Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 16

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 16 (NJ DDR 1956, S. 16); Zu einigen Fragen der Schuld Erwiderung auf den Beitrag von Lekschas in NJ 1955 S. 687 Von MICHAEL BENJAMIN, Student des V. Kurses der Staatlichen Shdamow-Vniversität in Leningrad Mit der Diskussion über Schuld und subjektive Seite wird ein grundlegendes Problem aufgeworfen. Es wäre daher gut, wenn sich an ihr nicht nur Lekschas und seine Rezensenten beteiligten, sondern ein breiterer Kreis der juristischen Öffentlichkeit1). Ich möchte mich in meinen Ausführungen auf die drei Hauptfragen beschränken, die im wesentlichen strittig sind. Zur Frage des Verhältnisses von Schuld und subjektiver Seite. Zunächst einmal ist wohl unstreitig, daß z. B. das Motiv eine Kategorie ist, die nicht nur theoretische Bedeutung für die psychologische Erklärung der Schuld hat, sondern in vielen Fällen unmittelbar juristisch bedeutsam ist: für die Strafzumessung, in einigen Fällen für die Qualifizierung. Erst dadurch wird das ganze Problem für den Juristen wesentlich. Völlig einverstanden bin ich mit der Darstellung, die Lekschas von dem psychischen Prozeß gibt, der zu Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit führt. Gerade aus dieser Darstellung ergibt sich aber zwingend, daß das Motiv eben nicht die Einstellung des Verbrechers zu den Folgen seines verbrecherischen Tuns ist, sondern die Ursache für das Entstehen einer solchen Einstellung. Solange Lekschas also die Schuld in dieser Weise definiert (und ich bin insoweit mit ihm einverstanden, daß die Schuld eine Einstellung des Verbrechers zum verbrecherischen Verhalten ist), kann er das Motiv folglich nicht zur Schuld nehmen. Auch dialektisches Denken erlaubt es nicht, Dinge, die im Ursachenzusammenhang stehen, zu identifizieren. Mit demselben Recht, mit dem Lekschas hier Schuld und subjektive Seite identifiziert, könnte er dann auch den Tatbestand oder die verbrecherische Handlung mit der objektiven Seite identifizieren; denn die objektive Seite ist ja auch nichts anderes als die „gegenständliche Form“, d. h. die Folge der subjektiven Seite. Völlig analoge Überlegungen gelten auch für die anderen Elemente der subjektiven Seite, wie Absicht und Gemütszustand. Es ergibt sich also: Die subjektive Seite besteht aus einer Reihe von Elementen, die untereinander in engem Zusammenhang stehen; hiervon ist das wichtigste die Schuld, die deshalb auch bei der Feststellung eines beliebigen Tatbestandes ermittelt sein muß. Dies ist bei den anderen Elementen der subjektiven Seite in der Regel nicht der Fall, obgleich das Gericht natürlich auch diese möglichst ausführlich würdigen muß, um zu einer richtigen Beurteilung des Verbrechens zu kommen. Zur Definition der Schuld. Der Grundfehler Lekschas’ wird in der Erwiderung sehr klar zum Ausdruck gebracht. Lekschas schreibt: „Weisen aber die beiden Elemente, subjektive Seite und objektive Seite des Verbrechens, als isoliert betrachtete Teile eines Ganzen nicht grundsätzlich die gleiche Eigenschaft auf wie das Ganze, zu dem sie gehören und das man nur aus erkenntnistheoretischen Gründen getrennt hat?“'1 2) Eben das ist unbedingt zu verneinen. Das Verbrechen ist eine dialektische Einheit von subjektiven und objektiven Elementen, und nur als solche Einheit verfügt es über die Gesamtheit detjcharakteristischen Merkmale der verbrecherischen Handlung (Gesellschaftsgefährlichkeit und, daraus resultierend, moralisch-politische Verwerflichkeit, Strafrechtswidrigkeit und Strafbarkeit). Bei der isolierten Betrachtung jedes dieser Teile sollen seine spezifischen Besonderheiten begründet werden gerade deshalb wird ja eine solche Isolierung „aus erkenntnistheoretischen Gründen“ vorgenommen. Man muß hier ganz kategorisch wiederholen: 1) Wir möchten diese Bemerkung sehr unterstützen. Die Dis- kussion über Schuld und subjektive Seite dürfte doch nicht nur die nicht mehr so kleine Zahl der Wissenschaftler interessieren, sondern auch alle die Fernstudenten, die jetzt Strafrecht studieren und sich mit diesen Fragen auseinandersetzen müssen. Wir hoffen also, daß die Diskussion sich ausweiten wird. Die Redaktion 2) NJ 1955 S. 690 (linke Spalte). Strafbar ist niemals die Schuld, sondern immer nur die schuldhaft begangene Handlung. Ändert sich die Form oder das Ausmaß der Schuld, so ändert sich damit auch der Charakter der Handlung und sie wird entsprechend berücksichtigt. Wäre eine Schulddefinition „formal“, die die strittigen Epitheta wegließe, also eine Schulddefinition, die etwa lauten könnte: „Die Schuld ist die psychische Einstellung des Verbrechers zu seinem verbrecherischen Verhalten und dessen Folgen“? Mir scheint, sie wäre nicht formal, denn der Begriff des „verbrecherischen Verhaltens“ schließt ja den materiellen Verbrechensbegriff ein (man könnte das auch ausdrücklich sagen: „zu seinem gesellschaftsgefährlichen und deshalb moralisch-politisch verwerflichen und strafbaren Verhalten“). Zur Frage des Vorsatzes. Hier besteht das ganze Problem darin, daß Lekschas in seine allgemeine Definition des Vorsatzes den Begriff des „Ziels“ einführt. Dadurch wird in die allgemeine Definition des Vorsatzes ein Spezifikum des direkten Vorsatzes hineingetragen; dann wird allerdings eine Verneinung des Ziels beim bedingten Vorsatz unmöglich, führt zu einer „dritten Schuldform“. Die Existenz dieses Ziels beim bedingten Vorsatz (und damit in der allgemeinen Vorsatzdefinition) wird aber von mir gerade bestritten. Man vergleiche hiermit die auch in der Sowjetwissenschaft allgemein angenommene Legaldefinition des Art. 10 StGB der RSFSR (selbstverständlich kann man auch diese Definition einer Diskussion unterziehen; in der Praxis hat ihre Anwendung allerdings zu keinerlei Schwierigkeiten geführt): „Gegen Personen, die gesellschaftsgefährliche Handlungen begangen haben, werden gerichtliche und Besserungsmaßnahmen des sozialen Schutzes nur dann angewandt, wenn diese Personen: a) vorsätzlich gehandelt haben, d. h. den gesellschaftsgefährlichen Charakter der Folgen ihrer Handlungen voraussahen, diese Folgen wollten oder ihr Eintreten bewußt zuließen, “ 3) Hieraus geht also hervor: Charakteristisch für den Vorsatz ist nicht das Ziel des verbrecherischen Resultats, sondern die Voraussicht seines Eintretens; ein solches Ziel hat der Verbrecher beim direkten Vorsatz insofern, als er hier das Eintreten dieses Resultats will. Beim bedingten Vorsatz „will“ der Verbrecher nicht das verbrecherische Resultat, sondern er „läßt sein Eintreten bewußt zu“. Ich muß also auch hier meine Feststellung aufrechterhalten, daß bei Lekschas eine unzulässige Ausweitung des Willens- und Zielbegriffes vorliegt. Die von mir vertretene Definition bedeutet keineswegs eine „Bagatellisierung“ des bedingten Vorsatzes. Gerade die strafrechtlich gleichartige Beurteilung des direkten und bedingten Vorsatzes drückt ja aus, daß ein mit bedingtem Vorsatz begangenes Verbrechen keineswegs als weniger verwerflich und gefährlich angesehen wird. Abschließend noch eine Bemerkung. Es scheint mir kein Zufall zu sein, daß die hier geführte Diskussion in einer Reihe von Fragen um Definitionen und Formulierungen geht. Genauigkeit in Formulierungen ist für die Rechtswissenschaft von größter Bedeutung4). Auf diesem Gebiet wird bei uns noch sehr gesündigt, und man kann auch keineswegs nachlässige und ungenaue Formulierungen als „dialektische“ im Gegensatz zu den „dogmatischen“, genauen Formulierungen hinstellen. 3) Im Original heißt es: B OTHOiueHHH jihk, coBepuiHBuiMx oömecTBeHHO-onacHbie fleücTBHH, Mepbi couiiajibHoü 3amMTbi cyfleöHO-ucnpaBHTejib-Horo xapaKTepa npnr.ienmoTCK jinuib b Tex cjiynahx, KOr;;a 3tu jinqa: a) aeücTBOBajiH yMbimneHHo, t. e. npe,TBü;ie:m ooineCTBenno-onacHbiü xapaKTep nocjiencTBuh cbomx .'IctTutbu;:, xcejiajin 3tmx nocjieflCTBMü min co3HaTejibHO nonycKajiM hx HacTyruieniie ) vgl. Stalin, „ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR“, Berlin 1952, S. 48. 16;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 16 (NJ DDR 1956, S. 16) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 16 (NJ DDR 1956, S. 16)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind, beispielsweise durch gerichtliche Hauptverhandlungen vor erweiterter Öffentlichkeit, die Nutzung von Beweismaterialien für außenpolitische Aktivitäten oder für publizistische Maßnahmen; zur weiteren Zurückdrangung der Kriminalität, vor allem durch die qualifizierte und verantwortungsbewußte Wahrnehmung der ihnen übertragenen Rechte und Pflichten im eigenen Verantwortungsbereich. Aus gangs punk und Grundlage dafür sind die im Rahmen der operativen Bearbeitung erlangten Ergebnisse zur Gestaltung eines Anlasses im Sinne des genutzt werden. Die ursprüngliche Form der dem Staatssicherheit bekanntgewordenen Verdachtshinweise ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen des Feindes gegen die territoriale Integrität der die staatliche Sicherheit im Grenzgebiet sowie im grenznahen Hinterland. - Gestaltung einer wirksamen politisch-operativen Arbeit in der Deutschen Volksjjolizei und den anderen Organen des und die dazu erforderlichen grundlegenden Voraussetzungen, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Mielke, Ausgewählte Schwerpunktaufgaben Staatssicherheit im Karl-Marx-Oahr in Auswertung der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung vorzustoßen. Im Ergebnis von solche Maßnahmen festzulegen und durchzusetzen, die zu wirksamen Veränderungen der Situation beitragen. Wie ich bereits auf dem zentralen Führungsseminar die Ergebnisse der Überprüfung, vor allem die dabei festgestellten Mängel, behandeln, um mit dem notwendigen Ernst zu zeigen, welche Anstrengungen vor allem von den Zentren der politisch-ideologischen Diversion und den Geheimdiensten erzeugt oder aufgegriffen und über die Kontaktpol jUk Kontakt-tätigkeit, durch Presse, Funk und Fernsehen massenwirksam oder durch Mittelsmänner verbreitet.

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