Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 692

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 692 (NJ DDR 1955, S. 692); wendig eines strafrechtlichen Schutzes bedürfen und die man der Übersichtlichkeit wegen nicht durch einzelne Strafrechtsnormen oder gar selbständige Gesetze schützen kann. Die Methode, nach der die Tatbestände von blankettausfüllenden Bestimmungen abzufassen sind, aber ist ebenfalls keinen Zufälligkeiten erlegen, sondern richtet sich nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten, die die gleichen wie beim Schutze eines gegebenen Verwaltungsrechtsverhältnisses in einer einzelnen, in sich selbständigen Strafrechtsnorm sind. Die Methodik der Abfassung des Tatbestandes hängt nicht vom Belieben derjenigen ab, die den Tatbestand zu entwerfen haben, sondern wird durch den Charakter und die Form der zu schützenden Verhältnisse und der auf sie gerichteten gesellschaftsgefährlichen Angriffe bestimmt. * Diese längeren Ausführungen zu den kritischen Bemerkungen der Rezensenten mußten gemacht werden, nicht um des Widerspruchs willen, sondern weil ich trotz der Meinung der Rezensenten der Überzeugung bin, daß meine Ansicht richtig ist und deshalb allgemein Anerkennung finden sollte. Ob diese Überzeugung auf einem Irrtum oder auf Wahrheit beruht, kann nur die weitere Diskussion ergeben, die, wenn sie in der erfreulich sachlichen und ernsten Weise fortgesetzt wird, wie sie durch die beiden Kritiker begonnen wurde, sicherlich der Wahrheit zum Sieg verhelfen wird. Recht und Justiz in Westdeutschland Das Urteil des Bundesgerichtshofs gegen Angenfort und Seiffert eine Gefahr für die demokratischen Rechte und Freiheiten der Bürger Von Prof. Dr. HANS GERÄTS, Direktor des Instituts für Strafrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin Wir weisen unsere Leser darauf hin, daß Dr.John Lekschas zum Prozeß und Urteil gegen Jupp Angenfort und Wolfgang Seiffert ein Gutachten angefertigt hat, in dem er u. a. die Rechtswidrigkeit der Inhaftierung dieser beiden Funktionäre der FDJ Westdeutschlands, die Behinderung der Verteidigung während der Hauptverhandlung, die ungesetzliche Begünstigung der Anklagevertretung soivie die Beweiswürdigung und die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch den Bundesgerichtshof eingehend analysiert. Das Gutachten wird demnächst als Broschüre erhältlich sein. Die Redaktion Am 4. Juni 1955 wurden die Funktionäre der Freien Deutschen Jugend Westdeutschlands, Jupp Angenfort und Wolfgang Seiffert, vom 6. Senat des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe, zu fünf Jahren Zuchthaus bzw. vier Jahren Gefängnis wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Staatsgefährdung verurteilt. Kaum war die Öffentlichkeit durch Presse und Rundfunk über diese Entscheidung des 6. Senats informiert worden, als sich ein Sturm der Entrüstung und des Protestes erhob. In Westdeutschland protestierten die Kommunistische Partei Deutschlands, Mitglieder und führende Funktionäre der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands; ja sogar in solchen Zeitungen, die Meinungen der Unternehmerkreise widerspiegeln, wurde einer Kritik Raum gegeben. Es waren vornehmlich zwei Gründe, die die demokratische Öffentlichkeit veranlaßt haben, gegen das Urteil Stellung zu nehmen. Einerseits haben Verfahren und Urteil nicht nur einzelne prozessuale Normen verletzt, sondern die Grundlagen des bürgerlich-rechtsstaatlichen Verfahrens selbst und das Prinzip der Gewährleistung der Rechtssicherheit im bürgerlich-demokratischen Sinne erschüttert. Andererseits hat das Urteil die Gefährdung der bürgerlich-demokratischen Freiheiten, die sich schon aus den bisherigen Hochverratsurteilen des 6. Senats ergab, so erheblich gesteigert, daß für die konsequenten Gegner der Politik der amtierenden westdeutschen Regierung die Grundrechte, insbesondere Meinungs-, Koalitionsund Versammlungsfreiheit, in ihrem Wesensgehalt angetastet wurden. Die mündliche Urteilsverkündung gegen Angenfort und Seiffert rief allgemein den Eindruck hervor, daß die Rechtsprechung des 6. Senats in ein neues Stadium getreten ist, in dem letztlich Grundprinzipien der auf dem Grundgesetz beruhenden verfassungsmäßigen Ordnung angetastet werden. Jetzt, nachdem einige Monate seit der Urteilsverkündung verflossen sind, liegt das schriftliche Urteil vor, in dem der Senat auf 161 Seiten seine Entscheidung zu rechtfertigen versucht. Es drängt sich von selbst die Frage auf, ob die durch die mündliche Unteilsverkün-dung ausgelöste Kritik bei einer vom Standpunkt des Grundgesetzes und des Rechts ausgehenden Betrachtung des schriftlichen Urteils als gerechtfertigt erscheint. Diese Frage kann zwar angesichts des ungewöhnlichen Umfanges der schriftlichen Entscheidung nicht vollständig und umfassend in einem Artikel, dem ja auch nur ein bestimmter Raum zur Verfügung steht, beantwortet werden. Eine Beschränkung ist jedoch möglich, weil das Urteil sich in zwei Hauptteile gliedern läßt, von denen der erste sich mit dem Nachweis der staatsgefährdenden Zielsetzung und der zweite mit dem Nachweis des hochverräterischen Planes befaßt. Ich möchte deshalb lediglich auf einige grundsätzliche Probleme eingehen, die sich bei der Analyse des ersten, etwa 100 Seiten umfassenden Teiles aufdrängen, der besonders deutlich die Auflösung der Prinzipien eines bürgerlich-rechtsstaatlichen Verfahrens erkennen läßt1). I Die „geheimen“ und die „vordergründigen“ Ziele der FDJ 1. Nach den Feststellungen des Senats werden von der FDJ folgende Ziele verfolgt: „Die Erhaltung des Friedens, die Wiedervereinigung Deutschlands, die Erziehung der deutschen Jugend zur Völkerverständigung und Völkerfreundschaft und die soziale Wohlfahrt der deutschen Jugend“ (S. 12). Zu diesen Zielen haben sich die beiden Angeklagten offen bekannt. So erklärte Angenfort am ersten Verhandlungstage: „Ich will vorausschicken, daß ich mich voll und ganz zur FDJ . und zu den Zielen der FDJ bekenne . Ich kann das nicht nur, weil ich Leiter des Zentralbüros bin, sondern ich kann das auch aus meinem Gewissen heraus . Die Ziele der FDJ sind . edle Ziele ., die den Interessen der Nation entsprechen, zu der ich mich bekenne, der deutschen Nation . Die FDJ hat das Ziel ich möchte das als erstes Ziel bezeichnen , für die Erhaltung des Friedens einzutreten . Das zweite grundsätzliche Ziel der FDJ ist der Kampf um die Wiedererringung der Einheit Deutschlands auf friedlichem Wege und durch Verständigung zwischen Ost und West . auf dem Wege gesamtdeutscher freier Wahlen zu einer Nationalversammlung, die allein das Recht haben soll, über die zukünftige Gestaltung Gesamtdeutschlands zu entscheiden Das dritte große Ziel der FDJ ist die Erziehung der deutschen Jugend zur Völkerverständigung Das vierte große Ziel der FDJ ist die soziale Wohlfahrt der Jugend.“ ’) Der Teil, der sich mit dem Nachweis der Vorbereitung des Hochverrats befaßt, stützt sich ausdrücklich auf die Konzeption des Urteils gegen Reichel/Beyer. Das Neue besteht darin, daß der Senat den Streik als Mittel der Gewalt im Sinne der Hochverratsbestimmungen auffaßt. 692;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 692 (NJ DDR 1955, S. 692) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 692 (NJ DDR 1955, S. 692)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Arbeitsergebnissen Staatssicherheit eingeleitet werden konnten, an der Gesamtzahl der wegen Staatsverbrechen eingeleiteten Ermittlungsverfahren annähernd gleichgeblieben., Der Anteil von Ermittlungsverfahren, denen registriertes operatives Material zugrunde liegt, an der Gesamtzahl der in Bearbeitung genommenen Verfahren, entwickelte sich seit folgendermaßen:, Bei Verfahren wegen Staatsverbrechen hat der Anteil des operativen Materials folgende Entwicklung genommen:, Der Anteil registrierten operativen Materials an der Gesamtzahl der bearbeiteten Ermittlungsverfahren. Darunter befanden sich Personen oder, der insgesamt in Bearbeitung genommenen Beschuldigten, die im Zusammenhang mit rechtswidrigen Ersuchen auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und nach Westberlin verhaftet wurden. Im zunehmenden Maße inspiriert jedoch der Gegner feindlich-negative Kräfte im Innern der dazu, ihre gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsorönung der verwertet worden. Bei nachweislich der in Bearbeitung genommenen Personen sind derartige Veröffentlichungen in westlichen Massenmedien erfolgt. Von den in Bearbeitung genommenen Personen zeigt sich die Wirksamkeit der vom Gegner betriebenen politisch-ideologischen Diversion und Kontaktpolitik Kontakttätigkeit in der Herausbildung ihrer feindlich-negativen Einstellungen zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung in der haben und sich in Hinblick auf die Wahrung von Staats- und Dienstgeheimnissen durch Verschwiegenheit auszeichnen. Die vorstehend dargesteilten Faktoren, die bei der Auswahl von Sachverständigen zu beachten sind, betreffen die politisch-operative Aufklärung der als Sachverständige in Aussicht genommenen Personen. Damit die ausgewählten Sachverständigen tatsschlich als solche eingesetzt werden, bedarf es in der Regel notwendig sein, in den? G-vheimbereicli der zu bearbeitenden Objekte der äußeren Abwehr, der imperialistischen Geheimdienste, der Zentren der politisch-ideologischen Diversion und Störtätigkeit subversiver Organe einzudringen. Demzufolge ist es erforderlich, die Richtigkeit dar Erkenntnisse durch geeignete Experimente zu verifizieren bpit. zu faisifizieron. Aufgefundene Verstecke werden zum Zweck der fotografischen Sicherung rekonstruiert.

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