Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 86

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 86 (NJ DDR 1955, S. 86); Abänderungen erging auf der Grundlage dieses Ent-~ wurfs im August 1951 das 1. Strafrechtsänderungsgesetz1). Wegen der überstürzten Vorbereitung und Beratung im Parlament wird es treffend als Biitzgesetz bezeichnet13 14 15 *). „ Am gleichen Tage, an dem dieses Blitzgesetz in Kraft trat, erließ die AHK auf dem Petersberg das Gesetz Nr. 621). Dieses Gesetz schränkte die Geltung der soeben so großsprecherisch im Interesse eines angeblich allumfassenden Schutzes der Demokratie erlassenen Bestimmungen, insbesondere die über den Landesverrat, gegenüber den Westmächten ein1). Dieses Gesetz beleuchtet schlagartig den tatsächlichen Gehalt der Bonner „Souveränität“ und kennzeichnet treffend auch den Gesamtcharakter der mit dem Blitzgesetz eingeführten Staatsschutzbestimmungen als Instrument des Terrors gegen die Volksbewegung in Westdeutschland. Zu dem Gesetz Nr. 62 meinte ein westdeutscher Strafrechtler wehklagend, daß „die Tatsache seines Erlasses in der gewählten Form doch eine für die materielle und psychologische Wirkung verhängnisvolle Einbuße“ bedeute17). In dem Zeitraum zwischen der Vorbereitung dieser Gesetzgebung und ihrer Inkraftsetzung, in dem also der gerichtliche Terror vorbereitet wurde, ergingen andere Maßnahmen, die den außergerichtlichen Terror dokumentieren: Am 19. September 1950 erließ die Bundesregierung grundgesetzwidrig einen Beschluß über die politische Betätigung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes18 * 20 * 22 23 24 25 * 27 28). Nach amerikanischem Vorbild18) wurde bereits die Mitgliedschaft zu einer demokratischen, nach dem Bonner Grundgesetz zugelassenen Organisation als ein Umstand angesehen, der zur Entlassung aus dem öffentlichen Dienst führt80). Am 27. September 1950 erging das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes81). Mit diesem Gesetz wurden das berüchtigte Bundesamt für Verfassungsschutz und entsprechende Ämter in den Bundesländern als offizielle Spitzelorganisationen geschaffen82). Sodann ging die Bundesregierung unter Bruch des Grundgesetzes zum unmittelbaren Terror gegen demokratische Vereinigungen über. Am 24. April 1951 wurden grundgesetzwidrig die Volksbefragung gegen die 13) BGBl. 1951, Tell X, Nr. 43 vom 31. August 1951. 14) siehe hierzu Im einzelnen Kühlig in „Staat und Recht“ 1954, Heft 6, S. 776 799. 15) Sammelblatt 1951 S. 1055. \ i°) Art. 1 dieses Gesetzes lautet: „Weder das deutsche Strafgesetzbuch noch sonstige strafrechtliche Bundes- oder Landesgesetze finden Anwendung ln bezug auf: a) Informationen jeder Art, die den Regierungen der Vereinigten Staaten, der Französischen Republik oder des Vereinigten Königreiches, deren Besatzungsbehörden oder deren Besatzungsstreitkräften gegeben werden oder bestimmt sind, ihnen gegeben zu werden, b) die Aufnahme oder Unterhaltung von Beziehungen zu den Regierungen der Vereinigten Staaten, der Französischen Republik oder des Vereinigten Königreiches, deren Besatzungsbehörden oder deren Besatzungsstreitkräften “ 17) Maurach, „Besonderer Teil des Strafrechts", 1953, S. 445. 18) Sammelblatt 1950 S. 958. 1°) Das Vorbild hierfür ist die sog. Loyalty-Order Präsident Trumans (Präsidialverordnung) vom 21. März 1947. Durch sie wurden willkürlich die Grundrechte: Freiheit der Meinungsäußerung; Gedankenfreiheit; Freiheit, Vereinigungen beizutreten, für Behördenangestellte aufgehoben. 1953 wurde der Wortlaut verschärft, so daß statt „vernünftiger Gründe für die Annahme, der Behördenangestellte sei nicht staatstreu", „vernünftige Zweifel an seiner Staatstreue“ zur Dienstentfernung genügten. Vgl. Heinitz, „Staatsschutz und Grundrechte“, Kleine Schriften für die Staatsbürger, Heft 17, 1953, S. 8 9. Jetzt hat der USA-Prä-sident Elsenhower in einer neuen wesentlich schärferen Anordnung vom 27. April 1953 diese Präsidialverordnung aufgehoben. Vgl. hierzu im einzelnen RID 1955 Nr. 1, Sp. 23 f. 20) Zu diesen Organisationen gehören u. a.: VVN, FDJ, DFD, Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, Kulturbund. 21) BGBl. 1950, Nr. 42, S. 682. 22) Bei ihren gesetzwidrigenden Verbotsbeschlüssen „stützte“ sich die Bundesregierung jeweils auf § 5 dieses Gesetzes, nach dem sie, „wenn ein Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes erfolgt, den Obersten Landesbehörden die für die Zusammenarbeit erforderlichen Weisungen erteilen“ kann. Bei diesen „Weisungen" verletzte die Bundesregierung jede Gesetzlichkeit, denn die rechtlichen Grundlagen für ein solches Weisungsrecht waren in keinem Falle gegeben. ! Remilitarisierung und die Teilnahme an den Berliner Weltfestspielen verboten-8). Am 26. Juni 1951 wurde grundgesetzwidrig die Freie Deutsche Jugend verboten-1). Und schließlich wurde am 26. Juli 1951 ebenfalls grundgeseczwidrig durch Beschluß der Bundesregierung die Betätigung des Rates der VVN, der Vereinigung der aktiven antifaschistischen Kämpfer, für Westdeutschland verboten-1). Nach Inkrafttreten des Blitzgesetzes „krönte“ die Bundesregierung ihre Welle des außergerichtlichen Terrors gegen die Friedens- und Arbeiterbewegung durch den am 22. November 1951 gestellten Antrag an das Bundesverfassungsgericht, die Kommunistische Partei Deutschlands zu verbieten. Diesen außergerichtlichen Terrormaßnahmen folgten die gerichtlichen auf dem Fuße, die mit den Mitteln der neuen Staatsschutzbestimmungen getarnt wurden. Die Gesetzgebung versuchte, durch verschwommene und unklare Tatbestände, durch Einfügung subjektiver und normativer Tatbestandsmerkmale die richterliche Willkür und die gesetzwidrige Verurteilung der westdeutschen Patrioten zu erleichtern80). Das Eintreten dieser Patrioten für den Frieden, für die Völkerverständigung und die Verständigung der Deutschen untereinander stellte aber selbst nach dem Wortlaut dieser Bestimmungen keinen „staatsgefährdenden oder hochverräterischen Angriff“ auf den Bestand der west- \ deutschen Bundesrepublik dar. Eine Verurteilung konnte nur unter Bruch der eigenen Gesetzlichkeit durch bewußte Verfälschung des tatsächlichen Geschehens und durch Unterschiebung einer besonderen „staatsgefährdenden oder hochverräterischen Absicht“ erreicht werden. Die zahlreichen Einzeluntersuchungen, auf die -hier nochmals verwiesen wird, -haben herausgearbeitet, daß diese Terrorentscheidungen, die unter dem Deckmantel eines „ordentlichen Gerichtsverfahrens“ gefällt wurden, an Stelle einer in der Außenwelt festgestellten Handlung und der darin zum . Ausdruck kommenden und nur hierdurch erkennbaren inneren Einstellung allein und ausschließlich die politische Gesinnung, die politische Weltanschauung der angeklagten Patrioten als Grund der Bestrafung an-sehen. Die Entwicklungslinie des gerichtlichen Terrors wird durch die „Rechtsprechung“ des obersten westdeutschen Gerichts, des Bundesgerichtshofs, in drei erstinstanzlichen Entscheidungen am deutlichsten aufgedeckt. Am 8. April 1952 erging das berüchtigte Fünf-Broschüren-Urteil, das mit dem Vermerk „geheim“ allen westdeutschen Staatsanwälten zugesandt wurde87). Am 6. Mai 1954 verurteilte der Bundesgerichtshof die westdeutschen Patrioten Reichel und Beyer2). Die Besonderheit dieses Urteils besteht unter anderem darin, daß hier die Richter in zynischer Offenheit das von ihnen beschworene Bonner Grundgesetz als Fetzen Papier beiseite sdxoben. Sie stellten hier nämlich, wie auch in einer am-19. Mai 1954 folgenden Revisionsentscheidung den „Rechtsgrundsatz“ auf: Der Richter dürfe die Absicht auch dann im Sinne des Blitzgesetzes „als verfassungswidrig beurteilen, wenn diese Würdigung auf der Feststellung beruht, der Täter habe in der Absicht gehandelt, den im einzelnen näher dargelegten Zielen seiner Partei zu dienen“29). Nun bestimmt aber bekanntlich Art. 21 GG, daß nur das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei entscheiden kann. Da aber die Partei durch ihre Mitglieder und die von diesen gewählten Organe handelt, weil die Gesamtheit der Mitglieder eben diese politische Partei bildet und eine „Partei an sich“ überhaupt nicht existiert, ergibt sich ohne weiteres, daß jedes Mitglied dieser Partei, das sich im Rahmen ihres politischen Programms aktiv am politischen Leben -beteiligt, immer grun-dgesetzgemäß 23) Gemeins. MinBl. 1951 S. 109; vgl. Weißbuch 1951, S. 100 f. 24) Sammelblatt 1951 S. 762; vgl. ebenfalls hierzu Weißbuch, S. 104 ff. 25) Sammelblatt 1951 S. 908. 20) s. Fußnote 14). 27) vgl. im einzelnen hierzu Fisch in „Neues Deutschland“ vom 6. Dezember 1953 (Nr. 286) S. 2; ferner insbesondere Geräts in „Staat und Recht“ 1954 Heft 4, S. 443 ff. 28) vgl. hierzu Geräts in NJ 1954 S. 618 ff. 2) NJW 1954, H. 33 34, S. 1254. 86;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 86 (NJ DDR 1955, S. 86) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 86 (NJ DDR 1955, S. 86)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksver-waltungen und dem Leiter der Abteilung Besuche Straf gef angener werden von den Leitern der zuständigen Abteilungen der Abteilung in eigener Verantwortung organisiert. Die Leiter der Abteilungen haben durch entsprechende Festlegungen und Kontrollmaßnahmen die Durchsetzung dieses Befehls zu gewährleisten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Leiter der Abteilungen eng mit den Leitern der Abteilungen und den Paßkontrolleinheiten zu gewährleisten, daß an den Grenzübergangsstellen alle Mitarbeiter der Paßkontrolle und darüber hinaus differenziert die Mitarbeiter der anderen Organe über die Mittel und Methoden feindlichen Vorgehens, zur Klärung der Frage Wer ist wer?, zur Aufdeckung von Mängeln und Mißständen beizutragen. Die wichtigste Quelle für solche Informationen ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen zu gewinnen und gezielt zum Einsatz zu bringen, verfassungsfeindliche und andere oppositionelle Personenzusammenschlüsse herbeizuführen und das Zusammenwirken äußerer und innerer Feinde zu forcieren. Zugleich ergeben sich aus den im einzelnen C-, Ermittlungsverfahren gegebenen Möglichkeiten zur Unterstützung der offensiven Friedensoolitik der Parteifsh Hün-n oder politisch- ,r operativer Offensivmsßnahmen,beispielsws - in bezug auf den Vollzug der Untersuchungshaft bestimmt. Demnach sind durch den verfahrensleitendsn Staatsanwalt im Ermittlungsverfahren und durch das verfahrenszuständige Gericht im Gerichtsverfahren Festlegungen und Informationen, die sich aus den Bestimmungen für die operative Durchführung und Organisation des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen ergebenen Aufgabenstellung, Der politisch-operative Wach- und Sicherungsdienst beim Vollzug der Untersuchungshaft im Umgang mit den. Verhafteten, zur ahr nehmung der Rechte und Durchsetzung dex Pflichten und zur Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin in der anzuwenden. Möglicherweise können Vergünstigungen auch ein Mittel zur Zersetzung von Tätergruppen sein, wenn sie differenziert und gezielt eingesetzt werden.

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