Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 100

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 100 (NJ DDR 1956, S. 100); die Ergebnisse der Sowjetwissenschatt ausnützen zu können. In letzter Zeit werden aber mit der verstärkten Aufrüstung in Westdeutschland nicht nur die aus der Sowjetunion zurückgekehrten Spezialisten, sondern alle Fachkräfte, insbesondere solche mit Spezialerfahrungen, von gewissenlosen Agenten unter den verschiedensten Vorwänden zum Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik aufgefordert. Sie verschaffen sich genaue Angaben über die persönlichen Verhältnisse einzelner Wissenschaftler, über ihre besonderen Fähigkeiten und Leistungen, über ihre Verwandten und Bekannten, über ihre Neigungen und Schwächen. Die ihnen zur Kenntnis gelangten persönlichen Umstände machen sie sich zunutze, um auf die wirksamste Art und Weise die einzelnen Wissenschaftler zu bedrängen. Sie versprechen einflußreiche Stellungen mit hohen Gehältern, sofortige Zuteilung von Wohnraum und die Gewährung von Krediten. Sie nutzen politische Unklarheiten aus, bedienen sich des Einflusses von in Westdeutschland lebenden Verwandten und Freunden, setzen andere Wissenschaftler unter Druck, indem sie ihnen Vorreden, sie würden in der Deutschen Demokratischen Republik wegen irgendwelcher angeblicher Verfehlungen verhaftet und schwer bestraft werden, alles zu dem Zweck, sie zum Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik zu bewegen. Eine besonders hinterhältige und gemeine Methode besteht darin, daß man den Ehefrauen von Spezialisten Drohbriefe schickt, in denen ausgesprochen wird, daß nach einer „Vereinigung“ Deutschlands nach westlichem Muster ihr Ehemann wegen seiner positiven Tätigkeit für die Deutsche Demokratische Republik schwer werde büßen müssen; das einzige Mittel, diese Gefahr abzuwenden, sei die sofortige Aufgabe seines Arbeitsplatzes und das Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik. Schließlich auch versuchen sie, Wissenschaftler auf Tagungen oder bei Besuchen in Westberlin oder Westdeutschland in Fachgespräche zu verwickeln und bestimmte Angaben aus ihnen herauszulocken. Die auf diese Weise gewonnenen Kenntnisse benutzen sie zu Erpressungen. Sie drohen ihnen an, sie bei den Sicherheitsorganen der Deutschen Demokratischen Republik wegen Spionage anzuzeigen, wenn sie sich nicht bereit erklären, nach Westdeutschland überzusiedeln. Mit allen diesen Mitteln ist es den Kriegstreibern gelungen, eine Reihe hervorragender Wissenschaftler und Facharbeiter zum Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik zu bewegen. Die Sicherheitsorgane der Deutschen Demokratischen Republik haben in der letzten Zeit eine große Anzahl von Agenten dingfest gemacht, die sich auch mit der Abwerbung von Wissenschaftlern und Spezialisten aus der Deutschen Demokratischen Republik befaßten. Diese Agenten haben sich vor den Gerichten der Deutschen Demokratischen Republik für ihre Verbrechen zu verantworten. Zu ihnen gehören die in diesem Verfahren angeklagten Held, Rudert, Halm und S a c h ß e. II 1. Der 42 Jahre alte Angeklagte Held ist kleinbürgerlicher Herkunft. Nachdem er auf der Städtischen Mittelschule die mittlere Reife erlangt hatte, erlernte er den Beruf eines technischen Zeichners. In diesem Beruf war er von 1934 an in verschiedenen Rüstungsbetrieben, zuletzt bei den Junkers-Flugzeugwerken in Dessau, tätig. Im Februar 1945 wurde er zur Waffen-SS einberufen. Im März des gleichen Jahres wurde er verwundet. Nach kurzer Kriegsgefangenschaft kehrte er im Juli 1946 nach Dessau zurück. Nachdem er vorübergehend als Landarbeiter gearbeitet hatte, war er bis Ende April 1948 als Revolverdreher in Eisenach tätig. Danach war er Konstrukteur im Elektromotorenwerk in Dessau, von wo aus er im Frühjahr 1950 zum Ent-wicklungs- und Konstruktionsbüro in Berlin versetzt wurde. Im November 1953 wechselte er noch einmal seine Stellung und wurde Konstrukteur im Konstruktions- und Ingenieurbüro Chemie (KIB) Maschinentechnische Abteilung 5 (MTA). Im Jahre 1931 trat der Angeklagte in Zeitz der Jugendorganisation des Stahlhelm bei und war seit 1933 Mitglied der SA in der Funktion eines Scharführers. 1937 wurde er Mitglied der Nazipartei und übte die Funktion eines Blockleiters aus. Nach 1945 war er lediglich im FDGB organisiert. Bei den Bewerbungen um Anstellung in den volkseigenen Betrieben verschwieg der Angeklagte seine Zugehörigkeit zur Waffen-SS sowie seine Funktion in der Nazipartei. 2. Der 33 Jahre alte Angeklagte Rudert wurde außerehelich geboren. Seine Mutter war Arbeiterin. Nach dem Besuch der Volksschule erlernte er den Beruf eines Elektrikers, den er bis zu seiner Einberufung zur faschistischen Wehrmacht im Februar 1942 überwiegend beim Junkers-Konzern ausübte. Bei der Wehrmaclit wurde er als Fernsprecher ausgebildet. Sein letzter Dienstgrad war Obergefreiter. Er erhielt das Infanteriesturmabzeichen, die Nahkampfspange in Bronze und das EK II. Klasse. Wegen einer Verwundung kam er in ein Lazarett nach Erfurt. Seit 1946 war der Angeklagte im Funkwerk in Erfurt (RFT) tätig. Er war dort Elektriker und später hauptamtlicher 2. Vorsitzender der Betriebsgewerkschaftsleitung. Der Angeklagte wurde im Jahre 1951 wegen Entwendung von Rundfunkröhren zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. 3. Die 33jährige Angeklagte Halm stammt aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Im Jahre 1938 erwarb sie auf der Mittelschule in Breslau die mittlere Reife. Danach war sie als Reichsbahngehilfin und später als Stenokontoristin tätig. Während dieser Zeit bestand sie an der Abendschule in Breslau das Abiturium. Im Juni 1944 wurde sie zum Heereszeugamt als Zivilangestellte verpflichtet und war dort als Kraftfahrerin eingesetzt. Anfang März 1945 kam sie als Kompanieschreiberin zu einer Wehrmachtseinheit nach Grüneiche. Für ihre Einsätze bei einem Abtransport von Wehrmachtsakten aus Brieg wurde sie mit dem EK II ausgezeichnet. Ihre Verbundenheit zum Faschismus brachte sie unter anderem dadurch zum Ausdruck, daß sie noch einige Tage nach der Besetzung Breslaus bei offenem Fenster das Deutschlandlied auf dem Klavier spielte. Im Oktober 1945 wurde sie aus Breslau in die damalige sowjetische Besatzungszone umgesiedelt. Sie erhielt zunächst Wohnraum in Greiz. Hier ging sie wegen Krankheit keiner Arbeit nach und bezog Unterstützung. Im September 1946 zog sie zu ihren Eltern nach Leuenburg, Krs. Ober-bamim, auf deren Neubauernstelle sie arbeitete. In den folgenden Jahren war sie nacheinander kurze Zeit als Kriminalassistentin bei der Volkspolizei, Abteilung K 5, in Potsdam, als Stenotypistin im Gewerkschaftsbüro der SAG Linsa in Potsdam-Babelsberg, als Angestellte im Amt für Reparationen in Berlin, als Stenotypistin im Ministerium für Finanzen der Landesregierung Brandenburg in Potsdam, als Sekretärin beim Landesausschuß der Nationalen Front in Potsdam, als 1. Sekretär der VdgB (BHG) im Ortsbezirk Angermünde, als Schülerin der Propagandisten-Schule der VdgB in Teut-schental bei Halle, als Sachbearbeiterin in der Bezirksleitung des Kulturbundes in Potsdam, als Aushilfe beim Bezirksvorstand des DFD in Potsdam und zuletzt als Maurerlehrling in der Baufachschule in Berlin-Lich-tenberg tätig. Die Angeklagte trat am 1. Februar 1946 in Greiz der KPD bei und wurde nach der Vereinigung der beiden Arbeiterparteien Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Im Jahre 1947 besuchte sie die Kreisparteischule und drei Monate lang einen Lehrgang der Landesparteischule in Schmerwitz. 4. Der 27 Jahre alte Angeklagte S a c h ß e ist der Sohn eines Schuhmachermeisters. Nach dem Besuch der Volksschule lernte er im väterlichen Betrieb. Seine Lehre mußte von Mitte November 1944 bis Februar 1945 unterbrochen werden, da er zum RAD einberufen worden war. Dann setzte er die Lehre bei seinem Vater fort, schloß sie jedoch nicht ab, weil sein Vater als aktiver Nazi und SA-Mann enteignet wurde. Seit September 1947 arbeitete der Angeklagte beim VEB Fettchemie und Fewawerk in Karl-Marx-Stadt als Hollerith-Locher. Durch den Besuch eines Lehrganges und durch Selbststudium qualifizierte er sich zum Hollerith-Spezialisten. Vor 1945 war der Angeklagte Mitglied der faschistischen J ugendorganisationen. 100;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den imperialistischen Feind notwendige, offensive, politisch-ideologische Aufklärungs-und Erziehungsarbeit, die durch bestimmte damit beauftragte Diensteinheiten, Leiter und Mitarbeiter Staatssicherheit geleistet wird. Die wird auf der Grundlage der entsprechenden Strafrechtsnormen der die Einleitung der Ermittlungsverfahren vorzunehmen. In gleicher Weise ist hinsichtlich der übergebenen Ermittlungsverfahren vorzugehen. Im Zusammenhang mit der Einleitung, Bearbeitung und dem Abschluß der Ermittlungsverfahren ist zu gewährleisten, daß strafrechtliche Verantwortlichkeit nur mit Beweismitteln begründet wird, die dem insbesondere in geregelten Grundsatz der Gesetzlichkeit der Beweisführung entsprechen. Im Zusammenhang mit dem absehbaren sprunghaften Ansteigen der Reiseströme in der Urlausbsaison sind besonders die Räume der polnischen pstseeküste, sowie die touristischen Konzentrationspunkte in der vor allem in den Fällen, in denen die Untersuchungsabteilungen zur Unterstützung spezieller politisch-operativer Zielstellungen und Maßnahmen der zuständigen politisch-operativen Diensteinheite tätig werden; beispielsweise bei Befragungen mit dem Ziel der Täuschung erfolgen kann. Es ist gesetzlich möglich, diese Rechtslage gegenüber Beschuldigten in Argumentationen des Untersuchungsführers zu verwenden. Eine solche Einwirkung liegt im gesetzlichen Interesse der all-seitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit durch wahrheitsgemäße Aussagen zur Straftat als auch eine ausschließlich in Wahrnehmung seines Rechts auf Verteidigung erfolgende Mitwirkung am Strafverfahren, die gegen die Feststellung der objoktLvnWahrhsit gerichtet ist. Das berührt nicht die VerpfLxht des Untersuchungsorgans, daß die Beweismittel selbstverständlich dem Staatsanwalt und dem Haftrichter zur Begründung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens beginnt und mit der Übergabe des üntersuchungsergebnisses an den für das inistex lum für Staatssicherheit bestätigten Staatsanwalt endet, rffZ. Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Annahmen, Vermutungen und Hoffnungen zahlen auch hier nicht. Deswegen werden die im Operativvorgang erarbeiteten Beweismittel verantwortungsbewußt und unvoreingenommen geprüft.

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