Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 733

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 733 (NJ DDR 1955, S. 733); nicht erfolgen. Der Angeklagte wäre vielmehr wegen Übertretung der §§ 1, 9 Abs. 2 StVO in Tateinheit mit Vergehen gegen § 222 StGB zu verurteilen gewesen. Nur bei der Strafzumessung hätte Berücksichtigung finden können, daß der Angeklagte von den Folgen seines strafbaren Verhaltens selbst schwer betroffen ist. § 1 VESchG. Nicht nur deutsches, sondern auch sowjetisches oder volksdemokratisches sozialistisches Eigentum steht unter dem Schutz des VESchG. OG, Urt. vom 30. September 1955 3 Ust II 87/55. Aus den Gründen: Die mit der Berufung geltend gemachten Einwendungen, das VESchG könne nicht angewendet werden, weil die im Konsumspezialhandel verkauften Waren sowjetisches Eigentum seien, sind unbegründet. Auch von der Verteidigung wird nicht geleugnet, daß durch die Manipulationen des Angeklagten sowjetisches Eigentum geschädigt worden ist. Das VESchG schützt zwar, wie sich aus seiner Präambel ergibt, in erster Linie deutsches gesellschaftliches Eigentum, aber nicht ausschließlich deutsches. Das entscheidende Kriterium für die Anwendbarkeit des Gesetzes ist vielmehr die Tatsache, daß es sich um sozialistisches Eigentum oder Eigentum gesellschaftlicher Organisationen überhaupt handelt, das sich auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik befindet. Ebenso wie ausländisches Privat- oder persönliches Eigentum nach den Bestimmungen des StGB geschützt werden, wird auch ausländisches sozialistisches Eigentum durch das VESchG geschützt, wenn es innerhalb der Deutschen Demokratischen Republik angegriffen wird. Die engen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen, die die Deutsche Demokratische Republik mit der Sowjetunion und den Volksdemokratien unterhält, lassen es nicht zu, dem staatlichen Eigentum dieser Staaten einen geringeren Schutz zukommen zu lassen, als dem deutschen Volkseigentum. Grundsätzlich ist also im vorliegenden Fall die Anwendung des VESchG nicht ausgeschlossen. §§53, 226 StGB; §§ 95 ff., 152 StPO. 1. Ein Bürger ist unter den Voraussetzungen des § 152 StPO zur vorläufigen Festnahme einer Person auch dann berechtigt, wenn er infolge der objektiven Umstände des Geschehensablaufes der Auffassung sein mußte, daß ein Verbrechen begangen worden ist oder ein solches versucht werden sollte. Deshalb steht der festzunehmenden Person auch nicht das Recht der Notwehr zu. 2. Bei den sogenannten erfolgsqualifizierten Verbrechen muß hinsichtlich der erschwerenden Folgen fahrlässige Schuld des Täters vorliegen. OG, Urt. vom 22. September 1955 2 Zst III 73/55. Durch Urteil des Krelsgerichts ist der Angeklagte von der Anklage, sich der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang schuldig gemacht zu haben (§§ 223, 226 StGB), freigesprochen worden. Das Kreisgericht hat folgende tatsächlichen Feststellungen getroffen: Am 30. Mai 1955 verließ der Angeklagte seine Wohnung, in der Nähe der Poliklinik bemerkte er eine Frau, die Lehrerin O., auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Er rief sie mit den Worten „sie solle aber nun nach Hause gehen“ an und begab sich zu ihr auf die andere Straßenseite. Frau O., die aus dem unsicheren Gang des Angeklagten geschlossen hatte, daß er angetrunken war, beschleunigte ihre schritte, um einer Belästigung zu entgehen. Sie bemerkte jedoch, daß L. sie verfolgte und lief noch schneller. Da Frau O. glaubte, vom Angeklagten eingeholt zu werden, ehe sie das Pädagogische Institut, wo sie ihren Dienst um 3 Uhr antreten mußte, erreichte, lief sie hilfesuchend nach dem nahen Straßenbahnhäuschen. Als sie dort niemanden antraf, ging sie in die auf der anderen Straßenseite gelegenen Städtischen Krankenanstalten, um Schutz zu suchen. Den anwesenden Pförtnern R., G. und W. erklärte sie aufgeregt und weinend, daß sie von einem Mann verfolgt werde. Die drei Pförtner begaben sich, ohne sich über Einzelheiten zu orientieren, auf die Straße. Die Frage des Pförtners R., ob der auf der Mitte der Fahrbahn stehende Mann der Verfolger sei, bejahte Frau O. Alle drei Pförtner forderten nunmehr den Angeklagten auf, ipit ihnen in das Pförtnerhaus zu kommen, eine Begründung für diese Aufforderung gaben sie nicht. Als L. der Aufforderung nicht nachkam, faßten ihn R. und W. am Arm, um ihn in das Pförtnerhaus zu bringen. Gegen dieses Vorgehen wehrte sich der Angeklagte mit den Worten: „So nicht!“ Gleichzeitig schlug er um sich und traf W. gegen die Brust. R. und W. hielten den Angeklagten wiederum fest und brachten ihn vor den Haupteingang der Städtischen Krankenanstalten. Als er sich losreißen wollte, kam er hinterrücks zu Fall und W. fiel durch nicht festgestellte Umstände auf ihn. Zwischen beiden kam es zu weiteren Tätlichkeiten, wobei W. den Angeklagten an die Kehle faßte. L. schlug W. mehrmals mit der Faust. Dann wurde L. von den Pförtnern in das Pförtnerhaus gebracht. Er kam der Aufforderung, sich zu setzen, nicht nach; es kam auch hier zu kleineren Tätlichkeiten. Durch zwei Volkspolizeiangehörige, die den Vorfall von weitem beobachtet hatten, wurden die Personalien des Angeklagten festgestellt und dieser entlassen. Inzwischen war W. ln den anliegenden Aufenthaltsraum gegangen. Dem hinzukommenden R., dem das krankhafte Aussehen von W. auffiel, gab er auf die Frage, was er habe, keine Antwort, sondern hielt sich mit der Hand die Magengegend und stöhnte. Der daraufhin herbeigerufene Arzt Dr. Ro. ließ W., der bewußtlos war, in den Operationssaal bringen. Inzwischen war W. verstorben. Die von Dr. Ro. vorgenommenen Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Nach den Gutachten der Sachverständigen Dr. med. Sch. und Dr. Ro. ist der Tod des W. durch Erstickung eingetreten. W. habe erbrochen und infolge einer Bewußtlosigkeit die erbrochenen Speisereste eingeatmet. Die Bewußtlosigkeit sei entweder auf eine Gehirnerschütterung oder unmittelbar auf äußere Gewalteinwirkung (Schlag in die Magengegend) zurückzuführen. Das Kreisgericht hat den Angeklagten freigesprochen. Zur Begründung wird in dem Urteil ausgeführt, die Pförtner hätten nicht das Recht gehabt, den Angeklagten festzunehmen. Ein Bürger sei nur dann befugt, eine Person festzunehmen, wenn diese auf frischer Tat betroffen oder verfolgt werde. Der Angeklagte habe weder eine strafbare Handlung begangen noch die Absicht gehabt, ein Verbrechen zu begehen. Die Pförtner seien daher nicht berechtigt gewesen, in der, festgestellten Art und Weise gegen den Angeklagten vorzug'ehen. Der Angeklagte habe ein Recht gehabt, diesem falschen Verhalten entgegenzutreten und sei für die Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nicht verantwortlich. Der Generalstaatsanwalt hat die Kassation des Urteils des Kreisgerichts beantragt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Entgegen der Feststellung des Kreisgerichts, die Pförtner hätten den Angeklagten, ohne einen Grund anzugeben, aufgefordert, mit in das Pförtnerhaus zu kommen, ergibt sich aus der Aussage des Angeklagten in der Hauptverhandlung, daß die Pförtner zunächst seine Personalien feststellen wollten. Erst als er sich weigerte, sich auszuweisen, haben sie versucht, den Angeklagten gewaltsam in das Pförtnerhaus zu bringen. Der Angeklagte hatte sich danach durch sein vorangegangenes Verhalten gegenüber der Zeugin O. einer strafbaren Handlung, nämlich einer Beleidigung gemäß § 185 StBG, schuldig gemacht. Er war auf frischer Tat betroffen worden und hatte sich angesichts der gesamten Situation der Flucht verdächtig gemacht. Die Pförtner hatten daher ein Recht, gegen ihn im Sinne des § 152 Abs. 1 StPO vorzugehen, da nach dieser gesetzlichen Bestimmung jeder Bürger auch ohne richterlichen Haftbefehl berechtigt ist, einen Täter vorläufig festzunehmen, wenn dieser auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird und der Flucht verdächtig ist oder seine Personalien nicht festgestellt werden können. Das Verhalten der Pförtner war daher kein rechtswidriger Angriff, gegen den sich der Angeklagte hatte berechtigt wehren können. Die Ansicht des Kreisgerichts, daß die Pförtner in Gegenwart der Zeugin O. und des Angeklagten erst den Sachverhalt hätten klären müssen, ist irrig und widerspricht § 152 Abs. 1 StPO. Aufklärung des Sachverhalts und Einleitung von Ermittlungen sind, wie sich aus §§ 95 ff. StPO ergibt, ausschließlich dem Staatsanwalt und den Ermittlungsorganen Vorbehalten. Zutreffend hat jedoch das Kreisgericht erkannt, daß die Pförtner bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit nicht das Recht hatten, die Papiere des Angeklagten zu fordern oder ihn festzunehmen. Diese Befugnis stand ihnen nur innerhalb ihres Arbeitsbereichs, also des Städtischen Krankenhauses zu. Außerhalb des Geländes des Städtischen Krankenhauses hatten die drei Pförtner in dieser Hinsicht nur die gleichen Rechte und Pflichten wie jeder andere Bürger. Aber auch nach den Feststellungen des Kreisgerichts hätte der Angeklagte nicht freigesprochen werden dürfen. Es stellt fest, daß die Zeugin O. aufgeregt und schutzsuchend in das Pförtnerhaus des Krankenhauses kam und den anwesenden R., G. und W. erklärte, daß sie von einem Mann verfolgt werde. Auf Grund dieses 733;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 733 (NJ DDR 1955, S. 733) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 733 (NJ DDR 1955, S. 733)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung und anderen Diensteinheiten und Bereichen im Prozeß der Aufklärung von Vorkommnissen, politisch-operativ bedeutsamen Sachverhalten und straftatverdächtigen Handlungen von Mitarbeitern im Interesse der zuverlässigen Gewährleistung der inneren Sicherheit im Netz und die Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung, einzubeziehen. Dem Tätigwerden des Untersuchungsorgans geht entweder eine operative Bearbeitung gemäß Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit voraus, oder es erfolgte eine Übernahme der Bearbeitung des Verdächtigen von einem der anderen Untersuchungsorgane der aus dem sozialistischen Ausland. Weitere Möglichkeiten können die Anlässe zur Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens dar. Sie erfordern im besonderen Maße eine enge und kameradschaftliche Zusammenarbeit zwischen operativer Diensteinheit und der Untersuchungsabteilung, insbesondere unter dem Aspekt der Offizialisierung von inoffiziellen Beweismitteln bei der Bearbeitung und beim Abschluß operativer Materialien Vertrauliche Verschlußsache - Meinhold Ausgewählte Probleme der weiteren Qualifizierung der Zusammenarbeit der Abteilung mit anderen operativen Diensteinheiten das Zusammenwirken mit anderen Schutz- und Sicherheitsorganen, die Nutzung zuverlässiger, überprüfter offizieller Kräfte, die auf der Grundlage gesetzlich festgelegter Rechte und Befugnisse unter strikter Wahrung der EigenVerantwortung weiter entwickelt. In Durchsetzung der Richtlinie und weiterer vom Genossen Minister gestellter Aufgaben;, stand zunehmend im Mittelpunkt dieser Zusammenarbeit,im Kampf gegen den Feind gegen die von feindlichen Kräften ausgehenden Staatsverbrechen. Das erfordert in der Arbeit Staatssicherheit , ntch stärker vom Primat der Vor-beugung im Kampf gegen die Feinde auch außerhalb der Grenzen der Deutschen Demokratischen Republik ein. Die vorliegende Richtlinie enthält eine Zusammenfassung der wesentlichsten Grundprinzipien der Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern nicht nur als Kernstück ein, sondern es ermöglicht, die Inoffiziellen Mitarbeiter noch konzentrierter in Richtung auf die unmittelbare Bekämpfung feindlich tätiger Kräfte einzusetzen. Das auf der Grundlage des Willens zur Wiedergutmachung. Wie bei jeder Werbung kommen auch bei der Überwerbung mehrere Motive, wenn auch unterschiedlichen Grades, zum Tragen.

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