Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 689

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 689 (NJ DDR 1955, S. 689); liegt, als nach der Manier der bürgerlichen Ideologie den Irrtum zu einem Problem aufzubauschen, zu dem er eben nur durch den Mangel des bürgerlichen Gesetzgebers geworden war. M. E. gibt es keine praktische Frage auf diesem Gebiet, die nicht an Hand einer positiven Vorsatzbeschreibung besser und leichter entschieden werden könnte leichter als mit Hilfe der komplizierten Irrtumsproblematik. Offensichtlich steht das StGB der RSFSR auf dem gleichen Standpunkt, denn es hat neben seinen positiven Formulierungen der Schuldformen im Art. 10 auf eine Irrtumsregelung m. E. völlig zu Recht verzichtet. Meine Methodik widerspricht auch nicht dem Wortlaut unseres StGB und der Gesetzlichkeit. Soweit der § 59 StGB von Bedeutung ist, wurde er zur Festlegung der Vorsatzmerkmale herangezogen und verarbeitet, also durchaus nicht „nebenher“, sondern nur in einer, von der herkömmlichen Darstellungsweise allerdings abweichenden und (wie ich meine) richtigen Form behandelt. II M. Benjamin wirft noch eine andere, ebenfalls sehr wichtige Frage auf. Er bezeichnet es als eine entscheidende Schwäche der Arbeit, daß zur Charakterisierung des Wesens der Schuld die Begriffe „gesellschaftsgefährlich. moralisch-politisch-verwerflich, rechtswidrig und strafbar“ benutzt wurden. Es ist nicht ganz ersichtlich, ob er sich gleichzeitig auch gegen den Oberbegriff „Einstellung“, zu dessen Spezifizierung die obigen Eigenschaftswörter gebraucht wurden, wendet. Um aber Einwendungen von anderer Seite vorwegzunehmen, sei gesagt, daß man bei einer Definition auf einen Oberbegriff zurückgreifen muß. So läßt sich die Schuld nach den Grundsätzen der Logik z. B. nicht als Vorsatz und Fahrlässigkeit definieren, denn hier handelt es sich nur um zwei verschiedene Erscheinungsformen der Schuld. Eine solche „Definition“ wäre das Gleiche, als wenn man den „Baum“ als Laubbäume und Nadelbäume „definieren“ würde, während man in Wirklichkeit nur die Unterarten des Baumes aufgeführt hat. Als einzig möglicher Oberbegriff, der den vielen verschiedenartigen psychischen Prozessen, die Vorsatz und Fahrlässigkeit ausmachen, gerecht wird, erschien mir der Begriff „Einstellung“. Sagt dieser Begriff doch gleichzeitig etwas darüber aus, daß es sich hier um eine psychische Beziehung handelt, nämlich um eine Beziehung zu unserer gesellschaftlichen Realität. Gerade auf das bewußtseinsmäßige Verhältnis des Verbrechenssubjekts zu unserer gesellschaftlichen Ordnung, im einzelnen zu den strafrechtlich geschützten Klassenverhältnissen, kommt es aber an3). Da die „Schuld“ jedoch keine bloße „böse Gesinnung“ ist, war es notwendig auszudrücken, daß nur eine solche Einstellung „Schuld“ sein kann, die den Handelnden zu seinem verbrecherischen Verhalten bestimmt hat. Es mußte also der Zusammenhang zwischen der Einstellung und dem objektiv verbrecherischen Verhalten aufgezeigt werden. Dieser Zusammenhang, der wie Wyschinski richtig hervorhebt ein Kausalzusammenhang ist, konnte jedoch nicht in der von Wyschinski geforderten Allgemeinheit formuliert werden4), sondern mußte entsprechend den Besonderheiten der menschlichen Handlung genauer präzisiert werden. Dazu wurde der Begriff „bestimmt hat“ verwendet Dabei stützte ich mich auf die bekannte Charakterisierung der gesetzmäßigen Beziehungen zwischen Zweck und Tun, die Marx in den prägnanten Worten gibt: „ erver-wirklicht im Natürlichen zugleich seinen Zweck, den er weiß, der die Art und Weise seines Tuns als Gesetz bestimmt und dem er seinen Willen unterordnen muß“5). Auf die Schuld angewandt folgt daraus, daß erstens die Einstellung den Täter zu seinem verbrecherischen Verhalten „bestimmen“ muß und 3) Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der sowjetische Gelehrte W. S. Wladimirow, der die Fahrlässigkeit als eine „Einstellung“ definiert (Sowjetstaat und Sowjetrecht 1955, Nr. 5, S. 98 ff., insbesondere S. 102). Leider konnte diese wie auch eine Reihe anderer neuer sowjetischer Arbeiten in meiner Schrift nicht berücksichtigt werden, weil mein Manuskript bereits im September 1954 abgeschlossen wurde. 4) vgl. dazu RID 1953, Nr. 18, Sp. 563. 5) Marx, Das Kapital, Bd. I, S. 186. daß zweitens die Einstellung nicht nur geeignet sein darf, das Verhalten des Menschen so zu bestimmen, sondern daß es auch schon geschehen sein muß; d. h. die bestimmte Einstellung muß bereits objektive Gestalt erhalten haben vorher ist sie lediglich eine Vorstellung, aber keine Schuld. Dieser Teil der Definition ist jedoch nur eine Betrachtung der Schuld nach ihren Funktionen, nach ihrer Wirksamkeit. Die Eigenschaften dieser Erscheinung, d. h. ihr Inhalt, sind bis jetzt noch nicht dargelegt. Zwar ist bereits gesagt, welche Wirkung die Schuld auf das Verhalten eines Menschen hat, aber es ist noch nicht ausgedrückt wenigstens nicht unmittelbar in der Begriffsbestimmung , wie man diese Erscheinung einzuschätzen hat, es sei denn, der Leser bemüht sich, die notwendigen Schlußfolgerungen selbst zu ziehen. Ein solches Ergebnis wäre für die Definition eines so zentralen Begriffs aus den Problemen des Strafrechts jedoch höchst unbefriedigend. Die unabdingbare Forderung, daß unsere wissenschaftlichen Begriffe eine Anleitung für die Arbeit geben sollen, wäre keinesfalls erfüllt. Der Schuldbegriff wäre formal, d. h. er würde keine Beziehung zu unseren gesellschaftlichen Problemen aufweisen. Deswegen mußte die Einstellung nicht nur in ihrer Wirkung auf das Verhalten des Verbrechers, sondern auch in ihrer Beziehung zur Gesellschaft, konkret: zu den strafrechtlich geschützten Klassenverhältnissen in der DDR gezeigt werden. Welche andere materielle Charakteristik aber kann man einer Einstellung geben, die einen Menschen zu einem verbrecherischen Verhalten bestimmt hat, als daß sie gesellschaftsgefährlich ist? Warum sollte es nicht einleuchtend sein, daß diese Einstellung, die wir Schuld nennen, vom Standpunkt des sich in unseren Strafgesetzen ausdrückenden moralischen und politischen Bewußtseins der fortgeschrittenen Werktätigen verwerflich ist? Es muß doch jeder, der nicht einer dogmatischen Begriffs- und Wortverwendung verfallen ist, zugeben, daß die Einstellung, aus der ein Staatsverbrecher, Mörder, Dieb usw. sein Verbrechen begangen hat, sowohl gefährlich als auch verwerflich ist. M. Benjamin wendet sich „insbesondere“ dagegen, daß ich diese verbrecherische Einstellung, die Schuld, gleichzeitig auch als rechtswidrig und strafbar bezeichne. Wie aber soll man eine Einstellung charakterisieren, die im Widerspruch zum Gesetz z. B. die bewußte Tötung eines Menschen aus Mordlust zum Inhalt hat? Soll man diesen Widerspruch zum Gesetz negieren, soll man darüber, daß ein Verbrecher sich nicht nur durch sein objektives Verhalten, sondern auch durch seine Ziele, die er mit diesem Verhalten verfolgt, in einen Widerspruch, zum Recht setzt, hinwegsehen? M. E. wäre das eine grobe Negierung unserer Strafgesetze. Soll man ferner übersehen, daß die Strafgesetze in den überwiegenden Fällen die konkrete Erscheinungsform der Schuld genau bezeichnen, daß z. B. bestimmte Delikte nur vorsätzlich begehbar sind (wie z. B. die Sachbeschädigung)? Eine Einstellung kann gefährlich und verwerflich sein, wie z. B. die, die zu einer vorsätzlichen, aber fahrlässigen Sachbeschädigung führt. Man denke hier an die nicht seltenen Fälle, in denen ein angetrunkener Kraftfahrer fahrlässig einen Verkehrsunfall verschuldet, bei dem zwar kein Mensch zu Schaden kommt, bei dem aber z. B. ein Omnibus der VEB Kraftverkehr äußerst schwer beschädigt wird. Die Einstellung dieses Kraftfahrers unterscheidet sich kaum von der eines Eisenbahners, der (ebenfalls durch Trunkenheit) eine fahrlässige Transportgefährdung beging. Eine gefährliche und verwerfliche Einstellung kann also den Täter zu einem Verhalten geführt haben, das bei bloßer Betrachtung der objektiven Seite verbrecherisch sein könnte, wie bei der Sachbeschädigung und doch braucht diese Einstellung nichts mit strafrechtlicher Schuld gemein zu haben, eben weil sie, wie im Falle der fahrlässigen Sachbeschädigung, nicht strafrechtswidrig ist, keinem Strafgesetz widerspricht. Man kann also auf die Charakterisierung der Schuld als u. a. auch rechtswidrige Einstellung nicht verzichten, wenn man der Gesetzlichkeit nicht Gewalt antun will. Die bürgerliche Ideologie, als sie sich noch in ihrer fortschrittlichen Periode befand, hat im Kampf gegen die feudale Willkür dieses 689;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 689 (NJ DDR 1955, S. 689) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 689 (NJ DDR 1955, S. 689)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

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