Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 316

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 316 (NJ DDR 1956, S. 316); Entscheidungen anderer Gerichte Strafrecht § 361 Ziff. 6 StGB. Bei einer Aufforderung zur Unzucht muß immer ein konkretes, erkennbares Verhalten des Täters vorliegen. Ein allgemeines Verhalten, aus dem man die Bereitschaft zur Unzucht folgern könnte, genügt nicht. KrG Dresden (Stadtbez. 7), Urt. vom 23. Dezember 1955 7 Ds 145/55. Die Anklageschrift legt der 22jährigen Angeklagten zur Last, daß sie in der Zeit von 1954 bis zum 7. November 1955 gewohnheitsmäßig und zum Erwerb der Unzucht nachgegangen ist. Das Verfahren wurde eröffnet, weil nach Ansicht des Gerichts hinreichender Tatverdacht vorlag, daß die Angeklagte durch Anbietung und Aufforderung zur Unzucht sich nach § 361 Abs. 1 Ziff. 6 StGB schuldig gemacht habe. Durch Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung wurde folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt: Seit Anfang März 1954 bewohnt die Angeklagte mit ihrem Kind ein separates Zimmer. Sie erregte den Unwillen der Hausbewohner dadurch, daß sie sehr oft Männerbekanntschaften machte und auch zu Nachtzeiten Männer mit in ihr Zimmer nahm und dort aller Wahrscheinlichkeit nach auch den Geschlechtsverkehr durchführte. In einigen wenigen Fällen kam es dabei auch zu einem Lärm, der die Hausbewohner ebenfalls belästigte. Die Angeklagte machte ihre Männerbekanntschaften in Gaststätten. Es kam auch vor, daß Männer sich längere Zeit unangemeldet in der Wohnung der Angeklagten aufhielten. Daß die Angeklagte von diesen Männern für die Ausübung des Geschlechtsverkehrs Geldbeträge erhalten hat, konnte in der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden. Aus den Gründen: Aus der gesamten Beweisaufnahme ging hervor, daß es sich bei der Angeklagten um eine Frau handelt, die leicht zu wechselnden Männerbekanntschaften neigt und auch jeweils schnell bereit ist, mit diesen Männern intimen Verkehr durchzuführen. Das Verhalten der Angeklagten grenzt außerordentlich stark an eine Aufforderung zur Unzucht. Die Angeklagte besitzt aber ein Äußeres und auch ein Wesen, das geeignet ist, gewisse Männer zu veranlassen, ihre Bekanntschaft zu suchen. Sie scheint auch nicht sehr wählerisch zu sein, und es entspricht offenbar ihrer Natur, diesen Annäherungsversuchen entgegenzukommen. Der Angeklagten konnte nicht nachgewiesen werden, daß sie gewohnheitsmäßig zum Erwerb Unzucht betrieben hat. § 361 Ziff. 6 StGB erfordert, daß sich die Täterin in auffälliger Weise oder in einer Weise, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen, zur Unzucht anbietet oder dazu auffordert. Zweifellos steht fest, daß der Lebenswandel der Angeklagten in bezug auf ihre häufig wechselnden Männerbekanntschaften Ärgernis, zumindest bei den Hausbewohnern, erregte. Daß die Angeklagte aber zur Unzucht aufgefordert oder sich dazu angeboten hat, konnte ihr in der Beweisaufnahme nicht nachgewiesen werden. Es liegt wie bereits gesagt in der Person dieser Angeklagten, daß sie sehr schnell Männerbekanntschaften machen kann, ohne dazu besonders auffordern zu müssen. Der Lebenswandel der Angeklagten ist jedoch nach den moralischen und sittlichen Anschauungen unserer Bürger als verwerflich anzusehen. In unserem Staat der Arbeiter und Bauern besitzt die Frau die volle Gleichberechtigung. Unsere Frauen haben auf allen Gebieten gezeigt, daß sie dieser Gleichberechtigung würdig sind und daß sie daher auch die Achtung voll und ganz verdienen, die ihnen in unserer Gesellschaftsordnung erwiesen wird. Nur ganz wenige Frauen haben noch nicht begriffen, daß diese Gleichberechtigung ihnen nicht nur Rechte gibt, sondern auch Pflichten auferlegt, vor allem die Pflicht, einen einwandfreien Lebenswandel zu führen. Man muß von jeder Frau erwarten, daß sie nichts tut, um die Frauen im allgemeinen in Mißkredit zu bringen, daß sie sich nicht durch einen liederlichen Lebenswandel die Achtung der Männer verscherzt. Andererseits können wir aber auch, wenn wir die Gleichberechtigung konsequent durchführen wollen, der Frau nicht verbieten, was dem Manne ungestraft gestattet ist. Noch kein Gericht hat einen Mann abgeurteilt, weil er sich wöchentlich eine andere Freundin suchte und auch mit dieser verkehrte. Wir können daher nicht schlechthin Frauen gerichtlich wegen Unzucht verurteilen, weil sie sehr oft ihre Freunde wechseln. Vielmehr müssen wir bei der Anwendung des § 361 Abs. 1 Ziff. 6 StGB sorgfältig darauf achten, daß das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einwandfrei nachgewiesen wird. Der Angeklagten konnte aber nicht nachgewiesen werden, daß sie zur Unzucht aufforderte oder sich dazu anbot. Es wäre falsch, allein aus den häufigen Männerbekanntschaften der Angeklagten die Schlußfolgerung ziehen zu wollen, daß sie damit den Tatbestand des § 361 Abs. 1 Ziff. 6 StGB erfüllt hat. Die Angeklagte war daher mangels Beweises freizusprechen. Der Angeklagten muß aber gesagt werden, daß sie ihren bisherigen Lebenswandel nicht fortsetzen darf. Es wird von ihr erwartet, daß sie es in Zukunft unterläßt, stets und schnell wechselnd neue Männerbekannt-schaften zu machen. Sie muß sich in Zukunft sehr gewissenhaft um das Wohl und die Pflege ihres Kindes kümmern und darauf Bedacht nehmen, daß sie sich als Mutter eines Kindes anständig führt. Wenn die Angeklagte, wie sie dem Gericht mitteilte, jetzt nur einen Freund hat, mit dem sie sich auch zu verheiraten gedenkt, so dürfte das der beste Weg sein, um sie zu einem ordentlichen Lebenswandel zu veranlassen. Wie das Arbeitsbuch der Angeklagten nachweist, hat sie zwar gearbeitet, aber auch sehr häufig die Arbeitsstellen gewechselt. Sie muß jetzt eine richtige Einstellung zur Arbeit finden und ein festes Arbeitsverhältnis eingehen. Die Angeklagte besitzt noch viele charakterliche Schwächen, und sie hat tüchtig an sich zu arbeiten, um diese Schwächen zu überwinden. Anmerkung: Dem Urteil ist insofern zuzustimmen, als es zu einem richtigen Ergebnis, nämlich zum Freispruch, gelangt. Die Gründe des Urteils geben jedoch zu einigen Bemerkungen Anlaß. Das Gericht beschäftigt sich zunächst mit der Frage, ob die Angeklagte der gewerbsmäßigen Unzucht, also der Prostitution, nachgegangen ist. Das Urteil führt aus, der Angeklagten könnte nicht nachgewiesen werden, daß sie von den Männern, mit denen sie Geschlechtsverkehr pflegte, Geldbeträge oder sonstige Zuwendungen erhalten hat. Darauf kommt es aber für die Tatbestandsmäßigkeit einer Handlung nach § 361 Ziff. 6 StGB auch gar nicht an. Von einem Unzuchttreiben „zum Erwerbe“ ist vielmehr lediglich in § 361 Ziff. 6a und 6b die Rede. Das Gericht hat hier offenbar die Tatbestände vermischt. Man hat den Eindruck, als ob das Gericht die Tatsache, daß es sich bei der Angeklagten um eine sog. hwG-Person handelt, zum Anlaß genommen hat, das Verfahren gegen sie nach § 361 Ziff. 6 StGB durchzuführen. Das wäre dann richtig, wenn dieser Tatbestand jede Form des Aufforderns oder Sichanbietens zur Unzucht unter Strafe stellen würde. Es ist klar, daß sowohl die gewerbsmäßige als auch die nichtgewerbsmäßige Unzucht gesellschaftsgefährliche Erscheinungen sind, die den moralischen Anschauungen unserer Werktätigen widersprechen. Man kann aber solche Erscheinungen, die ihren Ursprung in der kapitalistischen Gesellschaft haben, nicht ausschließlich mit Strafmaßnahmen beseitigen. Deshalb hat unser Staat durch Sanktionierung des § 361 Ziff. 6 StGB das Auffordern bzw. Sichanbieten zur Unzucht nur dann unter Strafe gestellt, wenn es öffentlich in auffälliger Weise oder in einer Weise geschieht, die geeignet ist, einzelne oder die Allgemeinheit zu belästigen. Daraus geht hervor, daß das bloße Sichanbieten oder das Auffordern zur Unzucht für sich allein gesehen noch nicht strafbar ist. Das Gesetz sieht vielmehr nur bestimmte Formen des Sichanbietens oder des Aufforderns als strafbar an. Die Aufforderung in auffälliger Weise ist in verschiedenen Formen möglich; sie braucht nicht immer durch Worte geschehen, sondern kann auch durch entsprechendes eindeutiges Verhalten erfolgen. Es muß aber immer ein konkretes, erkennbares Verhalten vorliegen. Ein allgemeines Verhalten, aus dem man die Bereitschaft zur Unzucht folgern könnte, genügt nicht. So konnte z. B. im vorliegenden Fall die Angeklagte nicht allein deshalb nach § 361 Ziff. 6 StGB 316;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 316 (NJ DDR 1956, S. 316) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 316 (NJ DDR 1956, S. 316)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

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