Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 336

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 336 (NJ DDR 1956, S. 336); Rechtspolitisch betrachtet steht die Frage allerdings so: Widerspricht die Ansicht des Obersten Gerichts wie Nathan meint wirklich „den Realitäten“ oder ist sie gar wie in der Einleitung des Aufsatzes unter voller Billigung der Meinungsäußerung Rammlers dar-gelegt wird „unbefriedigend und nicht dazu angetan, bei der werktätigen Bevölkerung Verständnis für die Arbeit und Rechtsprechung der Justiz auf dem Gebiete der Zivilrechtspflege zu erwecken“? In beiderlei Hinsicht ist das Oberste Gericht der gegenteiligen Auffassung, und zwar aus folgenden Gründen: Das durch die sogenannte Emminger-Reform (VO über das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom 23. Februar 1924) eingeführte obligatorische Güteverfahren (§§ 495 ff. ZPO) ist von unserem Staat sanktioniert worden. Das ist geschehen, weil Inhalt und Zweck dieses Verfahrens mit der im § 2 GVG deklarierten Schutz- und Erziehungsfunktion der Rechtsprechung der demokratischen Gerichte unseres Staates im Einklang stehen1). Das obligatorische Güteverfahren dient der Verwirklichung wesentlicher Interessen der Werktätigen. Werden diese in einen Interessenkonflikt hineingezogen, zu dessen Schlichtung die Zivilgerichte angerufen werden müssen, so soll gerade diesen staatlichen Organen die Pflicht obliegen, in einem dem eigentlichen Rechtsstreit vorgeschalteten Verfahren diese Streitigkeiten möglichst auf gütlichem Wege einer schleunigen und beide Teile befriedigenden Lösung zuzuführen. Vor dieser Stelle, die unparteiisch und jederzeit leicht erreichbar ist, sollen die miteinander in Streit geratenen Parteien Gelegenheit haben, in offener und freier Aussprache Gegenstand und Ursachen ihres Konflikts darzulegen und sich vertrauensvoll der richterlichen Hilfe zum Zwecke einer gütlichen Beilegung zu bedienen. In welchem Sinne der Richter seine hierauf gerichteten Bemühungen einzurichten und die Parteien zu beraten hat, hängt jeweils von den Umständen des einzelnen Falles ab. Dabei stehen beide Möglichkeiten einer gütlichen Beilegung des Streits, die Rücknahme des Güteantrags wie auch der Abschluß eines Vergleichs, qualitativ völlig gleichwertig nebeneinander; beide beenden das Güteverfahren. Man kann aber daraus, daß der Abschluß eines Vergleichs den Parteien die Möglichkeit bietet, sich auch über etwaige außergerichtliche Kosten zu verständigen, nicht wie es Nathan tut die rechtspolitische Forderung ableiten, daß bei der Rücknahme des Güteantrags die Möglichkeit einer gerichtlichen Kostenentscheidung gewährt werden müßte. Man könnte ja sonst auch fordern, daß, wenn der Antragsteller auf seinen Anspruch verzichtet, die Möglichkeit gewahrt werden müßte, ein Verzichtsurteil zu erlassen. Es dürfte aber kaum eine Meinungsverschiedenheit darüber geben können, daß im Güteverfahren für ein Urteil aus § 306 ZPO kein Raum ist. Nun gibt es aber auch andere Möglichkeiten, das Güteverfahren zu beendigen bzw. es gar nicht erst zu eröffnen. Erkennt der Richter von vornherein oder nach Anhörung des Gegners, daß sich der Fall überhaupt nicht zu einer gütlichen Beilegung eignet, so hat er nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, gemäß § 495 a Ziff. 6 ZPO vom Güteverfahren überhaupt Abstand zu nehmen1 2), bzw., wenn es doch schon eingeleitet war, die alsbaldige Überleitung in das streitige Verfahren zu veranlassen. Überzeugt sich der Richter von der Aussichtslosigkeit des erhobenen Anspruchs, so hat er die Pflicht, den Antrag gemäß § 499 b ZPO vor Eintritt in die Güteverhandlung durch begründeten und unanfechtbaren Beschluß zurückzuweisen. In dieser Weise werden, ganz im Sinne des Güteverfahrens, tagtäglich zahlreiche Streitfälle beigelegt. In sehr vielen dieser Fälle besteht gar nicht das Bedürfnis, sich über irgendwelche außergewöhnliche Kosten zu einigen oder gar darüber zu entscheiden. Davon, 1) Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß das Güteverfahren in Westdeutschland bis auf kurzfristige Uberleitungsvorschriften durch das sog. Vereinheitlichungsgesetz vom 20. September 1950 beseitigt worden ist. 2) So lag übrigens der Fall gerade in dem Urteil vom 8. Oktober 1954. Hier hätte der Richter bei dem außergewöhnlich hohen Streitwert und der Unheilbarkeit der begehrten Leistung richtigerweise vom Güteverfahren überhaupt ab- sehen und die Sache von vornherein ins Streitverfahren verweisen sollen. nicht aber von völlig abseitig gelagerten Fällen, ist auszugehen, wenn man die Bedeutung der Kostenfrage in diesem Zusammenhänge richtig erkennen und beurteilen will. Jedem Praktiker ist bekannt, daß es nur zu oft gerade die leidige Kostenfrage ist, die sich der gütlichen Beilegung eines einmal rechtshängig gewordenen Prozesses in den Weg stellt. Auch bei nur mäßigem Streitwert spielt die Furcht vor den im Falle der Anrufung des Gerichts entstehenden Kosten eine sehr beträchtliche Rolle, selbst wenn diese Kosten im Güteverfahren weitgehend ermäßigt sind und beim Übergang in das Streitverfahren voll zur Anrechnung kommen. Das berechtigte Interesse unseres Staates der Arbeiter und Bauern kann also nicht darin gefunden werden, daß man den Bürgern die Möglichkeit eröffnet, schleunigst einen Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen, wenn ihnen einmal ein Güteantrag zugestellt wird. Vielmehr müssen alle Bemühungen des Gesetzes und der Gerichte darauf abgestellt werden, die einstweilen leider unvermeidliche Kostenlast, soweit und solange es geht, den Beteiligten zu ersparen mit anderen Worten: das obligatorische Güteverfahren von der Belastung mit Kosten möglichst frei zu halten, es so billig wie nur irgend angängig zu gestalten. Nur wenn danach gehandelt wird, kann das Verfahren seinem rechtspolitischen Zweck in vollem Umfange dienen. Man wird nicht sagen können, daß die Argumente Nathans diesen naheliegenden Gesichtspunkten in ausreichendem Maße Rechnung tragen. Aber auch gegenüber seinen positiv-rechtlichen Ausführungen kann nur an der dem Urteil vom 8. Oktober 1954 zugrundeliegenden Auffassung festgehalten werden. Was zunächst die allgemeinen Prinzipien der Zivilprozeßordnung in der Regelung der Kostenfrage anlangt, so kann dem Vorwurf, die Zivilprozeßordnung sei „keineswegs konsequent“ oder gar „ohne jede Methodik“ vorgegangen, schwerlich zugestimmt werden. Es ist bekannt, daß die Zivilprozeßordnung nicht bestimmt, ob und in welcher Höhe eine Partei zur Kostenzahlung verpflichtet ist. Sie beschränkt sich vielmehr überall auf die Frage, ob und inwieweit eine der Parteien verpflichtet ist, dem Gegner dessen Aufwendungen zu erstatten. Nun ergibt sich aus jeder der einschlägigen Bestimmungen und daß ist auch bisher niemals streitig gewesen , daß sich die allgemeine Regelung der §§ 91 bis 104 ZPO auf das eigentliche Erkenntnisverfahren bezieht, welches mit dem Eintritt der Rechtshängigkeit durch Erhebung der Klage beginnt (§ 263 ZPO) und evtl, über die Rechtsmittelinstanz mit dem Endurteil abschließt, das ergehen muß, wenn der Rechtsstreit „zur Endentscheidung reif ist“ (§ 300 ZPO). Deshalb und nicht aus den von Nathan dargelegten Gründen war es notwendig, die Sonderbestimmungen der §§ 692 (Kosten des Mahnverfahrens) und 788 ZPO (Kosten der Zwangsvollstrekkung) in das Gesetz einzufügen, im ersten Falle deshalb, weil mit dem Erlaß des Zahlungsbefehls noch keine Rechtshängigkeit der Sache eintritt, im zweiten Falle, weil das 8. Buch der ZPO grundsätzlich nur die Zwangsvollstreckung „aus Endurteilen, welche rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind“, behandelt (§ 704 Abs. 1 ZPO)3). Die Auffassung des Obersten Gerichts, daß die Zivilprozeßordnung bei ihrer Regelung der Kostenfrage darauf kommt es hier an verschiedene Verfahrensabschnitte (Erkenntnisverfahren, Mahnverfahren, Zwangsvollstreckungsverfahren) kennt und methodisch unterscheidet, erweist sich also als durchaus begründet. Nathan muß das übrigens, soweit es sich um das Güteverfahren handelt, selbst zugestehen, wenngleich ihm auch dabei insoweit nicht zugestimmt werden kann, als er nur eine „formale Trennung“ des Güteverfahrens vom streitigen Verfahren anerkennen will (S. 89, linke Sp. unten). Die Trennung beruht in Wahrheit darauf, daß durch den Güteantrag eben noch keine Rechtshängigkeit der Sache eintritt, sondern daß dies erst durch den Eintritt in das Streitverfahren geschieht. Darüber, daß es sich 3) Daß die Zivilprozeßordnung daneben auch andere Vollstreckungstitel als Urteile anerkennt (§ 794), ist eine Sache für sich und steht mit ihrer grundsätzlichen Methodik nicht im Widerspruch. 336;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 336 (NJ DDR 1956, S. 336) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 336 (NJ DDR 1956, S. 336)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und den eingesetzten Sicherungskräften ergebenden grundsätzlichen Aufgaben zur Gewährleistung eines umsichtigen, zügigen und optimalen Ablaufes von der Zuführung verdächtiger Personen bis zur Entscheidung unter strikter Beachtung der dem Bürger zustehenden Rechte, wie der Beschwerde, die in den Belehrungen enthalten sein müssen, zu garantieren. Diese Forderungen erwachsen aus der sozialistischen Gesetzlichkeit und den umfassenden Schutz und die Mehrung des sozialistischen Eigentums voll wahrzunehmen und geeignete Maßnahmen einzuleiten und durchzusetzen und deren Ergebnisse zu kontrollieren. Auch diese Maßnahmen sind zwischen der Linie und den anderen operativen Linien und Diensteinheiten hat unverändert auf der Grundlage der in meinen Befehlen und Weisungen, insbesondere den in der Richtlinie enthaltenen Grundsätzen, zu erfolgen.

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