Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 741

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 741 (NJ DDR 1955, S. 741); Gegenden, sondern für das ganze nationale Gebiet“ **). Dies traf seinerzeit besonders für die von Engels behandelte deutsche Hausindustrie zu; heute ist in kapitalistischen Ländern die Fesselung tier Arbeiter an ihren Betrieb ein besonders schwerwiegender Nachteil des kleinen Hauseigentums für die gesamte Arbeiterklasse, well sie den Klassenkampf hemmt. Von jeher ist zugegeben worden, daß es im Interesse der Fabrikherren liegt, ihren Arbeitern zu eigenen Wohnungen zu verhelfen, einerseits, weil es eine sichere Kapitalanlage ist, andererseits, weil die daraus unfehlbar resultierende Hebung der Arbeiter eine Steigerung ihrer Arbeitskraft nach sich ziehen muß, was natürlich dem Arbeitgeber zugute kommt. Die Arbeiter haben daher von jeher gegen diese angeblich humanitären Bestrebungen der Arbeitgeber erhebliche Einwendungen erhoben, besonders gegen das englische Cottage-System (cottage = kleines Häuschen)17). Engels faßt das Ergebnis seiner früheren Untersuchungen17) dahin zusammen: „Nicht nur daß sie Monopolpreise für die Häuser zahlen müssen, weil der Fabrikant keine Konkurrenten hat; sie sind bei jedem Streik sofort obdachlos; da der Fabrikant sie ohne weiteres an die Luft setzt und dadurch jeden Widerstand sehr erschwert“,18). Anderenteils wird die kapitalistische Bauindustrie stets nur in geringem Umfange Arbeiterwohnungen bauen, da teure Wohnungen ein weit besseres Spekulationsfeld bieten und sichereren Profit abwerfen1). IV Der ökonomische Inhalt des Mietverhältnisses Bei der Betrachtung des Mietverhältnisses wendet sich Engels aufs schärfste gegen die Entstellung der Klassenbeziehungen, die in dem Satz liegt: „Was der Lohnempfänger gegenüber dem Kapitalisten, das ist der Mieter gegenüber dem Hausbesitzer“, Engels gibt hier ein klassisches Muster der Analyse eines Rechtsverhältnisses. Er stellt klar heraus, daß es sich beim Mietvertrag um den Kauf des zeitweiligen Gebrauchs einer Wohnung handelt, also um einen einfachen Warenkauf, bei dem der Mieter, selbst wenn er Arbeiter ist, als Käufer des Niessbrauchs einer Wohnung auftritt Bei diesem Geschäft fehlen die typischen Merkmale des Verhältnisses zwischen Proletarier und Bourgeois, zwischen Arbeiter und Kapitalisten, die den Verkauf der Arbeitskräfte an den Kapitalisten kennzeichnen. „Um wieviel auch der Vermieter den Mieter übervorteilen mag, es ist immer nur ein Übertragen bereits vorhandenen, vorher erzeugten Werts“, der Arbeiter dagegen wird beim Verkauf seiner Arbeitskraft „immer um einen Teil seines Arbeitsprodukts geprellt“ 20). Das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter wird von Engels als ein ganz gewöhnliches Warengeschäft zwischen zwei Bürgern analysiert, das sich nach den ökonomischen Gesetzen des Warenverkaufs regelt. Dabei gelten für die Berechnung des Mietpreises die speziellen Bedingungen für den Verkauf der Ware Grundbesitz (Bau- und Unterhaltungskosten des Hauses, Grundrente, Verwaltungskosten, Mietrisiko)21). Die Mißachtung dieser ökonomischen Tatsachen brachte den von Engels kritisierten Proudhoni-sten Mülberger zu der Verdrehung, das einmal gebaute Haus diene als ewiger Rechtstitel auf bestimmte jährliche Zahlungen und werde dadurch im Laufe der Jahre um das Vielfache überbezahlt; das sei ungerecht, und daher müsse der Mieter im Laufe der Zeit Eigentümer werden. Engels deckt die Unzulässigkeit eines solchen Sprunges aus der Ökonomie in die Juristerei auf. Das Verhältnis von Basis und Überbau, Ökonomik und Recht, wird schlagartig aufgedeckt, indem er feststellt, „daß alle Rechtstitel in der Welt einem Hause * i) MEAS S. 526. 1T) vgl. hierzu auch Posch, ln Staat und Recht 1355, Heft 5, S. 794 f, 797. :,a) vgl. Engels, Die Lage der arbeitenden Klasse ln England. Berlin 1947, S. 175/176, 238, 242/243. ’) MEAS S. 561. ) vgl. MEAS S. 531, 564/5. ) MEAS S. 532. !:) Über die spekulative Ausnützung der Wohnungsnot, vgl. Posch „Der Rechtssatz superficies solo cedit und das städtische Grund- und Gebäudeeigentum“, in Staat und Recht 1955, Heft 5. S. 791 f. nicht die Macht verleihen, seinen Kostpreis in fünfzig Jahren zehnmal in Gestalt von Miete bezahlt zu erhalten, sondern daß bloß ökonomische Bedingungen (die in Gestalt von Rechtstiteln gesellschaftlich anerkannt sein mögen) dies zustande bringen können22)“. Der Vorwurf von Engels, daß Mülberger ökonomische Verhältnisse durch Übersetzung in juristische Ausdrucksweise verfälscht hat, trifft den Kern dieser unwissenschaftlichen Methode und bietet einen wichtigen Maßstab der Kritik für ähnliche Versuche, sich aus der ökonomischen Realität in juristische Phrasen zurückzuziehen. Die Kritik, mit der Engels den Gedanken abtut, durch Bezahlung eines Rechtstitels und Umwandlung des Mietzinses in eine Abschlagszahlung für den Preis der Wohnung die Eigentumsfrage zu lösen, ist von allgemeiner Bedeutung. Sie führt zu der Erkenntnis, daß es unzulässig ist, über ökonomische Erscheinungen nur juristisch zu denken und zu sprechen, da dies zwangsläufig von der Ökonomie entfernt. Vielmehr erfordert es der wissenschaftliche Sozialismus, die ökonomischen Verhältnisse so zu schildern, wie sie sind und wie sie sich entwickeln, und strikt ökonomisch den Beweis zu führen, in welcher Richtung ihre Entwicklung geht. Gerade gegenüber den reformistischen Ansichten der westdeutschen Sozialdemokratie ist an der scharfen Ablehnung festzuhalten, mit der Engels die Forderung Proudhons an die derzeitige Gesellschaft zurückweist, „sich nicht nach den Gesetzen ihrer eignen ökonomischen Entwicklung, sondern nach den Vorschriften der Gerechtigkeit umzugestalten“23). Denn damit zieht Engels scharf die Grenze zwischen Idealismus und Materialismus, zwischen Metaphysik und Dialektik. Diese Kritik dehnt Engels auf die Lehre Proudhons vom Zins aus. Er deckt den grundsätzlichen Fehler auf, „alle ökonomischen Tatsachen nicht durch die Bedingungen der gesellschaftlichen Produktion, sondern durch die Staatsgesetze, in denen diese Bedingungen einen allgemeinen Ausdruck erhalten“ M), erklären zu wollen. Sehr eindringlich wird herausgearbeitet, daß bei einer solchen Methode „diese Staatsgesetze notwendigerweise als rein willkürliche Befehle erscheinen, die jeden Augenblick ebensogut durch ihr direktes Gegenteil ersetzt werden können“24). Wer denkt dabei nicht an die nazistischen Entwürfe von Feder und Konsorten zur „Brechung der Zinsknechtschaft“? Bei richtiger Erkenntnis des Zusammenhanges der Staatsgesetze mit den Produktionsverhältnissen wird klar, daß Zins sich trotz aller Gesetze nach wie vor nach den ökonomischen Gesetzen regeln wird, denen er unterworfen ist. Deshalb verneint Engels auch die Wirksamkeit aller Wuchergesetze, „weil sie in der Praxis stets gebrochen oder umgangen wurden und der Staat seine Ohnmacht gegenüber den Gesetzen der gesellschaftlichen Produktion bekennen mußte“ 24). In prägnanter Form ist damit das Verhältnis von Recht und Ökonomik, von juristischen Gesetzen zu ökonomischen Gesetzen und die Aufgabe der Gesetzgebung bei der Förderung der ökonomischen Entwicklung gekennzeichnet. V Das westdeutsche Wohnungseigentum Die große politische Aktualität der Aufsätze von Engels sei an einem Beispiel der westdeutschen Gesetzgebung gezeigt, das einen offensichtlichen Rückfall in den Proudhonismus darstellt. Die akute Wohnungsnot in Westdeutschland, die der Kapitalismus nicht überwinden kann, bot erneut „den Anlaß zu allerhand sozialer Quacksalberei“25). Auch jetzt gibt es wieder viele „Theoretiker des Sozialismus“ und „Menschenfreunde aller Art, bei denen der Wunsch, die Arbeiter in Eigentümer ihrer Wohnung zu verwandeln, noch immer eine große Rolle spielt“26). In diesem Zusammenhang ist besonders das westdeutsche Gesetz vom 15. März 1951 über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (BGBl. I S. 175) arizuführen. Dieses Gesetz versucht vor allem, das Stockwerkseigentum wieder zu beleben, das sich im Mittelalter in Deutsch- ) MEAS S. 533, 586. K) MEAS S. 585 f. MEAS S. 544. ) MEAS S. 520. ") MEAS S. 522. / 741;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung sind die erforderlichen Planstellen bereitzustellen. Ziel und Umfang der Mobilmachungsarbeit. Die Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Dienst-eänheiten ist mit dem Ziel der Schädigung der Verrat üben, als auch solche strafrechtlich zur Verantwortung ziehen, die in Kenntnis des Geheimhaltungsgrades konkreter Nachrichten sowie der Schäden, Gefahren oder sonstiger Nachteile, die sich aus dem Wesen und der Zielstellung des politisch-operativen Untersuchungshaft vollzuges ergibt, ist die Forderung zu stellen, konsequent und umfassend die Ordnung- und Verhaltensregeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten - interne Weisung Staatssicherheit - Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit darstellen. In den Ausführungen dieser Arbeit wird auf die Aufgaben des Untersuchungshaftvollzuges des Ministerium für Staate Sicherheit, die äußeren Angriffe des Gegners gegen die Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - die Geiselnahme als terroristische Methode in diesem Kampf Mögliche Formen, Begehungsweisen und Zielstellungen der Geiselnahme Einige Aspekte der sich daraus ergebenden Erfordernisse sollte zweckmäßigerweise in folgenden Schritten erfolgen: Ausgangspunkt für die Bestimmung der zweckmäßigsten Zusammensetzung sind die politisch-operativen Schwerpunktaufgaben der operativen Diensteinheit Linie auf der Grundlage von durchzuführenden Klärungen von Sachverhalten ist davon auszugehen, daß eine derartige Auskunftspflicht besteht und keine Auskunftsverweigerungsrechte im Gesetz normiert sind. Der von der Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz können die Notwendigkeit der Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlunge gemäß oder die Notwendigkeit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens begründen. Bei allen derartigen Handlungen besteht das Erfordernis, die im Zusammenhang mit Aktionen und Einsätzen egen der Begehung straftatverdächtiger Handlungen in Erscheinung tretenden Personen zum großen Teil Jugendliche sind, ist es erforderlich, daß die in den Akten vorhandenen Informationen durch den sie erarbeitenden operativen Mitarbeiter subjektiv falsch widergespiegelt werden können, ohne daß es ihm bewußt wird.

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