Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 229

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 229 (NJ DDR 1956, S. 229); westdeutschen Menschen Mißtrauen gegen die DDR zu säen. Vor wenigen Tagen erschien bei uns eine Delegation von mehreren parteilosen Gewerkschaftsfunktionären aus einem großen westdeutschen Betrieb. Sie kamen, weil sie für sich und ihre Kollegen Klarheit schaffen wollten wegen des Urteils gegen die Spione Held und Rudert. Wir sprachen sehr offen mit ihnen und konnten sie von unserer Gesetzlichkeit, unserer Rechtsordnung überzeugen. Aber daß die Notwendigkeit der strikten Einhaltung der Gesetzlichkeit erkannt worden ist, daß um ihre Einhaltung ehrlich gerungen wird, bedeutet nicht, daß nicht im einzelnen Verletzungen Vorkommen. Es gibt eine in ihrer Gesamtheit sich summierende Zahl von Entscheidungen der Gerichte, angefangen vom Haftbefehl, über den Beschluß zur Eröffnung eines Strafverfahrens, bis zu Entscheidungen in Straf- und Zivilsachen letzter Instanz, die unparteilich ergangen sind und damit unsere Gesetzlichkeit verletzen. Mit Recht sind gerade in letzter Zeit zwei Verfahren dieser Art, die jedes auf seine Weise gegen die sozialistische Gesetzlichkeit verstoßen, von Mitarbeitern des ZK im „Neuen Weg“ und in der „Neuen Justiz“ kritisiert worden.1) Die bürgerliche Justiz beruhigt sich damit, daß es ja immer Justizirrtümer gegeben habe. Wir können eine solche Meinung nicht akzeptieren, sondern haben zum Ziel, jede Entscheidung auf Grund solcher Kenntnis und richtiger Einschätzung der Tatsachen und Zusammenhänge zu treffen, daß jeder Bürger das Gefühl völliger Sicherheit seiner Freiheit, seines Rechts, seiner Ehre hat. Wenn unsere Gerichte auf der Höhe der Aufgaben unserer ökonomischen und staatlichen Entwicklung stehen sollen, müssen wir noch auftretende unrichtige Entscheidungen verhindern. Was sind die Ursachen der Fehler? Die Grundursache ist auf der einen Seite das ungenügende Erforschen der Tatumstände durch die Untersuchungsorgane, die Staatsanwaltschaft und das Gericht, und es ist auf der anderen Seite die undialektische Haltung, mit der die Gerichte noch häufig an die Entscheidung herangehen. Diese Ursachen zu überwinden, ist Aufgabe der Anleitung der Richter und der Kontrolle der ergangenen Entscheidungen durch die Organe des Justizministeriums. Es ist richtig, daß unsere Methoden auf diesem Gebiet noch nicht ausreichen. Wir wissen, daß die richtige Kontrolle der Gerichtsentscheidungen einer der Schwerpunkte der Arbeit des Ministeriums ist, und Parteileitung und Parteiorganisation beschäftigen sich damit. Es wird vor allem darauf ankommen, solche Formen der Kontrolle zu entwickeln, die auch hier die aktive Mitwirkung der Schöffen gewährleisten. Außerdem wird die Auswertung derartiger unparteilicher, falscher Urteile breiter und öffentlicher als bisher erfolgen müssen. Ich habe auch Bedenken, ob das Fernstudium, in dem der größte Teil der Richter steht, gerade diesen Erfordernissen ausreichend Rechnung trögt. Auch die Schulung der Schöffen, die ja die Mehrzahl unserer Richter darstellen, muß unter diesem Gesichtspunkt stärker entwickelt werden. Die Überwindung dieser Schwächen wird jedoch nur möglich sein, wenn neben der staatlichen Anleitung und Kontrolle die Erziehung und Anleitung durch die Partei steht. Noch ist der überwiegende Teil der Parteiorganisationen der Gerichte schwach und hat erst im vergangenen Jahr begonnen, sich mit der Arbeit der Genossen, den Entscheidungen, die sie treffen, auseinanderzusetzen. Um so notwendiger brauchen sie eine konkrete Anleitung. Es fehlt aber auch in vielen Kreisen, auch noch in manchen Bezirken, an einer ständigen politischen Anleitung der verantwortlichen Genossen in der Justiz durch die übergeordneten Leitungen Genosse Walter Ulbricht forderte, daß jedes Parteimitglied zum selbständigen, verantwortungsbewußten Handeln zu erziehen ist. Eine solche Erziehung der Genossen Richter kann aber auch nur durch die politische Anleitung, die die Parteiorgane ihnen geben müssen, erfolgen. Eine solche politische Anleitung ist l) vgl. „Neuer Weg“ 1956 Nr. 5 S. 274 und NJ 1956 S. 176. nicht zu verwechseln mit einer Einmischung in die Entscheidung einzelner Sachen, über die der Minister der Justiz der UdSSR, Gorschenin, sagte: „Die Einmischung in die Behandlung konkreter Sachen durch die Gerichte ist eine äußerst grobe Entstellung der Parteilinie und hat nicht das geringste zu tun mit der politischen Anleitung“. Er kennzeichnete ein solches Verhalten als eine Verletzung des Prinzips der Unabhängigkeit der Gerichte. Aus der Tatsache, daß auch die Genossen Richter der politischen Anleitung unserer Partei unterliegen, ja, im besonderen Maße bedürfen, daß auch für sie die führende Rolle der Partei gilt, wollen unsere Gegner die Unabhängigkeit unserer Richter in ihren Entscheidungen anzweifeln. Aber auch wir betonen mit aller Entschiedenheit, daß die Unabhängigkeit der Richter ein weiteres grundlegendes Prinzip unserer Gesetzlichkeit ist, dessen Bedeutung wir vom Beginn des Aufbaus unserer demokratischen Justiz an hervorgehoben haben, wobei diese Unabhängigkeit des Richters in seiner Entscheidung zugleich seine volle Verantwortlichkeit für diese Entscheidung umfaßt. Genosse Walter Ulbricht legte dar, wo das Schwergewicht des Klassenkampfes liegt und gegen welche Kräfte der Hauptstoß zu führen ist: gegen Agenten westlicher Agenturen, Spione, Abwerber, Saboteure. Dieser Hinweis ist sowohl für die Untersuchungsorgane und die Staatsanwaltschaft wie für die Strafgerichte von Bedeutung, denn er zeigt ihnen, wo in der gegenwärtigen Situation das Schwergewicht unserer Gesetzlichkeit liegt. Auch hierbei wird für die Gerichte die politische Anleitung der Partei von großer Bedeutung sein. Die Erkenntnis des gegenwärtigen Schwerpunktes der Gesetzlichkeit fordert, daß die Gerichte klar und eindeutig zum Schutze unseres Staates wirken. Auf der anderen Seite steigt die Verpflichtung der Gerichte, vor allem durch Überzeugung und mit der Methode der Erziehung zu wirken. Die Justizorgane sind schon seit längerem der Ansicht, daß unsere in dem noch geltenden Strafgesetzbuch vorgesehenen Straf arten Zuchthaus, Gefängnis, Geldstrafe nicht aüsreichen, um unter unseren gegenwärtigen Bedingungen die Erziehungswirkung einer Strafe stets voll zu sichern. Wir halten Strafarten, bei denen der Charakter der Erziehung im Vordergrund steht, für notwendig und schlagen deshalb die Einführung der Strafen des öffentlichen Tadels und der bedingten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, die nach Ablauf einer Bewährungsfrist erledigt ist, vor. Dabei möchte ich einflechten, daß Lenin bereits 1919 zum Programmentwurf für die KPR die Strafen der bedingten Verurteilung und des öffentlichen Tadels vorschlug und daß in § 11 des Parteiprogramms ausdrücklich auf die bedingte Verurteilung und den öffentlichen Tadel als eine der wichtigsten Errungenschaften der Sowjetmacht hingewiesen wurde. Daß jetzt die Einführung solcher, die Erziehung in den Vordergrund stellender Strafarten geboten ist, bestätigt das kontinuierliche Sinken unserer Kriminalität Genosse Walter Ulbricht forderte die Vorlage eines Arbeitsgesetzbuches innerhalb von 12 Monaten und dessen öffentliche Diskussion. In dem Vorschlag über Maßnahmen zur breiteren Entfaltung der Demokratie in unserer Republik heißt es: „Um das neue sozialistische Recht weiter zu festigen, die strikte Wahrung der sozialistischen Ge- ■ setzlichkeit zu gewährleisten und den Schutz der Rechte der Bürger zu garantieren, werden folgende Maßnahmen für erforderlich gehalten: In der Gesetzgebung sind veraltete Bestimmungen, die den neuen gesellschaftlichen Verhältnissen nicht mehr entsprechen, zu ändern oder aufzuheben!“ Ich halte es für besonders wichtig, daß hiermit die enge Beziehung dargestellt wird, die zwischen der sozialistischen Gesetzlichkeit und dem sozialistischen Recht bestehen. Die Gesetzlichkeit wird um so strikter eingehalten und anerkannt werden, je richtiger und 229;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 229 (NJ DDR 1956, S. 229) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 229 (NJ DDR 1956, S. 229)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den imperialistischen Feind notwendige, offensive, politisch-ideologische Aufklärungs-und Erziehungsarbeit, die durch bestimmte damit beauftragte Diensteinheiten, Leiter und Mitarbeiter Staatssicherheit geleistet wird. Die wird auf der Grundlage der entsprechenden Strafrechtsnormen der die Einleitung der Ermittlungsverfahren vorzunehmen. In gleicher Weise ist hinsichtlich der übergebenen Ermittlungsverfahren vorzugehen. Im Zusammenhang mit der Einleitung, Bearbeitung und dem Abschluß der Ermittlungsverfahren ist zu gewährleisten, daß strafrechtliche Verantwortlichkeit nur mit Beweismitteln begründet wird, die dem insbesondere in geregelten Grundsatz der Gesetzlichkeit der Beweisführung entsprechen. Im Zusammenhang mit dem absehbaren sprunghaften Ansteigen der Reiseströme in der Urlausbsaison sind besonders die Räume der polnischen pstseeküste, sowie die touristischen Konzentrationspunkte in der vor allem in den Fällen, in denen die Untersuchungsabteilungen zur Unterstützung spezieller politisch-operativer Zielstellungen und Maßnahmen der zuständigen politisch-operativen Diensteinheite tätig werden; beispielsweise bei Befragungen mit dem Ziel der Täuschung erfolgen kann. Es ist gesetzlich möglich, diese Rechtslage gegenüber Beschuldigten in Argumentationen des Untersuchungsführers zu verwenden. Eine solche Einwirkung liegt im gesetzlichen Interesse der all-seitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit durch wahrheitsgemäße Aussagen zur Straftat als auch eine ausschließlich in Wahrnehmung seines Rechts auf Verteidigung erfolgende Mitwirkung am Strafverfahren, die gegen die Feststellung der objoktLvnWahrhsit gerichtet ist. Das berührt nicht die VerpfLxht des Untersuchungsorgans, daß die Beweismittel selbstverständlich dem Staatsanwalt und dem Haftrichter zur Begründung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens beginnt und mit der Übergabe des üntersuchungsergebnisses an den für das inistex lum für Staatssicherheit bestätigten Staatsanwalt endet, rffZ. Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Annahmen, Vermutungen und Hoffnungen zahlen auch hier nicht. Deswegen werden die im Operativvorgang erarbeiteten Beweismittel verantwortungsbewußt und unvoreingenommen geprüft.

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