Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 688

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 688 (NJ DDR 1955, S. 688); handelt es sich um einen Menschen, der sich das Ziel setzte, einen Verbrecher zu töten, um einen von diesem ausgehenden, in höchstem Maße gesellschaftsgefährlichen Angriff auf unsere Arbeiter-und-Bauern-Macht abzuwehren. Es ist ersichtlich, daß die Ziele beider Handelnden, das des Mörders und das des in Notwehr Handelnden, grundsätzlich verschiedenen Inhalt haben und daß der Inhalt dieser Ziele sich notwendig nur über die Erforschung des Motivs, das in dieses Ziel eingegangen ist, feststellen läßt. Nimmt man aber, wie M. Benjamin vorschlägt, das Motiv aus dem Problemkreis der Schuld, hier speziell des Vorsatzes, heraus, so ergibt sich, daß in beiden Fällen nur das Ziel der Tötung verbliebe. Beide Ziele, die ihrem Wesen nach grundverschieden sind, würden sich infolge dieser gewaltsamen Trennung gleichen. Ein Schuldbegriff, der sich auf diese Trennung stützt, würde zur Unterscheidung von Vorsatz und Nicht-Vorsatz, zwischen Schuld und Nicht-Schuld unbrauchbar sein, und damit seine wissenschaftliche Berechtigung verlieren. Der Fehler M. Benjamins liegt hier vor allem wohl darin, daß er von einer unrichtigen Kausalitätsauffassung ausgeht eine Auffassung, die die mechanischen Bewegungen zum Vorbild hat und daher nicht für die dialektischen Vorgänge bei der Entstehung des Vorsatzes gelten kann. M. Benjamin hat übersehen, daß sich Motiv und Ziel wie Ursache und Wirkung zueinander verhalten und daß die Wirksamkeit des Motivs gerade darin besteht, dieses Ziel zu erzeugen. Je nach Beschaffenheit des Motivs erzeugt es ein Ziel ganz bestimmten Inhalts. Der Inhalt des Motivs geht in das Ziel ein, lebt in diesem jetzt aber in veränderter Form gewissermaßen weiter. Man kann diese Wirkung (das Ziel) aber nur vollendet erfassen, wenn man seine Ursache kennt. Wenn also zur Schuld auch das Motiv gerechnet wird, dann nicht als Zeitereignis als solches interessiert es hier nur wenig , sondern in seiner Wirksamkeit bei der Erzeugung eines Zieles ganz bestimmten Charakters. Ähnliches ist zur Absicht zu sagen. Sie ist wie ich in meiner Schrift (S. 43) ausführte nichts als „eine inhaltliche Begrenzung der Zielrichtung des Vorsatzes“. M. Benjamin hat dem nicht widersprochen, so daß anzunehmen ist, er stimmt diesem Satz zu. Es ist deshalb unerklärlich, warum er die Absicht neben die Schuld setzt, sie außerhalb der Schuld existieren läßt. Kann man sich z. B. einen Betrugsvorsatz vorstellen, neben dem es noch eine besondere Absicht gäbe, die nicht zur Schuld gehören sollte? M. Benjamin führt zur Bekräftieung seiner Ansicht noch den „Gemütszustand“ des § 213 StGB an. Welche Bedeutung hat dieser Gemütszustand? Er charakterisiert doch nur psychische Umstände, unter denen ein Tötungsziel entstanden ist. Steht dieser Gemütszustand nun einflußlos neben dem Tötungsziel? Sicherlich nicht; vielmehr ist er von sehr entscheidendem Einfluß auf die konkrete Zielsetzung des Täters, schwächt er doch vor allen Dingen die feindliche Richtung dieses Tötungszieles erheblich ab. Der Gemütszustand ist doch nur deswegen genannt, um den konkreten Inhalt des gegebenen Vorsatzes näher zu umreißen. Auch hier wird ein psychischer Vorgang vom Gesetz nicht als ein bestimmtes psychisches Zeitereignis genannt, sondern als Ursache, die in eine bestimmte Wirkung umgeschlagen ist, einen weniger gefährlichen Vorsatz als z. B. einen nach § 211 oder § 212 StGB erzeugt hat. Insofern scheint es mir vom Standpunkt des Marxismus unangebracht zu sein, von Schuld und subjektiver Seite des Verbrechens zu sprechen. Die subjektive Seite des Verbrechens kann nur die Schuld sein1). Eine andere subjektive Seite kann das Verbrechen nicht haben. Außerdem scheint M. Benjamin noch einem anderen Fehler verfallen zu sein. Er faßt die Handlung offenbar um einen Vergleich zu gebrauchen nur als eine Kette auf, deren eine Hälfte die subjektive i) Zu dem gleichen Ergebnis kommt der sowjetische Strafrech tswissenschaftier Prof. A. A. Piontkowskil in seinem Werk „Fragen des Allgemeinen Teils des Strafrechts in der Praxis der Organe des Gerichts und der Staatsanwaltschaft“. Moskau 1954, S. 56 (russ.), wenn er schreibt: „Die Schuld ist die subjektive Seite des Verbrechens“. Leider konnte diese überaus wichtige Arbeit in meiner Schrift noch keine Berücksichtigung finden, weil sie mir erst im November 1955 zugänglich war. Seite, deren andere Hälfte die objektive Seite bildet. Diese Auffassung ist nur richtig, soweit sie sich auf den chronologischen Ablauf des Handlungsprozesses bezieht. Sie vermag jedoch das dialektische Wesen der Handlung und des Verbrechens (soweit dieses vom Gesichtspunkt der Handlung untersucht wird) nicht zu erklären. Hierbei muß man von der rein chronologischen Betrachtungsweise abgehen und die Probleme vom Standpunkt der Dialektik einer Lösung zuführen. Dabei findet man, daß die „subjektive Seite“ der Handlung gegenüber dem objektiven Verhalten nicht nur ein zeitliches Vorher, sondern vielmehr auch ein subjektiver Prozeß ist, der in einen objektiven umgeschlagen ist, der also in der objektiven Seite seine gegenständliche Form erhalten hat. Dadurch allein wird die „subjektive Seite“ für den Strafrechtler beachtlich und wirklich erst zur subjektiven Seite des Verbrechens. Aus gutem Grunde wird daher auch nicht vom subjektiven „Abschnitt“, sondern eben von der subjektiven „Seite“ des Verbrechens gesprochen. Und gerade das zwingt uns zu der Schlußfolgerung, daß „Schuld“ und „subjektive Seite des Verbrechens“ identisch sein müssen. Zur Schuld oder zur subjektiven Seite eines Verbrechens gehört das, was in ein objektives Verhalten des Menschen umgeschlagen ist, was ihn zu einem solchen verbrecherischen Verhalten bestimmt hat. Es besteht kein Grund, die Wirkungen bestimmter subjektiver Vorgänge auf die konkrete Zielsetzung, Planung und Willensbildung eines Menschen zu negieren, nur weil die Ursache als solche zeitlich immer vor der Wirkung liegt und weil wir, um die Wirkung richtig charakterisieren zu können auf diese Wirkung allein kommt es dem Strafrechtler zunächst an , genötigt sind, auf die Ursache zurückzugreifen. Eben weil Motiv und Absicht beim Vorsatz in unseren Gesetzen nur zur Charakterisierung des bestimmten Inhalts und der Zielrichtung des Vorsatzes angeführt werden, eben deshalb habe ich beides auch systematisch bei der Darlegung des Vorsatzproblems behandelt. Eine andere Systematisierung kam in Anbetracht des klaren Wortlauts d.er Gesetze nicht in Frage, so daß schwerlich etwas irgendwo in verkrampfter Weise „unterzubringen“ oder „nebenher“ zu erledigen war, wie M. Benjamin meint. Wenn M. Benjamin weiter in diesem Zusammenhang erklärt, daß die Behandlung der Motive hier nicht am Platz sei, weil auch bei der Fahrlässigkeit Motive eine Rolle spielen, so hat er übersehen, daß ich an dieser Stelle nicht von den Motiven allgemein, sondern von den Motiven spreche, die bei vorsätzlichen Delikten im Tatbestand besonders genannt sind. Soweit ich allgemein über die Motive und deren Bedeutung für Vorsatz und Fahrlässigkeit spreche, befinden sich die Ausführungen dazu unter den entsprechenden allgemeinen Gesichtspunkten (auf S. 8 ff.). M. Benjamin kritisiert in diesem Zusammenhang meine Methode, die Irrtumsfragen bei der Behandlung der Vorsatzproblematik zu „erledigen“. Nun ist der Irrtum aber ein Problem, das den Vorsatz lediglich von der negativen Seite beleuchtet. Das StGB von 1871 kennt keine Vorsatzdefinition, mußte dem Richter aber wenigstens doch ein Minimum an Anleitung geben. Daher wurde der § 59 StGB geschaffen2). Für die Fahrlässigkeit hat die Bestimmung des § 59 überhaupt keine Bedeutung, weil der Absatz 2 mit seiner Formulierung, die „Unkenntnis“ sei unbeachtlich, wenn sie auf Fahrlässigkeit zurückzuführen sei, nichts anderes ist als eine Einschränkung der zu weitgefaßten Formulierung des § 59 Abs. 1 StGB. Diese Bestimmung enthält jedoch keinen Hinweis auf Inhalt und Umfang der Fahrlässigkeit. Der Irrtum, sowohl der sog. Rechtsirrtum als auch der sog. Tatsachenirrtum, hört als Problem auf, für uns zu existieren, sobald eine genauere Beschreibung der Voraussetzungen des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit gegeben wird. Im Interesse einer richtigen Anleitung kam es m. A. nach eher darauf an, die Schuldformen genau zu beschreiben und damit positiv darzustellen, wann z. B. Vorsatz und wann kein Vorsatz vor- 2) Auf die Frage, aus welchen historischen Gründen keine Vorsatzdefinition gegeben wurde, soll hier nicht eingegangen werden. 688;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 688 (NJ DDR 1955, S. 688) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 688 (NJ DDR 1955, S. 688)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels in den vom Gegner besonders angegriffenen Zielgruppen aus den Bereichen. des Hoch- und Fachschulwesens,. der Volksbildung sowie ,. des Leistungssports und. unter der Jugend in Zusammenarbeit mit anderen operativen Diensteinheiten und der Militärstastsanwaltschaft vielfältige Maßnahmen zur Überwindung vcn ernsten Mängeln, Mißständen und Verstößen gegen geltende Weisungen, insbesondere hinsichtlich Ordnung und Sicherheit sowie - Besonderheiten der Täterpersönlichkeit begründen. Die Begründung einer Einzelunterbringung von Verhafteten mit ungenügender Geständnisbereitsc.hfioder hart-nackigem Leugnen ist unzulässig. Die notwendiehffinlcheiöuhgen über die Art der Unterbringung und Verwahrung verbunden, das heißt, ob der Verhaftete in Einzeloder Gemeinschaftsunterbringung verwahrt wird und mit welchen anderen Verhafteten er bei Gemeinschaftsunterbringung in einem Verwahrraum zusammengelegt wird. Die Entscheidung über die Umstellung ist auf der Grundlage einer exakten Analyse des zu erwartenden operativen Nutzens sowie der konkreten Voraussetzungen für die Umstellung des Beziehungspartners zu treffen.

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