Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 248

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 248 (NJ DDR 1956, S. 248); sich um die Vollstreckung eines Urteils gehandelt, ebenfalls sein Verhalten rechtfertige. Wäre sie zutreffend gewesen, so hätte er einen ordnungsmäßigen Befehl ausgeführt. Hier zeigt sich wiederum die Grundeinstellung des Gerichts zum nationalsozialistischen Regime, in der letztlich überhaupt die Ursache für seine Entscheidung zu suchen ist. Obwohl bekanntlich die Praxis der faschistischen Standgerichte namentlich in der letzten Zeit des Krieges fast nichts mehr mit Rechtsprechung zu tun hatte und ihre Entscheidungen meist nichts anderes darstellten als in die Form von Urteilen gekleidete Verbrechen, würde dem LG Hagen das Vorliegen eines solchen „Urteils“ völlig genügt haben, um die Tötung eines Menschen, der sich gegen die Fortsetzung dieses furchtbaren Krieges ausgesprochen hatte, als rechtmäßig zu betrachten. Genauso wie eine derartige Aufassung abgelehnt werden muß, muß auch der rechtfertigende Charakter eines Irrtums über das Vorliegen eines solchen Urteils abgelehnt werden, weil eben das Vorhandensein eines derartigen Urteils den Befehl nicht zu einem rechtmäßigen gemacht hätte. Im übrigen ging aber aus den Tatumständen nichts hervor, was die Annahme eines Irrtums auf seiten des K. gestützt hätte. Die weiteren Urteilsausführungen, die sich mit einer angeblich außerdem vorhanden gewesenen Notstandslage des Angeklagten beschäftigen, bauen im Gegenteil gerade darauf auf, daß dieser sich nicht geirrt, sondern die Situation völlig richtig eingeschätzt hatte. Es wird dazu festgestellt, daß K. sich zumindest der Gefahr ausgesetzt hätte, wegen Ungehorsams im Felde verfolgt zu werden. Danach sei es glaubhaft, daß er sich auch subjektiv bei der Ausführung des Befehls von der Erwägung habe leiten lassen, daß ihm bei der Verweigerung des Befehls Gefahr drohe. Dadurch, daß das Gericht nicht von den Tatsachen, sondern von dem Bestreben ausging, den Angeklagten unter allen Umständen freizusprechen, und weil es deshalb möglichst massiv Rechtfertigungsgründe zur Anwendung brachte, mußte es sich notwendig in Widersprüche verwickeln und das Urteil zu einer und dazu noch sehr schlechten Konstruktion werden. Wer sich auf Notstand beruft, gibt zu, daß er, wenn auch durch die Notstandslage bedingt, eine an sich verbrecherische Handlung begangen hat und daß ihm dies bei der Ausführung auch bewußt war. Zwar durfte sich der Angeklagte K. nicht auf Notstand berufen, weil keinem Menschen das Recht zugebiligt werden kann, sein Leben auf Kosten des Lebens eines anderen Menschen zu retten, und das Urteil des LG Hagen muß deshalb auch in diesem Punkte abgelehnt werden, aber indem das Gericht eine Notstandslage des K. anerkannte, widersprach es zugleich seiner eigenen Argumentation, daß K. den verbrecherischen Charakter des Befehls nicht erkannt hätte. Insgesamt zeigt dieses Urteil erschreckend deutlich, wie in der westdeutschen Gerichtspraxis durch Tatsachenverfälschung und mit Hilfe juristischer Konstruktionen Entscheidungen gefällt werden, die im Ergebnis darauf hinauslaufen, daß unter dem Deckmantel eines höheren Befehls begangene Verbrechen nicht bestraft werden. Daß diese Feststellung nicht nur auf das Urteil des LG Hagen und nicht nur auf das Jahr 1947 zutrifft, beweist ein Urteil des BGH vom 19. März 1953*3). Durch dieses Urteil war das Urteil eines Schwurgerichts aufgehoben und zurückverwiesen worden, das einen Angeklagten wegen Beihilfe zu einem an einem sowjetischen Kriegsgefangenen begangenen Totschlag begangen im September 1942 verurteilt hatte. Es handelte sich dabei, wie das Schwurgericht für erwiesen annahm, um Handeln auf Anweisung der Gestapo. Zur Zeit der Aburteilung dieses Verbrechens war die den westdeutschen Gerichten von den Besatzungsmächten erteilte Ermächtigung zur Anwendung des KRG Nr. 10 bereits zurückgezogen worden, so daß die Strafbestimmungen des StGB zur Anwendung gelangten. Der BGH vertrat dagegen in seinem aufhebenden Urteil den Standpunkt, daß das Militärstrafrecht anzuwenden sei, da der Angeklagte als Angehöriger der Gendarmerie im Zeitpunkt der Tat dem Militärstrafrecht unterstanden hätte. Zur Begründung stützte der BGH sich IS) NJW 1954, Heft 10, S. 401 ff. auf die VO über eine Sondergerichtsbarkeit in Strafsachen für Angehörige der SS und der Polizeiverbände bei besonderem Einsatz vom 17. Oktober 1939 und auf zwei Erlasse des damaligen Reichsführers der SS und Chefs der Dt. Polizei vom 9. April 1940 und 8. August 1942, die den Begriff des „besonderen Einsatzes“ näher erläuterten. Sogar der Oberbundesanwalt vertrat die Meinung, daß diese Erlasse der rechtlichen Wirksamkeit entbehrt hätten, da die Erläuterung des Begriffs „besonderer Einsatz“ nur durch Gesetz hätte erfolgen dürfen und die zwei Erlasse noch nicht einmal in der für Verordnungen vorgesehenen Weise veröffentlicht worden seien. Der BGH kennt jedoch keine Hemmungen, wenn es um die Freisprechung eines faschistischen Kriegsverbrechers geht. Er hat gegen den Erlaß vom 8. August 1942, durch den das Gebiet des besonderen Einsatzes für die Angehörigen der Ordnungspolizei während des Krieges für unbeschränkt erklärt wurde, „keine rechtlichen Bedenken“ zu erheben, da sich die Auswirkungen des Krieges auch in Deutschland zu jener Zeit immer mehr bemerkbar gemacht hätten. In Wirklichkeit ging es der Hitlerclique bei dieser Anweisung doch nur darum, aus der Polizei einen verlängerten Arm der Wehrmacht zu machen, der im eigenen Lande die Durchsetzung der Interessen der faschistischen Kriegführung gewährleisten sollte, und deshalb sollten der Polizei gewisse Ausnahme- und Sonderrechte eingeräumt werden. Nachdem der BGH unter Zugrundelegung dieser nazistischen Erlasse zur Anwendbarkeit des § 47 MilStGB für die Handlung des Angeklagten gelangt war, folgten die üblichen Ausführungen zum Handeln auf Befehl, die hier ausschließlich den Zweck hatten, die Beteiligung des Angeklagten an der Tötung eines sowjetischen Kriegsgefangenen zu rechtfertigen. Im Urteil heißt es dazu, daß der Angeklagte nur dann als Teilnehmer zu bestrafen gewesen wäre, wenn er den Befehl überschritten hätte oder wenn ihm bekannt gewesen wäre, daß der Befehl des Vorgesetzten eine Handlung betraf, die ein allgemeines oder militärisches Verbrechen oder Vergehen bezweckte. Ersteres sei im vorliegenden Falle nicht ersichtlich, letzteres weder erörtert noch festgestellt. Kenntnis des Untergebenen bedeute sicheres Wissen. Ein bloßer Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Befehls genüge ebensowenig wie es ausreiche, daß der Untergebene den verbrecherischen Charakter des Befehls hätte erkennen können oder müssen. Das habe das Schwurgericht zu prüfen. Dieses Urteil läßt erneut erkennen, daß von den höchsten staatlichen Organen der Bundesrepublik das nationalsozialistische Regime als Ganzes und die im' Rahmen seiner verbrecherischen Kriegführung getroffenen Maßnahmen anerkannt werden und demzufolge jeder Versuch unternommen wird, faschistische Kriegsverbrecher zu rechtfertigen. Ebenso klar wird aus diesem Urteil, daß sich die von der westdeutschen Strafrec itslehre aus § 47 MilStGB Zum Handeln auf Befehl entwickelten Grundsätze als ein günstiges Mittel zur Erreichung dieses Zieles erweisen. Wenn man diese Tatsachen und die politische Situation in Westdeutschalnd berücksichtigt, dann muß man hinsichtlich der Regelung des § 11 des Soldatengesetzes zu dem Schluß kommen, daß zwar die strafrechtliche Verantwortlichkeit für Handeln auf Befehl in ein neues und gegenüber § 47 MilStGB zweifellos besseres Gewand gehüllt wurde, das aber die herrschenden Bestrebungen dahingehen, die alten Grundsätze beizubehalten und in die neue Regelung hineinzupressen. Eine noch so gut gefaßte strafrechtliche Bestimmung über die Verantwortlichkeit für Handeln auf Befehl kann eben zur Farce werden, wenn der Staat, der sie erläßt, seinem Wesen nach militaristisch ist und diese Bestimmung nur als rechtsstaatliches Aushängeschild benutzen will. Deshalb kann es auch, um in Zukunft unter dem Deckmantel des höheren Befehls begangene Verbrechen zu verhindern bzw. ihre konsequente Bestrafung zu gewährleisten, Weniger um die Frage gehen, ob die Formulierung des § 11 des Soldatengesetzes gut ist oder besser sein könnte; es kommt vielmehr darauf an, daß das ganze Soldatengesetz, die Pariser Verträge und überhaupt alle Stützen des Militarismus in Westdeutschland beseitigt und Garantien für eine friedliche und demokratische Entwicklung geschaffen werden. 248;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 248 (NJ DDR 1956, S. 248) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 248 (NJ DDR 1956, S. 248)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

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