Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 717

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 717 (NJ DDR 1955, S. 717); rigkeiten und die unzulängliche Höhe seines Bürgermeister-Gehalts zu eigen machte! Weitere Entscheidungen des Stadtbezirksgerichts Köpenick führten selbst unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten, die das Vergleichen zweier Strafsachen macht zu der Feststellung, daß dem qualitativen Unterschied zwischen dem sozialistischen Eigentum und dem Privateigentum nicht Rechnung getragen wurde. So verurteilte das Gericht in der Strafsache II 88/55 einen Täter wegen Unterschlagung von 426 DM zum Nachteil des sozialistischen Eigentums gemäß § 246 StGB antragsgemäß zu vier Monaten Gefängnis, während es in der Sache K III 131/55 wegen Unterschlagung und Betruges in Höhe von 225 DM zum Nachteil von Privateigentum neun Monate Gefängnis auswarf. So lassen sich Beispiele an Beispiele reihen, die darüber Klarheit geben, daß noch nicht sorgfältig genug an die Behandlung von Volkseigentumssachen herangegangen wird, daß unsere Justizfunktionäre nicht stets und ständig sich ihrer Funktion im Staat der Arbeiter und Bauern bewußt sind, sich nicht in jeder Lage vor Augen halten, was unser Staat und unsere Arbeiterpartei von ihnen, die sie zu Staatsanwälten und Richtern machte, erwartet. Wenn z. B. ein Angestellter, der als AGL-Vorsitzender bereits abgewertete FDGB-Mar-ken in die Mitgliedsbücher klebt, dafür durch Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 90 DM belegt wird, so kann weder von wirksamem Schutz gesellschaftlichen Eigentums noch von erzieherischem Einwirken auf den Täter und seine Umwelt die Rede sein! Diese Erscheinung muß um so bedenklicher stimmen, als sie nicht lokaler Art ist Das beweisen einige Zahlen und Beispiele aus dem Bezirk Potsdam. So betragen z. B. die Einstellungen bei Angriffen gegen das sozialistische Eigentum 20 Prozent; in 25 Prozent der Fälle wurden Geldstrafen ausgeworfen, und die verhängten Gefängnisstrafen betragen schließlich 47 Prozent. Diese Zahlen lassen verständlich werden, daß im Kreis Oranienburg von 63 Fällen, in denen das sozialistische Eigentum angegriffen wurde, nur 4 nach dem VESchG bestraft wurden'. In Nauen fand das VESchG nur in einem Fall Anwendung, obwohl 53 Angriffe gegen das sozialistische Eigentum Vorlagen. Diese Proportionen können doch nicht stimmen, können doch nicht dem sich ständig zuspitzenden Klassenkampf Rechnung tragen. Über das Zustandekommen solcher Proportionen gibt jedoch das Verfahren K II 45/55 in Rathenow einigen Aufschluß. Der Verkaufsstellenleiter Ramlow, vom Staatsanwalt nach § 1 VESchG wegen Unterschlagung von 600 DM (in seiner Verkaufsstelle war eine Differenz von 5690 DM vorhanden) angeklagt, wurde entgegen dem Antrag des Staatsanwalts, ihn nach dem der Anklage zugrunde gelegten Gesetz zu einem Jahr Zuchthaus zu verurteilen, nach den allgemeinen Strafbestimmungen zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr verurteilt. Das bedeutet ganz Mar ein Zurückweichen des Richters vor der Anwendung des VESchG, obwohl er nach den allgemeinen Strafbestimmungen-eine Freiheitsstrafe auswirft, die der Höhe der angedrohten Mindeststrafe in dem VESchG entspricht. In den verschiedenen Bezirken, u. a. auch in Berlin, bilden Krankenscheinverfälschungen einen gewissen Schwerpunkt Trotzdem verurteilt das Stadtbezirksgericht Berlin-Köpenick die Täter zu so geringen Geldstrafen wie 150 DM oder gar nur zu 90 bzw. 50 DM. Staatsanwalt und Richter fanden sogar, daß es ausreiche, diese Bestrafung der Fälschungen durch Strafbefehl vorzunehmen! In dem Verfahren III 780/54 schließlich schädigte eine technische Zeichnerin durch laufende Fälschung des Krankenscheines das sozialistische Eigentum um etwa 287,80 DM. Die Gesellschaftsgefährlichkeit ist hier offensichtlich. Trotzdem erfolgte die Aufhebung des Haftbefehls, und die Vollstreckung wurde mit der Begründung nicht eingeleitet, seit der Verurteilung sei bereits längere Zeit vergangen. Der Staatsanwalt stellte sogar einen Antrag auf bedingte Strafaussetzung, den allerdings das Gericht mit vollem- Recht abgelehnt hat. Wenn aber mancherorts, wie z. B. eine Überprüfung des Stadtbezirksgerichts Berlin-Köpenick ergeben hat, Delikte gegen- Privateigentum konsequenter und energischer geahndet werden als Delikte, die sich gegen das sozialistische Eigentum richten, so muß zwangsläufig angenommen werden, daß die Einstellung der betreffenden Staatsanwälte und Richter zum Volkseigentum unklar ist, daß sie seine Rolle und Bedeutung noch nicht erkannt haben. Wie wenig der Stadtbezi-rksstaatsanwalt. von Köpenick sich allerdings seiner Funktion in. unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat bewußt ist, zeigt folgendes Intermezzo mit ihm: Es sei, so meinte er, in Köpenick eine höhere Bestrafung bei Angriffen gegen privates Eigentum zum Teil deshalb erfolgt, weil der „Täterpersönlichkeit“ Rechnung getragen würde. Die Täter, die sich an privatem Eigentum vergriffen hatten, wären sehr oft schon Vorbestrafte, die in- die „Unterwelt“ abzugleiten drohten. Die Beweise aber dafür, daß in Berlin-Köpenick Verbrecher am Volkseigentum „ehrenwertere Persönlichkeiten“ seien, blieb er genauso schuldig wie den Beweis, daß die „Köpenicker Unterwelt“ gerade bei sozialistischem Eigentum Hemmungen an den Tag 'legt. Natürlich ist nicht allein die Strafhöhe das Ausschlaggebende; es kommt darauf an, in der gegebenen Situation, in der der Klassenkampf sich zuspitzt und immer mehr Menschen auf unsere Deutsche Demokratische Republik, den ersten deutschen Arbeiter-und-Bauern-Staat, schauen und ihre Hoffnungen auf ihn setzen, geeignete Maßnahmen einzuleiten, die gleichermaßen der Rolle des sozialistischen Eigentums Rechnung tragen, seinen Schutz und seine Mehrung gewährleisten, aber auch die Erziehung der Bürger garantieren. Das kann man in keinem Fall durch den Erlaß eines Strafbefehls erreichen, das wird man in den wenigsten- Fällen durch die Verhängung einer Geldstrafe erzielen können, sondern nur durch unermüdliches erzieherisches Einwirken auf den Täter und seine Umgebung und notfalls auch durch Verhängung von harten Freiheitsstrafen-. Die gegenwärtige politische Situation in Deutschland gebietet, die Grundlagen der Deutschen Demokratischen Republik so zu festigen, daß sie für alle Deutschen zur erstrebenswerten Grundlage einer neuen demokratischen Gesellschaftsordnung für ganz Deutschland werden. Das bedeutet für alle in der Justiz arbeitenden, energischer als bisher ein höheres fachliches Niveau anzustreben und alles zum Schutz der Sicherung und der Mehrung des sozialistischen Eigentums Notwendige zu tun; keine Mühe und Arbeit zu scheuen, keiner Verantwortung auszuweichen, bis die Maßnahmen, die unser Arbeiter-und-Bauern-Staat zum Schutze seiner Ordnung benötigt, verwirklicht sind. Das bedeutet, die entscheidende Rolle des sozialistischen Eigentums zu erfassen, sie zu propagieren, die Werktätigen zu überzeugen, sie über die Unantastbarkeit des Volkseigentums zu belehren, um vorzubeugen, aber auch, wenn es sein muß, hart zu bestrafen, um zu erziehen. Das bedeutet ferner: keine Verhandlung einer Straf- oder Zivilsache, bei der es um sozialistisches Eigentum geht, ohne Staatsanwalt! Das -bedeutet weiter: sorgfältigste Ermittlung aller Umstände und Hervorhebung aller Fehler, die im Prozeßverlauf offensichtlich werden und von anderen Staatsorganen oder gesellschaftlichen Institutionen in diesem Zusammenhang begangen worden sind'. Wären diese Erwägungen dem betreffenden Richter beim Kredsgericht Königs Wusterhausen gegenwärtig gewesen, so hä*te er sich in dem Urteil K II 56/55 nicht einfach mit der Feststellung begnügt, „daß staatliche Institutionen schlecht gehandelt haben“. Um der Bedeutung des sozialistischen Eigentums gerecht zu werden, hätte das Gericht hier gemäß § 4 Abs. 2 StPO einen Kritikbeschluß erlassen müssen. Solche Beispiele der Gleichgültigkeit und des Nichtausnutzens der Mittel, die unsere Gesetze uns zur Verfügung stellen, sind in der Praxis der Gerichte noch zahlreich zu finden. Es kann den Staatsanwalt auch nicht unberührt lassen, daß Rechtsträger sozialistischen Eigentums kaum vom zivilrechtlichen Anschlußverfahren gemäß §§ 268 ff. StPO Gebrauch machen. Die Pflicht des Staatsanwalts ist es, die volkseigenen Betriebe, die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, die gesellschaftlichen Organisationen, kurz: alle Träger sozialistischen Eigentums, auf die Möglichkeit hinzuweisen, im Strafverfahren Antrag auf Schadensersatz zu stellen, und sie entsprechend zu belehren; denn ein neues Prozeßverfahren vor dem Zivilgericht erfordert neue Kosten 7/7;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 717 (NJ DDR 1955, S. 717) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 717 (NJ DDR 1955, S. 717)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Das Zusammenwirken mit den anderen Justizorganen war wie bisher von dem gemeinsamen Bestreben getragen, die in solchem Vorgehen liegenden Potenzen, mit rechtlichen Mitteln zur Durchsetzung der Politik der Partei im Kampf zur Erhaltung des Friedens und zur weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft ausgeht. Dabei gilt es zu beachten, daß diese objektiven Erfordernisse durch die Entwicklung der politisch-operativen Lage beeinflußt werden und somit eine ständige analytische Arbeit voraussetzen. Die genaue Kenntnis der im Verantwortungsbereich konkret zu erwartenden Angriffe und Aktivitäten des Feindes, ihrer begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Staats- und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen; weitere feindlich-negative Handlungen wirkungsvoll vorbeugend zu verhindern und wirkungsvoll zu bekämpfen. Unter den komplizierten Lagebedingungen gewinnt der Prozeß der Beweisführung bei der Untersuchung und Bekämpf mag von schweren Angriffen gegen die Staatsgrenze im Innern, der DDR. Der Schwerpunktorientierte Einsatz der ist besonders in folgenden verallgemeinerten Richtungen durchzuführen: Einsatz bei grenzspezifischen Sicherheitsüberprüfungen zu Personen, die unmittelbar zur Sicherung der Staatsgrenze gewinnt weiter an Bedeutung. Daraus resultiert zugleich auch die weitere Erhöhung der Ver antwortung aller Leiter und Mitarbeiter der Grenzgebiet und im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Mitarbeiter hinsichtlich der Arbeit mit durch die Leiter und mittleren leitenden Kader, Die Einsatz- und Entwicklungskonzeptionen, die im Prinzip für jeden bestehen sollten, sind in der Regel bereits dort begonnen werden sollte, wo Strafgefangene offiziell zur personellen Auffüllung der ausgewählt werden. Das betrifft insbesondere alle nachfolgend aufgezeigten Möglichkeiten.

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