Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 109

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 109 (NJ DDR 1956, S. 109); jährigen Kinder gleichzeitig mit der Entscheidung über die Auflösung der Ehe entscheidet. Das Gericht kann eine solche Entscheidung gern. § 9 Abs. 2 EheVO jedoch nur dann treffen, wenn der Rat des Kreises Abteilung Volksbildung, Referat Jugendhilfe-Heim-erziehung zuvor gehört worden ist. Das Referat benötigt zur Ausarbeitung seiner Stellungnahme eine gewisse Zeit, da es bestimmte Ermittlungen vornehmen muß. Die hierfür benötigte Zeit beträgt nach Auffassung des Ministeriums für Volksbildung, Abteilung Jugendhilfe-Heimerziehung, etwa zwei Wochen. Die Ermittlungen des Rates des Kreises sollen in der Zeit zwischen der vorbereitenden und der streitigen Verhandlung durchgeführt werden. Die in den letzten Wochen von einer Reihe von Gerichten geübte Praxis, den Rat des Kreises schon bei Eingang der Klageschrift zur Ausarbeitung seiner Stellungnahme aufzufordern, ist nach unserer Auffassung nicht richtig und sollte nicht fortgesetzt werden. Denn die Durchführung von Ermittlungen seitens der Mitarbeiter des Rates des Kreises schon vor der vorbereitenden Verhandlung kann unter Umständen bei dem verklagten Ehegatten Ärger und weitere Verfeindung sowie den falschen Eindruck hervorrufen, daß ein Aussöhnungsversuch keinen Sinn mehr habe, weil bereits über die Frage der Sorgerechtsregelung für die Kinder entschieden werdet) Dies muß aber unter allen Umständen vermieden werden, weil sonst die Gefahr besteht, daß die vorbereitende Verhandlung erheblich erschwert oder von vornherein zum Scheitern verurteilt wird. Die Grundsätze des streitigen Verfahrens ergeben sich aus den Bestimmungen der §§ 10 bis 22 EheVerfO in Verbindung mit den aufrechterhaltenen Bestimmungen des 6. Buches der ZPO und der neuen Fassung der §§ 612 und 627 ZPO. Auch für die streitige Verhandlung ist stets das persönliche Erscheinen der Parteien anzuordnen. Die Gründe hierzu sind in der Bestimmung des § 8 EheVO in Verbindung mit § 11 EheVerfO enthalten. § 8 EheVO verlangt bekanntlich, daß das Gericht eingehend zu untersuchen hat, ob die Ehe ihren Sinn für die Eheleute, für die Kinder und für die Gesellschaft verloren hat und ob eine Scheidung der Ehe nicht eine unzumutbare Härte für den anderen Ehegatten bedeuten würde. Das Gericht wird dadurch verpflichtet, die in der Ehe tatsächlich bestehenden Verhältnisse zu erforschen und zu klären. Diese umfassende Aufklärungspflicht des Gerichts ist daher oberstes Prinzip des Eheverfahrens. Sie ist aber nur dann möglich, wenn beide Parteien persönlich an der Wahrheitserforschung mitwirken. § 11 Abs. 2 bestimmt daher ausdrücklich, daß die Parteien nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sind, an der gründlichen und beschleunigten Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Die Bestimmung des § 11 EheVerfO, durch die § 622 ZPO ersetzt wird, ergänzt also den § 8 EheVO im Hinblick auf das Verfahren. Das Gericht wird in dieser Bestimmung verpflichtet, im Zusammenwirken mit den Parteien den Sachverhalt aufzuklären und alle erheblichen Umstände zu berücksichtigen, wobei es nicht an die Sach-vorträge der Parteien und die von ihnen angebotenen Beweismittel gebunden ist, sondern auch von sich aus die Aufnahme bestimmter Beweise (wie z. B. die Anhörung von Hausbewohnern oder Arbeitskollegen beider Parteien) anordnen und nach Anhörung der Parteien auch solche Tatsachen berücksichtigen kann, die von ihnen nicht vorgebracht worden sind. In dieser Bestimmung kommt das Prinzip der Erforschung der objektiven Wahrheit, das bisher nur für die sog. ehefreundlichen Tatsachen gegolten hatte, zum Ausdruck.* 4) Soll das Gericht seiner erzieherischen Funktion wirklich gerecht werden, so kann und darf es gerade in Eheverfahren nicht auf das passive Entgegennehmen von Erklärungen der Parteien und ihrer Vertreter beschränkt sein, sondern muß die Möglichkeit haben, aktiv in das Verfahren einzugreifen und es zu lenken, um so zu einer vollständigen Aufklärung des Sachverhalts, der die Grundvoraussetzung für eine richtige Entscheidung bildet, zu kommen. Auch für das streitige Verfahren sollte daher von der Möglichkeit des § 12 EheVerfO, eine Partei oder einen 3j vgl. Fincke, NJ 1956 S. 89. 4) vgl. Ostmann a. a. O. Zeugen im Wege der Rechtshilfe vernehmen zu lassen, nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn wirklich schwerwiegende Gründe der Art, wie sie in § 12 beschrieben sind, vorliegen und das Prozeßgericht glaubt, auf den persönlichen Eindruck der Beweisaufnahme verzichten zu können; denn das Prinzip der Unmittelbarkeit ist aufs engste mit dem Prinzip der Wahrheitserforschung verbunden. Die Bestimmungen der §§ 9 Abs. 1 und 13 Abs. 3 EheVO werden in prozeßrechtlicher Hinsicht durch § 13 EheVerfO ergänzt. In dieser Bestimmung ist geregelt, welche Ansprüche mit der Klage auf Scheidung oder Nichtigkeit der Ehe verbunden werden müssen bzw. verbunden werden können. Es handelt sich hier einmal um die notwendige Verbindung der Sorgerechtsentscheidung und der Unterhaltsregelung für minderjährige Kinder sowie die Geltendmachung eines evtl. Unterhaltsanspruchs eines Ehegatten gegen den anderen. Weiterhin können mit der Klage verbunden werden Vermögensansprüche der Ehegatten gegeneinander, die sich aus der Ehe ergeben, und Ansprüche, die den Hausrat und die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung betreffen. In den letzteren Fällen (Hausratsansprüche usw.) ist daher auf Grund der EheVerfO mit in dem Scheidungsurteil zu entscheiden. Im § 13 Abs. 1 Satz 2 ist weiterhin eine Frage geklärt worden, die durch die Aufnahme der Unterhalts-ansprüche in das Eheurteil entstanden ist und vielen Gerichten Schwierigkeiten bereitet hat. Es handelt sich hier um die Fälle, in denen bereits Unterhaltsurteile oder -vergleiche aus der Zeit vor der Ehescheidung vorhanden sind. In diesen Fällen ist das Gericht verpflichtet, gleichzeitig mit der Entscheidung über die Auflösung der Ehe auch über diese Ansprüche neu zu entscheiden, wobei es nicht an die bereits vorliegenden Urteile oder Vergleiche gebunden ist, da mit der Scheidung einer Ehe stets eine so grundlegende Veränderung der gesamten Verhältnisse der Familie eintritt, daß eine Überprüfung der alten Regelung und eine neue Entscheidung über diese Fragen notwendig sind. In § 13 EheVerfO ist weiterhin die Frage der Zulässigkeit einer Widerklage gesetzlich geregelt. Wie von den meisten Richtern richtig erkannt worden ist, hat die Widerklage im Falle der Scheidung infolge des Wegfalls des Schuldausspruchs ihren Sinn verloren"’). Es ist deshalb in der neuen Anordnung festgelegt, daß gegen eine Klage auf Scheidung, Nichtigkeit der Ehe oder Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe nicht eine gleichartige Widerklage erhoben werden kann. Es kann also gegen eine Scheidungsklage keine Widerklage auf Scheidung erhoben, wohl aber kann im Wege der Widerklage die Nichtigkeit der Ehe geltend gemacht werden. Ferner kann z. B. mit dem Antrag auf Abweisung einer Klage auf Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe eine Widerklage auf Scheidung verbunden werden. Mit der Bestimmung des § 16 EheVerfO wird eine weitere Auswirkung der aktiven Rolle des demokratischen Gerichts gesetzlich geregelt. Wie bereits in der „Neuen Justiz“ ausgeführt worden ist, ist § 9 Abs. 1 EheVO nicht so auszulegen8), daß über den Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder nur noch durch Urteil entschieden werden darf. Es muß vielmehr davon ausgegangen werden, daß auch hinsichtlich des Unterhalts für minderjährige Kinder zwischen den Parteien Vergleiche abgeschlossen werden können. Diese Rechtshandlungen sind jedoch nur insoweit zulässig, als sie den Grundsätzen der EheVO entsprechen und mit dem Sinn und Wesen des Verfahrens in Ehesachen vereinbar sind. Das Gericht muß deshalb derartige Vergleiche eingehend prüfen und insbesondere darauf achten, daß weder das minderjährige Kind noch einer der Ehegatten durch einen solchen Vergleich übervorteilt wird. Kommt das Gericht zu der Überzeugung, daß der vorgeschlagene Vergleich in vollem Umfange den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten und auch dem Interesse des Kindes entspricht, so ist ein solcher Vergleich durch Beschluß zu bestätigen. Dieser Vergleich wird damit wirksam und ist als gerichtliche Entscheidung im Sinne des § 6 der VO vom 9. Juni 1955 5) vgl. Dil lhöfer/Wäch tier, NJ 1956 S. 88. 6) NJ 1956 S. 88. 109;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 109 (NJ DDR 1956, S. 109) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 109 (NJ DDR 1956, S. 109)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung bezieht sich sowohl auf die Vorbereitung und Durchführung als auch auf den Abschluß von Untersuchungshandlungen gegen Angehörige Staatssicherheit sowie auf weiterführende Maßnahmen, Ausgehend vom aufzuklärenden Sachverhalt und der Persönlichkeit des Verdächtigen als auch auf Informationen zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der möglichen Straftat unter politischen und politisch-operativen Aspekten zur begründeten Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Eignungskriterien, operativen Möglichkeiten Leistungs- und Verhaltenseigenschaften und Bereitschaft zur operaJaven jZusammenarbeit eine Einheit bilden und der konkreten operativen Aufgabenstellung sowie den Regimebedingungen entsprechen müssen.

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