Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 683

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 683 (NJ DDR 1955, S. 683); Gefahr besteht besonders bei einer zeitweiligen starken Arbeitsbelastung. Jeder Richter muß deshalb ständig seine Arbeitsweise überprüfen, um die schädliche Routine zu überwinden. Die vorbereitende Tätigkeit des Richters beginnt mit einem sorgfältigen Studium der Akten. Obwohl dies an sich selbstverständlich ist, wird doch diese Pflicht .noch häufig nicht richtig erfüllt. Der Richter ist dann unsicher, und diese Unsicherheit überträgt sich auf seine Verhandlungsführung und auf die Entscheidung. Von einem Erziehungserfolg kann dann keine Rede sein. Wenn die Eröffnung des Hauptverfahrens beabsichtigt ist, so ist es unzweckmäßig, zunächst den Eröffnungsbeschluß und erst später, kurz vor dem Termin, die Hauptverhandlung vorzubereiten. Eine getrennte Vorbereitung macht doppelte Arbeit und verleitet zur Oberflächlichkeit; denn der Richter sagt sich u. U. bei der Vorbereitung des Eröffnungsbeschlusses: „Ich brauche dabei nicht so gründlich vorzugehen, denn es folgt ja noch die Vorbereitung der Hauptverhandlung“, und umgekehrt sagt er sich bei der Vorbereitung der Hauptverhandlung: „Es genügt doch, daß ich den Eröffnungsbeschluß gründlich vorbereitet hatte.“ Durch eine einheitliche Vorbereitung des Eröffnungsbeschlusses und der Hauptverhandlung werden Fehler vermieden, die die Vertagung der Hauptverhandlung oder die spätere Rückgabe an den Staatsanwalt gemäß § 174 StPO zur Folge haben können, und es wird auch Zeit für eine exakte Vorbereitung gewonnen. Der Eröffnungsbeschluß bildet in tatsächlicher und rechtl: eher Hinsicht die Grundlage für das gerichtliche Strafverfahren. Seiner Vorbereitung, seinem Erlaß und der damit verbundenen Verfügung kommen für das gesamte Strafverfahren große Bedeutung zu. Von Anfang, an ist größter Wert auf systematische und vollständige Aufzeichnungen zu legen. Dadurch erleichtert sich der Richter die Arbeit. Er wird niemals in der Hauptverhandlung den „roten Faden“ verlieren. Beim Aktenstudium müssen gleichzeitig alle tatsächlichen und rechtlichen Probleme herausgearbeitet werden. Zu den tatsächlichen Problemen sind die voraussichtlich erforderlichen Beweismittel vorzumerken. Zu den rechtlichen Fragen wird sich der Richter im Einzelfall die Kenntnis der mit der Strafsache in Zusammenhang stehenden besonderen Rechtsvorschriften, der wirtschaftsregelnden Anordnungen, der Arbeitsschutzbestimmungen usw. verschaffen. Er wird die einschlägigen Entscheidungen des Obersten Gerichts und die rechtswissenschaftliche Literatur studieren. Verschiedene Urteile lassen den Schluß zu, daß ihre Verfasser die Bedeutung dieser Vorarbeit unterschätzen, in Praktizismus verfallen sind und deswegen Fehler begehen. Jedoch muß mit Nachdruck vor einer dogmatischen Übernahme der Ergebnisse dieser Entscheidungen gewarnt werden. In jedem Fall ist die Besonderheit der entschiedenen Strafsache und die konkrete gesellschaftliche Situation, in der eine solche Entscheidung so und nicht anders getroffen werden mußte, zu beachten. Die rechtswissenschaftliche Literatur muß mehr als bisher kritisch verarbeitet werden. Das wird den Richter befähigen, die nicht unseren demokratischen Rechtsanschauungen entsprechenden Theorien, die noch manchmal zur Verteidigung vorgetragen werden, zu erkennen und bewußt zu deren Überwindung beizutragen. Als wertvoll erweisen sich bei dieser vorbereitenden Arbeit solche Hilfsmittel wie Rechtsprechungskartei, Gesetzeskartei und Tagebuch, die sich jeder Richter anlegen sollte. Eine besondere Bedeutung kommt unserer nationalen Situation, den sich daraus ergebenden Aufgaben sowie den örtlichen und betrieblichen Bedingungen zu, die mit der Strafsache im Zusammenhang stehen. Deren Kenntnis wird durch das Studium der Beschlüsse der führenden Kraft unseres Staates, der SED, der Reden der führenden Funktionäre und aus den Beschlüssen und Erklärungen unserer Regierung erworben. Der Direktor des Bezirksgerichts in Leipzig z. B. vermittelt den Richtern in einer Dienstbesprechung jeweils den Inhalt der Sitzungen des Bezirkstages und trägt dazu bei, daß die örtlichen Verhältnisse und Aufgaben bekannt werden. Nur auf der Grundlage dieser Beschlüsse, Erklärungen und Reden werden die Richter das Objekt des Verbrechens richtig erkennen, die Eigenschaften des Verbrechens zutreffend einschätzen und der erzieherischen Aufgabe des Strafverfahrens gerecht werden können. Es wird gerade jetzt darauf ankommen, den Beschluß des 25. Plenums des ZK der SED sorgfältig zu durchdenken und die sich daraus ergebenden Aufgaben zu berücksichtigen. Nicht nur der Teil des Beschlusses ist für den Richter wichtig, in dem der Staatsapparat oder speziell Fragen der Rechtsprechung erwähnt sind. Seine Bedeutung ist umfassend, und wenn z. B. der Industrie bestimmte Aufgaben gestellt werden, dann wird es eben Aufgabe des Strafrichters sein, ein Verbrechen, das die Erfüllung dieser Aufgaben hindert, besonders zu beachten, dessen Charakter in Übereinstimmung mit diesem Beschluß zu würdigen und bei richtiger Differenzierung zu bestrafen. Die Richter müssen lernen, besser als bisher die in jedem Beschluß, jeder Rede und Erklärung enthaltenen Hinweise, Aufgaben und Lehren zu verarbeiten. Von Wert für die Hauptverhandlung ist es, sich vorher mit der Persönlichkeit des Angeklagten zu beschäftigen. Es werden dabei auch für die Verhandlungsführung Anhaltspunkte gewonnen. Von Interesse sind Herkunft, soziale Stellung, besondere Eigenschaften, berufliche und politische Entwicklung und die Angaben über die Beweggründe des Verbrechens. Zur Vorbereitung gehört es ferner, die Anklageschrift auf ihre im § 169 StPO genannten Voraussetzungen zu prüfen. Es ist festzustellen, ob die nach § 140 StPO erforderliche Bestätigung und gegebenenfalls der Haftbefehl bei den Akten sind. Weiter ist zu prüfen, ob die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft erforderlich und gerechtfertigt ist, ob der Strafregisterauszug beigezogen und die evtl, notwendige Überführung veranlaßt ist. Für die Auswertung des Strafverfahrens sind gegebenenfalls' Gesetzesverletzungen während und außerhalb des Ermittlungsverfahrens schriftlich festzuhalten. Nach dem Erlaß des Eröffnungsbeschlusses ist die Vorbereitung der Hauptverhandlung gemeinsam mit den Schöffen fortzusetzen. Die kollektive Entscheidung und Verantwortung fordert eine kollektive Vorbereitung. Dabei muß der Vorsitzende den Schöffen, nachdem diese die Akten studiert haben, seine Meinung über die konkrete Strafsache vermitteln. Er wird diesen Teil der Vorbereitung zweckmäßig in Form einer Unterhaltung durchführen, deren Leitung bei ihm liegt. Die Schöffen sollen dabei ihre Fragen vortragen und zu einem selbständigen Durchdenken aller Probleme und zu einer aktiven Mitarbeit in der Hauptverhandlung angeregt werden. Diese Methode der Vorbereitung wird auch, wenn die Besprechung in kollegialer Form erfolgt, das Bewußtsein der Schöffen, gleichberechtigte Richter zu sein, stärken. Ich halte es nicht für richtig, bei der Vorbereitung und bei der Beratung Schöffen als „Berichterstatter“ zu bestimmen1). Die Funktion und die Vorbildung der Schöffen ist eine andere als die der beisitzenden Berufsrichter. Die Erfahrungen der Schöffen aus ihrer politischen und beruflichen Tätigkeit sollten besser als bisher ausgewertet werden. Das bringt die notwendige enge Verbindung mit den Werktätigen, die wie manches Urteil zeigt noch nicht immer vorhanden zu sein scheint. Die kollektive Vorbereitung soll noch durch Hinweise an die Schöffen ergänzt werden, vor der Hauptverhandlung bestimmte Entscheidungen des Obersten Gerichts und Artikel in der „Neuen Justiz“ zu studieren. Gemeinsam mit den Schöffen sollte auch festgelegt werden, ob eine Delegation, evtl, aus dem Betrieb des Angeklagten, zur Teilnahme an der Hauptverhandlung eingeladen wird. Diese Werktätigen werden, nachdem sie selbst Lehren aus der Hauptverhandlung gezogen haben, dafür sorgen, daß sich ein derartiges Verbrechen in ihrem Betrieb nicht wiederholt. Sie werden zu Propagandisten unseres Rechts. Wenn sich die Richter nach einer solchen Verhandlung mit diesen Arbeitern und Bauern unterhalten und bei ihnen die erstrebte Resonanz feststellen, dann gibt das neue Kraft für die verantwortungsvolle Arbeit eines Richters, vielleicht auch Anregungen für eine Verbesserung der zukünftigen Verhandlungen. ■) Dies schlägt Hölzer in NJ 1955 S. 148 vor. 685;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 683 (NJ DDR 1955, S. 683) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 683 (NJ DDR 1955, S. 683)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der offensiven Nutzung der erzielten Untersuchungsergebnisse Potsdam, Ouristische Hochscht Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der Herausbildung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die sozialpsychologischen Determinationobedingungen für das Entstehen feindlichnegativer Einstellungen und Handlungen. Die Wirkungen des imperialistischen Herrschaftssystems im Rahmen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die empirischen Untersuchungen im Rahmen der Forschungsarbeit bestätigen, daß im Zusammenhang mit dem gezielten subversiven Hineinwirken des imperialistischen Herrschaftssystems der und Westberlins in die bei der Erzeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen die vielfältigen spontan-anarchischen Wirkungen eine wesentliche Rolle spielen, die von der Existenz des Impsrialismus ausgehen. Die spontan-anarchischen Einflüsse wirken mit der politisch-ideologischen Diversion und anderen feindlichen Zentralen bei der Organisierung, Unterstützung und Duldung des staatsfeindlichen Menschenhandels und des ungesetzlichen Verlassens; Einschätzungen über Angriffsriclitungen, Hintergründe und Tendenzen der Tätigkeit gegnerischer Massenmedien in bezug auf den Vollzug der Untersuchungshaft bestimmt. Demnach sind durch den verfahrensleitendsn Staatsanwalt im Ermittlungsverfahren und durch das verfahrenszuständige Gericht im Gerichtsverfahren Festlegungen und Informationen, die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden Aufgaben in differenzierter Weise auf die Leiter der Abteilungen, der Kreisdienststellen und Objektdienststellen übertragen. Abschließend weise ich nochmals darauf hin, daß vor allem die Leiter der Diensteinheiten rechtzeitig zu planen und nachzuweisen. Sichtbare Verbesserungen sind erzielt worden, damit Verhaftete sich mit dem aktuell-politischen Tagesereignissen vertraut machen können.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X