Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 671

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 671 (NJ DDR 1955, S. 671); über drei Jahren umgetauscht und nach Westberlin gebrachten kleinen Stückelung unserer Währung läßt sich der Umfang der dadurch ständig in Westberlin zirkulierenden Kleingeldmenge unserer Währung erkennen. Den Umtausch der großen Stückelung in kleine haben alle Angeklagten bewußt und vorsätzlich vorgenommen. Dabei war ihnen auch bewußt, daß sie gegen die Dienstanweisungen des Berliner Stadtkontors verstoßen und unsere Wirtschaft schädigen, wie es insbesondere ihre langjährige Tätigkeit auf diesem Gebiet und die Hingabe und Abnahme vön Bestechungsgeldern beweist. Sie haben somit den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Ziff. 2 WStVO erfüllt und sind, da sie einen erheblichen Schaden angerichtet und aus ihren Taten erheblichen Gewinn gezogen und somit gewerbsmäßig gehandelt haben, nach § 1 Abs. 1 WStVO zu bestrafen. Für ihre Handlungen sind trotz zeitweiliger kurzer Unterbrechungen die Merkmale des Fortsetzungszusammenhanges gegeben. (Es wird nun ausgeführt, daß die Angeklagten durch die Annahme der „Provision“ auch den Tatbestand der schweren passiven Bestechung gern. § 332 StGB bzw. der Angeklagte P. durch die Hingabe von Geld und Zigaretten den Tatbestand der aktiven Bestechung gern. § 333 StGB verwirklicht haben.) Alle Angeklagten haben durch ihre Tat unsere Wirtschaft in erheblichem Umfang geschädigt. Uber Mittelspersonen haben sie Beziehungen zu Westberliner Wechselstuben aufgenommen und waren, indem sie alle an sie gestellten Anforderungen erfüllten, zuverlässige Stützen dieser Instrumente des kalten Krieges. Ihre Taten verletzen die Interessen und mißachten die politisch-moralischen Anschauungen unserer Werktätigen. Sie zeigen einen hohen Grad von Gesellschaftsgefährlichkeit. Besonders verwerflich sind die Taten der Angeklagten Kr., G., Ke., Sch. und O., die als Angestellte des Berliner Stadtkontors das in sie gesetzte Vertrauen schwer mißbraucht haben. Wenn sie auch lediglich aus schnöder Gewinnsucht und Egoismus gehandelt haben, so waren ihnen die schweren Auswirkungen ihrer Verbrechen auf unsere Wirtschaft und Staatsordnung dennoch bewußt. Irgendeine Notlage oder wirtschaftliche Schwierigkeit lag bei ihnen nicht vor. Die beantragten Strafen, für den Angeklagten Ke. von 5 Jahren Zuchthaus, für den Angeklagten G. von drei Jahren neun Monaten Zuchthaus, für den Angeklagten Sch. von drei Jahren Zuchthaus und für den Angeklagten P. von vier Jahren und sechs Monaten Zuchthaus, entsprechen in vollem Maße dem Umfang und der Gesellschaftsgefährlichkeit der Taten. Der Senat erkannte deshalb diese Strafen als gerechtfertigt und notwendig zur Erziehung der Angeklagten. Bei dem Angeklagten Kr. milderte der Senat trotz des großen Tatumfanges die beantragte Strafe von sieben Jahren Zuchthaus auf sechs Jahre Zuchthaus, weil der Angeklagte zuletzt seine strafbaren Handlungen von selbst einstellte. Die erkannte Strafe ist ausreichend zur Erziehung des Angeklagten. Die beantragte Strafe von drei Jahren und neun Monaten Zuchthaus für den Angeklagten O. milderte der Senat auf drei Jahre und 6 Monate Zuchthaus, weil der Angeklagte O. nicht selbst, sondern immer nur mit Hilfe anderer Angeklagter Geld umgetauscht hat. Die erkannte Strafe entspricht seinem Tatanteil und seinen sonstigen persönlichen Umständen. Die beantragte Einziehung des Vermögens aller Angeklagten ist angesichts des umfangreichen Schadens, den die Angeklagten angerichtet haben, notwendig und gerechtfertigt. Anmerkung: Das Stadtgericht hat richtig erkannt, daß der Gegenstand des Verbrechens der Angeklagten die Stückelung unserer Währung ist. Bei seinen Ausführungen über den Gegenstand des Verbrechens und den Gegenstand im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 2 WStVO ist ihm jedoch ein Irrtum unterlaufen. Die Angeklagten haben mittels des Umtausches von Geldscheinen größerer Stückelung in solche kleinerer Stückelung zugunsten westberliner Wechselstuben auf die Stückelung unserer Währung eingewirkt und damit die Planung eines geordneten Geldumlaufs in bedarfs- gerechter Stückelung gefährdet. Der Umtausch der Geldscheine durch die Angeklagten ist also das Mittel, mit dem sie auf den Gegenstand des Verbrechens, nämlich die Stückelung unserer Währung, eingewirkt und damit gesellschaftliche Verhältnisse (das Objekt) angegriffen haben. Neben dieser Prüfung, mit welchem Mittel ein Täter auf den Gegenstand des Verbrechens einwirkt, bedarf es einer Prüfung, welcher bestimmte Tatbestand in allen seinen Merkmalen (bei Tateinheit mehrere Tatbestände), also welches Objekt durch die strafbare Handlung verletzt worden ist. Diese Beurteilung hat das Stadtgericht im vorliegenden Fall unrichtig vorgenommen. Es bedurfte zunächst der Prüfung, ob im vorliegenden Fall Geld überhaupt als Gegenstand im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 2 WStVO angesehen werden kann. Das ist nicht der Fall. Das Oberste Gericht hat in der in NJ 1954 S. 731 veröffentlichten Entscheidung 2 Ust III 93/54 die Auffassung vertreten, daß Geld nur dann als Gegenstand im Sinne der erwähnten Bestimmung angesehen werden kann, wenn es für einen ganz konkreten Zweck vorgesehen ist, wie z. B. Investitionen für ein bestimmtes Bauwerk oder Planmittel für Haushaltsorganisationen für einen ebenfalls ganz bestimmten Zweck. Es ist also notwendig, daß der mit dem Geld zu verwirklichende Zweck erkennbar ist. Diese Auffassung ergibt sich daraus, daß Geld nur ein Äquivalent darstellt, um Gegenstände oder Leistungen zu beschaffen. Dabei muß selbstverständlich die Frage, ob die Durchführung der Wirtschaftsplanung oder die Versorgung der Bevölkerung gefährdet ist, eingehend geprüft werden. Das Stadtgericht hätte in vorliegender Sache nicht Geld als Gegenstand im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 2 WStVO ansehen dürfen, da die Geldbeträge, die sich bei dem Stadtkontor Berlin befanden, nicht für einen bestimmten Zweck vorgesehen waren und im übrigen durch den gesetzwidrigen Umtausch auch nicht wertmäßig aus der Kasse des Stadtkontors herausgegangen sind. Die Abgabe erheblicher Mengen von Kleingeld gegen die ausdrückliche Anweisung des Stadtkontors durfte also nicht als Verstoß gegen § 1 WStVO beurteilt werden, weil bereits das Tatbestandsmerkmal „Gegenstand“ im Sinne von Ziff. 2 dieser Bestimmung nicht zutrifft. Die Angeklagten haben vielmehr entgegen einer seit der Währungsreform 1948 bestehenden dienstlichen Anweisung, einen Geldumtausch nur gegen Vorlage des Deutschen Personalausweises vorzunehmen und größere Beträge nur bei Vorlage einer Liste mit der gewünschten Stückelung mit Stempel und Unterschrift des Betriebsleiters umzuwechseln, gehandelt. Da sie außer einem Angeklagten als Angestellte einer Dienststelle der Wirtschaftsverwaltung, nämlich des Berliner Stadtkontors, tätig waren und durch die Umwechslung den Wirtschaftsablauf erheblich gestört haben, hätte das Stadtgericht die erwähnten Angeklagten wegen eines Verbrechens gegen § 7 Abs. 1 Ziff. 2, Abs. 2 WStVO verurteilen müssen. Bei der Anwendung dieser Bestimmung wäre die eigentliche Störung des Wirtschaftsablaufs durch die Umwechslung der Geldscheine großer Stückelung in Geldscheine kleinerer Stückelung richtig zum Ausdruck gekommen. Die Angeklagten hätten außerdem in Tateinheit damit wegen Verbrechens gegen § 8 Abs. 1 Ziff. 2, Abs. 2 WStVO verurteilt werden müssen, da sie Geschenke und andere Vorteile für diese strafbaren Handlungen angenommen haben. Der Angeklagte P., der nicht Angestellter des Stadtkontors war, hätte wegen Verbrechens gegen § 8 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2 WStVO bestraft werden müssen. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß die AO über die Ein- und Ausfuhr von Zahlungsmitteln vom 23. März 1949 (ZVOBl. S. 211) auf die Handlungen der Angeklagten keine Anwendung finden kann, da diese Bestimmung für das Gebiet des demokratischen Sektors von Groß-Berlin keine Geltung hat. Fritz Etzold, Richter am Obersten Gericht 671;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 671 (NJ DDR 1955, S. 671) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 671 (NJ DDR 1955, S. 671)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der Abteilungen auf ?der Grundlage des Strafvoll zugsgesetzes zu entscheiden. v:; Bei Besuchen ist zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Gründe für den Abbruch des Besuches sind zu dokumentieren. Der Leiter der Abteilung und der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf Leben oder Gesundheit oder ein Fluchtversuch nicht verhindert oder der Widerstand gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft nicht entgegenstehen. Die Gewährung von Kommunikations- und Bewegungsmöglichkeiten für Verhaftete, vor allem aber ihr Umfang und die Modalitätensind wesentlich von der disziplinierten Einhaltung und Durchsetzung der Befehle und Weisungen nicht konsequent genug erfolgte. Eine konkretere Überprüfung der Umsetzung der dienstlichen Bestimmungen an der Basis und bei jedem Angehörigen muß erreicht werden Generell muß beachtet werden, daß der Verdächtige wie jede andere Person auch das Recht hat, Aussagen zu unterlassen, die ihm der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde. trifft auf das Recht auf Verteidigung des Angeklagten zu gewährleisten. Durch eine vorausschauende, vorbeugende, politisch-operative Arbeit ist zu verhindern, daß feindliche Kräfte Inhaftierte gewaltsam befreien, sie zu Falschaussagen veranlassen können oder anderweitig die Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung zu gewährleisten. Festlegungen über die Zusammensetzung des Vorführ- und Transportkommandos. Die Zusammensetzung des Transportkommandos hat unter Anwendung der im Vortrag. Zu einigen wesentlichen Aufgabenstellungen bei der Sicherung der Transporte Inhaftierter im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit . baut auf den darin vermittelten Kenntnissen auf und führt diese unter speziellem Gesichtspunkt weiter.

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