Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 678

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 678 (NJ DDR 1955, S. 678); 3. Ein Arbeiter, der unabsichtlich Ausschuß produziert, ist möglicherweise in disziplinarischer Hinsicht verantwortlich. Tut er es in einem volkseigenen Betrieb in geringerem Umfang, um damit seinem Vorgesetzten, gegen den er aus persönlichen Gründen eine Abneigung hat, Schaden zuzufügen oder ihn in Mißkredit zu bringen, dann wird er wegen Sachbeschädigung oder wegen Beiseiteschaffens von Volkseigentum bestraft werden. Wer dagegen Ausschuß produziert, um das Ansehen der volkseigenen Industrie zu schädigen und das Vertrauen der Bevölkerung zu ihr zu untergraben, gibt damit zu erkennen, daß er gegen die Festigung und Entwicklung unserer sozialistischen Wirtschaft handelt. Die volkseigene Industrie erfüllt beim Aufbau der Grundlagen des Sozialismus entscheidende Aufgaben. Die ständige Steigerung der Produktion qualitativ hochwertiger Erzeugnisse wird dem ökonomischen Grundgesetz des Sozialismus in immer stärkerem Maße zur Wirksamkeit verhelfen. Nur das Vertrauen der Bevölkerung zur volkseigenen Industrie, das Vertrauen der Werktätigen in ihre eigene Kraft, ermöglichen eine solche schnelle Entwicklung. Jeder Versuch der Untergrabung dieses Vertrauens muß daher als Staatsverbrechen bestraft werden. 4. Ein undisziplinierter Arbeiter, der aus mangelndem Verantwortungsbewußtsein und aus persönlicher Bequemlichkeit wiederholt der Arbeit fernbleibt oder zu spät kommt, muß durch Erziehung im Betrieb oder durch disziplinarische Maßnahmen auf den richtigen Weg gebracht werden. Derartige Maßnahmen genügen jedoch dann nicht, wenn die Arbeitsbummelei bewußt zum Schaden eines volkseigenen Betriebes oder einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft durchgeführt wird mit dem Ziel, die Arbeitsmoral der Werktätigen zu zersetzen. Hier muß erkannt werden, daß ein Staatsfeind am Werke ist, der durch sein Wirken die Mehrung und Festigung des Volkseigentums als der sozial-ökonomischen Grundlage unseres Staates stören will. 5. Die schuldhafte Verletzung der Pflichtablieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse wird in der Regel nach der Wirtschaftsstrafverordnung zu bestrafen sein. Anders aber sind die Großbauern eines Ortes zu behandeln, die verabredungsgemäß und vorsätzlich erhebliche Mengen landwirtschaftlicher Erzeugnisse nicht abliefern, um Schwierigkeiten in der Versorgung der Bevölkerung zu schaffen und damit das Vertrauen der Werktätigen zur Regierung der Deutschen Demokratischen Republik zu untergraben. Sie begehen Staatsverbrechen und sind entsprechend zu bestrafen. 6. Große Aufmerksamkeit muß auch den äußerlich als „leichtere Gesetzesverletzungen“ erscheinenden Beleidigungen und Körperverletzungen gewidmet werden. Sie werden in der Mehrzahl nach den einschlägigen Gesetzesbestimmungen des Strafgesetzbuches zu beurteilen sein. Wer jedoch einen Staatsfunktionär beleidigt, verächtlich macht oder körperlich angreift, und zwar nicht aus persönlicher Verärgerung, sondern eben weil es sich um einen Staatsfunktionär handelt, der wendet sich damit gegen den Staat selbst, dessen Autorität er mit seiner Handlung schwächen will. In solchen Fällen haben wir es mit Staatsverbrechern zu tun. Nicht selten werden solche Verbrechen unter Alkoholeinwirkung in Gaststätten begangen. Das gilt auch für Beschimpfungen und Hetzreden gegenüber unserer Staatsmacht. In allen Fällen versuchen die Täter, ihr Verbrechen auf den Alkoholgenuß zurückzuführen, wollen sich nicht mehr in vollem Umfange an das erinnern, was sie gesagt und getan haben, und wollen eine niedrigere Bestrafung oder die Anwendung des § 51 Abs. 1 oder 2 StGB oder des § 330 a StGB erreichen. Die Praxis der Gerichte, im Regelfall diese Umstände im Ergebnis nicht zu berücksichtigen, ist richtig. Auch Sachverständigengutachten, die die Richtigkeit der Einlassungen der Angeklagten bestätigen, darf nicht kritiklos gefolgt werden. Vielmehr ist zu beachten, daß in diesen Fällen die Handlungen der Angeklagten mit absoluter Konsequenz nur die Zielrichtung gegen unseren Staat, seine Funktionäre oder Einrichtungen haben, nicht aber sich gegen andere Objekte richten. Weder der Angeklagte noch der Sachverständige können diese Erscheinung begreiflich machen. Die Erklärung liegt aber ganz einfach darin, daß der Angeklagte mit seinen staatsfeindlichen Handlungen oder Äußerungen nur seine innere Einstellung objektiviert, d. h. nach außen erkennbar in Erscheinung treten läßt. Darüber hinaus ist allgemein bekannt, daß sich diese Elemente häufig entsprechend der Instruktion ihrer Auftraggeber des Alkoholgenusses zum Zwecke der Tarnung bedienen. 7. Zu den sorgfältig zu analysierenden Körperverletzungen gehört noch eine weitere Gruppe von Verbrechen. Zuweilen stehen Menschen vor Gericht, die, einzeln oder zu mehreren, jede sich bietende Gelegenheit ergreifen, um eine Schlägerei hervorzurufen, bei der sie Bürger der Deutschen Demokratischen Republik tätlich angreifen und an ihrer Gesundheit schädigen. Solche Verbrechen müssen, wo sie festgestellt werden, energisch bekämpft werden, denn sie sind geeignet, ganze Bevölkerungsteile in Unruhe und Unsicherheit zu versetzen. Wo aber beabsichtigt ist, Unsicherheit und Zweifel an der Fähigkeit des Staates, ein gesichertes Leben zu gewährleisten, hervorzurufen, da kommt eindeutig der Wille zum Ausdruck, die Staatsmacht zu untergraben. In diesen Fällen muß mit einer Bestrafung nach Art. 0 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik geantwortet werden. 8. Auch mit der strafrechtlichen Beurteilung der Abwerbung (vor allem von qualifizierten Fachkräften aus der Produktion), die eines der wesentlichsten Mittel ist, mit denen die Feinde unserer Ordnung die Republikflucht organisieren, müssen sich die Justizorgane befassen. Wir wissen, daß im Westen Deutschlands reaktionäre Kräfte mit allen Mitteln versuchen, den wirtschaftlichen Aufbau und die Festigung der Deutschen Demokratischen Republik zu stören. Ein Mittel dazu charakterisiert der Beschluß des 25. Plenums wie folgt: „Sie verleiten Bürger der Deutschen Demokratischen Republik zur Republikflucht und oft auch zur Schädlingsarbeit. Diejenigen, die den Versprechungen und Verlockungen der westlichen Agenturen zum Opfer fallen, handeln gegen ihre eigenen Interessen; denn sie stellen sich bewußt oder unbewußt in den Dienst der Feinde des werktätigen Volkes, der Organisatoren eines neuen Krieges sowie der faschistischen Reaktion und setzen damit sinnlos ihr Leben aufs Spiel.“ Gleichgültig, gegen welchen Personenkreis sich die Abwerbung richtet, ob es sich dabei z. B. um Ingenieure, Facharbeiter, Künstler oder Spitzensportler handelt sie stellt immer eine besonders in jüngster Zeit stärker hervorgetretene gefährliche Form des Klassenkampfes dar. Die Abwerbung von Sportlern oder Künstlern ist darauf gerichtet und dazu geeignet, die sich auf dem Gebiet des Sports oder der Kunst anbahnenden Beziehungen zwischen Ost und West zu stören und das notwendige gesamtdeutsche Gespräch schon in seinen Keimen zu ersticken. In der Abwerbung von Ingenieuren und sonstigen technisch qualifizierten Facharbeitern liegt nicht nur eine Beeinträchtigung des beschleunigten wirtschaftlichen Aufbaues in der Deutschen Demokratischen Republik; vielmehr dient diese Form der Abwerbung auch der Förderung der Rüstungsindustrie in Westdeutschland und damit der verstärkten Kriegsvorbereitung. Mit den hinterhältigsten Methoden werden diese Menschen nach Westdeutschland gelockt und gegen die Interessen der Werktätigen mißbraucht. Wer aber das Treiben der Feinde des deutschen Volkes durch aktive Äbwerbung unterstützt, entlarvt sich damit selbst als Staatsverbrecher. Die vorstehenden Beispiele, die nur einen Ausschnitt aus den vielfältigen Methoden der Angriffe gegen unseren Staat darstellen, sollen zeigen, wie sorgfältig jedes Verbrechen untersucht werden muß, um die richtige rechtliche Qualifizierung vornehmen zu können. Staatsverbrechen, d. h. alle Verbrechen, die gegen unsere Staatsmacht gerichtet sind, Verbrechen, die deren Sturz, Untergrabung oder Schwächung bezwecken, sind ge- 678;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 678 (NJ DDR 1955, S. 678) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 678 (NJ DDR 1955, S. 678)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung in: Justiz Plitz Те ich er Weitere Ausgestaltung des Strafver- fahrensrechts in der in: Justiz Schröder Huhn Wissenschaftliche Konferenz zur gerichtlichen Beweisführung und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß. die Feststellung der Wahrheit als ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens. Sie ist notwendige Voraussetzung gerechter und gesetzlicher Entscheidungen. Die grundlegenden Aufgaben des Strafverfahrens sind in der Verfassung der und im in der Strafprozeßordnung , im und weiter ausgestalteten und rechtlich vsr bindlich fixierten Grundsätze, wie zum Beispiel Humanismus; Achtung der Würde des Menschen, seiner Freiheit und seiner Rechte und die Beschränkung der unumgänglichen Maßnahme auf die aus den Erfordernissen der Gefahren-äbwehr im Interesse der Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinreichend geklärt werden, darf keine diesbezügliche Handlung feindlich-negativer Kräfte latent bleiben. Zweitens wird dadurch bewirkt, daß intensive Ermittlungshandlungen und strafprozessuale Zwangsmaßnahmen dann unterbleiben können, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten Prüfungsmaßnahmen der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt, sondern ist häufig Bestandteil der vom Genossen Minister wiederholt geforderten differenzierten Rechtsanwendung durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit ist selbstverständlich an die strafprozessuale Voraussetzunq des Vorliecens eines der. im aufgeführten Anlässe gebunden. Der Anlaß ist in den Ermittlungsakten euszuWeisen. In den meisten Fällen bereitet das keine Schwierigkeiten, weil das zu untersuchende Vorkommnis selbst oder Anzeigen und Mitteilungen von Steats-und Wirtschaftsorganen oder von Bürgern oder Aufträge des Staatsanwalts den Anlaß für die Durchführung des Untersuchungshaftvollzuges arbeiten die Diensteinheiten der Linie eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zusammen. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie zu unterstützen, zum Beispiel in Form konsequenter Kontrolle der Einnahme von Medizin, der Gewährung längeren Aufenthaltes im Freien und anderen.

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