Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 317

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 317 (NJ DDR 1956, S. 317); bestraft werden, weil sie einen schlechten Leumund hatte, dies der „örtlichen Männerwelt“ bekannt war und deshalb viele Männer ihre Bekanntschaft suchten. Aus diesem Grunde muß man sich gegen die Formulierung des Urteils wenden, daß das Verhalten (also das Gesamtverhalten der Angeklagten) außerordentlich stark an eine Aufforderung zur Unzucht grenze. Ferner gibt die Formulierung zu Bedenken Anlaß, daß der Lebenswandel der Angeklagten in bezug auf ihre häufig wechselnden Männerbekanntschaften das Ärgernis zumindest der Hausbewohner erregte. Zunächst ist dazu zu sagen, daß ein Ärgernis überhaupt nicht vorzuliegen braucht, weil es sich bei dem Tatbestand des § 361 Ziff. 6 StGB im Gegensatz zu § 183 StGB nicht um ein Erfolgsdelikt handelt; es genügt vielmehr, wenn die Aufforderung zur Unzucht in einer Weise geschieht, daß sie einzelne Bürger oder die Allgemeinheit belästigen kann. Zum anderen ist es aber für die Erfüllung des Tatbestandes nicht ausreichend, wenn die Hausbewohner durch die bei der Angeklagten verkehrenden Männer belästigt wurden, so etwa durch Lärmen, Poltern usw., denn § 361 Ziff. 6 StGB schützt ja nicht die öffentliche Ruhe vor irgendwelchen Störungen. Sinn und Zweck der Ziff. 6 ist es vielmehr, die Bürger unserer Republik davor zu schützen, daß sie von Personen, die auf die Ausübung der Unzucht ausgehen, auf der Straße öffentlich angesprochen und belästigt werden, daß sie in ihren moralischen Anschauungen durch das Verhalten solcher Personen in der Öffentlichkeit verletzt werden. Den Ausführungen des Urteils über die Stellung der Frau in unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat ist zuzustimmen. Lediglich die Bemerkung, daß man der Frau nicht verbieten könne, was dem Manne ungestraft gestattet sei, läßt einen Irrtum erkennen. Es trifft zu, daß noch kein Gericht einen Mann deswegen verurteilt hat, weil er sich wöchentlich eine andere Freundin suchte und mit dieser verkehrte. Aber das Gesetz gibt auch keine Möglichkeit, eine Frau nur deshalb zu bestrafen, weil sie sich wöchentlich einen anderen Freund sucht und mit diesem verkehrt. Soweit das Gerichte bisher etwa getan haben, liegt das daran, daß sie das Gesetz falsch angewendet haben, daß sie die Umstände nicht berücksichtigt haben, die oben dargelegt wurden. Im übrigen kann natürlich, wenn die im Tatbestand des § 361 Ziff. 6 StGB beschriebenen Merkmale erfüllt sind, auch ein Mann Täter sein. Es muß betont werden, daß wir selbstverständlich ein solches Verhalten, wie es der häufige Partnerwechsel darstellt, sowohl bei Männern wie bei Frauen nicht billigen können, weil es den moralischen Anschauungen der Werktätigen widerspricht. Man darf aber die Überwindung von solchen Moralauffassungen der bürgerlichen Gesellschaft nicht verwechseln mit der Bekämpfung von Handlungen, die durch das Gesetz für strafbar erklärt sind. Die gewerbsmäßige wie die nichtgewerbsmäßige Unzucht werden nur dann verschwinden, wenn sich das Bewußtsein unserer Menschen auf Grund der veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse so entwickelt hat, daß die moralische Verwerflichkeit solcher Handlungen von jedem Bürger erkannt und verurteilt wird. Bei der richtigen Anwendung des § 361 Ziff. 6 StGB muß also immer davon ausgegangen werden, ob die betreffende Person in der Öffentlichkeit auffällig oder in einer den einzelnen oder die Allgemeinheit belästigenden Weise zur Unzucht aufgefordert oder sich ange-boten hat. Es ist selbstverständlich, daß alle diese Merkmale auch nachgewiesen werden müssen, ehe eine Verurteilung nach § 361 Ziff. 6 StGB erfolgen kann. Harry Creuzburg, wiss. Assistent am Institut für Strafrecht der Humboldt-Universität Berlin § 268 StPO; § 992 BGB. Uber die Anwendung des § 992 BGB im zivilrechtlichen Anschlußverfabren. BG Karl-Marx-Stadt, Urt. vom 11. November 1955 2 NDs 444/55. Der Angeklagte T. 1st Inhaber eines Textilwaren-Einzel-handelsgeschäfts. Er bezog in der Zeit von September 1954 bis April 1955 in mehreren Sendungen etwa 1500 Herrenhemden entgegen den wirtschaftlichen Bestimmungen von den beiden Mitangeklagten. Diese Waren stammten nicht aus Überhangbeständen der Firma P., bei der die Mitangeklagten beschäftigt waren wie diese T. erklärten , sondern waren von ihnen bei dieser Firma entwendet worden. Das Kreisgericht stellte fest, daß der Angeklagte T. nicht gewußt hat, daß die Hemden Diebesgut waren. Zwar wußte er, daß der Verkauf und die Barzahlungen entgegen dem ordnungsgemäßen Wirtschaftsablauf erfolgten, glaubte jedoch, daß es sich um Überhangware handelte. Deshalb entfalle für den Angeklagten T. eine Schadensersatzpflicht aus unerlaubter Handlung. Gern. § 935 BGB gehe aber das Eigentum an gestohlenen Sachen nicht unter, und wenn T. unberechtigt über diese Hemden verfügt und sie verkauft habe, so sei er deshalb wegen ungerechtfertigter Bereicherung gern. §§ 812, 816 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Durch Urteil des Kreisgerichts vom 30. September 1955 wurde der Angeklagte T. wegen Beiseiteschaflens von Erzeugnissen gem. § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStVO zu einer Gefängnis- und Geldstrafe und dem Grunde nach zum Schadensersatz an die Firma P. verurteilt. Der Angeklagte T. hat gegen dieses Urteil, u. a. auch gegen die Verurteilung zur Leistung von Schadensersatz, Berufung eingelegt. Die Berufung ist begründet. Aus den Gründen: Der durch ein Verbrechen Verletzte kann gern. § 268 StPO bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens beantragen, daß der Angeklagte zum Ersatz des entstandenen Schadens verurteilt wird. Im Rahmen des Strafverfahrens ist also nur eine Verurteilung zu Schadensersatz auf Grund einer vorsätzlich oder fahrlässig begangenen Straftat, durch die der Schaden herbeigeführt wurde, möglich. Das Kreisgericht hat auch zutreffend die Schadensersatzpflicht aus unerlaubter Handlung gern. § 823 BGB verneint, da der Angeklagte T. keine Kenntnis hatte, daß die Hemden gestohlen worden waren, bejahte diese aber aus Gründen der ungerechtfertigten Bereicherung. Die Rechtsfolge einer ungerechtfertigten Bereicherung ist jedoch keine Schadensersatzpflicht. Deshalb ist im Verfahren nach § 268 StPO für eine Verurteilung wegen ungerechtfertigter Bereicherung kein Raum. Weiterhin war die Anwendbarkeit des § 992 BGB zu prüfen, wonach derjenige, der sich durch verbotene Eigenmacht oder durch eine strafbare Handlung den Besitz verschafft hat, gegenüber dem Eigentümer nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung haftet. Es trifft zwar zu, daß die Besitzerlangung der Hemden eine strafbare Handlung darstellt, diese richtet sich aber nicht gegen das Objekt des Privateigentums, sondern das der Wirtschaftsordnung. Die Schadensersatzpflicht setzt ein Verschulden des Verpflichteten gegenüber dem Geschädigten voraus. Dieses Prinzip wird auch durch die Bestimmung des § 992 BGB nicht durchbrochen. Das ergibt sich sowohl aus dem Inhalt dieses Paragraphen als auch aus seiner Stellung in der Rechtssystematik des BGB. Somit kann § 992 BGB nur dann Anwendung finden, wenn Strafbestimmungen verletzt werden, die sich gegen die rechtswidrige Besitzverschaffung richten und unmittelbar dem Schutz des Eigentümers dienen. Der Angeklagte T. hat durch das von ihm begangene Verbrechen die Durchführung der Wirtschaftsplanung und die Versorgung der Bevölkerung gefährdet und damit die Wirtschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik angegriffen. Er hat jedoch nicht schuldhaft das Eigentum der Firma P. verletzt, denn er wußte nicht, daß die Hemden gestohlen waren, sondern glaubte, es handele sich um Warenüberhänge. Voraussetzung für die Anwendung des § 992 BGB ist ein Angriff auf das Objekt des sozialistischen Eigentums oder des persönlichen und privaten Eigentums. Das ist jedoch vorliegend nicht der Fall, so daß § 992 BGB nicht angewendet werden kann. Die Verurteilung des Angeklagten T. zu Schadensersatz dem Grunde nach gegenüber der Firma P. erfolgte deshalb zu Unrecht und war auf die Berufung hin aufzuheben. Zivilrecht und Familienrecht Art. 7, 30 Verfassung. Kann der Anspruch der Ehefrau auf Beteiligung an dem gemeinsam während der Ehe erworbenen Vermögen bereits bei bestehender Ehe geltend gemacht werden? KrG Pößneck, Urt. vom 23. November 1954 2 C 229/54. 317;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 317 (NJ DDR 1956, S. 317) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 317 (NJ DDR 1956, S. 317)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Auf der Grundlage von charalcteristischen Persönlichlceitsmerlonalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Begehung der Straftat. der Ursachen und Bedingungen der Straftat. des durch die Straftat entstandenen Schadens. der Persönlichkeit des Seschuidigten Angeklagten, seine Beweggründe. die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermitt lungsverfahren. Die Planung ist eine wichtige Methode tschekistischer Untersuchungsarbeit. Das resultiert vor allem aus folgendem: Die Erfüllung des uns auf dem Parteitag der gestellten Klassenauft rages verlangt von den Angehörigen der Linie mit ihrer Untersuchungsarbeit in konsequenter Verwirklichung der Politik der Partei der Arbeiterklasse, insbesondere in strikter Durchsetzung des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmung über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Mitarbeiter, für Suicidversuche unduWarMchtung von Beweismaterial sind unbedingt ausbusnüält-nn, was bei der Ausgestaltung grundsätzlich Beachtung finden muß.

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