Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 73

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 73 (NJ DDR 1955, S. 73); Zweifellos ist ein Taschendiebstahl in der Straßenbahn kein Delikt, das wie es in der Einleitung zur Verordnung heißt „infolge seiner Kompliziertheit und Vielfältigkeit eine besondere Sachkenntnis der Richter erfordert“. Solche Fälle sind auch kaum vor den Verkehrsgerichten angeklagt und verhandelt worden. Unrichtigerweise hat jedoch die Kammer für Verkehrssachen in Magdeburg es abgelehnt, ein Strafverfahren durchzuführen, weil nach ihrer Meinung eine Strafsache nur dann „verkehrstypisch“ sei, wenn sich die gleiche Handlung am gleichen Ort und unter den gleichen Umständen wiederhole. Im konkreten Fall war die Eisenbahn in eine Schafherde gefahren, wodurch 62 Schafe getötet wurden. Gerade ein solches Vorkommnis, daß die Eisenbahn Menschen, Tiere jeder Art oder Gegenstände überfährt, ist einer der typischen Verkehrsunfälle. Die Entscheidung der Kammer widerspricht geradezu dem Sinn und Zweck der Verordnung, der darin besteht, durch d:e einheitliche und qualifizierte Rechtsprechung auf dem Gebiete der Verkehrssachen erzieherisch zu wirken und Wiederholungen vorzubeugen. Dagegen kann, wie die Kammer inzwischen eingesehen hat, die Wiederholung eines Verbrechens noch dazu unter gleichen Umständen und am gleichen Ort! kein Maßstab dafür sein, ob eine Handlung „verkehrstypisch“ ist oder nicht. Überdies verstößt jedoch die Ablehnung der Magdeburger Kammer gegen das Gesetz, denn die sachliche Zuständigkeit der Kammer für Verkehrssachen wird allein schon dadurch begründet, daß der Staatsanwalt dort anklagt (§ 6 Abs. 2 der VO). Wenn wir davon ausgehen, daß die Verordnung den Zweck verfolgt, die Verkehrseinrichtungen selbst vor all den Angriffen zu schützen, die den reibungslosen Verkehr beeinflussen können, und den weiteren Zweck, die dem Verkehr anvertrauten Sachen gegen Angriffe zu schützen, so ergibt sich daraus, daß es für die Begründung der Zuständigkeit der Kammern oder Senate für Verkehrssachen im allgemeinen nicht ausreicht festzustellen, daß eine Verkehrseinrichtung Tatort gewesen ist. Ebensowenig wie der bereits erwähnte Taschendiebstahl in der Straßenhahn, in der Eisenbahn oder im Omnibus sind somit z. B. „verkehrstypisch“: Schlägereien in einer Verkehrseinrichtung (soweit nicht dadurch eine Störung des Verkehrs ein-tritt), Verstöße gegen das Handelsschutzgesetz oder gegen die Bestimmungen des innerdeutschen Zahlungsverkehrs, die in einem Verkehrsmittel begangen werden. Die Lösung der Frage: „verkehrstypisch oder nicht?“ wird sich in der Regel finden lassen, wenn wir von folgendem Grundsatz ausgehen: Strafsachen im Sinne des § 6 Abs. 1 Buchst, a. der VO, d. h. „verkehrstypisch“, sind in der Regel nur solche, die wesentlich mit der Technik des Verkehrs Zusammenhängen. Nicht „verkehrstypisch“ sind dagegen solche Strafsachen, die im wesentlichen mit der Wirtschaftsfunktion des Verkehrs in Verbindung stehen. Damit ist Klarheit darüber geschaffen, daß z. B. Unterschlagungen von Nachlöse- oder Strafgeldern, die durch einen Schaffner erhoben werden, Verschiebungen von Waren nach dem Westen durch Transportunternehmen, Nichtzahlung von Fahrgeldern in öffentlichen Verkehrsmitteln und ähnliche Delikte nicht von den Kammern und Senaten für Verkehrssachen zu entscheiden sind. II Es hat sich gezeigt, daß die weitaus überwiegende Zahl aller vor den Verkehrsgerichten zur Verhandlung kommenden Sachen Unfälle im Kraftverkehr sind. Dabei ist verschiedentlich die Frage aufgetaucht, in welcher Beziehung die Verletzung der Bestimmungen des Strafgesetzbuchs (fahrlässige Tötung, fahrlässige Körperverletzung) zu Verletzungen der Straßenverkehrsordnung steht. Es erscheint richtig, in diesen Fällen Idealkonkurrenz zwischen beiden verletzten Gesetzen anzunehmen. In Leipzig wurde bei einer Richterdienstbesprechung die Auffassung vertreten, daß man, um eine überflüssige Häufung in der Anführung verletzter Gesetzesbestimmungen zu vermeiden, gegenüber einem schweren Körperverletzungs- oder Tötungsdelikt nicht noch die Verletzung der Straßenverkehrsordnung anführen solle. Diese Auffassung ist aber unrichtig, denn um die Gesellschaftsgefährlichkeit einer solchen Körperverletzung oder Tötung richtig zu charakterisieren, ist es gerade notwendig, auch den Zusammenhang der Folgen mit der Verletzung der Straßenverkehrsvorschriften im Urteilstenor hervorzuheben. Dem kommt auch praktische Bedeutung zu. da im Strafregister die gesetzlichen Bestimmungen, wegen derer die Verurteilung erfolgt ist, enthalten sind, und damit von vornherein die richtige Beurteilung wiederholt begangener Verkehrsdelikte ermöglicht wird. Andererseits ist es nicht richtig, fahrlässige Körperverletzung und Fahrerflucht in Tateinheit zu bestrafen. Bei Fahrerflucht handelt es sich immer um eine selbständige Handlung. Die Bestrafung muß demnach nach den Grundsätzen der Realkonkurrenz (§ 74 StGB) durch Bildung einer Gesamtstrafe erfolgen. Nicht immer erkennen die Richter der Verkehrsgerichte die große erzieherische Bedeutung der von ihnen ausgesprochenen Urteile. Dies kommt zum Beispiel zum Ausdruck in unklaren und für die am Prozeß Beteiligten oft unverständlichen Formulierungen in den Urteilsbegründungen, in regelmäßig wiederkehrenden Standardsätzen, in ungenügender Feststellung des tatsächlichen Geschehens, vor allem aber im Strafmaß. Einige Beispiele mögen verdeutlichen, wie wenig manche Verkehrsgerichte ihrer Aufgabe gerecht werden, zur Disziplin und Verantwortung im Verkehr zu erziehen, das Ansteigen der Verkehrsunfälle wirksam zu bekämpfen und alle Verkehrsteilnehmer zur Achtung vor dem Leben und der Gesundheit unserer Bürger anzuhalten. Die Kammer für Verkehrssachen in Gera verurteilte einen verantwortlichen Wirtschaftsfunktionär wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und Übertretung der Straßenverkehrsordnung entsprechend dem Antrag des Staatsanwalts zu 440 DM Geldstrafe an Stelle einer an sich verwirkten Gefängnisstrafe von zwei Monaten und drei Wochen. Der Angeklagte hatte mit seinem Motorrad einen anderen Motorradfahrer rechts überholt und war dann, ohne ein Richtungsänderungszeichen zu geben, in eine Seitenstraße nach links eingebogen. Der Überholte bremste so stark, daß er auf einen Steinhaufen auffuhr; der Fahrer verunglückte tödlich, während der Mitfahrer schwer verletzt wurde. Das gleiche Gericht verurteilte einen Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung, Fahrerflucht und Übertretung der Straßenverkehrsordnung antragsgemäß zu sieben Monaten Gefängnis und zum Ersatz des entstandenen Schadens. Dem Angeklagten war auf einem Schützenfest von seiner Beiwagenmaschine die Batterie gestohlen worden. Er fuhr ohne Licht im 40-Kilometer-Tempo nach Haus, riß einen Radfahrer um, schleifte ihn mit, und nachdem er sich davon überzeugt hatte, daß er einen Menschen umgefahren und verletzt hatte, fuhr er in hohem Tempo ohne Licht weiter und kümmerte sich nicht um den verletzten Radfahrer. Das Urteil stellt hier zwar das besonders Verwerfliche im Verhalten des Angeklagten richtig fest, das Strafmaß entspricht aber nicht den richtigen Urteilsfeststellungen. Das Kreisgericht in Bergen verurteilte einen Kraftfahrer, der ein Kind überfuhr, wegen fahrlässiger Tötung an Stelle einer an sich verwirkten Gefängnisstrafe von drei Monaten zu einer Geldstrafe von 270 DM. (Auf die falsche Anwendung des § 27b StGB sei nur nebenbei hingewiesen.) All diesen Richtern ist offenbar das Urteil des Obersten Gerichts nicht bekannt, das besagt, daß die Verantwortung für den Tod eines Menschen in der Regel nicht mit. einer Geldstrafe gesühnt werden kannII 2). Unrichtig ist auch eine weitere Entscheidung des Kreisgerichts Gera, das unter Freisprechung von der Anklage der fahrlässigen Körperverletzung einen Angeklagten nur wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung zu 150 DM Geldstrafe verurteilte. Der 2) NJ 1951 S. 184. 73;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 73 (NJ DDR 1955, S. 73) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 73 (NJ DDR 1955, S. 73)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

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