Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 746

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 746 (NJ DDR 1955, S. 746); chen mit einer Hingabe zu behandeln, die einer besseren Sache würdig gewesen wäre. Die Verbrechen der Freiheitsberaubung und der Nötigung kommen nur selten vor, und ich kann mich nicht erinnern, in meiner neunjährigen Praxis als Amts- und Staatsanwalt auch nur einmal einen Fall von Menschenraub gehabt zu haben. Überhaupt ist es nach meiner Ansicht unbedacht, mit den Fernstudenten die gesamte Kasuistik des alten StGB neu abzuhandeln. Im Strafrechtsseminar in der Außenstelle wurde eifrig darüber diskutiert, ob ein umschlossener Raum im Sinne des § 243 StGB zwei- oder dreidimensional umschlossen sein muß usw. Das ist reiner Sophismus. Solche Fragen, begonnen bei der Strafbarkeit eines Diebstahls des Inhalts einer außerhalb eines umschlossenen Raumes erbrochenen Geldkassette bis zum richtigen Schlüssel, der in der falschen Hand durch juristische Erkenntnis zum falschen Schlüssel wird Fragen also, die in der täglichen Praxis der Gerichte überhaupt keine Rolle spielen , heute noch aufzuwerfen, ist sinnlos. Deshalb kann z. B. bei der Behandlung des besonderen Teils des StGB manches gekürzt werden. Das gleiche wird auch für andere Fächer zutreffen. Eine Orientierung auf die Kernfragen in allen Fächern schafft die Möglichkeit, die aufzuwendende Studienzeit so zu planen, daß sie auch eingehalten wird. Dem Lehrmaterial für das Fernstudium kann man folgendes entnehmen : „Das entscheidende Kettenglied, um unsere wissenschaftliche Arbeit zu verbessern, ist die Überwindung der Buchstabengelehrtheit und des Dogmatismus. Unser Unterricht muß sich stärker auf die Probleme in der Praxis konzentrieren “ 3) . 2. Aber auch von der qualitativen Seite her muß sich einiges ändern. Zunächst muß durch einige Maßnahmen die Ansicht ausgeräumt werden, es gebe auf der Akademie „zwei Sorten von Studenten“, wobei die Fernstudenten die Benachteiligten sein können. Die Vorteile, die das Direktstudium aufweist, müssen doch beim Fernstudium dadurch ausgeglichen werden, daß von den besten wissenschaftlichen Kräften der Akademie der bestausgewählte Lehrstoff, besonders auf den Unterrichtstagungen, dargeboten wird. Bei der Unterrichtstagung im März 1955 schien es, besonders auf Grund der vorzüglichen Vorlesungen des Dozenten Unger, als wenn dieser Gesichtspunkt Geltung erhalten sollte. Jedoch stellte sich das Gegenteil schon auf jener Tagung und auf der letzten im Oktober 1955 heraus. Die Vorlesungen im Strafrecht, besonders aber in Politischer Ökonomie, hielten nicht das, was in dem schon zitierten Lehrheft von S c h i p p e 1 gefordert und angekündigt worden war: „Mit einer trockenen, vom Leben losgelösten Darstellung der Politischen Ökonomie befähigen wir unsere Menschen nicht, in der Praxis ihren Mann zu stehen und die Welt zu verändern. Mit einer trockenen Darstellung locken wir nicht einmal einen Hund hinter dem Ofen hervor, viel weniger begeistern wir unsere Menschen, große Taten für den Aufbau des Sozialismus zu vollbringen. Un-seiy Lehrarbeit hat aber nur dann einen Sinn, wenn sie diese Aufgabe erfüllt.“ 4) Die Vorlesungen in Politischer Ökonomie waren, ohne daß damit ihr wissenschaftliches Niveau bestritten werden soll, trocken und begeisterten die Hörer nicht; sie waren auch nicht auf die ausschließlich aus Juristen bestehenden Hörer abgestimmt. Auf der Oktobertagung zeigte sich im Seminar Verwaltungsrecht, daß der Seminärleiter nicht in der Lage s) Der IV. Parteitag über den Kampf um die Verwirklichung des ökonomischen Grundgesetzes des Sozialismus in der DDR und die Aufgaben in Industrie, Landwirtschaft und Handel Lehrmaterial für das Fernstudium Vortrag des Dekans der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Günter Schippel vor Lehrern und Studenten der Deutschen Akademie für Staatsund Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ VEB Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954, S. 43. ) a. a. O. S. 44 (Sperrung im Zitat von mir. H. H.). war, kristallklar darzulegen, wann denn nun ein Verwaltungsakt anfechtbar und wann nichtig ist. Es wurde ein Fall einer Schlachtgenehmigung behandelt, die von dem ausstellenden Verwaltungsangestellten mit einem offensichtlich gesetzwidrigem Zusatz, jedoch sonst ordnungsgemäß, erteilt wurde. Ist das Ganze nun ein anfechtbarer Verwaltungsakt? Dagegen sprach die Tatsache, daß dein Betroffenen auch ohne Beschwerde für den Fall der Nichtbeachtung des gesetzwidrigen Passus keinerlei Maßnahmen drohen konnten. Gegen die Nichtigkeit sprach der dem Gesetz durchaus entsprechende Teil des Verwaltungsaktes, durch den die Schlachtgenehmigung erteilt wurde. Die von einem Seminarteilnehmer dargelegte Ansicht, der Verwaltungsakt sei nur in bezug auf den offensichtlich gesetzwidrigen Passus also teilweise nichtig, lehnte der Seminarleiter ohne überzeugende Begründung ab, obwohl dieser Weg zu einer befriedigenden Lösung führte. Bei der Behandlung der Allgemeinen Aufsicht der Staatsanwaltschaft gab es erhebliche Verwirrungen, weil die in der Praxis geltenden Dienstvorschriften der Staatsanwaltschaft für die Ausübung der Allgemeinen Aufsicht nicht der Lehrmeinung der Akademie entsprachen. Diese Hinweise mögen genügen, um die Forderung nach Auswahl der besten Lehrkräfte für die Fernstudenten verständlich zu machen. Dasselbe gilt nicht zuletzt für die von der Akademie eingesetzten Gastdozenten in den Außenstellen. 3. Die größere Berücksichtigung der Erkenntnis: „Lieber weniger aber besser“, würde den Fernstudenten ermutigen, auch seinerseits dem Zeitproblem energisch zu Leibe zu gehen. Natürlich besteht auch dann nach wie vor eine starke Belastung durch die fachliche und massenpolitische Arbeit des Richters und Staatsanwalts. Dabei muß die Frage geprüft werden, ob es unter diesen Voraussetzungen richtig ist, die Lehrgänge schon jetzt zu über 90 Prozent auf das reine Alleinstudium*) zu orientieren. Es muß einmal gründlich untersucht werden, ob es unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht erfolgversprechender ist, durch ein öfter eingeschobenes längeres Direktstudium die Leistungen zu erhöhen. Dieser Vorschlag läuft darauf hinaus, die Unterrichtstagungen auf 3 bis 4 Wochen zu verlängern. Bisher wird diese Lösung von dem Großteil der Fernstudenten abgelehnt, hauptsächlich aber wohl wegen der so unzulänglichen und oben kritisierten Verhältnisse an der Akademie. Die Personallage innerhalb der Justiz und der Staatsanwaltschaft ließe meiner Ansicht nach die Verwirklichung dieses Planes schon zu. Der Generalstaatsanwalt und das Ministerium der Justiz müssen damit allen Fernstudenten bewußt wird, daß sie in ihrem nicht leichten Studium nicht ohne Unterstützung sind die Organisierung der Hauptstudienzeit offiziell vornehmen. Die für die meisten Dienststellen zu treffende Lösung wäre ein tägliches Frühstudium von 7 bis 9 Uhr, evtl, im Winterhalbjahr von 7.30 bis 9.30 Uhr, zumindestens aber an 3 bis 4 Tagen in der Woche. Mit welcher Konsequenz das Studium dann durchgeführt werden muß, können wir alle von den Genossen der Volkspolizei lernen, die trotz ihrer mannigfaltigen Aufgaben beim Schutz der Republik stets Zeit zur Weiterbildung finden und die Schulungszeiten beharrlich einhalten. *) In unserem Sprachgebrauch nennen wir diese Methode des Studiums fälschlich immer „Selbststudium“. Über dieses Wort finden wir in der „Neuen Deutschen Literatur“ (1955. Heft 4. S 1691 folgende Glosse: „Daß einer, der Selbststudium treibt, sich selbst studiert, wird niemand behaupten wollen . Und wenn jemand studiert, so tut er es garantiert selbst, denn wer sollte es ihm abnehmen? 3 Was ist nun eigentlich gemeint? Alleinstudium, nichts weiter als Alleinstudium!“ Das Wort „Selbststudium“ sollte deshalb künftig aus unserem Wortschatz verbannt und durch „Alleinstudium“ oder „individuelles Studium“ ersetzt werden. Die Redaktion dßeadtten Sie bitte unseren cHinweis auf Seite 770u dieses JCeftes 746;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter müssen besser dazu befähigt werden, die sich aus der Gesamtaufgabenstellung ergebenden politisch-operativen Aufgaben für den eigenen Verantwortungsbereich konkret zu erkennen und zu verhindern. Er gewährleistet gleichzeitig die ständige Beobachtung der verhafteten Person, hält deren psychische und andere Reaktionen stets unter Kontrolle und hat bei Erfordernis durch reaktionsschnelles,operatives Handeln die ordnungsgemäße Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit nach-kommen. Es sind konsequent die gegebenen Möglichkeiten auszuschöpfen, wenn Anzeichen vorliegen, daß erteilten Auflagen nicht Folge geleistet wird. Es ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren durch das Gericht erteilt. Das erfolgt auf der Grundlage von Konsularvertrg auch nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wird unter Beachtung der Ziele der Untersuchungshaft und auch der möglichst vollständigen Unterbindung von Gefahren und Störungen, die von den, Verhafteten ausoehen. Auf diese. eise ist ein hoher Grad der und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt und im Bereich der Untersuchungsabteilung. Zu einigen Fragen der Zusnroenarbeit bei der Gewährleistung der Rechtg der Verhafteten auf Besuche oder postalische Verbindungen. Die Zusammenare? zwischen den Abteilungen und die sich in der Praxis herausgebildet haben und durch die neuen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen nicht erfaßt worden, exakt zu fixieren. Alle Leiter der Abteilungen der Linie der Dezernate und des Untersuchungsorgans der Zollverwaltung teilnahmen. Ausgehend davon wurden von den Leitern der beteiligten Organe auf Bezirksebene die Schwerpunkte ihres Zusammenwirkens klarer bestimmt und die sich daraus ergebenden individuellen Einsatzrichtungen der und zu realisieren, der Qualität der übergebenen und GMS. In Systemen sind entsprechend Befehlen und Weisungen nur überprüfte und für die Zusammenarbeit mit nachweislich geeignete und zu übergeben. Anzahl und Zusammensetzung der in Systemen arbeitenden und sowie die Nutzung von К КѴ sind individuell festzulegen.

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