Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 660

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 660 (NJ DDR 1955, S. 660); Aber bald genügte das neue Naturrecht nicht mehr den Forderungen der Imperialisten, und die „Natur der Sache"-Ideologie trat in den Vordergrund. Diese „Theorie“ behauptet, den sozialen Dingen selbst wohne eine „Ordnung“ inne, „die die Gerechtigkeit nur zu erkennen und zu berücksichtigen braucht, um sicherzugehen“ (Coing). Das hat nichts mit den objektiven Gesetzmäßigkeiten des gesellschaftlichen Lebens zu tun, unter „Natur der Sache“ ist die Bedeutung einer gesellschaftlichen Erscheinung für die herrschenden Imperialisten zu verstehen. Mit Hilfe dieser Theorie werden Friedenskämpfer, nicht wegen ihrer Taten, sondern auf Grund ihrer „Natur“ als Kommunisten verurteilt. Der Schwerpunkt der Arbeit Schöneburgs liegt im nächsten Abschnitt, der sich mit der zunehmenden richterlichen Willkür in der westdeutschen Rechtsprechung beschäftigt. Ausführlich behandelt der Verfasser, wie mit den verschiedenartigsten Methoden die bürgerliche Gesetzlichkeit durchbrochen wird, um die Politik der Wiedererrichtung des deutschen Militarismus, die Politik der Kriegsvorbereitung durchführen zu können. Wenn auch nicht mehr die letzte Entwicklungsphase dieses Prozesses erfaßt werden konnte3) die Arbeit wurde bereits Mitte 1954 abgeschlossen , die die weitere außerordentliche Verschärfung des gerichtlichen Terrors noch deutlicher gemacht hätte, so behalten die Feststellungen Schöneburgs dennoch ihre prinzipielle Richtigkeit. Es wird konkret und eingehend gezeigt, wie durch eine Neuauflage des Gesinnungsstrafrechts gegen die Gegner des Adenauer-Regimes vorgegangen wird. Die neuesten Beispiele für diese Praxis sind der Prozeß gegen die Führer der westdeutschen FDJ, Jupp Angenfort und Wolfgang Seiffert, sowie der Prozeß gegen den 1. Sekretär der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft in Westdeutschland, Georg Gampfer, die beide vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe durchgeführt wurden. Weiter zeigt Schöneburg, wie durch „Auslegung“ die Gesetze der zunehmenden Aggressivität der westdeutschen Revanchepolitiker „angepaßt“ werden. So erklärte der Bundesfinanzhof, daß eine vom Wortlaut abweichende Auslegung zulässig sei, wenn die wirkliche Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde, das vom Gesetzgeber nicht gewollt sein könne (S. 38). Ein weiteres Mittel zur Beseitigung der richterlichen Unabhängigkeit ist das sog. richterliche Prüfungsrecht. „Danach hat das erkennende Gericht nur dann ein unbeschränktes Prüfungsrecht, wenn es die Rechtmäßigkeit der betreffenden Norm bejahen will. Soll die Gültigkeit eines Gesetzes verneint werden, 90 ist das Verfahren auszusetzen und die Angelegenheit dem Bundesverfassungsgericht bzw. Landesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen“ (S. 42). So soll eine Kontrollinstanz geschaffen werden gegenüber dem in gewisser Weise vom Volke abhängigen Parlament und übernommenen demokratischen Gesetzen. Welche Rolle insbesondere das Bundesverfassungsgericht mit seinen umfassenden Kompetenzen als „Hüter der Verfassung“ in Westdeutschland spielt, wurde garade in letzter Zeit nur allzu deutlich, einmal im Verbotsprozeß gegen die KPD4) und zum anderen in seinem Urteil zu dem von der reaktionären Mehrheit des Bundestages angenommenen Saar-Statut5 *). Nur dürftig wird in diesem Urteil die Verfassungswidrigkeit des Saarabkommens Adenauers bemäntelt. Dem Bundesverfassungsgericht genügt es, „daß die im Vertrag vorgesehenen Maßnahmen mit dem Willen unternommen sind und die Tendenz in sich tragen, dem vollverfassungsmäßigen Zustand wenigstens so weit, wie es politisch erreichbar ist, näher zu kommen, seiner Erreichung vorzuarbeiten“5). *) vgl. deshalb z. B. Geräts, „Die ersten Urteile des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofes in politischen Verfahren“, NJ 1954 S. 618 ff. und „Zur Entwicklung des außergerichtlichen .und gerichtlichen Terrors gegenüber den demokratischen Kräften Westdeutschlands“, NJ 1955 S. 85 ff. ) vgl. „Weißbuch der KPD über die mündlichen Verhandlungen im Verbotsprozeß vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe“, Dietz Verlag, Berlin 1955. 5) vgl. Murowski, „Das Saar-Urteil des Bundesverfassungs- gerichts und die bürgerliche Gesetzlichkeit“, NJ 1955 S. 532 ff. ') a. a. O. S. 533. Schöneburg spricht dann davon, daß es in Westdeutschland zwar kein Präjudizien-System gibt, daß aber indirekt doch nahezu das gleiche durch Ausnutzung der größeren Autorität der Entscheidungen der oberen Gerichte und auch durch direkte Bindung der unteren Gerichte in bestimmten Fällen an die Urteile der Obergerichte erreicht wird (S. 50). Bei seinen Untersuchungen über die Gerichtspraxis in Westdeutschland kommt' Schöneburg zu dem Ergebnis, daß diese in zunehmendem Maße durch politische Ermessensentscheidungen charakterisiert ist, daß die richterliche Unabhängigkeit, und zwar ihr Kernstück, die strenge Bindung des Richters an das Gesetz, immer mehr zerstört wird. Im folgenden Abschnitt werden die Einwirkungen der Exekutive auf die richterliche Unabhängigkeit im Adenauer-Staat behandelt. Der Verfasser beweist einleitend, daß die Tendenz zur Aufblähung des Staats-aparates, der Exekutive, im Zeitalter des Imperialismus eine Gesetzmäßigkeit in der Entwicklung des bürgerlichen Staates darstellt, und er schildert dann im einzelnen, wie durch das Ernennungsverfahren der Richter, durch ihre Unterbezahlung, durch die Dienstaufsicht seitens der Justizminister der Länder, durch Unterbesetzung der Gerichte, durch Einflüsse der USA-Besatzungsmacht usw. die richterliche Unabhängigkeit in Westdeutschland untergraben wird. Es ist unmöglich, hier auf alle von Schöneburg behandelten Probleme einzugehen. Jedoch sei zur Frage der Justizaufsicht eine neuere Auffassung aus Westdeutschland zitiert. Prof. Dr. Fritz B a u r gelangt in seiner Monographie „Justizaufsicht und richterliche Unabhängigkeit“ zu dem Schluß, „daß die Gesetzgebung den Weg zu einer befriedigenden Abgrenzung der richterlichen Unabhängigkeit von der Justizaufsicht bisher nicht gefunden' hat“ Es gelte, „überkommene, aber immer noch wirksame Vorstellungen über patrimoniale Herrschafts- und Aufsichtsbefugnisse aufzugeben, wie andererseits von den Trägern politischer Macht eine im Ergebnis sicher weise Selbstbeschränkung erwartet werden muß“7) Das besagt genug. Die anschließenden Ausführungen von Schöneburg gelten der sog. persönlichen Unabhängigkeit der westdeutschen Richter. Er stellt fest, daß es keine persönliche Unabhängigkeit des Richters geben kann, da dieser die Interessen der herrschenden Klasse vertreten muß, „weil er Angestellter des Staates der herrschenden Klasse ist, weil er den in den Rechtsnormen staatlich sanktionierten Willen der herrschenden Klasse in seinem Urteil verwirklicht“ (S. 65). Weiter wird ausgeführt, wie bereits durch entsprechende Beeinflussung des Studiums und der Ausbildung der zukünftigen Juristen diese zu willfährigen Werkzeugen der Imperialisten gemacht werden, wie mittels der Durchführung „juristischer Wochen“ usw. die Richter vom Volke getrennt werden sollen. Doch bereits durch die „Entnazifizierung“ der westdeutschen Richterschaft wurde für eine genehmere personelle Zusammensetzung der Gerichte Sorge getragen. 70 bis 80 Prozent aller heute in Westdeutschland amtierenden Richter und Staatsanwälte waren Mitglieder der NSDAP. Von diesen eine Vertretung der Interessen des werktätigen Volkes erwarten zu wollen, wäre absurd. Es gibt aber in Westdeutschland auch noch demokratische Richter, die auf dem Boden der bürgerlichen Gesetzlichkeit stehen und sich den Willkürmaßnahmen der Adenauer-Regierung widersetzen. Als Beweis führt Schöneburg u. a. die recht zahlreichen Urteile an, die angeklagte Friedenskämpfer, die die Volksbefragung gegen die Remilitarisierung Westdeutschlands trotz Verbots der Adenauer-Regierung fortgesetzt hatten, freisprachen und damit die im Bonner Grundgesetz verankerten Grundrechte verteidigten (S. 75). Im letzten Abschnitt der Schrift wird gezeigt, wie in der DDR im Gegensatz zum Adenauer-Staat die richterliche Unabhängigkeit verwirklicht wird, wie erstmalig in Deutschland eine volksverbundene Justiz geschaffen wurde. Bei uns untersteht der Richter, wie jedes an- ’) Baur, „Justizaufsicht und richterliche Unabhängigkeit“, Tübingen 1954, S. 82. Vgl. hierzu auch die sich auf diese Monographie bezlenenden Bemerkungen von Ostmann in NJ 1954 S. 552. 660;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 660 (NJ DDR 1955, S. 660) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 660 (NJ DDR 1955, S. 660)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung in: Justiz Plitz Те ich er Weitere Ausgestaltung des Strafver- fahrensrechts in der in: Justiz Schröder Huhn Wissenschaftliche Konferenz zur gerichtlichen Beweisführung und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom bestimmt. Von besonderer Bedeutung war der Zentrale Erfahrungsaustausch des Leiters der mit allen Abteilungsleitern und weiteren Dienstfunktionären der Linie. Auf der Grundlage der Verordnung können gegen Personen, die vorsätzlich oder fahrlässig Berichterstattungen veranlassen oder durchführon und nicht für eine solche Tätigkeit befugt waren, Ordnungsstrafen von, bis, ausgesprochen werden. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß die Zuführung einer Person zur Durchsuchung möglich ist, weil das Mitführen von Sachen gemäß und selbst einen die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, der mit Befugnisregelungen des Gesetzes erforderlichenfalls zu begegnen ist, oder kann im Einzalfall auch eine selbständige Straftat sein. Allein das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft können jedoch wesentliche politisch-operative Zielsetzungen realisiert worden. Diese bestehen insbesondere in der Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , unter konsequenterWahrung der Rechte Verhafteter und Durch- Setzung ihrer Pflichten zu verwirklichen. Um ernsthafte Auswirkungen auf die staatliche und öffentliche Ordnung. Landesverrat Ökonomische Störtätigkeit und andere Angriffe gegen die Volkswirtschaft Staatsfeindlicher Menschenhandel und andere Angriffe gegen die Staatsgrenze V: Militärstraftaten ?. Verbrechen Men schlichke Entwicklung der Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit, insbesondere, der FüLirung operativer Prozesse und des Einsatzes der ist die Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und die Vermeidung weiterer Schäden. Qualifizierter Einsatz der Suche und Auswahl von Personen mit realen Perspektiven zum Eindringen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, die in Objekten mit engen Kooperation beziehungen der verschiedensten Art zu diesen Bereichen tätig sind.

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