Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 342

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 342 (NJ DDR 1956, S. 342); Ein weiteres Beispiel: In der Jugendstrafsache Ds 166/55 des Kreisgerichts Spremberg wurde der Jugendliche einer Körperverletzung für schuldig befunden, und ihm wurde u. a. die Weisung erteilt, den entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Aus den Urteilsgründen geht hervor, daß der Jugendliche bei einer Auseinandersetzung einem anderen Jugendlichen eine Verletzung an der rechten Hand beigebracht hat. Wie die Verletzung entstanden ist und welche Folgen zurückgeblieben sind, geht aus dem Urteil nicht hervor. Ebenfalls ist nicht gesagt, welchen Schaden der Jugendliche wiedergutmachen soll (z. B. Arbeitslohnausfall). Als Begründung wird nur angeführt, „daß er ein monatliches Durchschnittseinkommen von 400 DM hat und deshalb in der Lage ist, den entstandenen Schaden zu ersetzen“. Bei einer Handverletzung wird es nicht möglich sein, den Schaden wiedergutzumachen. Aus der Begründung kann aber geschlußfolgert werden, daß das Gericht den Jugendlichen zu einer Schadensersatzleistung verurteilen wollte. Dies ist jedoch unzulässig, da § 268 StPO in Jugendstrafverfahren keine Anwendung findet. Auch bei der Anordnung der Familienerziehung werden die gesetzlichen Bestimmungen nicht immer genügend beachtet. So hat z. B. das Kreisgericht Bad Liebenwerda in einer Jugendstrafsache angeordnet: „Die Eltern werden verpflichtet, sich für eine gewissenhafte Erziehung des Jugendlichen zu verbürgen.“ Es wurde aber unterlassen, zu prüfen, ob erstens die Eltern ihrer Persönlichkeit und ihren Lebensverhältnissen nach geeignet sind, den Jugendlichen zu einem verantwortungsbewußten Menschen zu erziehen, und zweitens, wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, ob sie auch bereit sind, sich für eine besonders gewissenhafte Erziehung und Beaufsichtigung des Jugendlichen zu verbürgen. Diese beiden Voraussetzungen müssen durch das Referat Jugendhilfe/Heimerziehung bereits vor der Hauptverhandlung ausreichend geprüft sein. Einige Kreisgerichte (z. B. Kreisgiericht Lübben) vertreten die Auffassung, daß durch eine Verwarnung nach § 10 JGG keine erzieherische Wirkung erreicht werden kann. Diese Auffassung ist falsch. Gerade durch eine Verwarnung kann dem Jugendlichen bewußt gemacht werden, weshalb sein Verhalten gegen die Ordnung unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates verstoßen hat. Dafür ist es allerdings erforderlich, die Verwarnung in besonders würdiger Form und nach Möglichkeit in Anwesenheit eines Erziehungsberechtigten auszusprechen. Die hier aufgezeigten Mängel beweisen, daß der Bearbeitung von Jugendstrafverfahren bedeutend mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muß. Jedes Jugendstrafverfahren muß zum Ziel haben, die einmal straffällig gewordenen Jugendlichen wieder auf den richtigen Weg zu führen. Die zu erteilenden Weisungen müssen daher mit der Persönlichkeit des Jugendlichen und seiner strafbaren Handlungen im Einklang stehen. Zweckmäßig ist es, wie es bereits im Bezirk Cottbus begonnen wurde, mit dem Referat Jugendhilfe/Heimerziehung ständige Verbindung zu halten, um insbesondere die Wirkung der Weisungen zu beobachten und daraus Schlußfolgerungen für andere Jugendstrafverfahren zu ziehen. GEORG PASSON, Leiter der Justizverwaltungsstelle des Bezirks Cottbus Der Vergleich im Privatklageverfahren In seinen Hinweisen für die Verbesserung unserer Arbeit (NJ 1956 S. 41) verneint Kutschke die Möglichkeit, einen Vergleich im Privatklageverfahren abzuschließen, weil die StPO keinen Vergleich kenne, ein Privatklageverfahren daher nur mit einer Verurteilung, Freispruch, Einstellung oder Klagrücknahme enden könne. Das Gericht dürfe nicht ausweichen und dem Beschuldigten anraten, die Kosten durch Vergleich zu übernehmen. In solchen Fällen müsse strenge Parteilichkeit und eine klare Entscheidung gefordert werden. Die Ablehnung der Vergleichsmöglichkeit entspricht jedoch nicht den Erfordernissen der Praxis und dem Wesen des Privatklageverfahrens. Gewiß enthält unsere StPO keine Bestimmung über den Abschluß eines Ver- gleiches wie im Zivilprozeß. Und doch ähnelt das Privatklageverfahren in einer ganzen Reihe von Punkten dem Zivilprozeß. Es ist in das Belieben des Privatklägers gestellt, ob er wegen der Ehrverletzung ein Verfahren beginnen oder das begonnene Verfahren zu Ende führen will. Wie auf eine Zivilklage hin wird das Verfahren erst dann eröffnet, wenn der vorgeschriebene Kostenvorschuß geleistet worden ist. Erscheint der Privatkläger ohne begründete Entschuldigung nicht in der Hauptverhandlung, so gilt wegen der Versäumnis die Privatklage als zurückgenommen, ohne daß geprüft werden kann, ob die Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat eigentlich eine Bestrafung erfordert. Beide Parteien können sich, wenn nicht persönliches Erscheinen angeordnet ist, in der Hauptverhandlung vertreten lassen. Dazu kommt noch die Möglichkeit einer Widerklage und die Kostenerstattung. Das sind alles Begriffe, die dem Zivilprozeß wesensnäher sind als dem Strafprozeß. Und ein Vergleich, also eine Einigung der Parteien als solche bezeichnet sie § 249 Abs. 2 StPO soll nicht möglich sein? Dabei ist es schon das Ziel des Verfahrens vor der Sühnestelle (§ 1 der AO vom 20. Mai 1954), die Parteien vor der Einreichung der Privatklage zu versöhnen, die Bürger zur Achtung ihrer Mitbürger und zu einem verantwortungsbewußten Verhalten im gesellschaftlichen Leben zu erziehen. Mit Recht weist Neumann (NJ 1955 S. 663) darauf hin, daß dem Gericht nicht versagt sein kann, was der Gesetzgeber dem Schiedsmann zur Aufgabe macht. Eine klare Entscheidung, wie sie Kutschke fordert, ist in vielen Fällen bedeutend leichter zu treffen als ein beiden Parteien gerecht werdender Vergleich, der nicht nur die Verteilung der Kosten, sondern in erster Linie die Versöhnung der Parteien bewirken muß. Die Entscheidung ist gefällt und die Feindschaft wird schlimmer, mag das Urteil noch so überzeugend sein. Denn meist sind in Beleidigungssachen die Beteiligten zu einer selbstkritischen Einstellung gar nicht fähig. Gerade der Grundsatz der Parteilichkeit verlangt m. E. nach der Möglichkeit des Vergleichsabschlusses. Wie oft wird durch Beleidigungen der Hausfrieden empfindlich gestört und wie oft haben wir Richter durch einen gesunden Vergleich doch Frieden gestiftet! Die Hausgemeinschaft kann aber ihre wichtigen Aufgaben im Rahmen der Nationalen Front nur gut erfüllen, wenn Einigkeit im Hause herrscht. Erst kürzlich sagte eine Hausbewohnerin auf die Einladung zur Hausversammlung, sie komme nicht, mit Frau X setze sie sich nicht an einen Tisch. Wir wollen aber, daß alle Deutschen ohne kleinliche Bedenken sich an einen Tisch setzen und einigen. Dazu müssen wir beitragen, im großen und im kleinen, auch im Privatklageverfahren. Warum also die Abneigung im Justizministerium gegen den Privatklagevergleich? Der verantwortungsbewußte Richter wird durch ihn nur Gutes erzielen. Dr. GOTTFRIED ULLMANN, Direktor des Kreisgerichts Plauen (Stadtbez. Nord) Zulässigkeit der Anordnung von Abwesenheitspflegschaften für Kriegsverschollene In Rechtsprechungsbeilage Nr. 1/1956 S. 12 ist ein Beschluß der Justizverwaltungsstelle des Bezirks Dresden 14 TN 6/55 veröffentlicht, der im Ergebnis richtig ist, dessen Begründung jedoch widersprochen werden muß. Der Beschluß geht in Übereinstimmung mit der in NJ 1954 S. 149 veröffentlichten Entscheidung der Justizverwaltungsstelle des Bezirks Magdeburg davon aus, daß die Anordnung einer Abwesenheitspflegschaft für einen Kriegsverschollenen unzulässig sei, weil die Lebensvermutung für diese Kategorie von Verschollenen erloschen sei. Diese Auffassung beruht jedoch auf einem Rechtsirrtum. Das Gesetz gestattet gemäß § 1911 BGB in Verbindung mit § 1921 BGB die Anordnung einer Abwesenheitspflegschaft bis zur Kenntnis vom Tode des Abwesenden bzw. bis zu seiner Todeserklärung. Bis dahin ist die Anordnung der Abwesenheitspflegschaft 342;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 342 (NJ DDR 1956, S. 342) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 342 (NJ DDR 1956, S. 342)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingung: ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , um die operativen Belange Staatssicherheit zu sichern; Gewährleistung der erforderlichen Informationsbeziehungen, um bei Fahndungserfolgen in dem von mir dargelegten Sinne die auftraggebenden operativen Linien und Diensteinheiten felgende Hauptaufgaben im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren entsprechend den gewachsenen Anforcerungen der Dahre zu lösen, wofür die ständige Gewährleistung von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit bewußt und konsequent durchzusetzen. In der vom Parteitag umfassend charakterisierten Etappe unserer gesellschaftlichen Entwicklung und infoloe der sich weiter verschärfenden Systemauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus von höchster Aktualität und wach-sender Bedeutung. Die Analyse der Feindtätigkeit gegen den Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit macht die hohen Anforderungen deutlich, denen sich die Mitarbeiter der Linie künftig auf ein Ansteigen dieser feindlich-negativen Aktivitäten, insbesondere im Zusammenhang mit der Durchführung gerichtlicher HauptVerhandlungen einzustellen. Mit den Leitern der Diensteinheiten der Linie und sind mit den Leitern der medizinischen Einrichtungen die erforderlichen Vereinbarungen für die ambulante und stationäre Behandlung Verhafteter und die durch Staatssicherheit geforderten Bedingungen für die Sicherung der Ziele der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen iiji Untersuchungshaftvollzug, Es ergeben sich daraus auch besondere Anforderungen an die sichere Verwahrung der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre ununterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende, Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages Rede zur Eröffnung des Parteilehrjahres im in Güstrow - Material der Bezirksleitung der Schwerin - Rubinstein, ,L.

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