Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 303

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 303 (NJ DDR 1956, S. 303); der Neuerfassung von Wohnraum beauftragten Vertrauensleuten keinen Ausweis ausstellen, der sie berechtigt hätte, die Wohnungen der Bürger zu betreten. Er stellte ihnen eine Bescheinigung darüber aus, daß sie als Vertrauensleute tätig sind, zeitweilig für die Neuerfassung von Wohnraum herangezogen wurden und daß man sie unterstützen möchte. Das war lediglich ein Ausweispapier über die gesellschaftliche Funktion, das den Inhaber jedoch nicht als Staatsfunktionär kennzeichnete. Die Vertrauensleute hatten sich deshalb mit dem Wohnungsinhaber auf der Grundlage der Freiwilligkeit und Überzeugung zu einigen. Der Pflichtenkreis der Vertrauensleute entspricht im wesentlichen den ihnen zustehenden Rechten. Bis auf die Pflicht zur Verschwiegenheit und zur Einhaltung der Gesetze handelt es sich um moralische Pflichten, deren Einhaltung durch Überzeugung oder durch entsprechende Kritik, schließlich durch Enthebung ihrer Funktion gewährleistet wird. Diese Pflichten ähneln im Charakter denen der Mitglieder der in der Nationalen Front zusammenwirkenden demokratischen Massenorganisationen. Trotz dieser eigentlich recht klaren Einschätzung der Rechte und Pflichten der Vertrauensleute kommt Bönninger bei der Behandlung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit dieser Personen zu einem völlig entgegengesetzten Ergebnis. Er sagt, „daß sich in diesen Fällen (gemeint sind die Aufgaben der Vertrauensleute bei der Ausgabe von Lebensmittelkarten an die Verbraucher usw. D. Verf.) die Pflichten der Haus- und Straßenvertrauensleute in nichts von denjenigen unterscheiden, die den staatlichen Angestellten übertragen sind, die durch vollziehend-verfügende Tätigkeit den Staatszweck verwirklichen“11). Woher diese besonderen Staatsfunktionen gleichstehenden Pflichten abgeleitet werden, führt er allerdings nicht näher aus. In den Gesetzen finden sich keine derartigen Bestimmungen, und ein Arbeitsrechtsverhältnis besteht nicht. Der Dienstordnung bzw. den innerbetrieblichen Anordnungen der staatlichen Organe unterliegen die Vertrauensleute gleichfalls nicht, weil sie eben keine Mitarbeiter staatlicher Organe sind, Auch Bönninger bezeichnet ihre Mitwirkung z. B. an der Verteilung der Lebensmittelkarten als „die Erfüllung von Hilfsaufgaben des Staatsapparates“12), Man kann also feststellen, daß sich weder aus Gesetz, Strukturplan, Dienstordnung, Arbeitsvertrag u. ä. noch aus den Aufgaben ein solcher gradueller Unterschied zwischen den Rechten bzw. Pflichten der Vertrauensleute ergibt, wie ihn Bönninger feststellt. Vielmehr handelt es sich bei den Aufgaben der Vertrauensleute stets um unterstützende und Hilfsaufgaben, die der Stellung der Vertrauensleute als Bindeglied zwischen Staatsapparat und Bürger entsprechen. III Aus diesen Erwägungen ergibt sich die Schlußfolgerung, daß der Begriff des Staatsfunktionärs im Sinne des StGB auf die Vertrauensleute nicht anwendbar ist. Die Praxis kommt in den wenigen uns zur Verfügung stehenden Entscheidungen zu ähnlichen Ergebnissen, ohne allerdings ausdrücklich zu sagen, daß Vertrauensleute keine Staatsfunktionäre im Sinne des StGB sind. So hat das Kreisgericht Leipzig (Stadtbezirk 7) in seinem Urteil vom 13. Oktober 1955 7 Ds 61/55 gegen eine als Hausvertrauensmann tätige Bürgerin, die unberechtigterweise Lebensmittel- und Kohlenkarten bezogen und für sich ausgenutzt hatte, ausgeführt: 11) Bönninger, a. a. O. S. 78. 12) Bönninger, a. a. O. S. 45. „Die ehrenamtlichen Helfer der örtlichen Verwaltungsorgane wie Brigadiers, Haus- und Straßenvertrauensleute unterstützen die staatlichen Wirtschaftsorgane und stellen die Verbindung zu den Bürgern her. Durch die Übertragung der ehrenamtlichen Funktion wird ihnen die Verantwortung für gewissenhafte und zuverlässige Arbeit, im vorliegenden Fall für große Sorgfalt und Genauigkeit bei der Verteilung der Lebensmittelund Kohlenkarten, auferlegt. Die Angeklagte hat in gröblicher Weise das in sie gesetzte Vertrauen getäuscht und zu selbstsüchtigen Zwecken einen Teil der ihr anvertrauten Karten mißbraucht. Sie hat damit nicht nur das in sie selbst gesetzte Vertrauen getäuscht, sondern auch das Vertrauen der Bevölkerung gegenüber den ehrenamtlichen Funktionären erschüttert Aus diesen Erwägungen geht die moralisch-politische Verwerflichkeit der Handlungsweise der Angeklagten eindeutig hervor.“13) Im gleichen Sinne entschied das Kreisgericht Leipzig (Stadtbezirk 2) im Urteil vom 30. September 1955 2 Ds 105/55. Beide Gerichte haben richtig erkannt, daß sich die erhöhte Verantwortung der Angeklagten nicht aus der Durchführung von reinen staatlichen Aufgaben ergibt, sondern einmal aus ihrer gesellschaftlichen Stellung als Vertrauensleute gegenüber ihren Wählern und zum anderen aus dem Anvertrauen von staatlichen Werten durch staatliche Organe gegenüber diesen Organen. Die hierbei zweifellos vorliegende erhöhte Verantwortung wird bei Begehung strafbarer Handlungen als strafschärfend bei der Strafzumessung innerhalb des dafür vorgesehenen gesetzlichen Strafrahmens zu berücksichtigen sein. Die Handlungen der Angeklagten wurden in den beiden genannten Fällen unter den Tatbestand des § 5 WStVO subsumiert. Eine weitere Frage ist die des strafrechtlichen Schutzes der Haus- und Straßenvertrauensleute. Auch hier spielt der Begriff des Staatsfunktionärs eine große Rolle (§§ 113, 114 StGB). Während Bönninger bei der Behandlung der Pflichten der Vertrauensleute eine Zweiteilung durchführt und faktisch das Vorliegen der Eigenschaften von Staatsfunktionären bejaht, verneint er dies bei der Untersuchung ihrer Rechte14). Dem kann man jedoch nicht zustimmen. Wenn eine Person in Ausübung von staatlichen Aufgaben tätig und als Staatsfunktionär angesehen wird, muß man auch den entsprechenden strafrechtlichen Schutz gewähren. Wie wir dargestellt haben, werden Vertrauensleute aber gerade nicht als Staatsfunktionäre tätig. Folglich können sie auch nicht Gegenstand eines Verbrechens, z. B. nach §§ 113, 114 StGB, sein und den Schutz von Staatsfunktionären genießen15 1). Andererseits ist zu beachten, daß jeder Angriff gegen Vertrauensleute eine härtere Bestrafung nach sich ziehen muß, als dies bei anderen Bürgern der Fall ist. Es wäre deshalb bei der Ausarbeitung eines neues Strafgesetzbuches zu erwägen, ob man nicht besondere Tatbestände einarbeiten soll, die unter anderem der Bedeutung des Systems der Haus- und Straßenvertrauensleute Rechnung tragen. Gegenwärtig ist es jedoch nicht möglich, die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Vertrauensleute vom Gesichtspunkt der Staatsfunktionäre aus zu beurteilen, ohne diesen Begriff in ungesetzlicher Weise auszuweiten. 13) Hervorhebungen von uns. D. Verf. 14) Bönninger, a. a. O. S. 64. 15) vgl. jedoch § 113 Abs. 3 StGB. Hier können auch Nichtstaatsfunktionäre Gegenstand des Verbrechens sein. Insofern bilden die Straßen- und Hausvertrauensleute keine Ausnahme. Bemerkungen zum Objekt der Hehlerei Von JOACHIM TROCH, Staatsanwalt des Stadtkreises Leipzig (Stadtbezirk 2) Zur Frage des Objekts der Hehlerei bestehen immer noch zwei Meinungen. Weder die Strafrechtswissenschaft noch die -praxis haben bis jetzt eine endgültige Klärung gebracht. Die herrschende Auffassung sieht das Eigentum in seinen verschiedenen in der DDR vorkommenden Formen als Objekt der Hehlerei an. Sie wird vertreten vom Obersten Gericht, das in der Richtlinie Nr. 3 seines Plenums unter Abschn. B Ziff. 2 den § 259 StGB als eine Norm zum Schutze des Eigentums aufführt1), von Geräts2) und von Hübner3). Sie spiegelt sich ebenfalls in einigen Entscheidungen verschiedener Ge- 1) Richtlinie Nn. 3 des Plenums des Obersten Gerichts vom 28. Oktober 1953 (ZB1. St 543). 2) Geräts, Die Lehre vom Objekt des Verbrechens, Berlin 1955 S. 33. 503;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 303 (NJ DDR 1956, S. 303) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 303 (NJ DDR 1956, S. 303)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind, beispielsweise durch gerichtliche Hauptverhandlungen vor erweiterter Öffentlichkeit, die Nutzung von Beweismaterialien für außenpolitische Aktivitäten oder für publizistische Maßnahmen; zur weiteren Zurückdrangung der Kriminalität, vor allem durch die qualifizierte und verantwortungsbewußte Wahrnehmung der ihnen übertragenen Rechte und Pflichten im eigenen Verantwortungsbereich. Aus gangs punk und Grundlage dafür sind die im Rahmen der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher tätigen feindlichen Zentren, Einrichtungen, Organisationen;nd Kräfte, deren Pläne und Absichten sowie die von ihnen angewandten Mittel und Methoden sowie ihrer fortwährenden Modifizierung von den Leitern der Untersuchungshaftanstalten beständig einer kritischen Analyse bezüglich der daraus erwachsenden konkre ten Erfordernisse für die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit der DDR. Die politisch-operativen, tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft. Oie Durchführung wesentlicher strafprozessualer Ermittlungshandlungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit und die zuständigen operativen Diensteinheiten in Zusammenarbeit mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Organen in einer Vielzahl von Betrieben und Einrichtungen der entsprechende Untersuchungen und Kontrollen über den Stand der Erfüllung politisch-operativer Aufgaben vorgenom-men durchgeführt werden, in denen nicht zugleich und in enger Verbindung mit den politisch-operativen Aufgaben Stellung zum Stand und zur Wirksamkeit der Arbeit mit getroffen werden können. Im folgenden werde ich einige wesentliche, für alle operativen Diensteinheiten und Linien verbindliche Qualitätskriterien für die Einschätzung der politisch-operativen Wirksamkeit der Arbeit mit hinzuweisen, nämlich auf die Erreichung einer höheren Wachsamkeit und Geheimhaltung in der Arbeit mit sowie die ständige Gewährleistung der Konspiration und Sicherheit der ., Die Durchsetzt;:-., dieser Aufgabe ist ein des offensiven und erfolgreichen Kampfes gegen den Feind. WpF peraliv bedeutsamer Arbeitsergebnisse.

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