Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 668

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 668 (NJ DDR 1955, S. 668); 28. Juli 1954 ein Verlustprotokoll über 19,8 kg Kirschen im Werte von 17,82 DM bei der für sie zuständigen Kreisstelle der HO Lebensmittel eingereicht. Diese hat einen unverschuldeten Warenverderb nicht anerkannt, sondern hat sich an die für sie zuständige Konfliktkommission gewandt mit dem Anträge, Frau B. zu verpflichten, an sie, die Antragstellerin, 17,82 DM nebst 4 Prozent Zinsen seit dem 20. Dezember 1954 zu zahlen. Die Konfliktkommission hatte den Termin zur Verhandlung über diesen Antrag auf den 20. Dezember 1954 anberaumt und beide am Streit Beteiligten ordnungsgemäß nach § 14 KKVO elngeladen. Obgleich die Antragsgegnerin, Frau B., dieser Einladung keine Folge geleistet hatte, hat die Konfliktkommission beschlossen, trotz Abwesenheit der Antragsgegnerin zu verhandeln und eine Entscheidung zu treffen. Demgemäß erging am 20. Dezember 1954 der einstimmig gefaßte Beschluß der Konfliktkommission auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung der 17,82 DM nebst beantragten Zinsen. Am 11. Januar 1955 hat der Staatsanwalt des Kreises beim Kreisarbeitsgericht auf Grund von § 81 KKVO beantragt, den Beschluß der Kommission aufzuheben und durch eine andere Entscheidung zu ersetzen. Der Antrag wurde damit begründet, daß § 21 Abs. 1 KKVO verletzt sei, weil die Konfliktkommission in Abwesenheit der Antragsgegnerin verhandelt und entschieden habe. Das Kreisarbeitsgericht hat sich jedoch dieser Auffassung nicht angeschlossen, sondern hat durch Urteil vom 4. Februar 1955 den Antrag des Kreisstaatsanwalts abgewiesen. In der Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, die Konfliktkommission könne auch in Abwesenheit der geladenen Antragsgegnerin verhandeln und entscheiden, weil dies im Interesse einer beschleunigten Beilegung des Arbeitsrechtsstreits liege und Bestimmungen der KKVO dem nicht entgegenstünden. Am 29. Januar 1955 hatte übrigens die Antragstellerin dem Kreisarbeitsgericht angezeigt, daß Frau B. den von ihr verlangten Betrag in Höhe von 18 DM bezahlt habe. Gegen dieses Urteil vom 4. Februar 1955 richtet sich der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts, der Verletzung der §§ 4. 21 Abs. 2, 81 KKVO und § 139 ZPO rügt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Urteil des Kreisarbeitsgerichts ist seit seiner Verkündung rechtskräftig, da ein Rechtsmittel -wegen des Streitwertes gemäß § 64 ArbGG nicht gegeben ist. Der Auffassung des Kreisarbeitsgerichts kann nicht beigetreten werden. Sie steht mit dem Wesen der Konfliktkommission in Widerspruch und verletzt die für die Verhandlung und Entscheidung von Arbeitsstreitigkeiten durch die KKVO erlassenen gesetzlichen Bestimmungen. Das Kreisarbeitsgericht hat zwar, wie sich aus seiner Begründung ergibt, richtig erkannt, daß die Konfliktkommissionen, obwohl ihnen das Gesetz eine Ent-scheidungs befugnis zuweist, keine betrieblichen Arbeitsgerichte sind, sondern Selbstverwaltungsorgane der Werktätigen des betreffenden Betriebes. Ihre allgemeine Aufgabe besteht nach dem Vorspruch der KKVO darin, daß durch sie „die sich aus dem Arbeitsvertragsverhältnis ergebenden Streitfälle im Betrieb oder in der Verwaltung beigelegt werden sollen“. Die Behandlung dieser Arbeitsstreitfälle so fährt der Vorspruch fort „soll durch Werktätige erfolgen, die sich auf das Vertrauen der Belegschaft stützen, die die Arbeitsverhältnisse und Produktionsbedingungen, bei denen der Streitfall entstand, kennen und demzufolge eine schnelle und gerechte Lösung herbeiführen können“. Diese vom Vorspruch gesetzten Ziele verwirklicht die KKVO dadurch, daß sie in § 1 Abs. 1 die Bildung der Konfliktkommissionen „zur Beseitigung von Arbeitsstreitfällen“ anordnet und im § 4 diese Aufgabe der Kommissionen näher dahin präzisiert, „Arbeitsstreit-fälle, die im Betriebe oder in der Verwaltung auftre-ten, auf der Grundlage der gesetzlichen und kollektivvertraglichen Bestimmungen zu entscheiden. Zu diesem Zweck haben sie alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, die eine schnelle und gerechte Entscheidung gewährleisten“. Selbstverständlich bedarf es zur Erfüllung dieser Aufgaben eines geordneten Verfahrens, wie es ja denn l auch die KKVO in ihren Abschnitten III und IV näher und was zu beachten ist erschöpfend regelt. Dabei vermeidet die KKVO bewußt jede Bezugnahme oder auch nur jeden Hinweis auf das gerichtliche, insbesondere arbeitsgerichtliche Verfahren, enthält vielmehr Anordnungen, die sich mit den Vorschriften über die allenfalls entsprechenden Einrichtungen des gericht- lichen Verfahrens bewußt in Widerspruch setzen. Das bezeichnendste Beispiel dafür ist die Bestimmung des § 18 KKVO, die besagt, daß nicht nur die Verhandlung, sondern tauch die Beschlußfassung der Konfliktkommission öffentlich vor sich gehen muß. Soll schon durch die Bestimmung des § 17 Abs. 1, daß die Verhandlungen der Kommission außerhalb der Arbeitszeit stattzufinden haben, allen Betriebsangehörigen, also nicht nur den unmittelbar am Streit Beteiligten, die Teilnahme an- den Verhandlungen ermöglicht werden, so werden die Mitglieder der Kommission durch § 18 Abs. 1 genötigt, klar und offen zu dem Streitfälle Stellung zu nehmen, und nicht nur die Beteiligten, sondern alle Werktätigen erhalten so die Möglichkeit, sich unmittelbar über die Gründe des Beschlusses, der ja nach § 22 KKVO der Einstimmigkeit bedarf, und über sein Zustandekommen bis in alle Einzelheiten zu unterrichten. Mit Recht betont daher auch Schlegel in NJ 1953 S. 351, daß das Verfahren vor den Konfliktkommissionen nicht dem Verfahren vor den Gerichten entspricht, daß es vielmehr ganz bewußt nicht an strenge Prozeßregeln gebunden, sondern beweglich ist und beweglich gehalten werden muß. Gewiß verfolgen alle Verfahrensvorschriften der KKVO das Ziel einer möglichst beschleunigten innerbetrieblichen und endgültigen Entscheidung von Arbeitsrechtsstreitigkeiten. Daneben steht aber gleichberechtigt das Erfordernis, daß diese Entscheidung streng die demokratische Gesetzlichkeit zu wahren hat und gerecht sein muß. Gerecht sein kann aber eine Entscheidung nur, wenn sie sich auf die Erforschung der objektiven Wahrheit gründet, und diese kann nur gefunden werden, wenn zuvor beide am Streite unmittelbar Beteiligten gehört werden. Zwar besteht in unseren staatlichen Betrieben und Verwaltungen ein antagonistischer Widerspruch zwischen Arbeitern und Betriebsleitung nicht. Gleichwohl aber bleibt die Tatsache bestehen, daß sich ein Arbeiter oder Angestellter in seinem Rechte verletzt fühlen kann und deshalb daran interessiert ist, seine Sache vor der Konfliktkommission zu klären. Den Arbeitern und Angestellten soll, wie der Vorspruch der KKVO erkennen läßt, in erster Linie die Möglichkeit eröffnet werden, ihren Anspruch auf Einhaltung der fortschrittlichen arbeitsrechtlichen Bedingungen durchzusetzen. Das schließt natürlich nicht aus, daß, je nach Lage der Umstände, wie im vorliegenden Falle auch der Betrieb als Antragsteller auftreten kann. Aber auch dann ist das Interesse aller Werktätigen an einer endgültigen, streng gesetzlichen und gerechten Lösung des Streitfalles das gleiche, unabhängig davon, ob der unmittelbar beteiligte Werktätige sich nun der Bedeutung dieser Ziele bewußt ist, und es deshalb mit der Erfüllung seiner Verpflichtung zum Erscheinen vor der Kommission ernst nimmt oder nicht. Schon die Klarstellung dieser wichtigen und hohen Aufgaben der Konfliktkommissionen und die Würdigung des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens lassen erkennen, daß es falsch ist, wenn die vorliegend tätig gewordene Konfliktkommission und, ihr folgend, daß Kreisarbeitsgericht der Auffassung sind, die Bestimmungen der KKVO ständen der Durchführung eines einseitigen Verfahrens nicht entgegen. Berechtigt ist nach dem Dargelegten allein der umgekehrte Schluß, daß nämlich, wenn die KKVO nach Art der Zivilprozeßgesetze eine Verhandlung und Entscheidung auch gegen Abwesende zulassen wollte, sie dies und vor allem dann auch die prozessualen Wirkungen der Säumnis eines Beteiligten im einzelnen geregelt hätte, und zwar so, daß Zweck und Ziel der ganzen Einrichtung der Konfliktkommissionen, soweit möglich, gewahrt blieben. So braucht denn in diesem Zusammenhänge nur noch ergänzend und unterstützend darauf hingewiesen zu werden, daß die KKVO in allen auf die Verhandlung und Entscheidung vor der bzw. durch die Kommission bezüglichen Bestimmungen ausnahmslos von „den“ am Arbeitsstreitfalle „Beteiligten“ spricht (§§ 14, 15 Abs. 1, 18 Abs. 2, 21 Abs. 2 und 3, 24, 28, 29). Sie wählt diese Bezeichnung um auszudrücken, daß es sich nicht um ein Prozeßverfahren im eigentlichen Sinne handelt, an 668;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 668 (NJ DDR 1955, S. 668) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 668 (NJ DDR 1955, S. 668)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der offensiven Nutzung der erzielten Untersuchungsergebnisse Potsdam, Ouristische Hochscht Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der Offizialisierung von inoffiziellen Beweismitteln bei der Bearbeitung und beim Abschluß operativer Materialien Vertrauliche Verschlußsache - Meinhold Ausgewählte Probleme der weiteren Qualifizierung der Zusammenarbeit der Abteilung mit anderen operativen Diensteinheiten im Prozeß der Untersuchung politisch-operativ bedeutsamer Vorkommnisse mit bekannten tatverdächtigen Personen bei Versuchen von Bürgern der zur Erreichung ihrer Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, auf Familienzusammenführung und Eheschließung mit Bürgern nichtsozialistischer Staaten und Westberlins sowie auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR. Sie sind in der Regel typisch für Täter, die politisch-operativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität begehen. Die hat auch Einfluß auf die Begehungsweise und Auswirkungen der Straftat. Sie ist zugleich eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung und Qualifizierung der Untersuchungsmethoden. Unter Beachtung der konkreten politisch-operativen Lage im Ver antwortungsbereich, aller objektiven undsubjektiven Umstände der begangenen Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen konsequent, systematisch und planvoll einzuengen sowie noch effektiver zu beseitigen, zu neutralisieren bzw, in ihrer Wirksamkeit einzuschränken. Die Forderung nach sofortiger und völliger Ausräumung oder Beseitigung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern der unter den äußeren und inneren Existenzbedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der Das Wirken des imperialistischen Herrschaftssystems als soziale Ursache für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Aktivitäten, die Stimmung der Bevölkerung, gravierende Vorkommnisse in Schwerpunktberoichcn in Kenntnis gesetzt werden sowie Vorschläge, zur Unterstützung offensiven Politik von Partei und Regierung ira Rahmen der vorbeugenden Bekämpfung von Personenzusaramen-schlüessn unter dem Deckmantel der Ergebnisse des zur Durchsetzung konterrevolutionärer Ziele zu leisten.

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