und Staatsanwälte in Berlin und in den Bezirkskonferenzen getroffenen Feststellungen, daß in der zurückliegenden Zeit oftmals in Ermittlungsverfahren Haftbefehle beantragt und vom Gericht erlassen wurden, die ihre Rechtfertigung nicht in der strafbaren Handlung fanden, sondern allein die auf Grund der Spaltung unseres Vaterlandes ge-gegebenen leichteren Fluchtmöglichkeiten als Grundlage für die Inhaftierung annahmen, treffen in vollem Umfang auch auf die bisherige Einleitung von Fahndungen zur Verhaftung zu. Durch diese formale Handhabung kam es in vielen Fällen dazu, daß Bürger, die unsere Republik illegal verlassen hatten, zur Verhaftung ausgeschrieben und dadurch an der von ihnen geplanten Rückkehr gehindert wurden. So war es bisher Praxis, in den Fällen, in denen eine Republikflucht vorlag und dabei optische Geräte mit nach Westdeutschland genommen worden waren, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und den Flüchtigen zur Verhaftung auszuschreiben. Als Beispiel seien dafür zwei Verfahren, die beim Staatsanwalt des Kreises Zwickau anhängig waren, genannt: Gegen den republikflüchtigen Bäckermeister Arno G. leitete man ein Ermittlungsverfahren ein, weil er einen Fotoapparat Marke „Praktika FX“ mit Tessar mitnahm, den er sich lVz Jahre vorher gekauft hatte. Der Staatsanwalt beantragte Haftbefehl und veranlagte, nachdem dieser vom zuständigen Gericht erlassen war, Fahndungsausschreibung zur Verhaftung. Ähnlich verhielt es sich mit dem Ermittlungsverfahren gegen Irmgard L. Die Beschuldigte hatte sich vor ihrer Republikflucht ein Zeiß-Fernglas im Werte von 231,60 DM gekauft und1 es mit nach Westdeutschland genommen. Auch in diesem Falle wurde Haftbefehl beantragt, erlassen und Fahndungsausschreibung zur Verhaftung vorgenommen. In keinem der Fälle konnte festgestellt werden, daß die Beschuldigten mehrere optische Geräte aufgekauft hatten, wie überhaupt die Ausschreibung zur Verhaftung ohne Prüfung der Persönlichkeit, ohne Betrachtung der Umstände, wann und zu welchem Zweck die optischen Geräte erworben worden waren, erfolgte. Diese Praxis der Fahndungsausschreibung begünstigte die Lüge des Kaiser-Ministeriums in Bonn, daß gegen alle Republikflüchtigen Haftbefehl erlassen sei und ihnen bei Rückkehr Inhaftierung drohe. Dadurch sind zahlreiche Bürger, die den westlichen Verhältnissen mit ihren sozialen Mißständen durch Rückkehr in unsere Republik entgehen wollten, abgeschreckt worden und den Organisationen der westlichen Geheimdienste in die Fänge geraten, die unter Ausnützung dieses Lügengespinstes arbeiten. Auch bei Bürgern, die geringfügige strafbare Handlungen begangen und aus übertriebener Furcht vor Strafe überstürzt die Republik verlassen hatten, wurde ohne gründliche Prüfung Fahndungsausschreibung zur Verhaftung veranlaßt. Das gleiche gilt für Bürger, die bereits durch das Gericht verurteilt waren und auf Grund der gegen sie ausgeworfenen Strafe die Republik verließen. So konnte bei einer Überprüfung im Kreis Freiberg z B. festgestellt werden, daß gegen die Verurteilten Günter H., der wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zu zwei Monaten Gefängnis, Bruno H., der wegen Beleidigung der Volkspolizei zu 40 Tagen Gefängnis, Herta L., die wegen Diebstahls zu 15 Tagen Gefängnis, und Fritz K., der wegen fahrlässiger Körperverletzung zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt wurde, Haftbefehle erlassen und Fahndungsausschreibung zur Verhaftung vorgenommen worden waren. Eine derartige Praxis ist unter keinen Umständen vertretbar. In all diesen Fällen ist unter Mißachtung des Grundsatzes gehandelt worden, daß für den Erlaß eines Haftbefehls die Schwere der strafbaren Handlung bzw. die Schwere der Strafe, nicht aber der Umstand der Republikflucht ausschlaggebend sein muß. Aus dem Ergebnis der bisherigen Überprüfung und der auf den Bezirkskonferenzen zur Auswertung der Berliner Konferenz der Richter und Staatsanwälte vom 10. Mai 1956 geführten Diskussionen ist jedoch ersichtlich, daß nicht nur bei der Ausschreibung zur Verhaftung, sondern auch bei der Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung formal und oberflächlich vorgegangen wurde. Folgende Beispiele veranschaulichen dies: Helmut H. hatte angeblich seiner Wirtin eine Wachstuchdecke im Werte von 10 DM gestohlen und war anschließend republikflüchtig geworden. Der Staatsanwalt des Kreises Zwickau veranlagte seine Aufenthaltsermittlung nachdem vom Volkspolizeikreisamt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war. Im Kreis Freiberg leitete das VPKA gegen Werner L. ein Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung ein. L. hatte von einer Bürgerin 15 DM zum Besorgen von Braunkohlenpreßsteinen erhalten und dieses Geld für sich verbraucht. Da L. republikflüchtig wurde, veranlagte der Kreisstaatsanwalt Aufenthaltsermittlung. Mit dieser bisher geübten Praxis muß schnellstens Schluß gemacht werden. Die leichtfertige Handhabung der Fahndungsausschreibungen ist nicht dazu geeignet, das Vertrauensverhältnis unserer Bürger zu unserem Staat und seinen Organen zu festigen. Aus diesen Erwägungen heraus hat der Generalstaatsanwalt der DDR nunmehr in einer Rundverfügung allen Staatsanwälten die genaue Anweisung gegeben, wie Fahndungsausschreibungen in Zukunft zu behandeln sind und was vordringlich getan werden muß, um die Fehler der Vergangenheit zu bereinigen. Die Rundverfügung ordnet an, jede ergangene Fahndungsausschreibung zur Verhaftung daraufhin zu überprüfen, ob eine derartig schwerwiegende Maßnahme, wie es der Erlaß eines Haftbefehls darstellt, sich aus der Schwere der strafbaren Handlung recht-fertigen läßt. In all den Fällen, in denen überspitzt gehandelt wurde und die veranlaßte Fahndungsausschreibung zur Verhaftung unter Berücksichtigung der neuen Maßstäbe der Strafverfolgung und Rechtsprechung nicht mehr aufrechterhalten werden kann, ist die sofortige Löschung zu veranlassen. Dabei ist besonders beachtenswert, daß in allen Fällen, in denen Verfahren zur Einstellung gelangen, bei welchen Fahndungsausschreibungen veranlaßt worden waren, die Angehörigen der republikflüchtigen Personen zu verständigen sind. Diese Maßnahme wird dazu beitragen, daß die Lügen des Kaiser-Ministeriums zerplatzen und ein großer Teil der Republikflüchtigen den Verhältnissen Westdeutschlands den Rücken kehrt und in die Heimat zurückkommt. 391;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 391 (NJ DDR 1956, S. 391) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 391 (NJ DDR 1956, S. 391)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind gegen die von feindlichen Kräften ausgehenden Staatsverbrechen. Das erfordert in der Arbeit Staatssicherheit , ntch stärker vom Primat der Vor-beugung im Kampf gegen die subversiven Angriffe des Feindes und zur Durchsetzung der Politik der Partei im Kampf zur Erhaltung des Friedens und zur weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft ausgeht. Dabei gilt es zu beachten, daß selbst- Insbesondere Artikel der Verfassung der Deutschen Demokratische Republik., des Gesetzes über den Ministerrat, des Gesetzes über die Bildung des Ministeriums für Staatssicherhe., des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei, der Instruktionen und Festlegungen des Leiters der Verwaltung Strafvollzug im MdI, des Befehls. des Ministers für Staatssicherheit sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen. Daraus ergeben sich hohe Anforderangen an gegenwärtige und künftige Aufgabenrealisierung durch den Arbeitsgruppenloiter im politisch-operativen Untersuchungshaftvollzug. Es ist deshalb ein Grunderfordernis in der Arbeit mit zu erhöhen, indem rechtzeitig entschieden werden kann, ob eine weitere tiefgründige Überprüfung durch spezielle operative Kräfte, Mittel und Maßnahmen sinnvoll und zweckmäßig ist oder nicht. Es ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der zu treffenden Entscheidung zu gewährleisten, daß - die vorrangig auf Personen in den politisch-operativen Schwerpunktbereichen, aus den Zielgruppen des Gegners und auf andere in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sowie in gemeinsamen Festlegungen zwischen der Abteilung Staatssicherheit und der НА dem weitere spezifische Regelungen zu ihrer einheitlichen Durchsetzung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit und die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit der Dienstobjekte der Abteilungen zu fordern und durch geeignete Maßnahmen zu verahhssen.

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