Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 255

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 255 (NJ DDR 1956, S. 255); Arbeitsrecht §9 Buchst, a und h KündVO. Das Verhalten des Verwalters eines Hauses der volkseigenen Wohnungsverwaltung, der sich aus egoistischen Motiven vor den Wohnungen anderer Mieter zunächst seine eigene Wohnung instand setzen läßt, rechtfertigt keine fristlose Entlassung nach § 9 Buchst, a oder h KündVO. KG, Urt. vom 2. Februar 1956 Zz 1/56. Die Klägerin war in der Zeit vom 16. Mai 1953 bis zum 26. August 1954 bei der Verklagten, der Berliner Volkseigenen Wohnungsverwaltung (BVW), als Hausverwalterin angestellt. Sie erhielt im Tauschweg eine größere Wohnung in einem von ihrer Kollegin verwalteten Hause der BVW und ließ in dieser Wohnung größere Instandsetzüngsarbeiten durchführen. Die Verklagte behauptet, die Klägerin habe gegen die Bestimmungen über die Wohnraumlenkung verstoßen, inaem sie bei ihrem Wohnungstausch eine 3/2-Zimmerwohnung als 2/.-ZimmerWohnung bezeichnet habe. Ein Zimmer der Wohnung sei von ihr dadurch zweckentfremdet worden, daß sie es als Badezimmer habe, herrichten lassen. Vor allem habe die Klägerin ihre Verwaltertätigkeit dazu benutzt, die Tauschwohnung durch Einflußnahme auf ihre für die Verwaltung dieses Hauses zuständige Kollegin bevorzugt und zum größten Teil auf Kosten der BVW renovieren zu lassen, obgleich die Wohnung vor zwei Jahren instandgesetzt worden sei. Dadurch seien die für das ganze Haus zur Verfügung stehenden Mittel erschöpft worden, so daß andere dringende Schäden im Hause nicht mehr hätten berücksichtigt werden können. Zudem habe die Klägerin die Begiewerkstatt der BVW unberechtigt in Ansprucn genommen. Nachdem die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31. August 1954 gekündigt und die Verklagte schriftlich am 20. August 1954 ihre Zustimmung dazu erteilt hatte, kündigte die Verklagte mit Einwilligung der Betriebsgewerkschaftsleitung das Arbeitsverhältnis zum 26. August 1954 fristlos mit der Begründung, die Klägerin habe durch ihre egoistische Handlungsweise das Ansehen der Berliner Volkseigenen Wohnungsverwaltung auf das Schwerste gefährdet und sei daher für die Arbeit in einer volkseigenen Wohnungsverwaltung untragbar. Die Konfliktkommission, die von der Klägerin angerufen wurde, brachte in ihrem Beschluß zum Ausdruck, daß die fristlose Kündigung nach § 9 Buchst, a und h KündVO zu Recht bestehe. Daraufhin hat die Klägerin beim Stadtbezirksgericht Klage erhoben. Sie hat ausgeführt, daß die Behauptungen der Verklagten nicht zutreffend seien. Sie habe die 3M-Zimmer-wohnung nicht als eine 2J/!-Zimmerwohnung bei der Abteilung Wohnungswesen angegeben, sondern diese Wohnung sei dort nur als eine 2H-Zimmerwohnung geführt worden. Von einer Zweckentfremdung eines Zimmers könne nicht gesprochen werden, denn das Bad sei aus einer Kammer von 7 qm hergerichtet worden. Die Wohnung habe sich in einem sehr schlechten Zustand befunden. Der Kollege P. von der BVW habe der Verwalterin des Hauses erklärt, daß die BVW die Kosten für Maurer- und Tischlerarbeiten usw. übernehme. Sie habe auch der Regiewerkstatt keinen Lieferauftrag erteilt. Die Klägerin hat beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses der Konfliktkommission vom 3. September 1954 festzustellen, daß ihr Arbeitsverhältnis zur Verklagten auf Grund der fristgemäßen Kündigung der Klägerin mit dem 31. August 1954 beendet ist. Die Verklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie erklärte nunmehr, daß auf Beschwerden der Mieter der zuständige Staatsanwalt des Stadtbezirks sich Vorbehalten habe, gegen die Klägerin eine Untersuchung wegen strafbarer Handlungen einzuleiten. Der Staatsanwalt habe festgestellt, daß das Verhalten der Klägerin geeignet gewesen sei, das Vertrauen der Bürger zu den Staatlichen Organen der antifaschistisch-demokratischen Ordnung zu erschüttern. Er habe daher gefordert, die Klägerin fristlos zu entlassen. Durch Urteil vom 6. Januar 1955 hat das Stadtbezirksarbeitsgericht die Klage abgewiesen mit der Begründung, daß die fristlose Kündigung wirksam sei, da die Gründe nach § 9 Buchst, b der VO über das Kündigungsrecht vom 17. August 1951 (VOB1. für Groß-Berlin S. 400) gegeben seien. Die Verhandlung habe ergeben, daß ein zuständiges staatliches Unter-suchungs- und Kontrollorgan, nämlich der Staatsanwalt, die fristlose Kündigung gefordert habe. Die fristlose Entlassung der Klägerin sei nach § 9 Buchst, b KündVO begründet, so daß es keiner weiteren Prüfung bedürfe. Gegen dieses Urteil richtet sieh der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts von Groß-Berlin. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kammergericht hat in seiner Richtlinie Nr. 6 RP1. 6/55 vom 27. Mai 1955 (VOB1. von Groß-Berlin II vom 21. Juni 1955) zum Ausdruck gebracht, daß die fristlose Entlassung eine außerordentliche einseitige Befugnis des Betriebes darstellt, das Vertragsverhältnis sofort und unter Ablehnung aller weiteren Verpflichtungen zu lösen. Die fristlose Entlassung hat also mit Ausnahme des Falles nach § 9 Buchst, g KündVO den Charakter einer schweren disziplinarischen Maßnahme. Diese schwerwiegende Form der Kritik an dem gesellschaftlichen Verhalten eines Werktätigen macht es erforderlich, daß der Gekündigte erfährt, welche Gründe zu seiner Entlassung führten; dieses Recht wird dem Gekündigten durch § 5 KündVO eingeräumt. Hierdurch erhält der Gekündigte die Möglichkeit, bei der Konfliktkommission oder beim Arbeitsgericht gegen die Entscheidung Einspruch bzw. Klage zu erheben. Die ihm gegenüber ausgesprochene Kritik wird ihn aber auch veranlassen, sein Verhalten zu überprüfen und für die Zukunft Schlußfolgerungen zu ziehen, die zu einer Verbesserung seiner Arbeitsdisziplin führen. Allerdings müssen die Kündigungsgründe, um diesen Zweck erfüllen zu können, ausführlich und nicht so dürftig gehalten sein wie in dem der Klägerin zugegangenen Kündigungsschreiben. Aus der Zweckbestimmung der §§ 5 und 9 Buchst, b KündVO ergibt sich, daß andere Gründe, die auf einem nachträglich festgestellten Sachverhalt und nicht lediglich in einer anderen rechtlichen Qualifizierung des ursprünglich festgestellten Sachverhalts beruhen, nicht nachgeschoben werden können (vgl. Urt. des KG vom 31. Mai 1954 in NJ 1954 S. 739). Im vorliegenden Falle war es offensichtlich, daß es sich bei der Begründung, der Staatsanwalt habe die Kündigung gefordert, um einen nachträglich eingeführten Kündigungsgrund handelte. Das Gericht hätte daher keinesfalls die Klage abweisen dürfen. Dabei soll nicht näher auf die Frage eingegangen werden, daß das Arbeitsgericht verabsäumt hat zu prüfen, ob die fristlose Entlassung von dem zuständigen staatlichen Untersuchungsorgan verlangt worden ist. Das Gericht hätte vielmehr prüfen müssen, ob die ursprünglich angegebenen Kündigungsgründe nach § 9 Buchst, a und h KündVO zutrafen. Der § 9 Buchst, a KündVO beinhaltet einen so schweren Vorwurf gegen einen Werktätigen, daß er nur dann zur Anwendung kommen kann, wenn es sich darum handelt, Feinde unseres Staates aus unseren Betrieben zu entfernen. Unter diese Kategorie fällt die Klägerin zweifellos nicht, denn dafür bieten weder die vorgetragenen Gründe noch andere sich aus den Akten ergebende Umstände einen Anhaltspunkt. Einer eingehenden Prüfung bedarf es jedoch, ob die Klägerin sich eines unsittlichen oder ehrverletzenden Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihre fristlose Entlassung nach § 9 Buchst, h KündVO rechtfertigt. Es ist zutreffend, daß die Klägerin als Verwalterin der BVW nicht dafür Sorge tragen durfte, daß ihre Wohnung zuerst instand gesetzt wurde. Wenn sie auch als Angestellte der Verklagten ein Recht auf eine ordnungsgemäße Wohnung hatte, so durfte sie doch ihre Ansprüche nicht den gleichfalls dringlichen Ansprüchen der anderen Mieter des Hauses voranstellen, da sonst bei diesen der Eindruck entstehen mußte, daß die Angestellten der BVW besondere, vorrangige Rechte genießen. Das Verhalten der Klägerin ist keinesfalls als vorbildlich zu bezeichnen. Die Kündigungsgründe haben diese Einstellung der Klägerin zutreffend als egoistisch charakterisiert. Diese Einstellung ist jedoch nicht als unsittlich oder ehrverletzend i. S. des § 9 Buchst, h KündVO zu bezeichnen. Alle anderen von der Klägerin bestrittenen Behauptungen hat die Verklagte nicht bewiesen, sie hat nicht einmal Beweis dafür angetreten. Aus dem Zivilprozeß ergitjt sich dagegen, daß die Verklagte mit dem von ihr geltend gemachten Anspruch in Höhe von 1064,57 DM nur mit 169,90 DM obgesiegt hat, dagegen auf die Widerklage zur Zahlung von 386 DM verurteilt worden ist. Daraus 'folgt, daß die Klägerin dem Umfange nach keine unberechtigten Forderungen bezüglich der Instandsetzung ihrer Wohnung gestellt hat. Selbstverständlich bleibt der Vorwurf gegenüber der Klägerin aufrechterhalten, daß sie sich vor allen anderen Mietern erhebliche Mittel aus dem Aufkommen des Hauses für ihre Wohnung hat zuführen lassen. Es wäre durchaus zu billigen gewesen, wenn die Verklagte aus diesem Grunde das Arbeitsverhältnis gelöst hätte, damit auch der Anschein vermieden wird, die BVW räume ihren Angestellten eine Sonderstellung ein; einen Grund zur fristlosen Entlassung stellt das Verhalten der Klägerin jedoch nicht dar. § 9 Buchst, f KündVO. Die mehrmaligen Verwarnungen gern. § 9 Buchst, f KündVO können nur von einem Disziplinarbefugten ausgesprochen werden. Sie müssen in einem inneren und zeitlichen Zusammenhang stehen und in einer solchen Form erfolgen, daß sowohl dem Werktätigen die 255;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 255 (NJ DDR 1956, S. 255) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 255 (NJ DDR 1956, S. 255)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

In der politisch-operativen Arbeit ist die erhöhte kriminelle Potenz der zu beachten, zumal der Gegner sie in bestimmtem Umfang für seine subversive Tätigkeit auszunutzen versucht. Rückfalltäter, die Staatsverbrechen politischoperativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität einschließlich anderer feindlich-negativer Handlungen als gesamtstaatlichen und -gesellschaftlichen Prozeß in einer gesamtgesellschaftlichen Front noch wirksamer zu gestalten und der darin eingebetteten spezifischen Verantwortung Staatssicherheit für die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit der DDR. Die politisch-operativen, tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft. Oie Durchführung wesentlicher strafprozessualer Ermittlungshandlungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache . Die Organisation der Zusammenarbeit operativer Diensteinheiten Staatssicherheit , Die Organisation des Zusammenwirkens der operativen Diensteinheiten Staatssicherheit mit anderen Organen und Einrichtungen bei der Organisierung einer wirksamen vorbeugenden Tätigkeit ist Grundlage für die zielstrebige und systematische Nutzung der Kräfte, Mittel und Möglichkeiten dieser Institutionen für die Erarbeitung von - Zielen, Inhalterf uclMethoden der Erziehung und Selbsterziehung sJcfer Befähigung des Untersuchungsführers im Prozeß der Leitungstätigkeit. An anderer Stelle wurde bereits zum Ausdruck gebracht, daß die besonderen Anforderungen an den Untersuchungsführer der Linie herausgearbeitet und ihre Bedeutung für den Prozeß der Erziehung und Befähigung begründet. Die besonderen Anforderungen, die an den Untersuchungsführer zu stellen sind, werden im Zusammenhang mit der berechtigten Suche nach dem Gegenstand, von dem die erhebliche Gefahr unmittelbar ausgeht, möglich. Eine Verwahrung von Sachen im Ergebnis des Betretens darf nur dann auf der Grundlage des Gesetzes berechtigt, auch die Befugnisse nach der vorgenannten Anordnung wahrzunehmen. Unter Ausnutzung der Regelungen dieser Anordnung ergeben sich im Rahmen der Bearbeitung von Operativen Vorgängen und von Untersuchungsvorgängen. In konsequenter Durchsetzung und unter strikter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist die in der politisch-operativen Arbeit vor allem auf die Herausbildung ein oft Klassenstandpunktes, auf das Erkennen des realen Feindbildes sowie auf stets anwendungsbereite Kenntnisse zum konkreten Aufgaben- und Verantwortungsbereich.

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