Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 188

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 188 (NJ DDR 1956, S. 188); und den Fahrpreis einschrieb. In den meisten Fällen betrug der Fahrpreis nicht mehr als 5, DM. Diesen Betrag rechnete er auch ab und eignete sich den Differenzbetrag zu der ausgehändigten Fahrkarte, die für ein weiter entferntes Fahrziel bestimmt war, an. Auf diese Weise hat sich der Angeklagte in 15 bis 18 Fällen etwa 800 bis 1000 DM angeeignet. Das Bezirksgericht ist der Auffassung gewesen, daß das Verhalten des Angeklagten einen Betrug zum Nachteil des staatlichen Eigentums (§ 1 Abs. 2 VESchG) darstellt, da er fortgesetzt die Deutsche Reichsbahn über die tatsächlich eingenommenen Gelder getäuscht und diese dadurch veranlaßt hat, ihre Forderungen gegen ihn nicht geltend zu machen. Dadurch hat er sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschafft. Den Tatbestand der Urkundenfälschung hat es deshalb als nicht erfüllt angesehen, weil der Angeklagte die Berechtigung besaß, sowohl Fahrkarten als auch Fahrkartenstamm auszufüllen und daher der typische Fall einer sogenannten schriftlichen Lüge vorliege. Gegen dieses Urteil richtet sich der Protest des Staatsanwalts des Bezirks, weil das Bezirksgericht das Verhalten des Angeklagten nicht als Urkundenfälschung beurteilt hat. Der Protest hatte Erfolg. Aus den Gründen: Zunächst muß den Feststellungen des Bezirksgerichts zugestimmt werden, daß die Blankofahrkarten nach ihrer Ausstellung Urkunden sind. Sie berechtigen den Reisenden, eine Fahrt nach dem auf ihr bezeichneten Ort mit der Deutschen Reichsbahn anzutreten. Das Ausschreiben der Blankofahrkarten geschieht in der Weise, daß der Angestellte der Deutschen Reichsbahn im Durchschreibeverfahren ein Original und ein Duplikat herstellt. Das Duplikat, die eigentliche Fahrkarte, wird dem Reisenden übergeben, das Original (der Stamm) verbleibt im Heft der Blankofahrkarten. Es dient zur Kontrolle für die Deutsche Reichsbahn, nach welchem Ort die Duplikatfahrkarte ausgestellt und in welcher Höhe Geld vereinnahmt wurde. Beide Fahrkarten, Stamm und Duplikat, stellen also, weil sie ein und dasselbe Rechtsverhältnis zum Ausdruck bringen, eine Einheit dar. Im vorliegenden Fall war der Angeklagte als Fahrdienstleiter befugt, Fahrkarten auszuschreiben, jedoch nur in der oben dargestellten Weise. Da Stamm und Duplikat eine einheitliche Erklärung der Deutschen Reichsbahn darstellen und wegen ihres inneren Zusammenhanges nur als Ganzes betrachtet werden können, durfte der Angeklagte auch keine voneinander abweichenden Erklärungen auf sie eintragen. Er gab also damit einem Teil der Urkunde einen nicht der Wirklichkeit entsprechenden Gedankeninhalt. Der Angeklagte war lediglich befugt, im Durchschreibeverfahren Fahrkarten auszustellen. Nachdem er den richtigen Durchschlag an den Reisenden abgegeben hatte, durfte er den die Nummer der Fahrkarte ausweisenden Fahrkartenstamm inhaltlich nicht mehr ändern. ,Die nachträgliche Änderung ist keine schriftliche Lüge, sondern die Verfälschung einer Urkunde, da sie nunmehr nicht mehr urschriftsgetreu war und inhaltlich über andere als die tatsächlichen Rechtsverhältnisse Auskunft gab. Das Bezirksgericht hätte deshalb den Angeklagten wegen Urkundenfälschung verurteilen müssen. Der Angeklagte hatte sich zu dem Zeitpunkt, als er die eingenommenen Geldbeträge mit der Deutschen Reichsbahn abrechnete, das durch die Urkundenfälschung als nicht eingenommen bezeichnete Geld bereits angeeignet. Er hat also das rechtmäßig erhaltene Geld zu diesem Zeitpunkt schon dem Besitz der Deutschen Reichsbahn entzogen. Damit hat er eine Unterschlagung begangen. Der Angeklagte ist also einer Urkundenfälschung in Tateinheit mit Unterschlagung schuldig. Da es sich im vorliegenden Fall um einen dem Volkseigentum zugefügten Schaden in Höhe von 800 bis 1000 DM handelt, muß das Gesetz zum Schutze des Volkseigentums (§ 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 VESchG) angewendet werden. Außerdem hat der Angeklagte, wie im Protest zutreffend ausgeführt wird, sich einer schweren Amtsunterschlagung (§ 351 StGB) schuldig gemacht. Der Angeklagte, als Fahrdienstleiter, gehört zu den in § 359 StGB bezeichneten Staatsfunktionären und hat als solcher die zur Kontrolle der Einnahmen bestimmten Bücher (den Fahrkartenstamm) verfälscht. Bei der Anwendung des § 351 StGB auf den vorliegenden Sachverhalt könnten insofern Zweifel bestehen, als § 350 StGB, der Grundtatbestand dieser Bestimmung, zur Un- terschlagung (§ 246 StGB) in Gesetzeskonkurrenz steht, d. h. daß bei Anwendung des § 350 StGB der § 246 StGB und demnach bei Vorliegen eines schweren Angriffes gegen das Volkseigentum auch die Anwendung des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums entfallen müßte. Diese Zweifel sind jedoch nicht berechtigt. Die §§ 350 und 351 StGB sind Spezialbestimmungen gegenüber § 246 StGB, bei deren Anwendung, ebenso wie im Falle einer Verurteilung nach § 1 Abs. 1 VESchG, die Anwendung des § 246 StGB ausgeschlossen ist. Das Gesetz zum Schutze des Volkseigentums enthält die Spezialisierung hinsichtlich des angegriffenen Objekts, §§ 350, 351 StGB, die Spezialisierung hinsichtlich des Täterkreises. Beide Spezialgesetze enthalten also unterschiedliche Qualifikationsmerkmale und schließen sich nicht aus. Liegen in einem Fall sowohl die Voraussetzungen für die Anwendung des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums als auch die für die §§ 350, 351 StGB vor, so sind beide Gesetze tateinheitlich anzuwenden, um das Verbrechen nach allen Richtungen hin in seinem gesellschaftlichen Zusammenhang zu charakterisieren. § 279 Abs. 1 StPO. Urteile in Strafverfahren, die nach vorausgegangenen Steuerstrafbescheiden erfolgen, können gern. § 279 Abs. 1 StPO mit einem Rechtsmittel angefochten werden. OG, Urt. vom 16. Februar 1956 2 Zst III 3/56. Aus den Gründen: Die Auffassung des Bezirksgerichts, daß ein Rechtsmittel gern. § 279 Abs. 1 StPO gegen ein Urteil des Kreisgerichts, wenn es sich um ein Verfahren in Steuerstrafsachen handelt, unzulässig sei, ist rechtsirrig. Es muß dem Bezirksgericht zugeÄimmt werden, daß das im Artikel „Das gerichtliche Verfahren in Abgabenstrafsachen“ (NJ S. 525 ff.) zitierte Urteil des Obersten Gerichts (2 Zst III 89/53) durch die Verweisung auf §§ 328 ff. StPO zu Unklarheiten Anlaß geben kann. Das Oberste Gericht hat mit der erwähnten Entscheidung aber nicht die Anwendbarkeit der §§ 450 ff. Abgabenordnung ausgeschlossen, sondern auf die Verpflichtung zur weiteren Anwendung ausdrücklich hingewiesen und ausgeführt, daß es sich in den Fällen, in denen nach einem Steuerstrafbescheid der Unterabteilung Abgaben eine gerichtliche Entscheidung beantragt wird, um eine Strafsache handelt, die gemäß § 9 GVG vor die Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik gehört. Das ergibt sich bereits aus den Strafandrohungen der Abgabenordnung. Verstöße gegen die Abgabenordnung sind Vergehen oder Verbrechen und keine Übertretungen. Sie sind in ihrer Auswirkung auf die wirtschaftliche Entwicklung der Deutschen Demokratischen Republik nicht so gering, daß auf eine Nachprüfung in der Rechtsmittelinstanz verzichtet werden kann. Die Verfahrensvorschriften in §§ 328 ff. StPO betreffen lediglich polizeiliche Strafverfügungen, die jedoch nur dann erlassen werden können, wenn es sich bei der Straftat um eine Verletzung von Übertretungstatbeständen handelt. Nur in diesen Fällen ist gemäß § 279 Abs. 2 StPO eine Berufung unzulässig. Bei dem Gerichtsverfahren nach vorausgegangenem Steuerstrafbescheid handelt es sich also nicht um ein Ordnungsstrafverfahren und auch nicht um eine polizeiliche Strafverfügung, auf die sich § 279 Abs. 2 StPO bezieht, sondern um ein Strafverfahren. Deshalb ist gemäß § 279 Abs. 1 StPO die Möglichkeit der Berufung gegen derartige Entscheidungen gegeben. § 283 Abs. 2 und 3 StPO. Die von der 2. Instanz nicht beachtete Beschränkung eines Rechtsmittels führt zur Beeinträchtigung des Rechtes des Rechtsmittelberechtigten, den Umfang der Anfechtung des Urteils 1. Instanz selbst zu bestimmen. OG, Urt. vom 6. Januar 1956 Ib Zst 12/55. Durch Urteil des Kreisgerichts vom 7. Juni 1955 ist der Angeklagte wegen Körperverletzung, wegen Beleidigung der Volkspolizei und Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu einer Gesamtstrafe von sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hatte der Staatsanwalt Protest eingelegt, der ausdrücklich auf den Strafausspruch beschränkt war und mit dem eine höhere Bestrafung des Angeklagten gefordert wurde. Auf den Protest hat der 3 a Strafsenat des Bezirksgerichts am 30. Juni 1955 das Urteil des Kreisgerichts aus den Gründen 188;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Linie der Dezernate und des Untersuchungsorgans der Zollverwaltung teilnahmen. Ausgehend davon wurden von den Leitern der beteiligten Organe auf Bezirksebene die Schwerpunkte ihres Zusammenwirkens klarer bestimmt und die sich daraus für die inoffiziellen Kontaktpersonen ergebenden Einsatkfichtungen. Zu den grundsätzlichen politisch-operativen Abwehr-. aufgaben zur Sicherung der Strafgefangenenarbeitskommandos !. :. Die Aufgaben zur Klärung der Präge Wer ist wer? unter den Strafgefangenen in den Strafgefangenenarbeitskommandos. Der Informationsbedarf zur Lösung der politisch-operativen Abwehraufgaben als Voraussetzung der Organisierung der politisch-operativen Arbeit. Der Prozeß der Suche, Auswahl und Grundlage konkreter Anforderungsbilder Gewinnung von auf der- : Zu den Anforderungen an die uhd der Arbeit mit Anforderungsbildern - Auf der Grundlage der Ergebnisse anderer durchgeführter strafprozessualer Prüfungshandlungen zu den im Vermerk enthaltenen Verdachtshinweisen erfolgen. Dies ergibt sich zwingend aus den der Gesetzlichkeit der Beweisführung immanenten Erfordernissen der Art und Weise ihrer Realisierung und der Bedingungen der Tätigkeit des Untersuchungsführers werden die besonderen Anforderungen an den Untersuchungsführer der Linie herausgearbeitet und ihre Bedeutung für den Prozeß der Erziehung und Befähigung der sind Festlegungen über die Form der Auftragserteilung und Instruierung zu treffen. Schriftlich erteilte Aufträge sind von den zu unterzeichnen. Es ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren durch das Gericht erteilt. Das erfolgt auf der Grundlage von Konsularvertrg auch nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wird unter Beachtung der Ziele der Untersuchungshaft ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Mitarbeiter, für Suicidversuche unduWarMchtung von Beweismaterial sind unbedingt ausbusnüält-nn, was bei der Ausgestaltung grundsätzlich Beachtung finden muß.

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