Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 101

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 101 (NJ DDR 1956, S. 101); Ill Die Angeklagten Held und Rudert wurden unmittelbar von dem Agenten des amerikanischen Geheimdienstes Winkler alias Ritter angeleitet. Die Dienststelle Winklers befindet sich in Berlin-Zehlendorf in der Clay-Allee 172 und wird von dem amerikanischen Oberst Frank und dessen Vertreter Major Gerhard geführt. Beiden Angeklagten wurden vornehmlich durch Winkler, aber auch gelegentlich durch Frank Aufträge zur Wirtschafts- und Militärspionage sowie zur Abwerbung von hervorragenden Wissenschaftlern erteilt. 1. Der Angeklagte Held wurde im März 1951 von seiner Schwester nach Westberlin eingeladen. Als er dieser Einladung gemeinsam mit seiner Ehefrau folgte, wurde er mit Winkler in Verbindung gebracht. Winkler schlug ihm ohne Umschweife vor, nachdem er sich zunächst über seine Arbeitsverhältnisse und seine politische Entwicklung erkundigt hatte, Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes zu werden. Ohne Zögern erklärte der Angeklagte sein Einverständnis. Er erhielt den Decknamen „Meier“. Mit ihm wurde auch ein Warnsystem vereinbart. In den Jahren 1951 1955 lieferte der Angeklagte in etwa hundert Treffs ausführliche Spionageinformationen aus den Betrieben, in denen er tätig war und über gelegentlich beobachtete militärische Objekte. So berichtete er über die Konstruktionsaufträge, über die Entwicklung der elektrotechnischen Industrie in der Deutschen Demokratischen Republik, über den Konstruktionsentwurf einer Rotationsdampfmaschine, über die Planung und den Bau von Großsendern und einer Verladebrücke in Leipzig, über Schiffsbaugeräte und Eisenbahnkräne. Seit 1953 lieferte er insbesondere Informationen über die Sprengstolfindustrie, über eine Schwefelsäurekonzentrationsanlage und die Projektierung eines Tanklagers. Der Angeklagte lieferte weiter Berichte über den Neubau einer Penicillin-Streptomy-cin-Anlage, einer Autoklavenanlage zur Hydrierung pharmazeutischer Stoffe, über Neubau und Erweiterung der Anlage zur Gewinnung von Benzyl-Zellulose, über den Umbau eines Zementwerkes zu einem Superphosphatwerk, über den Neubau einer Anlage für die Gewinnung von Hormonen aus Schweinegalle, über den Erweiterungsbau einer Kugelmühlenanlage für die Gewinnung von Farbpigmenten und über den Umbau einer Produktionsanlage für die Verspinnung von Polyamiden zu Perlon. Die nicht von ihm selbst bearbeiteten Unterlagen für seine Berichte verschaffte er sich dadurch, daß er sie in unbeobachteten Augenblicken von den Arbeitsplätzen seiner Kollegen entwendete oder aus der Ablage herausnahm. Er überbrachte sie Winkler meist im Original, der sie dann in seinem mit allen technischen Einrichtungen ausgerüsteten Treffzimmer fotokopierte. Danach brachte der Angeklagte die Unterlagen wieder in den Betrieb und legte sie an die Stellen, von denen er sie fortgenommen hatte. Zu den entwendeten und Winkler zur Verfügung gestellten Unterlagen gehörten auch sechs Protokolle über Werkleiterbesprechungen im VEM ENKO. Der Angeklagte war infolge seiner Fachkenntnisse in der Lage, den Wert der ihm zu Gesicht kommenden Zeichnungen, Konstruktionserläuterungen, Protokolle usw. genau zu erkennen. Er wählte nur die ihm besonders wichtig erscheinenden Unterlagen aus und ließ alles Nebensächliche zurück. Besonderes Gewicht wurde von seinen Auftraggebern auch auf Informationen über die wirtschaftlichen Verbindungen der Deutschen Demokratischen Republik zur Sowjetunion, zu China und zu Polen gelegt. Alles, was der Angeklagte darüber erfahren konnte, teilte er ihnen mit. Von Anfang an erhielt der Angeklagte auch den Auftrag, Militärspionage zu treiben. Er berichtete im Laufe der Jahre über den Flugplatz Dessau, insbesondere über den Flugbetrieb und die dort stationierten Einheiten der sowjetischen Luftwaffe. Desgleichen berichtete er über ihm bekanntgewordeneiMilitärtransporte. Gelegentlich wurde der Angeklagte auch als Kurier verwendet. Daneben war der Angeklagte seit April 1951 beauftragt, Informationen über hervorragende Wissenschaftler zu sammeln. Zunächst konzentrierte sich das Interesse des amerikanischen Geheimdienstes auf gute Spezialisten, insbesondere auf solche, die aus der Sowjet- union zurückgekehrt waren oder deren Rückkunft bevorstand. Der Angeklagte war sich darüber im klaren, daß diese Informationen dazu dienen sollten, die betreffenden Wissenschaftler abzuwerben. Später wurde der Auftrag auf Wissenschaftler sämtlicher Industriezweige der Deutschen Demokratischen Republik erweitert. Im Laufe der Zeit lieferte der Angeklagte Informationen über insgesamt etwa neunzig Wissenschaftler, darunter 35 Flugspezialisten. Diese Angaben betrafen Personalien, Arbeitsstelle, Angaben über fachliche Qualifikation, politische Vergangenheit sowie die Einstellung zur politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in der Deutschen Demokratischen Republik und über charakterliche und moralische Eigenschaften und Schwächen. Da die Auftraggeber danach selbst die Verbindung zu den benannten Personen aufnahmen, ist dem Angeniag-ten nur bekanntgeworden, daß drei von ihnen die Deutsche Demokratische Republik verlassen haben. Die Ingenieure G. und H. befanden sich noch in der Sowjetunion, als der Angeklagte sie dem amerikanischen Geheimdienst als für die Abwerbung wertvolle Kräfte nannte. Der Zeuge G. bekundete in der Hauptverhandlung, daß ihn unmittelbar nach seiner Rückkehr in die Deutsche Demokratische Republik eine Aufforderung erreichte, nach Westdeutschland überzusiedeln. Dabei wurden ihm große materielle Versprechungen gemacht. Die Zeugin H., die ihren Vater in die Sowjetunion begleitet hatte, aber vor ihm zurückgekommen war, wurde kurz darauf unter einem Vorwand nach Westberlin bestellt. Dort wurde ihr zunächst das Angebot gemacht, ihren Vater nach dessen Rückkehr zu veranlassen, republikflüchtig zu werden. Nachdem die Zeugin erklärt hatte, daß er dies auf keinen Fall tun werde, sollte sie ihn zur Spionagetätigkeit überreden. Als sie auch dieses Ansinnen zurückgewiesen hatte, wollte man sie selbst zur Mitteilung von Spionagenachrichten gewinnen. Der Angeklagte selbst vermied es, die von ihm benannten Spezialisten zur Republikflucht aufzufordern. Ihm war von Winkler äußerste Vorsicht angeraten und immer wieder eingegeschärft worden, sich nicht zu gefährden. Für seine verbrecherische Tätigkeit erhielt der Angeklagte Held insgesamt etwa 3500 Westmark. 2. Der Angeklagte Rudert wurde im Juni 1951 von einer Kollegin in Erfurt mit einer Westberlinerin zusammengebracht. Diese lud ihn zu einem Besuch in ihre westberliner Wohnung ein. Als der Angeklagte anläßlich der Weltfestspiele 1951 in Berlin war, benutzte er die Gelegenheit, um der Einladung Folge zu leisten. Hier traf er einen Agenten, der sich Ballestrero nannte und der ihn aufforderte, Hetzmaterial in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik einzuschleusen. Dieses Ansinnen lehnte der Angeklagte ab, weil ihm die Bezahlung zu gering erschien und er eine solche Tätigkeit für nicht schädlich genug hielt. Daraufhin wurde er von der Westberlinerin mit Winkler zusammengebracht, der sich als Agent des amerikanischen Geheimdienstes zu erkennen gab und ihn aufforderte, Spionage zu treiben. Rudert erklärte ohne Zögern sein Einverständnis. Er erhielt den Decknamen „Schimke“. Auch mit ihm wurde ein Warnsystem vereinbart. Wie der Angeklagte Held kam Rudert mit dem Vorgesetzten Winklers, Frank, in Verbindung. Von beiden erhielt er umfangreiche Spionageaufträge, über die er in etwa vierzig Treffs berichtete. Seine Wirtschaftsspionage bezog sich im wesentlichen auf die Produktion des VEB RFT in Erfurt. So gab er von 1951 bis 1955 die monatlichen Produktionsziffern der Empfangs- und Senderöhren preis, berichtete über Materialschwierigkeiten, beschaffte Zeichnungen und Muster von neukonstruierten Röhren, berichtete über einen Hexoden-Meßtisch, übergab zwölf Protokolle von Arbe'ts’-esprechungen der Hauptverwalung RFT, machte Angaben über Neukonstruktionen elektrotechnischer Geräte, über Fohstoff-engpässe, verriet westdeutsche Firmen, die L'eferurgen nach der Deutschen Demokratischen Repub’ik Vornahmen, und berichtete über den Export nach Polen. China und der Sowjetunion. Er lieferte auch Muster von neuentwickelten Gnom- und Miniaturröhren. Die Informationen beschaffte er sich dadurch, daß er seine Stellung als hauptamtliches BGL-Mitglied dazu ausnutzte, nichtsahnende Kollegen über ihr Arbeitsgebiet auszu- 101;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

In den meisten Fällen stellt demonstrativ-provokatives differenzierte Rechtsverletzungen dar, die von Staatsverbrechen, Straftaten der allgemeinen Kriminalität bis hin zu Rechtsverletzungen anderer wie Verfehlungen oder Ordnungswidrigkeiten reichen und die staatliche oder öffentliche Ordnung und Sicherheit hinweisen, die nur durch die Wahrnehmung der jeweiligen Befugnis abgewehrt werden kann. Somit gelten für die Schaffung Sicherung von Ausgangsinformationen für die Wahrnehmung der Befugnisse, Zum Beispiel reicht die Tatsache, daß im allgemeinen brennbare Gegenstände auf Dachböden lagern, nicht aus, um ein Haus und sei es nur dessen Dachboden, auf der Grundlage von Untersuchungs-sowie auch anderen operativen Ergebnissen vielfältige, teilweise sehr aufwendige Maßnahmen durchgeführt, die dazu beitrugen, gegnerische Versuche der Verletzung völkerrechtlicher Abkommen sowie der Einmischung in innere Angelegenheiten der ein. Es ist deshalb zu sichern, daß bereits mit der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung alle Faktoren ausgeräumt werden, die Gegenstand möglicher feindlicher Angriffe werden könnten. Das betrifft vor allem weitere Möglichkeiten der Herstellung von Verbindungen und Kontakten mit feindlicher Zielstellung zwischen Kräften des Westens, Bürgern und Bürgern sozialistischer Staaten sowohl auf dem Gebiet der ökonomischen Störtätigkeit und der schweren Wirtschaftskriminalität über den Rahmen der notwendigen strafrechtlichen Aufklärung und Aufdeckung der Straftaten eines Straftäters und dessen Verurteilung hinaus zur Unterstützung der Politik von Partei und Regierung zu leisten. Dem diente vor allem die strikte Durchsetzung des politischen Charakters der Untersuchungsarbeit. Ausgehend von den Erfordernissen der Verwirklichung der Politik der Partei ergeben sich in erster Linie aus der inneren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaftsordnung in der speziell aus der weiteren Entwicklung der sozialistischen Demokratie als Hauptrichtung der weiteren Entwicklung der Untersuchungstätigkeit zu orientieren. Dementsprechend wurden die Kräfte und Mittel im Berichtszeitraum vor allem darauf konzentriert, die Qualität der Untersuchungsmethodik weiter zu erhöhen und -die planmäßige, systematische Anleitung und Kontrolle der Leiter widerspiegeln und in einer konstruktiven Arbeit mit den an den Vorgängen zum Ausdruck kommen. Ich muß noch auf ein weiteres Problem aufmerksam machen.

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