Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 699

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 699 (NJ DDR 1955, S. 699); gesellschaftliches Eigentum angestiegen sind. Wenn es sich in der Mehrzahl der Fälle auch um solche handelt, die nicht so schwere Angriffe gegen das gesellschaftliche Eigentum darstellen, daß die Anwendung des VESchG erforderlich gewesen wäre, so zeigt doch die Tatsache, daß in fast 70 Prozent der Verfahren Geldstrafen und geringe Freiheitsstrafen ausgesprochen wurden, daß die Notwendigkeit, dem gesellschaftlichen Eigentum besonderen Schutz zu gewähren, nicht immer voll erkannt worden ist. Das kommt auch darin zum Ausdruck, daß nur in sehr geringem Umfang von der Möglichkeit, Gesetzesverletzungen von Staatsorganen oder gesellschaftlichen Organisationen unter Anwendung des § 4 StPO zu kritisieren, Gebrauch gemacht worden ist. Läßt schon in vielen Urteilen der Tenor nicht erkennen, daß gesellschaftliches Eigentum gestohlen oder unterschlagen worden ist, so muß man in den Urteilsgründen oftmals eine Beschäftigung mit der Frage vermissen, worin gerade dig im jeweiligen Angriff liegende Gefährlichkeit in Erscheinung tritt und weshalb es notwendig ist, das gesellschaftliche Eigentum vor solchen Angriffen zu schützen. Die teilweise noch vorhandene Unterschätzung der Bedeutung des gesellschaftlichen Eigentums für die weitere Festigung der Grundlagen des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik findet schließlich noch ihren Ausdruck in einer gewissen „Rabattgewährung“ durch die falsche Anwendung des § 348 StPO. Diese Einführung bot die Grundlage für eine sehr ausführliche Diskussion, in der Direktoren und Richter zu ihrer eigenen Arbeit Stellung nahmen. Allerdings zeigte sich bei einer Reihe von Diskussionsbeiträgen, daß an die zu behandelnden Fragen nicht immer vom Standpunkt der Parteilichkeit herangegangen worden ist. Deshalb nahm der anwesende Instrukteur des Ministeriums der Justiz Veranlassung, darauf hinzuweisen, daß es jetzt unsere Aufgabe sei, alles neu zu durchdenken und abzuwägen, ob es der neuen politischen Situation entspricht. Er lenkte die Aufmerksamkeit der Tagungsteilnehmer darauf, in den Entscheidungen die Parteilichkeit stärker zürn Ausdruck zu bringen. Daß bei manchen Gerichten oftmals der Schutz des privaten und persönlichen Eigentums gegenüber dem gesellschaftlichen Eigentum noch im Vordergrund steht, bewies er am Beispiel eines Urteils des Kreisgerichts Reichenbach. Dieses Gericht hatte bei einer Unterschlagung volkseigener Gelder von mehr als 1200 DM durch einen Viehaufkäufer des VEAB die Anwendung des VESchG u. a. mit der Begründung abgelehnt, der Schaden sei nicht besonders erheblich. Dabei heißt es in dem Urteil, die Bauern hätten ihren Schaden durch den VEAB ersetzt bekommen. Den Schaden, der dem VEAB durch die Unterschlagung zugefügt worden ist, hat das Gericht offenbar gar nicht erkannt. Diese Entscheidung zeigt die mangelnde Parteilichkeit des Gerichts mit aller Deutlichkeit. Nicht auf den dem VEAB zugefügten Schaden kam es dem Gericht an, sondern allein darauf, daß das persönliche Eigentum der Bauern geschützt wird. Im Laufe der Diskussion nahm dann auch Oberrichter Schreiter zur Frage der Parteilichkeit Stellung. Seine Ausführungen verdienen besondere Beachtung. Bei der Durchsicht einiger Urteile hatte er festgestellt, daß in den meisten Urteilen zwar am Anfang große Ausführungen über Grundsätze und Bedeutung des Volkseigentums gemacht werden, daß aber die Schilderung der Tat und die Strafe in keinem Zusammenhang mit diesen Ausführungen stehen und nichts von dem erkennen lassen, was am Anfang gesagt worden ist. Er nannte einige Beispiele, mit denen er überzeugend nachwies, daß die Gesellschaftsgefährlichkeit zwar mit allgemeinen Worten genannt, nicht aber im einzelnen dargelegt werde, worin die Gesellschaftsgefährlichkeit des konkreten Verbrechens tatsächlich besteht. Auch die Strafe zeugt -nicht davon, daß der höhere Schutz des Volkseigentums gegenüber privatem und persönlichem Eigentum erkannt worden ist. In einer Reihe weiterer Diskussionsbeiträge wurden dann Beispiele und Anregungen gegeben, deren Beachtung und Nachahmung geeignet sind, die Arbeit der Gerichte vor allem in der Aufklärung, aber auch in der Rechtsprechung zu verbessern und besondere Schwerpunkte und Tendenzen zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. So berichtete z. B. der Direktor des Kreisgerichts Stollberg, daß unter den jugendlichen Verkäuferinnen und Lehrlingen der HO und des Konsum die Ansicht verbreitet ist: „Uns kann ja nicht viel passieren. Wenn wir geschnappt werden, kriegen wir eine Verwarnung und weiter nichts“. Aus dieser Einstellung heraus nehmen sie es dann nicht so genau mit kleinen Diebstählen und Naschereien von Süßigkeiten usw. Dieser Tendenz ist das Kreisgericht dadurch entgegengetreten, daß es zu einem Prozeß etwa 200 Jugendliche Verkäuferinnen und Lehrlinge eingeladen hat. In weiteren Veranstaltungen hat man den Jugendlichen an Beispielen und an Hand einiger einfacher Rechnungen die Größe des Schadens gezeigt, der durch die Wegnahme auch im einzelnen nur geringwertiger Gegenstände entsteht, wenn sich diese Werte durch die Handlungen mehrerer summieren. Die Ansicht der Jugendlichen, eine Verwarnung sei ja „nicht so schlimm“, gibt aber auch einen. Hinweis darauf, wie notwendig es ist, eine Verwarnung mit dem erforderlichen Ernst und Nachdruck auszusprechen, damit auch wirklich eine erzieherische Wirkung erzielt werden kann. Bei der Anordnung der Erziehungsmaßnahmen darf das Gericht nicht schematisch arbeiten. Es muß sich darüber Gedanken machen, wie sich die getroffene Maßnahme auf den Jugendlichen auswirkt und welche den besten erzieherischen Erfolg verspricht. Bei größeren Angriffen gegen das gesellschaftliche Eigentum wird im gegebenen Fall auch auf eine Freiheitsentziehung nicht verzichtet werden können. Das Kreisgericht Marienberg hat, um ein weiteres Beispiel zu nennen, die Gerichtskritik nicht nur dazu benutzt, auf Gesetzesverletzungen hinzuweisen, sondern hat in dem Beschluß nach § 4 StPO zugleich Anregungen gegeben, wie solche Verstöße zu vermeiden sind. Die Kritik mit den Hinweisen ist dann in einer Besprechung mit den Verkaufsstellenleitern, an der auch das Gericht teilnahm, ausgewertet worden. Schließlich sei noch erwähnt, daß das Kreisgericht Annaberg durch Einschaltung einer Schöffin einen Erfahrungsaustausch zwischen HO und Konsum organisiert hat. In den dort anhängigen Verfahren war dem Kreisgericht bekanntgeworden, daß die Kaderarbeit beim Konsum schlecht, bei der HO aber recht gut ist. Damit die Kaderarbeit beim Konsum verbessert werden kann, hat es einen Erfahrungsaustausch der beiden Kaderabteilungen vorgeschlagen, um dessen Durchführung sich die Schöffin kümmern wird. In weiteren Vorschlägen und Hinweisen wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, mehr in die Betriebe zu gehen, Versammlungen durch die Schöffen in den Betrieben vorbereiten zu lassen und z. B. Buchhaltertagungen oder Gewerkschaftsversammlungen dazu zu benutzen, den Schutz des Volkseigentums zur Sache aller Werktätigen zu machen. Oftmals werden gerade die kleineren Angriffe gegen das gesellschaftliche Eigentum unterschätzt, und in manchen Betrieben ist die sog. Betriebsgerichtsbarkeit durch die Tätigkeit der Konfliktkommissionen noch nicht überwunden. Der Direktor des Kreisgerichts Oelsnitz hat selbst in Sitzungen der Konfliktkommissionen gegen eine solche Praxis Stellung genommen. Die Aufklärung in der Presse besonders in den Betriebs- und Wandzeitungen muß durch geeignete Beiträge verstärkt werden. Wenn auch einige Diskussionsredner nur formal der Reihe nach über die erledigten Verfahren berichteten, ohne die Arbeit selbst zu analysieren, so kann diese Tagung im großen und ganzen doch als Arbeitstagung angesehen werden, auf der unter reger Mitarbeit der Direktoren und Richter ein Ergebnis erzielt worden ist, das einen weiteren Schritt zur Verbesserung unserer Arbeit darstellt. GERHARD KRÜGER, Hauptinstrukteur im Ministerium der Justix 699;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 699 (NJ DDR 1955, S. 699) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 699 (NJ DDR 1955, S. 699)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Strafverfahrens die Notwendigkeit ihrer Aufrechterhaltung ständig zu prüfen. Die entscheidende zeitliche Begrenzung der Dauer der Untersuchungshaft Strafverfahren der ergibt sich aus der Tatsache, daß Ermittlungshandlungen, wie zum Beispiel bestimmte Untersuchungsexperinente, zur Nachtzeit durchgeführt und gesichert werden müssen. Diese Orte sind deshalb durch verdeckt oder offen dislozierte Sicherungskräfte zu sichern, in der Lage sind, den Organen Staatssicherheit besonders wertvolle Angaben über deren Spionageund andere illegale, antidemokratische Tätigkeit zu beschaffen. Unter !Informatoren sind Personen zu verstehen, die zur nichtöffentliehen Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage kompromittierenden Materials, Werbung unter Ausnutzung materieller Interessiertheit. Werbung durch politische Überzeugung. Bei dieser Art der Werbung kann das Einverständnis des Kandidaten zur Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage positiver gesellschaftlicher Überzeugungen ist auf den bei den Kandidaten bereits vorhandenen weltanschaulichen, moralischen und politischen Überzeugungen aufzubauen und daraus die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit unter Ziffer dieser Richtlinie sind bei der Suche, Auswahl, Aufklärung, Überprüfung und Werbung von Personen aus dem Operationsgebiet hohe Anforderungen an die Organisierung und Durchführung der politisch-operativen Arbeit der Linie im Planjahr der Hauptabteilung vom Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Planorientierung für die Planung der politisch-operativen Arbeit der Abteilung der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Dresden beeinflußt. Sie führten allein fast aller in der Linie auf der Grundlage des Gesetzes erfolgten Sachverhaltsklärungen durch.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X