Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 334

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 334 (NJ DDR 1956, S. 334); Unter den veränderten ökonomischen Verhältnissen der DDR hat § 257 ZPO kaum noch Bedeutung. Im Hinblick auf Räumungsklagen kommt noch hinzu, daß zum Schutz von Mietern und Pächtern bestimmte Schutzvorschriften gelten, die den Klagen aus § 257 ZPO in aller Regel entgegenstehen. Die für die Verhältnisse der DDR bedeutungsvollsten Fälle der Klagen auf künftige Leistungen regelt § 258 ZPO. Er bestimmt, daß bei wiederkehrenden Leistungen auch wegen der erst nach Erlaß des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden kann. Mit dieser Klage soll somit vermieden werden, daß wegen gleicher Ansprüche aus ein und demselben Schuldverhältnis immer wieder geklagt werden muß, nur weil die mehreren Ansprüche nacheinander fällig werden. Zu den wiederkehrenden Leistungen, wegen welcher nach § 258 ZPO geklagt werden kann, gehören in erster Linie die familienrechtlichen Unterhaltsansprüche, weiterhin aber auch sonstige Rentenforderungen. Hinsichtlich des § 10 der VO über die Pfändung von Arbeitseinkommen sehr bedeutsam, andererseits jedoch sehr zweifelhaft und von der bürgerlichen Rechtspraxis und Rechtswissenschaft eindeutig verneint, ist die Frage, ob zu den wiederkehrenden Leistungen auch Mietzinsforderungen gehören. Unmittelbar nach Einführung des § 258 ZPO gab es aber auch hierzu unter den bürgerlichen Rechtswissenschaftlern widerstreitende Meinungen. So sagte z. B. H e 11 w i g1), daß der Kläger, wenn er „bei Ansprüchen auf .wieder kehrende“ (d. h. in bestimmten Zeitperioden fällig werdende) Leistungen die Verurteilung wegen eines fälligen Teilanspruchs“ erlangt, „ohne weiteres auch die Verurteilung zur Entrichtung der künftigen Beträge verlangen“ kann. In diesem Zusammenhang verwies er auf die Beispiele des § 197 BGB und meinte offenbar, daß § 258 ZPO auf alle im § 197 BGB genannten Beispiele anwendbar sei. Dies ergibt sich auch aus den weiteren Ausführungen, wo Hellwig erklärte, daß die Verurteilung zu künftiger Leistung auch dann verlangt werden kann, „wenn die Leistung nicht auf Geld geht, oder wenn sie von einer Vor- oder Gegenleistung abhängig ist, oder wenn der Fortbestand der Verpflichtung von ungewissen Ereignissen abhängt, ja sogar auch dann, wenn die Entstehung und der Umfang der einzelnen Teilforderungen von einer ungewissen Gestaltung der Zukunft abhängt“2). Mit dieser Ansicht stand Hellwig durchaus nicht allein. Dies ist auch nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, daß diese Ansicht die äußerste Ausschöpfung der Möglichkeiten des § 258 ZPO im Interesse der Bourgeoisie darstellt. Das ehemalige Reichsgericht ist der von Hellwig und anderen vertretenen Meinung nicht gefolgt. Offenbar war es der Meinung, daß die auf Grund der ökonomischen Ungleichheit ohnehin bestehende Ungleichheit vor dem Gesetz und dem Gericht nicht auch noch durch Anwendung des § 258 ZPO z. B. auf Mietverhältnisse offen propagiert werden sollte; denn daß die Anwendung des § 258 ZPO z. B. auf Mietverhältnisse eine offene Benachteiligung des Schuldners bedeutete, darüber war man sich klar. Dementsprechend bezog das Reichsgericht mit einer grundlegenden Entscheidung im Oktober 1905 eine andere Linie3). Die Grundsätze, die es aufstellte, gingen im wesentlichen dahin, daß unter wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 258 ZPO nur solche zu verstehen sind, die von einer Gegenleistung unabhängig sind. In dieser wie in einer späteren Entscheidung aus dem Jahre 19224) wurde ausdrücklich hervorgehoben, daß zu den wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 258 ZPO jedenfalls nicht Miet- und Pachtzinsansprüche zu rechnen sind. Zur Begründung dieser Ansicht wurde insbesondere darauf hingewiesen, daß durch die Anwendung des § 258 ZPO auf von Gegen- 1) Hellwig, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, 1. Band, Leipzig 1903, S. 371. 2) ebenda; vgl. auch S. 197. 3) RGZ 61, 333. 4) Gruch, 66, 449. leistungen abhängige Ansprüche die Rechte des Schuldners zu stark beschnitten würden. Bei Mietver-hältnissen z. B. würde eine rechtskräftige Verurteilung zur Zahlung von Mietzins schon vor Fälligkeit der Ansprüche zur Folge haben, daß der Mieter mit allen seinen später entstehenden Einwendungen auf die Zwangsvollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) angewiesen wäre, so insbesondere bei Minderungsansprüchen, bei der Aufrechnung, aber auch hinsichtlich der Einreden gern. §§ 320, 322 BGB5). Der Ansicht des Reichsgerichts schlossen sich im Ergebnis sämtliche bürgerliche Kommentatoren an, wobei die einen versuchten, die Meinung des Reichsgerichts direkt aus dem Gesetz herauszulesen6), während die anderen erklärten, das Gesetz sei zwar zweideutig, die Ansicht des Reichsgerichts entspreche jedoch den Erfordernissen der Praxis7). Mit der Zivilprozeßordnung wurden auch die §§ 257 bis 259 ZPO von unserem Staat sanktioniert. Nicht sanktioniert wurden aber die Meinungen des Reichsgerichts und der bürgerlichen Professoren und Kommentatoren. Das bedeutet, daß man die Vorschriften der ZPO bei ihrer Anwendung stets auf ihren neuen Inhalt hin überprüfen muß, daß man bei der Anwendung des sanktionierten Gesetzes stets den Erfordernissen der veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse Rechnung tragen muß. Das heißt aber nicht, daß nicht im Einzelfall die Ergebnisse, zu denen man gelangt, mit den Ergebnissen der - bürgerlichen Rechtswissenschaft und Rechtspraxis übereinstimmen können. So ist m. E. die Sachlage im Hinblick auf wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 258 ZPO. Wollte man zu diesen wiederkehrenden Leistungen neben Unterhalts- und Rentenforderungen auch Mietzinsansprüche rechnen, so käme man zu einer direkten Benachteiligung des Schuldners und u. U. auch dritter Gläubiger: zu einer Benachteiligung des Schuldners insofern, als man ihn mit allen seinen nach Erlaß des Urteils entstehenden Einwendungen auf die Rechtsbehelfe der Zwangsvollstreckung verweist, und in bezug auf etwaige dritte Gläubiger u. U. dadurch, daß durch eine laufende Vollstreckung wegen des monatlichen Mietzinses kein weiteres Vollstreckungsobjekt für den dritten Gläubiger übrig bleibt. Man muß daher bei Berücksichtigung der in unserer Rechtsordnung geltenden Rechtsgrundsätze gleichfalls zu dem Ergebnis kommen, daß zu den wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 258 ZPO nicht die regelmäßig wiederkehrenden Mietzinsansprüche zu rechnen sind. Der dritte Fall der Klagen auf künftige Leistungen ist im § 259 ZPO geregelt. Diese Bestimmung wurde in die ZPO eingeführt, da mit den §§ 257, 258 ZPO „den Anforderungen des Verkehrs noch nicht genügt“ war8). Durch die Generalklausel des § 259 ZPO sollte den Gläubigern in all den Fällen, in denen eine Klage nach den §§ 257, 258 ZPO nicht möglich, andererseits aber die Besorgnis gerechtfertigt war, daß sich der Schuldner der rechtzeitigen Leistung entziehen werde, der Klageweg für noch nicht fällige Forderungen eröffnet werden. Der Gläubiger sollte „in die Lage versetzt werden, seine Rechte so zeitig wahrzunehmen, daß die Zwangsvollstreckung, wenn nötig, mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit beginnen kann“3). Mit dem § 259 wurde den „Anforderungen des Verkehrs“ genügt. Den Kapitalisten wurde die Möglichkeit eingeräumt, in allen Fällen, in denen ihnen die Verwirklichung ihrer Rechte unsicher erschien, schon vor Fälligkeit ihrer Ansprüche gegen den jeweiligen Schuldner vorzugehen. Alleinige Voraussetzung war, daß sich aus den Umständen die Besorgnis ergab, daß sich der Schuldner der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. In welchen Fällen sich aus den Umständen eine Besorgnis ergab, war reine Tatfrage, über die zu entscheiden Sache der Gerichte war. In der DDR, in der die Verhältnisse nicht mehr von der Jagd der Kapitalisten nach immer höherem Profit 5) RGZ 61, 336, 337; HRR 36, 699. 6) Baumbach, ZPO (Kommentar), 14. Aufl., Anm. zu § 258. 7) Gaupp-Stein-Jonas, Kommentar zur ZPO, 15. Aufl., Anm. zu § 258. 8) Hahn, Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, 8. Band, Berlin 1898, S. 100. 334;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 334 (NJ DDR 1956, S. 334) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 334 (NJ DDR 1956, S. 334)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung und der Leiter des Bereiches Koordinie rung haben eine materiell-technische und operativ-technische Einsatzreserve im Zuführungspunkt zu schaffen, zu warten und ständig zu ergänzen. Der Leiter der Abteilung ist für die konsequente Verwirklichung der unter Punkt genannten Grundsätze verantwortlich. hat durch eigene Befehle und Weisungen., die politisch-operative Dienstdurchführung, die innere und äußere Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaf tanstalt in ihrer Substanz anzugreifen sowie Lücken und bogünstigende Faktoren im Sicherungssystem zu erkennen und diese für seine subversiven Angriffe auszunutzen, Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf Leben oder Gesundheit oder ein Fluchtversuch nicht verhindert oder der Widerstand gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die sundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eine hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt auf der Grundlage der Hausordnung über ihre Rechte und Pflichten zu belehren. Die erfolgte Belehrung ist aktenkundig zu machen. Inhaftierte Personen unterliegen bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt auf der Grundlage der Hausordnung über ihre Rechte und Pflichten zu belehren. Die erfolgte Belehrung ist aktenkundig zu machen.

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