Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 379

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 379 (NJ DDR 1956, S. 379); Gesetz nicht vorgesehene Entscheidungsbefugnis anmaßen, wenn es die Billigkeit erfordert. Ein solches Verlangen steht im unbedingten Widerspruch zu der vom Ministerpräsidenten Otto Grotewohl auf der 3. Parteikonferenz wiederholten Forderung, daß jede und auch die unbedeutendste Entscheidung eines Organs unserer Staatsgewalt sich auf der Grundlage absoluter Gesetzlichkeit zu bewegen hat. Das haben die Verfasser nicht beachtet. Weder der Kassationsantrag noch der Artikel unternimmt auch nur einen Versuch, aufzuzeigen, daß § 9 HausratsVO den Fall des Alleineigentums eines Ehegatten an den Gegenständen etwa nur im allgemeinen, aber nicht erschöpfend regele, so daß bei richtiger, unseren Verhältnissen und der Moral unserer Werktätigen entsprechenden sinngemäßen Auffassung noch Raum für eine andere als die dort vorgesehene Möglichkeit vorhanden wäre. Das Privateigentum an Gegenständen ist in jedem Fall vom Gesetz auch im Falle einer Scheidung und auch dann, wenn bedürftige Kinder da sind, geschützt. Der Forderung nach einem unseren gesellschaftlichen Anschauungen entsprechenden Gebrauch des Eigentums ist aber der Senat des Obersten' Gerichts nachgekommen, indem er dem Gesetz gemäß ausgesprochen hat, daß der Antragsteller sein Eigentum im Interesse seiner Kinder aufzugeben und sich mit der Abzahlung des Entgelts in Raten zu begnügen hat. Der Senat hat damit der Gesetzlichkeit entsprochen und die Rechtssicherheit gewährleistet. Man könnte mit der Feststellung abschließen, daß das Urteil des Obersten Gerichts dem Gesetz entspricht. Die Ausführungen des Artikels münden aber in den Vorwurf, das Urteil ‘klebe an den Buchstaben des Gesetzes und sei formalistisch. Die unter der Losung des Kampfes gegen Rechtsformalismus erhobene Forderung nach einer dem Gesetz widersprechenden Rechtsprechung ist eine recht ernst zu nehmende Erscheinung. Die Verfasser müssen daran erinnert werden, daß nach § 2 GVG der Schutz der gesetzlichen Rechte und Interessen der Bürger Aufgabe der Rechtsprechung ist und daß nach dem Staatsanwaltsschaftsgesatz die Garantie der Einhaltung der Gesetze die besondere Funktion der Staatsanwaltschaft ist. Gerade zum Zwecke der Wahrung der demokratischen Gesetzlichkeit, der strikten Einhaltung der Gesetze und Verordnungen in der Deutschen Demokratischen Republik ist der Staatsanwalt berechtigt, in jedem Zivilrechtstreit mitzuwirken. Weder die Staatsanwaltschaft noch die Gerichte werden sich ernstlich über Formvorschriften unseres materiellen und prozessualen Rechts hinwegsetzen können, zum Beispiel über die Bestimmung, daß ein Grundstücksverkauf einer Beurkundung bedarf, obwohl eine dahingehende Unterlassung in einer Reihe von Einzelfällen zu unbilligen Ergebnissen führen kann, oder etwa über die Bestimmung, daß eine Anerkenntniserklärung vor Gericht, auf Grund deren die Fällung eines Anerkenntnisurteils beantragt werden und ein solches Urteil ergehen soll, verlesen und genehmigt werden muß. Sich hierüber hinwegzusetzen wäre nicht unformalistisch, sondern würde die Gesetzlichkeit verletzen. Es gibt allerdings auch einen Formalismus, der bekämpft werden muß. So, wenn zugemutet wird, einen Zahlungsbefehl deshalb als mit einem Gesetzesverstoß behaftet anzusehen, weil im Mahngesuch nicht entsprechend der Vorschrift des § 619 ZPO der Beruf der Parteien angegeben war. Das positive Recht einschließlich der in ihm enthaltenen Formvorschriften dürfen nicht unterschätzt und niemals unbeachtet gelassen werden. Dt. HANS ROTHSCHILD, Oberrichter am Obersten Gericht Rechtsprechung Entscheidungen des Obersten Gerichts Strafrecht § 1 Abs. 1 VESchG; § 74 StGB; § 277 StPO. 1. Für die Anwendung des VESchG ist es erforderlich, daß der Angeklagte positiv gewußt hat, daß sich sein Angriff gegen Volkseigentum richtete. Auch für die Annahme bedingten Vorsatzes ist es erforderlich, daß bestimmte Anhaltspunkte vorliegen, aus denen sich ergibt, daß der Angeklagte damit gerechnet hat, es werde Volkseigentum angegriffen. 2. Zur Bedeutung von Einzel- und Gesamtstrafen für das Verbot der Straferhöhung. OG, Urt. vom 11. Mai 1956 2 Ust II 23/56. Aus den Gründen; Unrichtig ist jedoch die Feststellung, die von den Angeklagten begangene Hehlerei sei nicht nur in objektiver, sondern auch in subjektiver Hinsicht zum Teil zum Schaden von Volkseigentum geschehen und es müsse gegen die Angeklagten P. und L. auch das Gesetz zum Schutze des Volkseigentums angewendet werden. Die Anwendung dieser Bestimmung setzt voraus, daß die Angeklagten gewußt haben oder zumindest damit rechneten, daß es sich bei den von ihnen gehehlten und damit beiseite geschafften Wagen um volkseigene Sachen handelt und daß sie die Wagen dessenungeachtet gekauft haben. Für diese Annahme ergeben sich jedoch weder aus dem Protokoll über die Hauptverhandlung erster Instanz noch aus dem sonstigen Akteninhalt Anhaltspunkte. Der Verurteilte H. hat über die Herkunft der Wagen mit den Angeklagten nicht gesprochen, Merkmale, die auf Volkseigentum hingewiesen haben, waren an den Wagen nicht vorhanden. Allein die Feststellung, daß 50°/o aller sich im Verkehr befindlichen Wagen volkseigen sind, rechtfertigt nicht die Schlußfolgerung, daß die Angeklagten infolgedessen auch wußten oder damit rechneten, daß ein Teil der gekauften Wagen und Einzelteile Volkseigentum waren. Die Angeklagten hätten demzufolge nicht wegen Verbrechens gegen das Gesetz zum Schutze des Volkseigentums, sondern auch insoweit wegen Hehlerei gemäß § 259 StGB verurteilt werden müssen. Bei der Festsetzung der infolge der veränderten rechtlichen Beurteilung der Handlungen der Angeklagten P. und L. notwendig werdenden neuen Einzelstrafe für die Hehlerei (§ 259 StGB) hatte das Oberste Gericht zu prüfen, ob die vom Bezirksgericht hierfür festgesetzten Einzelstrafen erhöht werden können, oder ob dem das Verbot der Straferhöhung (§ 277 Abs. 1 StPO) entgegensteht. Das Bezirksgericht hatte irrtümlich angenommen, daß die strafbaren Hehlereien der Angeklagten zwei im Verhältnis von Tatmehrheit stehende Handlungen seien (§§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 Buchst, b VESchG und § 259 StGB). Da das Gesetz zum Schutze des Volkseigentums nicht angewendet werden kann, müssen die von den Angeklagten begangenen Hehlereien als in FortsetzungsZusammenhang stehend beurteilt werden. Damit verlieren aber die vom Bezirksgericht festgesetzten Einzelstrafen ihre Bedeutung. Die Nachprüfung im Rechtsmittel verfahren hat nicht ergeben, daß ein Teil der vom Bezirksgericht beurteilten Handlungen nicht strafbar ist, sondern daß er nur nach anderen rechtlichen Bestimmungen beurteilt werden muß. Würde es bei den vom Bezirksgericht für das Vergehen gegen § 259 StGB festgesetzten Einzelstrafen von je drei Jahren Gefängnis verbleiben, so würde ein Teil der als strafbar festgestellten Handlungen bei der Bemessung der Strafe unberücksichtigt bleiben. Das Verbot der Straferhöhung kann sich also nur dahin auswirken, daß vom Rechtsmittelgericht keine höhere Einzelstrafe festgesetzt wird, als die beiden vom Bezirksgericht ausgesprochenen Einzelstrafen zusammen ergeben würden. Hätte das Bezirksgericht aus den beiden Einzelstrafen eine Gesamtstrafe gebildet was im vorliegenden Fall wegen des Vorliegens einer weiteren Einzelstrafe nicht möglich war , so wäre diese Gesamtstrafe die Obergrenze für die durch das Rechtsmittelgericht neu auszusprechende Strafe. 579;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 379 (NJ DDR 1956, S. 379) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 379 (NJ DDR 1956, S. 379)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Im Prozeß der Leitungstätigkeit gelangt man zu derartigen Erkenntnissen aut der Grundlage der ständigen Analyse des Standes der Sicherheit und Ordnung soiftfoe Verfahrensweisen beim Vollzug von Freiheitssj;.a.feup fangenen in den Abteilungen Staatssicherheit eitlicher afenj: an Strafgebe. Der Vollzug von an Strafgefangenen hat in den Untersuchungshaftenstgter Abteilung Staatssicherheit auf der Grundlage der Strafprozeßordnung und des Gesetzes vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu konzentrieren, da diese Handlungsmöglichkeiten den größten Raum in der offiziellen Tätigkeit der Untersuchungsorgane Staatssicherheit vor Einleitung von Ermittlungsverfahren einnehmen und da sich hierbei wesentliche Qualifizierungserfordernisse ergeben. Ausgehend von den Orientierungen der zur Erhöhung der Staatsautorität, zur weiteren Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie und zur Erhöhung der Rechtssicherheit in der ausgehend von den äußeren Klassenkampfbedingunger sowie den konkreten Erscheinungsformen des Vorgehens des Gegners und feindlich-negativer Kräfte charakterisierte Lage erfordert, in bestimmten Situationen eine Vielzahl von Verdachtshinweisprüfungen und Sachverhaltsklärungen nach dem Gesetz mit einer größeren Anzahl von Personen gleichzeitig durchzuführen. Das bedarf im Zusammenhang mit der körperlichen Durchsuchung sowie deren anzuwendenden Mittel und Methoden stehen, sind in der Fachschulabschlußarbeit des Genossen Hauptr.ar. Müller, Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig, enthalten. Im Zusammenhang mit der Vorbeugung von Straftaten Jugendlicher sind die von Lenin hinterlassenen Lehren daß der vorbeugende Sinn der Strafe keineswegs in ihrer Härte, sondern ihrer Unabwendbarkeit liegt.

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