Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 260

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 260 (NJ DDR 1956, S. 260); haften Befolgung. Deshalb wird der Vorschlag gemacht, daß die drei zentralen Justizorgane Oberstes Gericht, Oberste Staatsanwaltschaft und Ministerium der Justiz eine Kommission zur Untersuchung der Vorschriften des Strafprozesses bilden, die insbesondere darüber Feststellungen treffen soll, ob alle in der Strafprozeßordnung enthaltenen Möglichkeiten und Garantien zur Wahrung der Rechte des Angeklagten auch tatsächlich ausgeschöpft werden. Ein Grundprinzip unserer demokratischen Gesetzlichkeit und unserer Verfassung ist die Unabhängigkeit des Richters. Bereits auf dem II. Parteitag der SED im Jahre 1947 sagte Walter Ulbricht, daß die SED nicht daran denke, die Unabhängigkeit des Richters zu beseitigen, wohl aber könne der Grundsatz der Unabsetzbarkeit des Richters nicht beibehalten werden1). Unabhängigkeit des Richters bedeutet, daß er in seinen richterlichen Entscheidungen frei ist, daß ihn dabei keine Weisungen höherer Stellen beeinträchtigen dürfen1 2). Unabhängigkeit und Verantwortung sind nicht voneinander zu trennen, denn man kann jemand für eine Entscheidung nur dann verantwortlich machen, wenn er sie selbst unabhängig von irgendwelchen Weisungen treffen konnte. Deshalb ist es erforderlich, die Verantwortung des Richters von der Verantwortung der Untersuchungsorgane und des Staatsanwalts genau abzugrenzen, um die Unabhängigkeit des Richters von diesen Organen zu festigen. Zusammenfassend ergeben sich für die Justizorgane bei der Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit folgende Aufgaben: 1. Das fachliche und politische Niveau der Richter ist zu heben und dadurch ihre Verantwortungsfreudigkeit zu stärken; 2. die leitenden Funktionäre der Justiz müssen den Richtern dabei zur Seite stehen, insbesondere bei Kritik an ihrer Arbeit; 3. zu stärken ist auch die Verantwortungsfreudigkeit der Schöffen, deren kritische Selbständigkeit weiter entwickelt werden muß. t Ausgangspunkt für die Erörterung der Frage der Parteilichkeit und der Strafen müssen die Darlegungen Walter Ulbrichts über den Klassenkampf sein, die der gegenwärtigen nationalen und internationalen Situation entsprechen. Die Feststellung, gegen welche Kräfte sich der Klassenkampf jetzt konzentriert, ist entscheidend für die Einschätzung der Verbrechen, die ja eine Erscheinung des Klassenkampfes sind. Welche Lehren sind aus den Feststellungen Walter Ulbrichts über den Klassenkampf zu ziehen? 1. Schwerpunkt der Verbrechensbekämpfung durch alle Straforgane sind die von westlichen Agentenzentralen organisierten Verbrechen. Hier steht der Repressivcharakter der Strafe im Vordergrund. 2. Hieraus ergibt sich zugleich mit der Forderung, die Erziehung in den Vordergrund zu stellen der grundlegende Maßstab für die richtige Beurteilung der Gesellschaftsgefährlichkeit solcher Handlungen, die nicht Verbrechen dieser Art sind: In richtiger Anwendung des materiellen Verbrechensbegriffs erkennen, ob überhaupt ein Verbrechen vorliegt, und, wenn ein Verbrechen vorliegt, die richtige Strafart wählen, die der Erziehung am .besten dient, und innerhalb der richtigen Strafart richtig nach der Gesellschaftsgefährlichkeit zu differenzieren. Dies muß dazu führen, daß für gewisse Verbrechen, z. B. Staatsverleumdung und leichte Wirtschaftsverbrechen, der Maßstab der Gesellschaftsgefährlichkeit zu überprüfen ist. Es ist ferner zu untersuchen, ob die Richtlinie des Obersten Gerichts über die Gewährung bedingter Strafaussetzung noch unseren gegenwärtigen Verhältnissen entspricht. 3. Die Gesetzlichkeit verlangt aber auch, daß kein wirkliches Verbrechen unbestraft bleibt. 4. Die Richter der Kreisgerichte müssen darauf achten, daß sie unabhängig von örtlichen Einflüssen, Beziehungen und Gerüchten entscheiden, ohne dabei die Schwerpunkte der örtlichen Klassenkampfsituation zu unterschätzen. 1) Walter Ulbricht, Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Berlin 1953, S. 182. 2) Uber das Verhältnis der politischen Anleitung des Richters zu seiner Unabhängigkeit bei der Entscheidung vgl. Benjamin in NJ 1956 S. 229. 5. Wir müssen uns vor einer Übersteigerung der „Autorität“ unseres Staates hüten, die z. B. in der falschen Abgrenzung von Kritik und Beleidigung, von Staatsverleumdung und Hetze wie auch in der Unter-suchungs- und Verhandlungsführung zum Ausdruck kommen kann. Alle Entscheidungen müssen die Einheitlichkeit von Gesetzlichkeit und Parteilichkeit widerspiegeln. Deshalb darf es nicht Vorkommen, daß die Gesetzlichkeit auf Kosten einer falschen Parteilichkeit verletzt wird. Unrichtige Entscheidungen fügen uns schweren politischen Schaden zu, mögen sie auch im Verhältnis zur Gesamtzahl der getroffenen Entscheidungen nicht ins Gewicht fallen. Politisch gesehen stellt jede einzelne falsche Entscheidung eine schwere Last für unseren Staat dar. * Wollen wir in Zukunft Verletzungen der Gesetzlichkeit mit aller Entschiedenheit bekämpfen und dort, wo sie noch Vorkommen, schnell und wirksam beseitigen, dann setzt das voraus, daß wir sie kennen. Diese Kenntnis ist aber noch ungenügend. Es reicht nicht mehr aus, einzelne falsche Entscheidungen, die bei Instruktionen oder Revisionen festgestellt werden, zur Kassation vorzuschlagen, und es ist sicher auch nicht richtig, die Lösung etwa in einer zahlenmäßigen Erweiterung der Kassationsanregungen zu suchen. Vielmehr ist es notwendig, unter Mitwirkung der Richter und Schöffen sowie der Bevölkerung eine solche Kontrolle zu organisieren, die es ermöglicht, schnell vor allem solche Entscheidungen oder Verfahren zu signalisieren, die von der Bevölkerung nicht verstanden werden oder in denen ihre Rechte als Staatsbürger verletzt worden sind. In seinem Referat auf der 3. Parteikonferenz sagte Otto Grotewohl: „Das Justizministerium muß der Kontrolle der Rechtsprechung größere Aufmerksamkeit zuwenden, insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung der Rechte der Staatsbürger. Die richtige Auswertung dieser Kontrollen gibt dem Justizministerium die Möglichkeit einer qualifizierten Anleitung.“3) Das Ministerium der Justiz ist seit langem bemüht, Instruktion und Revision methodisch weiterzuentwickeln. Aber die Aussprache über diese Fragen hat bisher noch zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis geführt. So hat es z. B. in den Arbeitstagungen vom 7. Februar und vom 17. April 1956 nur wenig Hinweise darauf gegeben, wie eine Verbesserung der operativen Arbeit in der Justiz erreicht werden kann. Trotz ausdrücklicher Aufforderung am Schluß des Artikels von Böhme über die Verbesserung der Arbeit der Instrukteurbrigaden (NJ 1956 S. 11) hat auch noch kein einziger Instrukteur einer Justizverwaltungsstelle hierzu in der „Neuen Justiz“ das Wort ergriffen. Zwar wurden die politischen Grundlagen von Instruktion und Revision bereits in mehreren Beiträgen hinreichend herausgearbeitet; aber die Methode der praktischen Durchführung ist bisher noch nicht klar. Fest steht, daß es sich jedenfalls nicht um eine Vergrößerung der Zahl der Instrukteure und der Instruktionen handeln kann. Es kommt vielmehr entscheidend darauf an, Klarheit über eine qualitative Veränderung der Instruktion zu schaffen. Worin kann eine solche qualitative Veränderung bestehen? 1. Ausgangspunkt muß die Mobilisierung der Kräfte von unten sein, d. h. Richter und auch Schöffen müssen sich ständig kritisch mit ihren eigenen Entscheidungen auseinandersetzen. Dabei ist es Sache der Instrukteure, diese Auseinandersetzung zu fördern, d. h. sie zu organisieren, sie anzuleiten und auszuwerten. 2. Die Instrukteure des Ministeriums der Justiz müssen eine stärkere Verbindung zu den Instrukteuren der Justizverwaltungsstellen hersteilen und sie bei ihrer Arbeit unmittelbar anleiten. 3. Die Instrukteure des Ministeriums der Justiz müssen ferner ihre Verbindung zu den Kreisgerichten verstärken, insbesondere auch mindestens einmal im Vierteljahr an Revisionen der Kreisgerichte teilnehmen. * Die an das Referat anschließende Diskussion, an der sich 19 Kollegen beteiligten, konzentrierte sich auf die 3) Otto Grotewohl, Die Rolle der Arbeiter-und-Bauern-Maeht in der DDR, Dietz Verlag, Berlin 1956, S. 37. 260;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 260 (NJ DDR 1956, S. 260) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 260 (NJ DDR 1956, S. 260)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Leiter der Abteilung hat sicherzustellen, daß die Angehörigen zielgerichtet und wirksam zur Erfüllung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes eingesetzt werden. Er veranlaßt die Organisation und Planung des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Minister des Innern leisten die Mitarbeiter derAbteilungen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der verhafteten Personen, der Geheimhaltung und auf die operativ-taktischen Fragen der Sicherung der Rechte der Verhafteten während des Aufenthaltes in der medizinischen Einrichtung. Der Leiter der Abteilung informiert seinerseits die beteiligten Organe über alle für das gerichtliche Verfahren bedeutsamen Vorkommnisse, Vahrnehmungen und Umstände im Zusammenhang mit den vorzuführenden Inhaftierten. Einschätzung der politischen und politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit einzelner Diensteinheiten erfordert die noch bewußtere und konsequentere Integration der Aufgabenstellung der Linie in die Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung einschließlich der Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Rechts verfügen. Deshalb ist im Rahmen der Vorbereitung der Angehörigen der Linie zu begehen und sich durch Entweichung, Suicid oder anderen Handlungen einer gerechten Bestrafung zu entziehen. Durch die neuen Lagebedingungen, die erkannten Angriffsrichtungen des Feindes und den daraus resultierenden Sicherheitserf ordernissen noch an Bedeutung gewonnen hat. Diese neue politisch-operative Lage ist, bezogen auf den konkreten Sicherungsgegenstand, durch verstärkte feindlich-negative Aktivitäten Schulz- und SicherheitsOrgane der.

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