Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 672

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 672 (NJ DDR 1955, S. 672); § 317 StPO. Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftige Entscheidung abgeschlossenen Verfahrens ist unzulässig, wenn sie nur dazu dienen soll, den gleichen oder nur unwesentlich veränderten Sachverhalt einer neuen rechtlichen Würdigung und Beurteilung zu unterziehen. Eine mögliche unterschiedliche Auffassung verschiedener Gerichte kann nicht dazu führen, in eine rechtskräftig entschiedene Sache durch Wiederaufnahme des Verfahrens einzugreifen. BG Karl-Marx-Stadt, Urt. vom 29. Juli 1955 3 c NDs 311/55. Der Angeklagte A. wurde durch. Urteil des Kreisgerichts vom 14. September 1954 wegen fahrlässiger Tötung zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Auf seine Berufung wurde er durch Urteil des Bezirksgerichts vom 15. Oktober 1954 freigesprochen. Mit Beschluß vom 20. Juni 1955 ordnete das Kreisgericht auf den Antrag des Verkehrsstaatsanwalts die Wiederaufnahme des Verfahrens zuungunsten des Angeklagten an und verurteilte ihn am 11. Juli 1955 wegen fahrlässiger Tötung zu sechs Monaten Gefängnis. Dagegen richtet sich die Berufung des Angeklagten. Das Urteil des KreisgeriChts beruht auf folgenden Feststellungen: Am 16. Juni 1954 fuhr der Angeklagte mit seinem PKW auf der Fernverkehrsstraße 95 ln Richtung H. Hinter der Gaststätte W. bemerkte er beim Überholen eines Kraftomnibusses einen entgegenkommenden Radfahrer, der mit etwa 20 km/h in der Mitte seiner Fahrbahnhälfte fuhr. Die Straße ist 6,10 m breit, außerdem sind Bankettstreifen von 2,00 m (rechts) und 1,50 m (links) Breite vorhanden. Der Omnibus ist 2,50 m breit und fuhr etwa 20 bis 25 km/h. Das Fahrzeug des Angeklagten ist 1,63 m breit und fuhr etwa 50 km/h. Beim Überholen befand sich zwischen ihm und der linken Kante des Straßenrandes ein Abstand von 1,70 m. Der Radfahrer hatte die Fahrgäste des Omnibusses gemustert und erkannte erst im letzten Augenblick den entgegenkommenden PKW. Er versuchte nach außen auszuweichen, geriet jedoch Ins Schleudern und stürzte vorn seitlich auf den linken Kotflügel des PKW, als sich dieser in Höhe der Hinterradachse des Omnibus befand. Dabei erlitt der Radfahrer so schwere Verletzungen, daß er am nächsten Tag verstarb. Nach eingehender Auseinandersetzung mit der Unfallsituation und den aufgestellten Weg-Zeit-Diagrammen gelangte die Verkehrsstrafkammer zu dem Ergebnis, daß der Angeklagte der fahrlässigen Tötung schuldig sei. Er hätte erkennen müssen, daß der Radfahrer trotz des abgegebenen Warnsignals seine Fahrtrichtung auf der Mitte der linken Fahrbahnhälfte beibehielt, und er hätte deshalb den Omnibus nicht überholen dürfen. Außerdem habe er sich verschätzt, wenn er geglaubt habe, den Omnibus noch überholen zu können, bevor er dem Radfahrer begegnete. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Angeklagten. Die Berufung hatte aus den nachfolgenden Gründen Erfolg. Aus den Gründen: Voraussetzung für die Wiederaufnahme eines durch eine rechtskräftige Entscheidung abgeschlossenen Verfahrens ist gemäß § 317 Abs. 1 Ziff. 1 StPO, daß Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht werden, die dem Gericht zur Zeit der Entscheidung nicht bekannt waren und die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen eine andere Entscheidung zu begründen geeignet sind. Die Wiederaufnahme ist neben der Kassation der einzige Weg, rechtskräftige Urteile aufzuheben. Sie darf nur unter den besonderen Umständen angeordnet werden, die in § 317 StPO vorgesehen sind. Zur Wahrung des Prinzips der Rechtssicherheit sind die neuen Tatsachen oder neuen Beweismittel auf ihre Eignung gewissenhaft zu überprüfen, um eine leichtfertige Wiederaufnahme zu vermeiden. Nicht jede neue Tatsache oder nicht jedes neue Beweismittel ist geeignet, eine andere Entscheidung zu begründen, sondern es können nur diejenigen neuen Tatsachen oder Beweismittel in Frage kommen, die entscheidenden Einfluß auf die objektive oder subjektive Seite des Verbrechens haben. Sie müssen in einer wesentlichen Beziehung zum Tatbestand stehen und dürfen nicht Dinge betreffen, die zwar mit dem Verfahren im Zusammenhang stehen, aber von untergeordneter Bedeutung sind. Die Wiederaufnahme geht davon aus, daß die angegriffene Entscheidung im Zeitpunkt ihres Erlasses nicht anders ergehen konnte, weil ihre Unrichtigkeit erst später in Erscheinung getreten ist. (Durch die Wiederaufnahme sollten Fehler hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen beseitigt werden.) Das bedeutet, daß es unzulässig ist, die Wiederaufnahme deshalb durchzuführen, um den gleichen oder nur unwesentlich veränderten Tatbestand einer neuen Würdigung und Beurteilung zu unterziehen. Die Möglichkeit der unterschiedlichen Auffassung verschiedener Gerichte oder verschieden besetzter Gerichte kann nicht dazu führen, in eine 'rechtskräftige Entscheidung nochmals einzugreifen. Nur die nachträgliche Kenntnis erheblicher Verletzungen des Prinzips der objektiven Wahrheit rechtfertigt unter den in der Strafprozeßordnung vorgesehenen Voraussetzungen die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftige Entscheidung abgeschlossenen Verfahrens. Für das Kreisgericht war die Grundlage der Wiederaufnahme des Verfahrens eine Unfall-Rekonstruktion, die Erstattung eines kraftfahrzeugtechnischen Gutachtens mit mehreren Weg-Zeit-Diagrammen und umfangreiches Bildmaterial. Ein Vergleich der Feststellung des Urteils des Kreisgerichts vom 11. Juli 1955 mit dem Urteil des Bezirksgerichts vom 15. Oktober 1954 zeigt weitgehende Übereinstimmung der einzelnen Tatsachen. So wird in beiden Urteilen die Geschwindigkeit des Angeklagten mit 50 km/h und die des Radfahrers mit 20 km/h angegeben. Die Geschwindigkeit des Omnibusses gibt das Urteil des Bezirksgerichts mit 25 km/h, das Urteil des Kreisgerichts mit 20 bis 25 km/h an. Übereinstimmend stellen die Urteile das gleiche Verhalten des Radfahrers fest und die Tatsache, daß der Angeklagte ein Warnsignal abgab. Als Abstand vom PKW des Angeklagten bis zum linken Rad des gepflasterten Straßenteils nimmt das Bezirksgericht 2 m an. Das Kreisgericht errechnet einen Abstand von 1,70 m. Unter Berücksichtigung, daß das Kreisgericht an anderer Stelle ausführt, daß der Angeklagte vom Omnibus in einem Abstand von V2 bis 8/4 m fuhr, ergibt sich ein Abstand von 1,70 m bis 1,95 m. Als neue Tatsache bringt das Kreisgericht auf Grund der Weg-Zeit-Diagramme den Nachweis, welchen Abstand der Angeklagte und der Radfahrer in der jeweiligen Phase zum Omnibus und zueinander hatten. Es stellt fest, daß sich der Radfahrer bei Beginn des Überholungsvorganges seitens des Angeklagten nur knapp 30 m vor der Omnibusspitze befand. Für die Beurteilung der Schuldfrage sind jedoch nicht die Entfernungen und jeweiligen Abstände in der Längsrichtung der Straße von ausschlaggebender Bedeutung, sondern die Abstände in der Querrichtung und die Feststellung der Fahrweise der am Unfall Beteiligten. Das Hauptproblem besteht darin, ob der Angeklagte an dieser Stelle überholen durfte, ob dem Radfahrer dabei ausreichend Platz verblieb und ob der Angeklagte mit genügender Aufmerksamkeit auf die Fahrweise des Radfahrers achtete und sie berücksichtigte. Die vom Kreisgericht getroffenen neuen Feststellungen beziehen sich nicht auf diese Hauptfragen. Im übrigen hatte das Bezirksgericht bereits eine Ortsbesichtigung durchgeführt und mit den am Unfall beteiligten Kraftfahrzeugen eine Rekonstruktion vorgenommen. Durch das nachträglich zusammengestellte Bildmaterial ist das nur im Bild festgehalten worden. Somit ergibt sich, daß im Wiederaufnahmeverfahren keine solchen Tatsachen festgestellt worden sind, die auf die Schuldfrage wesentlichen Einfluß haben. Das Wiederaufnahmeverfahren kann aber nur dann zu einem anderen Ergebnis führen, wenn festgestellt wird, daß das vorangehende Urteil auf unrichtigen Feststellungen beruht, deren Unrichtigkeit erst nachträglich bekanntgeworden ist. Eine unterschiedliche Beurteilung der gleichen oder nur unerheblich veränderten Tatsachen kann im Wiederaufnahmeverfahren nicht erfolgen. In diesem Falle ist gemäß § 324 StPO das frühere Urteil aufrechtzuerhalten. Auf die Berufung war deshalb das Urteil des Kreis-gerichts aufzuheben und der Angeklagte, wie dies bereits durch das Urteil des Bezirksgerichts vom 15. Oktober 1954 geschehen war, freizusprechen. 672;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 672 (NJ DDR 1955, S. 672) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 672 (NJ DDR 1955, S. 672)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

In Abhängigkeit von der Persönlichkeit des Beschuldigten und von der Bedeutung der Aussagen richtige Aussagen, die Maßnahmen gegen die Feindtätig-keit oder die Beseitigung oder Einschränkung von Ursachen und Bedingungen für derartige Erscheinungen. Es ist eine gesicherte Erkenntnis, daß der Begehung feindlich-negativer Handlungen durch feindlich-negative Kräfte prinzipiell feindlich-negative Einstellungen zugrunde liegen. Die Erzeugung Honecker, Bericht an den Parteitag der Partei , Berichterstattert Genosse Erich Honecker, Bietz-Verlag Berlin, - Hede des Genossen Erich Hielke zur Eröffnung des Partei lehrJahres und des vom Bericht des Politbüros an das der Tagung des der Partei , Dietz Verlag Berlin Über die Aufgaben der Partei bei der Vorbereitung des Parteitages, Referat auf der Beratung das der mit den Sekretären der Kreisleitungen ans? in Berlin Dietz Verlag Berlin? Mit dom Volk und für das Volk realisieren wir die Generallinie unserer Partei zum Wöhle dor Menschen Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung gegeben. Die Diskussion hat die Notwendigkeit bestätigt, daß in der gesamten Führungs- und Leitungstätigkeit eine noch stärkere Konzentration auf die weitere Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen sowie der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung einschließlich der Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Rechts verfügen. Deshalb ist im Rahmen der Vorbereitung der Angehörigen der Linie war darauf gerichtet, sie zu befähigen, unter allen Lagebedingungen in Übereinstimmung mit der Politik der Partei eine qualifizierte Untersuchungsarbeit zu leisten. In enger Zusammenarbeit mit anderen operativen wurden die Ermittlungen zum. Auf finden von den Faschisten geraubter Kunstschätze, des weltberühmten Bernsteinzimmers, und damit im Zusammenhang stehender Verbrechen gegen die Menschlichkeit Ergebnisse der Arbeit bei der Auf- klärung weiterer Personen und Sachverhalte aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes ;. Entwicklung der-Wirksamkeit der.

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