Neue Justiz (NJ) 1956, Jahrgang 10, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft, Deutsche Demokratische Republik (DDR).Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 409 (NJ DDR 1956, S. 409); ?nach meiner Auffassung um einen genossenschaftsrechtlichen Anspruch handelt, der sich aus der materiellen Verantwortlichkeit des Genossenschaftsmitglieds herleitet und nicht aus zivilrechtlichen Anspruchsgrundsaetzen, ergeben sich Besonderheiten. Bei der Bemessung der Hoehe des Schadensersatzes sollten der Vorstand und die Mitgliederversammlung auch die finanzielle Lage des Ersatzpflichtigen pruefen, d. h. sein Vermoegen und die zu erwartenden Einkuenfte beruecksichtigen. Durch eine ueberhoehte Schadensersatzforderung verloere das Mitglied jede Freude an weiterer Arbeit in der Genossenschaft. Es waere interessant, die Meinung unserer Praktiker zu hoeren, die auch in dieser Frage schon Erfahrungen gesammelt haben. Aus der Praxis fuer die Praxis Die Justizorgane von Sondershausen verletzten groeblich die Rechte der Buerger Zwei werktaetige Bauern und einen Stellmacher hat das Kreisgericht Sondershausen am 4. Mai 1956 freigesprochen; sie waren angeklagt wegen Wirtschaftsverbrechen. Das. Urteil, auf dessen tatsaechliche Feststellungen hier nicht eingegangen werden soll, entsprach dem Ergebnis einer mehrtaegigen Hauptverhandlung und dem Antrag des Staatsanwalts. Wir halten diese Entscheidung fuer richtig, die ausfuehrliche Begruendung des Freispruchs fuer ueberzeugend*). Am Ergebnis ist also ganz sicher nichts zu beanstanden. Sehr viel ist jedoch zu beanstanden an der Durchfuehrung dieses Strafverfahrens. Eine Ueberpruefung ergab folgendes: 1. Seit der Einleitung des Ermittlungsverfahrens Jm August 1954 bis zum Tage des auf Freispruch lautenden Urteilsspruchs vergingen mehr als 20 Monate. 2. Schon einen Tag vor dem Datum der schriftlichen Anzeige beantragte der Staatsanwalt gegen die beiden werktaetigen Bauern Haftbefehle, die auch vom Gericht erlassen wurden. 3. Die entlastenden Umstaende wurden bei der Ermittlung nicht aufgeklaert; der Staatsanwalt klagte aber trotz der ungenuegenden Ermittlungen an, und das Gericht eroeffnete das Hauptverfahren, ohne gewissenhaft zu pruefen, ob die Beschuldigten eines Verbrechens wirklich hinreichend verdaechtig waren. 4. Danach wurden die Akten vom Gericht dreimal an den Staatsanwalt zur Nachermittlung zurueckgegeben. Dreimal wurde die Frist fuer die Durchfuehrung der Nachermittlungen vom Untersuchungsorgan nicht ein-gehalten und die Einhaltung vom Staatsanwalt auch nicht kontrolliert. 5. Seiner Pflicht zu pruefen, ob die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft weiterhin geboten war, kam das Gericht nach der Eroeffnung des Hauptverfahrens nicht ?jederzeit? nach, wie es das Gesetz verlangt, sondern erst, nachdem die Akten mit wiederum nicht ausreichenden Ermittlungen zum zweitenmal zum Gericht gelangten, und auch dann erst, nachdem sie dort drei Wochen unbearbeitet liegengeblieben waren. Das hat dazu gefuehrt, dass zwei Buerger, wenn schon zu Beginn der Untersuchung nicht ganz imberechtigt, so doch unnoetig lange und zwar laenger als sechs Monate in Untersuchungshaft waren. 6. Nachdem die Akten am 11. Juli 1955 schliesslich zum vierten Male und mit solchen Nachermittlungen beim Gericht eingingen, dass es nur zu einem Freispruch kommen konnte, verging nicht nur zum vierten Male die fuer die Verhandlung von Strafsachen vorgeschriebene Frist von hoechstens vier Wochen, sondern es vergingen mehr als 10 Monate bis zur Hauptverhandlung (erst sechs Wochen nach dem Zeitpunkt, zu dem die Akten zum letzten Male zum Gericht gelangten, wurde dem Gericht mitgeteilt, ein Angeklagter sei erkrankt). Diese Feststellungen beduerfen keines Kommentars. Nicht nur jeder Richter, jeder Staatsanwalt und Schoeffe, sondern jeder Buerger wird erkennen, wie schwer hier gegen die Vorschriften der Strafprozessordnung verstossen wurde, in welch grober Weise dadurch die gesetzlichen Rechte der Buerger verletzt wurden. Wir wissen alle, welch eine ernste Sache es fuer einen Buerger unserer Republik ist, als Angeklagter vor einem Gericht unseres Staates zu stehen, welche Belastung es fuer einen jeden Menschen ist fuer die Angehoerigen oft nicht minder zwanzig Monate lang im Unge- *) Das Urteil ist auszugsweise auf S. 418 dieses Heftes veroeffentlicht. wissen ueber den Ausgang seines Verfahrens zu sein und gar mehr als ein halbes Jahr nicht auf freiem Fuss zu sein. Gegen den fuer eine derartige Prozessverschleppung verantwortlichen Richter wurde wegen grober Verletzung seiner Pflichten als Richter ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Was muessen die Angeklagten, was muessen alle Buerger, die von diesem Verfahren Kenntnis hatten, fuer eine Meinung von der Arbeit unserer Justiz haben? FRITZ BOeHME, Hauptabteilungsleiter im Ministerium der Justiz Zur Anrechnung der Untersuchungshaft nach ? 335 StPO Das Problem der Anrechnung der Untersuchungshaft (? 335 StPO) hat in der Praxis eine Reihe Diskussionen ausgeloest. Nicht wenige Richter und Staatsanwaelte sind der Auffassung, dass es nicht mit den Rechtsanschauungen der Werktaetigen in der DDR uebereinstimme, den verurteilten Buerger, der von seinem Recht auf Berufungseinlegung Gebrauch macht und zwar ueberlegt Gebrauch macht im Ergebnis dafuer schlechter zu stellen. ? 335 StPO findet seine Erklaerung in seinem Zusammenhang mit ? 334 StPO. Nach dem dort aufgestellten Grundsatz sind Strafurteile erst dann vollstreckbar, wenn sie rechtskraeftig sind. Hieraus folgt im Hinblick auf Freiheitsstrafen, dass deren Verbuessung in dem Zeitpunkt beginnt, in dem die Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils eintritt. Die unbeschraenkte Durchfuehrung dieses Grundsatzes wuerde gegenueber demjenigen Angeklagten, der nach Verkuendung des erstinstanzlichen Urteils noch in Untersuchungshaft sitzt, zu unbilligen Haerten fuehren, wenn er durch sein Verhalten nicht dazu beitraegt, den Eintritt der Rechtskraft des Urteils hinauszuzoegem. In diesen Faellen wuerde, da auch die Untersuchungshaft einen Eingriff in die persoenliche Freiheit darstellt allerdings ist sie keine Strafe , die Dauer der Freiheitsentziehung (Untersuchungshaft einschl. Strafhaft) allein dadurch verlaengert, dass der Staatsanwalt Protest einlegt. Um das auszuschliessen, hat der Gesetzgeber in ? 335 StPO bestimmt, dass dem verurteilten Buerger diejenige Untersuchungshaft auf die zu vollstreckende Freiheitsstrafe anzurechnen ist, die er erlitten hat, seit das Urteil seinerseits nicht mehr anfechtbar ist. Das ist der Fall von den in ? 335 StPO genannten Zeitpunkten an. Darueber hinaus findet ? 335 StPO auf die Faelle Anwendung, in denen der Verurteilte nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des Urteils deshalb noch keine Strafhaft verbuesst, weil er sich z. B. noch in der Untersuchungshaftanstalt oder auf dem Transport nach der Vollzugsanstalt befindet. Diese gesetzliche Regelung entspricht nicht in vollem Umfang dem konsequent demokratischen Charakter der Strafprozesse der DDR. Wie bereits gesagt, ist das Recht auf Einlegung der Berufung ein prozessuales Recht des Angeklagten, das aus dem Recht auf Verteidigung folgt. Zur Wahrnehmung dieses Rechts gewaehrt das Gesetz dem Angeklagten die in ? 281 StPO bestimmte Frist. Sie soll garantieren, dass der Angeklagte nicht unueberlegt vielleicht unmittelbar unter dem Eindruck des gegen ihn verkuendeten Urteils eine Entscheidung ueber die Ausuebung oder Nichtausuebung seines Rechts auf Rechtsmitteleinlegung faellt. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es nicht richtig, den verurteilten Buerger, der die gesetzliche Frist nutzt, im Ergebnis dafuer schlechter zu stellen. Das aber folgt aus ? 335 StPO. 409;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl Personen Personen -Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesverräterische Nachricht enüb ermi lung, Land rrät sche Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und der oder den zuständigen operativen Diensteinheiten im Vordergrund. Die Durchsetzung effektivster Auswertungs- und Vorbeugungsmaßnahmen unter Beachtung sicherheitspolitischer Erfordernisse, die Gewährleistung des Schutzes spezifischer Mittel und Methoden Staatssicherheit . Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben darauf Einfluß zu nehmen, daß durch zielgerichtete Anwendung qualifizierter operativer Kombinationen eine höhere Qualität der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt.

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