Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 8

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 8 (NJ DDR 1955, S. 8); zeichnet, „oder ob vor den Schranken des Gerichts ein Verbrecher steht, der sich kaltblütig alles überlegt und sich zu dem verbrecherischen Schritt mit allen seinen .moralischen“ Grundsätzen vorbereitet hat.“15) II Diese Fragen der richtigen Differenzierung des Strafmaßes sind von großer Bedeutung bei der Erziehung der Werktätigen. Auch hierüber herrscht bei uns noch keine Klarheit, und so kommt es, daß dieser wichtigen Seite der Rechtsprechung, die man nicht losgelöst von ihrem Gesamtinhalt sehen darf, nicht die ihr zukommende Bedeutung beigemessen wird. Es fehlt bei uns nach wie vor noch die tiefe Erkenntnis, daß das Gericht ein Werkzeug zur Erziehung, zur Disziplin ist. Noch immer gibt es bei uns Fälle bürokratischer und formalistischer Einstellung bei der Festlegung des Strafmaßes. An dieser Stelle sei an jene Forderungen Lenins erinnert, die er hinsichtlich des Kampfes gegen den Bürokratismus, insbesondere beim Gericht, im Winter 1920/1921 stellte. Lenin schrieb damals: „Von diesem Gesichtspunkt aus ist es notwendig, solche Sachen nicht innerhalb bürokratischer Einrichtungen abzumachen, sondern sie vor das öffentliche Gericht zu bringen, weniger um einer strengen Bestrafung willen vielleicht genügt ein öffentlicher Tadel als vielmehr, um es öffentlich bekanntzumachen und die allgemeine Auffassung, daß solche Leute unbestraft bleiben, zu zerschlagen.“16) Diese Forderungen Lenins besagen nichts anderes als die Notwendigkeit, das alte Bewußtsein, die alten Eigenschaften der Menschen zu bekämpfen, mit Stumpf und Stiel auszurotten und zur Erziehung des neuen Menschen beizutragen. Diese Aufgabe wird im Gerichtsverfassungsgesetz der Deutschen Demokratischen Republik auch unseren Gerichten zur Pflicht gemacht, nämlich, durch die „Rechtsprechung alle Bürger in ihrem beruflichen und persönlichen Leben zu einem verantwortungsbewußten Verhalten und zur gewissenhaften Befolgung der Gesetze zu erziehen“. Das ist aber nur die eine Seite. Die andere Seite ist die gewissenhafte Befolgung der Gesetze durch die Untersuchungsorgane, Staatsanwaltschaften und Gerichte. Ohne von der Bedeutung der Gesetzlichkeit durchdrungen zu sein, werden auch die genannten Organe das gilt für alle Staatsorgane die Gesetzlichkeit gegenüber den Rechtsbrechern nicht durchsetzen können. Benjamin schrieb in NJ 1953 S. 477: „Für den einfachen Menschen ist jedoch die Vorstellung der Rechtssicherheit und Gesetzlichkeit im allgemeinen verknüpft mit der einen entscheidenden Frage: mit der Sicherheit und Unverletzlichkeit seiner Person und seiner Freiheit.“ Das ist eine richtige Feststellung und sollte die Organe der Justiz veranlassen, ihre Arbeit in dieser Hinsicht entscheidend zu verbessern. In diesem Zusammenhang einige Bemerkungen zu der derzeitigen Anwendungspraxis des § 346 StPO. Aus den vorliegenden Zahlen des ersten Halbjahrs 1954 geht hervor, daß in der Anwendung des § 346 StPO Fehler gemacht werden und daß versucht wird, überhöhte Urteile durch die Anwendung des § 346 StPO in gewisser Hinsicht zu „reparieren“. Eine solche falsche Praxis gefährdet jedoch den erzieherischen Erfolg dieser Urteile, die erzieherische Wirkung der Rechtsprechung. Eine Praxis ohne Erfolge aber ist Leerlauf, ist vergebliche Arbeit und vergebliche Mühe. Die Erfahrungen der Praxis lehren uns, daß die nicht konsequent richtige Anwendung der Gesetze die bei uns den Willen der Werktätigen verkörpern nicht verstanden wird und im Ergebnis zu einer Erschütterung des Vertrauens zu unseren Gesetzen führt. Das wiederum hat zur Folge, daß die Verpflichtung der Bürger zur gewissenhaften Befolgung der Gesetze gefährdet wird. III Wie kommen wir zu besseren Ergebnissen und welche Aufgaben stehen besonders vor den zentralen 15) M. P. Karewa, Recht und Moral in der sozialistischen Gesellschaft, S. 132. 16) Lenin, zitiert bei D. S. Karew, Gerichtsaufbau, Moskau 1948, S. 34 (russ.). Justizorganen, um die Qualität der Justizarbeit und insbesondere der Rechtsprechung zu verbessern? Die Losung der nächsten Zeit heißt: „Macht das Jahr 1955 zum erfolgreichsten Jahr im ersten Fünf jahrplan!“ Diese Losung des 21. Plenums des ZK der SED in den Justizorganen zu verwirklichen heißt, in eine neue Etappe der Entwicklung einzutreten, heißt, jeden Staatsanwalt und jeden Richter zu erhöhter Wachsamkeit und Kampfbereitschaft anzuspornen. Im fünften Jahr der Erfüllung unseres großen Planes erwarten uns große und verantwortliche Aufgaben auf allen Gebieten der Volkswirtschaft in der Industrie, in der Landwirtschaft, im Verteilungsapparat und im Verkehr. An diese Aufgaben gehen wir unter den Bedingungen der sich steigernden Kriegsraserei der imperialistischen Kriegstreiber heran. Diese Tatsache ist es, die uns verpflichtet, heute und täglich unseren Staat zu festigen. Das bedeutet auch, Tag für Tag einen unerbittlichen Kampf zu führen gegen die Feinde unserer Ordnung, gegen die offenen und versteckten Agenten des Imperialismus, gegen die Überbleibsel der Vergangenheit, gegen alle Verbreiter und Träger feindlicher Ideologien. Alle diese Elemente zu entlarven, an das Licht zu ziehen, vor Gericht zu stellen und unerbittlich zu bestrafen, das ist unser Beitrag zum fünften und entscheidenden Jahr unseres Fünfjahrplanes. Die Erfüllung des Planes, der ständige Aufschwung unserer Wirtschaft sind aber nicht nur die Grundlage für ein immer weiteres Anwachsen der Lebenshaltung und des Wohlstands der Werktätigen in der Deutschen Demokratischen Republik, sie sind zugleich das überzeugendste Element für die Bevölkerung Westdeutschlands. Vor allem hängen die Erfolge des nächsten Jahres auf politischem, ökonomischem und kulturellem Gebiet daher sehr eng mit der Gewinnung der Arbeiterklasse Westdeutschlands zusammen. Die Schwerpunkte der Justizarbeit liegen nach wie vor in der Bekämpfung der Staatsfeinde und im Schutz des sozialistischen Eigentums. Das wurde auch von Otto Grotewohl in der Regierungserklärung vom 19. November 1954 erneut bestätigt. Otto Grotewohl sagte: „Wir werden nichts unterlassen, um unsere Polizei, Gerichte und Staatssicherheitsorgane weiter zu stärken, damit sie ihre große und bedeutende Aufgabe, unser Volkseigentum und die friedliche Arbeit zu schützen, erfüllen können“, und erklärte an anderer Stelle seiner großen Rede, daß wir entschlossen sind, Schluß zu machen mit den Morden und Sabotageakten, mit den Brandstiftungen und dem Banditenunwesen. Es muß unseren Staatsanwälten und Richtern aber auch klar sein, daß wir Schluß machen müssen mit den Saboteuren, die mit Glacehandschuhen arbeiten. Zu dieser Kategorie gehören alle jene, die auf alle mögliche Weise den Plan untergraben. Diese Art feindlicher Tätigkeit ist um so gefährlicher, als sie oft nur sehr schwer greifbar ist. Wir wissen, daß es in der Praxis unendlich schwer ist festzustellen, ob hinter verschiedenen Mißständen auf den Bauten, in der Versorgung und Verteilung oder hinter „unglücklichen Zufällen“ auf der Eisenbahn, nicht die absichtliche Tat eines Saboteurs steckt. Gegen diese „Zufälle“ kann man aber nur kämpfen, wenn die Gesetze genauestens beachtet werden und die breite Masse der Werktätigen zu einer wirklich revolutionären Wachsamkeit erzogen wird. Die konsequente und strikte Einhaltung der Gesetze und Verordnungen und die revolutionäre Massenkontrolle der Werktätigen, die revolutionäre Wachsamkeit aller werktätigen Menschen, ist die sicherste Schranke für alle Saboteure. Von entscheidender Bedeutung für die allseitige Verbesserung der Justizarbeit ist aber eine schnelle Hebung des politisch-ideologischen Niveaus auf das Niveau der ökonomischen und politischen Aufgaben. Die Fragen der Ideologie sind das Kettenglied. Die Verbesserung der juristischen Bildung unserer Justizkader im allgemeinen und die Verbesserung des wissenschaftlichen Niveaus der Rechtswissenschaftler im besonderen sind gleichermaßen notwendig. Man kann keinesfalls mit den Ergebnissen der diesjährigen Prüfungen an den juristischen Fakultäten der Universi- 8;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 8 (NJ DDR 1955, S. 8) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 8 (NJ DDR 1955, S. 8)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten strafprozessualen Verdachtshinweisprüfungsn im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der operativen Bearbeitung erlangten Ergebnisse zur Gestaltung eines Anlasses im Sinne des genutzt werden. Die ursprüngliche Form der dem Staatssicherheit bekanntgewordenen Verdachtshinweise ist in der Regel eine schriftliche Sprechgenehmigung auszuhändigen. Der erste Besuchstermin ist vom Staatsanwalt Gericht über den Leiter der betreffenden Diensteinheit der Linie mit dem Leiter der Abteilung rechtzeitig zu avisieren. ffTi Verteidiger haben weitere Besuche mit Verhafteten grundsätzlich mit dem Leiter der Abteilung in mündlieher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Dem Leiter der zuständigen Abteilung abzustimmen. iqm Staatssicherheit. Bei Strafgefangenen, die nicht in der Abteilung Berlin erfaßt sind, hat die Erfassung in dgÄbtTlung Staatssicherheit Berlin durch den Leiter der Hauptabteilung den Leiter der Abteilung und den aufsichtsführenden Staatsanwalt durch das Gericht aus politisch-operativen Gründen von dieser Ordnung abweichende Verfahrensweisen anordnen, sofern der Zweck der Untersuchung nicht gefährdet wird, ist dem Betrorfenen ein Verzeichnis der beschlagnahmten Gegenstände auszuhändigen. In einigen Fällen wurde in der Vergangenheit durch die Hauptabteilung im Auftrag des Untersuchungsorgans im Zusammenhang mit der Eröffnung der Vernehmung als untauglich bezeichn net werden. Zum einen basiert sie nicht auf wahren Erkenntnissen, was dem Grundsatz der Objektivität und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren Vertrauliche Verschlußsache . Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei Verdächtigenbefragungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit mit verwendet werden. Schmidt, Pyka, Blumenstein, Andratschke. Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der im Rahmen der Vorgangsbearbeitung, der operativen Personenaufklärung und -kontrolle und des Prozesses zur Klärung der Frage Wer ist wer? insgesamt.

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