Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 264

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 264 (NJ DDR 1956, S. 264); Die Rechtsprechung der Instanzgerichte zur Eheverordnung Von WILHELM HEINRICH, Oberrichter am Obersten Gericht Schon vor Erlaß der VO vom 24. November 1955 über Eheschließung und Eheauflijsung (GB1. S. 849) ist seit der Veröffentlichung des Entwurfs zum Familiengesetzbuch von berufener Seite wiederholt und mit besonderem Nachdruck auf die hohen Anforderungen hingewiesen worden, die die praktische Anwendung der neuen familienrechtlichen Vorschriften an die Rechtsprechung der demokratischen Gerichte unseres Staates stellen wird*). Das gilt gleichermaßen für die materielle Beurteilung wie für die prozessuale Behandlung der familienrechtlichen Streitigkeiten, insbesondere aber für die Eheprozesse. Auf die Notwendigkeit eines gründlichen Studiums der erwähnten wissenschaftlichen Vorarbeiten können unsere Richter nicht nachdrücklich genug hingewiesen werden. Diese Vorarbeiten sind von bleibendem Wert auch für die künftige Rechts-'anwendung, zumal die neue Verordnung in allen wesentlichen Punkten die in den entsprechenden Teilen des Familiengesetzentwurfs enthaltenen gesetzgeberischen Vorschläge übernommen hat. Die hohe Verantwortung der Richter unseres Staates findet im Gesetz selbst prägnanten Ausdruck in der Präambel der Verordnung und ihrer organischen Verbindung mit den positiven, in der Verordnung enthaltenen Einzelvorschriften. Ausgehend von den in der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik verankerten Grundsätzen (Art. 30, 31) über das Wesen und die Bedeutung der Ehe in unserer Gesellschaftsordnung als einer zwischen Mann und Frau auf der Grundlage der Gleichberechtigung und gegenseitiger Liebe und Achtung für das Leben geschlossenen Gemeinschaft, die zugleich aber die Grundlage unseres Gemeinschaftslebens überhaupt bildet, überträgt der Gesetzgeber den Gerichten unseres Staates die Verpflichtung, den Bestand und die Entwicklung einer gesunden Ehe jederzeit zu schützen und zu festigen. Auf der anderen Seite aber stellt § 8 Ehe-VO unmißverständlich klar, daß eine Ehe geschieden werden muß, wenn ernstliche Gründe vorliegen und wenn das Gericht durch eine eingehende Untersuchung die persönliche und gesellschaftliche Wertlosigkeit der Ehe festgestellt hat und deshalb zu dem Schluß kommt, daß sie nicht mehr ihrer Funktion als Grundlage des Gemeinschaftslebens zu dienen geeignet ist. Das Oberste Gericht betrachtet es zur Zeit als eine seiner wichtigsten Aufgaben, auf dem Gebiet des Familienrechts von der Praxis her für eine richtige und einheitliche Anwendung der neuen Rechtsnormen Sorge zu tragen, und zwar nicht nur mit dem Mittel der Kassation, sondern auch durch helfende Kritik. Zu diesem Zweck überprüft es die Rechtsprechung mehrerer Bezirksgerichte. Die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse werden laufend in der „Neuen Justiz“ veröffentlicht werden. Daß der Stoff dabei vorerst noch nicht systematisch, sondern sozusagen von Fall zu Fall behandelt werden kann, liegt in der Natur der Sache. Der vorliegende Aufsatz soll sich mit den ersten bei der Prüfung aufgetretenen Problemen beschäftigen. * 1. Ein Senat des Bezirksgerichts Magdeburg glaubt, in einem allgemein gehaltenen Schreiben an das Oberste Gericht darauf hinweisen zu müssen, daß sich Schwierigkeiten im Scheidungsverfahren bei der Bewertung bzw, Feststellung der ernsthaften, die Scheidung rechtfertigenden Gründe ergäben, insbesondere dann, wenn von einem Ehepartner Ehebruch getrieben werde, der andere Teil aber trotzdem an der Ehe festhalten wolle. Es sei daher ratsam, wenn das Oberste Gericht in allernächster Zeit eine entsprechende Entscheidung fällen würde, die die Frage der „ernsthaften Gründe“ klarzustellen versuche. *) Hingewiesen sei besonders auf Benjamin, Einige Bemerkungen zum Entwurf eines FGB (NJ 1954 S. 352), Ranke in Staat und Recht 1954 S. 733, Nathan in Staat und Recht 1954 S. 567, Ostmann in NJ 1955 S. 227; zur VO vom 24- Noyen)l?er 1955 selbst Ostmann in NJ 1955 S. 725. Das Schreiben beweist, daß der amfragende Senat nicht erkannt hat, welche Aufgaben ihm § 8 EheVO stellt. Das Leben ist vielgestaltig; kein Fall gleicht dem änderen. Was § 8 EheVO vermeiden will und mit Recht verpönt, ist gerade der jeder gesunden Weiterentwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse so feindliche Schematismus auch in der Behandlung der Eheprozesse. Er müßte in letzter Konsequenz zur Rückkehr zu den starren, innerlich unwahrhaftigen, weil die wahren Gründe verschleiernden und deshalb von unserem Recht aufgegebenen „absoluten“ Ehescheidungsgründen des Bürgerlichen Gesetzbuchs führen. Es kommt jetzt darauf an, im Eheprozeß mit allen zur Verfügung stehenden prozeßordnungsmäßigen Mitteln die objektive Wahrheit über den individuellen Zustand und die Entwicklung der betreffenden Ehe zu erforschen. Das hat unter Berücksichtigung der in der Präambel der Eheverordnung zusammengefaßten Gesichtspunkte zu geschehen, die zugleich den einzig möglichen und richtigen Weg zur Beurteilung der Frage weisen, ob die Ehe noch ihren Wert und Sinn für die Parteien, ihre Kinder und für die Gesellschaft behalten hat oder ob und aus welchen Gründen dies nicht der Fall ist. In einer gesunden Ehe müssen die individuellen Interessen der Ehepartner stets mit dem allgemeinen gesellschaftlichen Interesse, das sich vor allem auf die Förderung der Arbeitsfreude beider Ehepartner, ihr ständiges Streben nach persönlicher Vervollkommnung und die Erziehung der Kinder im Geiste des Art. 31 der Verfassung richtet, im Einklang stehen. Spannungen, die in der Ehe auftreten, beweisen, daß dieser Einklang mehr oder weniger stark gestört oder gänzlich verloren gegangen ist. In solchen Fällen drängen dann wider-streitende persönliche Interessen der Partner einseitig oder beiderseits zur Lösung des Ehebandes. Aufgabe des Richters und der Schöffen ist es, die Schwere und den Grad dieser Störungen erschöpfend zu erörtern und nötigenfalls durch Beweisaufnahme zu klären und das so als wahrheitsgemäß festzustellende Sach-verhältnis nach den oben dargelegten Grundsätzen zu würdigen. Nur dann darf die Ehe geschieden werden, wenn sich die unerläßliche Übereinstimmung der persönlichen und gesellschaftlichen Interessen nicht wiederherstellen läßt, die Ehe also ihren Charakter als gesunde Lebensgemeinschaft endgültig verloren hat. 2. Wie immer nun aber auch das Urteil lautet, es muß in jedem Fall mit den moralischen Anschauungen unserer werktätigen Bevölkerung in vollem Einklang stehen. Auch das ist nicht nur selbstverständlich, sondern wird in der Präambel der EheVO ausdrücklich gefordert, ohne daß damit in irgendeiner Form auf das endgültig aus unserer Gesetzgebung und Rechtsprechung ausgeschiedene Verschuldensprinzip zurückgegriffen werden darf. Wenn die Gerichte danach also nicht auf jede moralische Bewertung des Verhaltens der Ehepartner verzichten dürfen, insbesondere insoweit nicht, als es sich um eine leichtfertige Einstellung eines oder beider Teile zum Wesen der Ehe handelt, so kann und darf doch niemals das Ergebnis eines Urteils sein, eine Ehe, die nach einwandfreier Feststellung ihren Sinn für alle Beteiligten und für die Gesellschaft verloren hat, etwa aus vermeintlich moralischen Erwägungen, gewissermaßen strafweise, aufrechtzuerhalten, weil ein Ehepartner sich leichtfertig zur Ehe verhalten habe. Wenn die eingehende Untersuchung ergibt, daß alle Voraussetzungen für eine Scheidung der Ehe, wie sie § 8 EheVO erfordert, vorliegen, so m u ß die Ehe geschieden werden. Dieses Ergebnis kann dann unmöglich mit dem Rechtsbewußtsein und den moralischen Anschauungen der Werktätigen in Widerspruch stehen. Auf die Konstatierung eines solchen Widerspruchs aber laufen zwei Urteile des Bezirksgerichts Dresden, wenn auch nicht im Ergebnis denn sie sind wahrscheinlich in der Ablehnung der Ehescheidung nicht zu beanstanden , so doch in ihrer Begründung hinaus. In beiden Fällen stellt das Gericht mit einer, soweit ersichtlich, zutreffenden und erschöpfenden Begründung 264;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 264 (NJ DDR 1956, S. 264) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 264 (NJ DDR 1956, S. 264)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den imperialistischen Feind notwendige, offensive, politisch-ideologische Aufklärungs-und Erziehungsarbeit, die durch bestimmte damit beauftragte Diensteinheiten, Leiter und Mitarbeiter Staatssicherheit geleistet wird. Die wird auf der Grundlage der Normen der sozialistischen Gesetzlichkeit sowie der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung durch die Angehörigen des politisch-operativen Kontroll- und Sioherungsdien-stes Bin wesentlicher Bestandteil Gewährlerrftung der Sicherheit und Ordnung im Verantwortungsbereich sowie der Qualität und Effektivität der Aufgabenerfüllung verfolgen in ihrer Einheit das Ziel der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienst-steilen gegebene Orientierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Spezifik in allen Diens teinheiten zu -ve rwirlcl ichen. Die Diensteinheiten haben die Schwerpunktbereiche des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels ist ein hohes Niveau kameradschaftlicher Zusammenarbeit der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden gewährleistet wird. Das setzt in jedem Einzelfall rechtzeitige gemeinsame Beratungen zwischen der Untersuchungsabteilung und den anderen beteiligten Diensteinheiten voraus, denn es ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen sowie Mittel und Methoden seiner subversiven Tätigkeit zu erkunden, zu dokumentieren und offensiv zu bekämpfen. Die zur Blickfeldarbeit einzusetzenden müssen in der Lage sein, die politisch-operative Lage in ihrem Verantwortungsbereich einzuschätzen, einen Beitrag zur Klärung der Frage Wer ist wer? zu leisten und Hinweise auf operativ interessante Personen aus dem Operationsgebiet in der begangen werden oder - in einem engen Zusammenhang zu aktuellen zeitlichen und örtlichen besonders bedeutsamen Ereignissen und Situationen im Verantwortungsbereich stehen.

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