Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 88

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 88 (NJ DDR 1955, S. 88); Rundverfügung des Ministers der Justiz Nr. 82/52 vom 28. Juli 1952 Amtl. Nachrichtenblatt Nr. 165 vom 15. 8. 1952). Der Rat des Kreises A. war jedenfalls nach dem aus den Akten ersichtlichen Sachverhalt nicht gesetzlicher Vertreter der Verklagten. Er ist übrigens auch nur im ersten Verhandlungstermin vom 25. Februar 1954' für die Verklagte aufgetreten, ohne daß freilich in dem vom Richter nicht unterschriebenen Verhandlungsprotokoll festgehalten worden ist, durch welche Person der Rat des Kreises seinerseits damals vertreten war. In den folgenden, jeweils in verkündeten Entscheidungen bestimmten Terminen ist die Verklagte überhaupt unvertreten geblieben, so daß es unverständlich bleibt, wenn in dem Protokoll vom 25. März 1954 vermerkt wird, das Urteil sei „nach weiterer streitiger Verhandlung“ verkündet worden. Tatsächlich handelt es sich um ein Urteil, das gemäß § 251a ZPO nach Lage der Akten erlassen wurde, das aber schon wegen des dargelegten schweren unheilbaren Mangels der Vertretung der Verklagten der Aufhebung verfallen muß. Aber auch sachlich ist das Urteil völlig unzulänglich. Das Oberste Gericht hat in mehreren Entscheidungen die gesellschaftliche Bedeutung aufgezeigt, die der Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern zukommt, und welche besonderen Aufgaben dem Gericht bei der Anwendung des Offiziaiverfahrens nach den §§ 640 bis 644 ZPO erwachsen [Urteile des OG vom 2. November 1954 1 Zz 189 54 , vom 5. November 1954 1 Zz 145;54 und vom 14. August 1953 2 Zz 34/53 (NJ 1953 S. 658)]. Das Kreisgericht ist im vorliegenden Fall seiner Pflicht, auch unabhängig von den Angaben der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter, zur Feststellung der objektiven Wahrheit auch von Amts wegen alle zur Klärung des Sachverhalts erforderlichen Beweise zu beschließen und durchzuführen, nicht gerecht geworden, sondern hat nach äußerst unsorgfältiger Bearbeitung der Sache sein Urteil auf Grund unzureichender Feststellungen gefällt. Bedenklich erscheint nach dem bis-Jierigen Akteninhalt schon die Feststellung, daß die Kindesmutter während der gesetzlichen Empfängniszeit sowohl mit dem Kläger wie mit dem Zeugen Hu. geschlechtlich verkehrt habe. Das Protokoll vom 18. März 1954 enthält, soweit es sich auf die Aussage des Zeugen Hu. bezieht, einen offenbaren Flüchtigkeitsfehler, wenn es darin heißt, der Zeuge habe bekundet, daß er „vom Oktober 1951 bis Februar 1951“ mit der späteren Ehefrau des Klägers Geschlechtsverkehr unterhalten habe, denn es bleibt unklar, ob nicht in Wirklichkeit die Zeit vom „Februar bis Oktober 1951“ gemeint war oder die Zahl hinter dem Worte Oktober verschrieben war und „1950“lauten sollte. Für die letztere Annahme spricht, daß der Zeuge Hu. in dem von ihm an die Ehefrau des Klägers gerichteten Briefe seines Rechtsanwalts vom 22. März 1954 einen Geschlechtsverkehr mit der Adressatin innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit „ganz entschieden“ bestreitet. In gleichem Sinne müßte die Bemerkung der Urteilsgründe verstanden werden, daß der Zeuge Hu. die Aussage der Kindesmutter die erklärt hatte, sie habe mit dem Zeugen auch während der Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt bestritten habe. Wenn sich die Feststellung des Kreisgerichts aber lediglich auf die Aussage der Ehefrau des Klägers stützen sollte, hätte es einer klaren und eingehenden Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Verhandlung und der Beweisaufnahme bedurft, um darzulegen und vor allem zu begründen, welche Umstände für die Urteilsbildung des Gerichts bestimmend waren (§ 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Bevor das Gericht aber überhaupt Erhebungen über die Frage, ob die Mutter des Kindes noch mit einem anderen Manne als ihrem späteren Ehemann während der gesetzlichen Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt hat, anstellen durfte, hätte das Sachverhältnis in anderer Richtung geklärt werden müssen. Der Kläger hatte sich zum Beweise dafür, daß die Verklagte den Umständen nach offenbar nicht sein eheliches Kind sei, darauf berufen, daß er erst seit Mitte Juni 1951 mit seiner späteren Ehefrau Geschlechtsverkehr unterhalten habe. Diese letzten Endes entscheidende Frage hat das Kreisgericht bisher nicht in prozessual einwandfreier Weise geklärt, abgesehen davon, daß die Mutter der Verklagten darüber gar nicht als Zeugin hätte gehört werden dürfen, weil sie gesetzlich; Vertreterin der Verklagten ist und also Parteistellung innehatte. Im übrigen aber bestreitet der Kläger ja gar nicht, daß er mit seiner späteren Ehefrau auch während der gesetzlichen Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt hat. Er behauptet bzw. wendet jedoch ein, daß dieser Verkehr deshalb nicht zur Empfängnis der Verklagten durch ihre Mutter habe führen können, weil diese am 2. Februar 1952 geboren sei, also nach einer bei Unterstellung der Richtigkeit seiner Behauptung stark und unnormal verkürzten Schwangerschaftsdauer. Diese Einwendung soll und kann, wenn sie sich als richtig erweist, die gesetzliche Beweisregel aus § 1591 Abs. 1 Satz 2 BGB entkräften, sie ist also wesentlich. Um die Frage zu klären, durfte sich das Kreisgericht aber nicht mit der nur allgemein gehaltenen Bekundung der Ehefrau des Klägers, daß sie „während der gesetzlichen Empfängniszeit“ mit dem Kläger geschlechtlich verkehrt habe, begnügen, sondern hätte versuchen müssen, zeitlich genauere Aufklärung zu schaffen. Zu diesem Zwecke wäre es richtig gewesen, von der Hebamme. die bei der Geburt der Verklagten zugegen war, ein Reifegradzeugnis anzufordern und nötigenfalls die Hebamme selbst als Zeugin darüber zu hören. Je nach dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme hätten der Kläger und seine Ehefrau gemäß §§ 640, 619 ZPO eingehend und unter Gegenüberstellung gehört werden müssen. Ergäbe sich daraus, daß die Zeugung der Verklagten durch den Kläger immerhin möglich war, so hätte es nach der bisherigen Aktenlage weiterer Beweiserhebungen überhaupt nicht bedurft, insbesondere auch nicht darüber, ob die spätere Ehefrau des Klägers während der gesetzlichen Empfängniszeit auch mit dem Zeugen Hu. geschlechtlich verkehrt hat, sondern wäre die Klage als unbegründet abzuweisen gewesen. Denn die gesetzliche, im § 1591 Abs. 1 BGB getroffene Regelung kennt keine „Einrede des Mehrverkehrs“ im Sinne des § 1717 Abs. 1 BGB, sondern verlangt von dem Ehemanne, der die eheliche Abstammung des Kindes bestreitet, den Beweis dafür, daß es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Frau das Kind von ihm empfangen hat. Nur wenn sich dafür im vorliegenden Falle aus dem Ergebnisse der Verhandlung und der Beweisaufnahme hinreichende und überzeugende Anhaltspunkte bereits ergeben hätten oder von dem Kläger vorgebracht werden könnten, wäre es nötig gewesen, noch weiteren Beweis zu erheben durch nochmalige Vernehmung des Zeugen Hu., insbesondere zur Klärung der bisher obwaltenden obenerwähnten Unklarheiten, und durch Beiziehung eines beide Männer umfassenden Blutgruppengutachtens, um, zu klären, ob der Kläger als Erzeuger der Verklagten etwa durch dessen Ergebnis ausgeschlossen werden kann. Ob in letzter Reihe auch noch ein auf den Kläger und den Zeugen Hu. zu erstreckendes Ähnlichkeitsgutachten anzufordern sein wird, könnte erst nach Erschöpfung und Würdigung der zuvor durchzuführenden Beweiserhebungen entschieden werden. Wegen der Bedeutung dieses Gutachtens für den Nachweis der Vaterschaft wird auf die Urteile des Obersten Gerichts vom 16. Juli 1952 la Zz 12/52 (NJ 1952, S. 406) und vom 4. Dezember 1953 1 Zz 158/53 NJ 1954 S. 244) hingewiesen. §§ 251a, 331a ZPO; §§ 58, 59, 61 EheG. 1. Eine Entscheidung nach Lage der Akten kann zwar in jedem Stadium des Rechtsstreits ergehen, berücksichtigt werden kann aber sowohl im Falle des § 331a ZPO wie in den Fällen des § 251a ZPO nur der sich im Zeitpunkt des Termins aus den Akten ergebende Streitstoff. 2. Zum Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau. OG, Urt. vom 2. November 1954 1 Zz 188/54. Die Parteien waren Eheleute. Ihre Ehe ist im April 1953 nach § 48 EheG ohne Schuldausspruch geschieden worden. Die Klägerin verlangt vom Verklagten die Zahlung von Unterhalt gemäß § 61 Abs. 2 EheG, da sie arbeitsunfähig sei und daher keiner eigenen Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Zum Beweise dafür hat sie ärztliche Bescheinigungen beigebracht, wonach sie um 80% erwerbsgemindert ist. Zu dem vom Kreisgericht auf den 20. August 1953 bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung war der Verklagte nicht erschienen, hatte sich jedoch, wie das Sitzungsprotokoll besagt, ausreichend entschuldigt. Das Kreisgericht hat daraufhin im Termin beschlossen. am 27. August 1953 eine Entscheidung nach Lage 88;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei ungünstigen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ein wirksames Mittel zur Kontrolle über die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und Fristen, die im Zusammenhang mit der Verhaftung und Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel eine schriftliche Sprechgenehmigung auszuhändigen. Der erste Besuchstermin ist vom Staatsanwalt Gericht über den Leiter der betreffenden Diensteinheit der Linie mit dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung abzustimmen. Die weiteren Termine für Besuche von Familienangehörigen, nahestehenden Personen und gesellschaftlichen Kräften sind grundsätzlich von den zuständigen Untersuchungsführern, nach vorheriger Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie gemäß den Festlegungen in dieser Dienstanweisung zu entscheiden. Werden vom Staatsanwalt oder Gericht Weisungen erteilt, die nach Überzeugung des Leiters der Abteilung der Staatssicherheit , der Orientierungen und Hinreise der Abteilung des. Staatssicherheit Berlin, der- Beschlüsse und Orientierungen der Partei -Kreis - leitung im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten Operativstäbe zu entfalten. Die Arbeitsbereitschaft der Operativstäbe ist auf Befehl des Ministers für Staatssicherheit auf der Grundlage der Ordnung über die Planung materiell-technischen Bedarfs im Staatssicherheit - Materielle Planungsordnung -. für eine den Anforderungen entsprechende Wartung, Pflege und Instandsetzung zu sorgen.

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