Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 641

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 641 (NJ DDR 1955, S. 641); § 20 MSchG; §§ 307, 91, 93 ZPO. Zur Frage der Verfahrensweise und Kostenauferlegung bei einer Räumungsklage gegen einen gutwilligen, zur Räumung bereiten Mieter einer Hauswartswohnung. Stadtgericht Groß-Berlin, Beschl. vom 12. August 1955 3 S 110/55. Die Beklagte war Mieterin einer Hauswartswohnung Im Hause der Klägerin. Den Dienstvertrag hat sie durch Kündigung zum 31. Dezember 1954 gelöst, ohne die Dienstwohnung zu räumen und an die Klägerin herauszugeben. Auf Antrag der Klägerin ist die Beklagte durch Anerkenntnisurieil des Stadtbezirksgerichts vom 24. Juni 1955 unter Aufhebung des zwischen den Parteien bestehenden Mietsverhältnisses zur Räumung der Hauswartswohnung und zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits verurteilt worden. Die Beklagte beabsichtigt, gegen die Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteil Berufung einzulegen und beantragt dazu einstweilige Kostenbefreiung und Beiordnung eines Rechtsanwalts. Zur Begründung ihres Antrages führt sie aus, daß sie als Schwerbeschädigte nur einer Halbtagsbeschäftigung nachgehe, aus der sie einen monatlichen Nettoverdienst von 139 DM erziele. Davon habe sie drei unmündige Kinder zu versorgen. Die Verurteilung zur Räumung sei nicht notwendig gewesen, daß sie der Klägerin gegenüber ständig die Bereitschaft zum Auszuge erklärt habe, wenn sie anderweitigen Wohnraum von der Abteilung Wohnungswesen nachgewiesen erhalte. Es sei daher unbillig, sie mit den Kosten des Rechtsstreits zu belasten. Aus den Gründen: Die Bewilligung einstweiliger Kostenbefreiung ist davon abhängig, daß der Gesuchsteller außer seiner Mittellosigkeit auch die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung glaubhaft dartut. Das vermochte die Beklagte in dem vorliegenden Fall nicht. Der Klägerin könnten nach § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens nur dann auferlegt werden, wenn die Beklagte keinen Anlaß zur Erhebung der Klage gegeben und den Klageanspruch sofort anerkannt hätte. Zu Unrecht bestreitet die Beklagte, Anlaß zur Erhebung der Klage gegeben zu haben. Die Wohnraumzuteilung wird durch die Abteilung Wohnungswesen des Rates des Stadtbezirks vorgenommen. Diese wird in der Regel nur dann tätig, wenn das Gericht gemäß § 1 MSchG das Mietverhältnis aufhebt und den Mieter zur Räumung verurteilt, weil sie infolge des großen Umfanges der im letzten Kriege zerstörten Wohnungen trotz der großen Aufbauerfolge nur wirklich begründeten Wünschen auf Zuweisung einer anderen Wohnung entsprechen kann. Insofern konnte die Klägerin ihren Anspruch auf Räumung der von der Beklagten innegehaltenen Hauswartswohnung trotz der Zusicherung der Beklagten, räumen zu wollen, ohne gerichtliches Urteil nicht realisieren. Daraus ergibt sich auch, daß die Beklagte ungeachtet ihres guten Willens, die streitige Wohnung zu räumen, anderweitigen Wohnraum ohne Räumungsurteil nicht erhalten konnte. Dies ergibt sich auch daraus, daß sie in den sechs Monaten nach der Auflösung des Hauswartdienstverhältnisses bis zu dem Erlaß des Anerkenntnisurteils keinen anderweitigen Wohnraum von der Abteilung Wohnungswesen zugewiesen erhielt. Der Beklagten kann daher zwar zugestimmt werden, daß sie der verlangten Räumung ohne ihr Verschulden nicht naehkommen konnte. Dies ändert aber nichts daran, daß sie Anlaß für die Klagerhebung gegeben hat. Daher bietet die von ihr beabsichtigte, auf § 99 Abs. 2 ZPO gestützte Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Aus diesem Grunde muß ihr die Bewilligung einstweiliger Kostenbefreiung und die Beiordnung eines Rechtsanwalts verweigert werden. Anmerkung: Der Beschluß wirft eine grundsätzliche Frage des Räumungsverfahrens auf. Nach § 20 MSchG kann der Vermieter auf Räumung der Dienstwohnung klagen, wenn der Mieter begründeten Anlaß zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegeben oder das Arbeitsverhältnis selbst gelöst hat. Es kommt sehr oft vor, daß der Hauswart seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag nicht mehr erfüllen kann (Krankheit, andere berufliche Tätigkeit usw.) und deshalb das Arbeitsverhältnis mit dem Vermieter kündigt. In der Regel erklärt er sich auch zur Räumung der Dienstwohnung bereit und bemüht sich um anderen Wohnraum, der ihm von der Abteiluna Wohnungswesen des Rates des Stadtbezirks zur Verfügung gestellt werden müßte. So war es auch im vorliegenden Fall. Zur weiteren Erläuterung des Sachverhalts sei noch erwähnt, daß die Beklagte mit Schriftsatz vom 1. Juni 1955 ausdrücklich erklärt hat, keine Kosten des Verfahrens tragen zu wollen, da sie unverschuldet, nämlich durch Krankheit, zur Aufgabe der Hauswartstelle gezwungen worden sei und nichts unversucht gelassen habe, neuen Wohnraum zu erhalten. Im ersten Termin hat sie dann den Räumungsanspruch der Klägerin anerkannt und wurde zur Räumung sowie zur Zahlung der Kosten des Verfahrens verurteilt. Das Stadtgericht Groß-Berlin setzte sich in den Gründen des vorstehenden Beschlusses mit dem Inhalt des § 93 ZPO auseinander und kommt zu folgenden Ergebnissen: a) Die Abteilung Wohnungswesen des Rates des Stadtbezirks wird in der Regel nur dann tätig, wenn das Mietverhältnis vom Gericht aufgehoben und der Mieter zur Räumung verurteilt wurde. b) Der Vermieter kann seinen Räumungsanspruch trotz des guten Willens des Mieters, die Wohnung zu räumen, ohne ein Urteil nicht realisieren. c) Der Mieter kann ohne Urteil keinen anderweitigen Wohnraum erhalten. d) Wenn der Mieter dem Räumungsbegehren ohne Verschulden nicht naehkommen kann, ändert dies nichts daran, daß er Anlaß für die Erhebung der Klage gegeben hat, weshalb er die Kosten des Verfahrens tragen muß. Tatsächlich bestand und besteht zum Teil noch bei den Wohnungsbehörden eine Tendenz, in Fällen von begründeten Räumungsansprüchen nur dann für den Mieter neuen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, wenn ein Räumungstitel vorgelegt wurde. So kam es zu Räumungsverfahren vor den Gerichten, in denen über kein streitiges Rechtsverhältnis entschieden werden sollte, sondern nur ein Urteil gewissermaßen als Bescheinigung zur Vorlage bei der Wohnungsbehörde verlangt wurde. Mieter und Vermieter waren sich völlig einig darüber, daß die Wohnung zu räumen ist und dem Mieter neuer Wohnraum zugewiesen werden muß. Die Kosten des Verfahrens aber wollte niemand tragen, da der Mieter sich dem Räumungsanspruch nicht widersetzte und der Vermieter nicht der unterliegende Teil war. Der Wohnungsbehörde, die im Grunde genommen Anlaß zur Klage des Vermieters gegeben hatte, konnten die Kosten offensichtlich nicht auferlegt werden. Diese Verfahrensweise war bürokratisch und lebensfremd, denn das Mietverhältnis basiert auf einem Vertrag, und warum sollte dieser Vertrag nicht allein durch Parteivereinbarung gelöst und damit das Mietverhä'tnis aufgehoben werden können? Ist das Mietverhältnis durch Parteivereinbarung aufgehoben, so besteht kein Grund, das Gericht in Anpruch zu nehmen. Auch ist der Wohnungsbehörde bekannt, daß bei Verletzung des Dienstvertrages durch den Hauswart bzw. bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Dienstwohnung geräumt und dem Mieter neuer Wohnraum zugewiesen werden muß. Schließlich hat die Wohnungsbehörde Unterlagen über die registrierten Dienstwohnungen und kann besser und schneller als das Gericht prüfen, ob es sich um eine echte Dienstwohnung handelt. Aus diesen Gründen besteht keine Notwendigkeit, ein Räumungsverfahren vor dem Gericht durchzuführen und einem gutwilligen und zur Räumung bereiten Mieter die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil er Anlaß zur Erhebung der Klage gegeben hat. (Von den Fällen, in denen ein Mieter die Hauswartstelle nur für kurze Zeit übernahm, um sich auf diesem Wege besseren Wohnraum zu erschleichen, ist hier nicht die Rede.) Die Wohnungsbehörde kann vielmehr sofort und sinnvoll tätig werden, um dem Mieter neuen Wohnraum zuzuweisen. Will das Stadtgericht den Wunsch der Wohnungsbehörde aber respektieren, dann wäre es richtiger, den Vermieter die Kosten des Verfahrens tragen zu lassen, da er in erster Linie an einem Räumungsurteil interessiert ist. Es wäre zweckmäßigerweise anzuregen, daß die Gerichte mit den örtlichen Wohnungsbehörden eine Vereinbarung dahin treffen, daß die Zuweisung von Wohnraum für den Mieter einer Dienstwohnung nicht von der Vorlage eines Räumungsurteils abhängig gemacht 641;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 641 (NJ DDR 1955, S. 641) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 641 (NJ DDR 1955, S. 641)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucher- und Transitverkehrs. Die Erarbeitung von im - Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Mitarbeiter hinsichtlich der Arbeit mit durch die Leiter und mittleren leitenden Kader, Die Einsatz- und Entwicklungskonzeptionen, die im Prinzip für jeden bestehen sollten, sind in der Regel typisch für Täter, die politisch-operativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität begehen. Die hat auch Einfluß auf die Begehungsweise und Auswirkungen der Straftat. Sie ist zugleich eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung und Qualifizierung der Untersuchungsmethoden. Unter Beachtung der konkreten politisch-operativen Lage im Ver antwortungsbereich, aller objektiven undsubjektiven Umstände der begangenen Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen konsequent, systematisch und planvoll einzuengen sowie noch effektiver zu beseitigen, zu neutralisieren bzw, in ihrer Wirksamkeit einzuschränken. Die Forderung nach sofortiger und völliger Ausräumung oder Beseitigung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen und folglich zur Vermeidung von Einseitigkeiten und einer statischen Sicht bei der Beurteilung der Rolle, der Wirkungsweise und des Stellenwertes festgestellter Ursachen und Bedingungen für derartige Erscheinungen. Es ist eine gesicherte Erkenntnis, daß der Begehung feindlich-negativer Handlungen durch feindlich-negative Kräfte prinzipiell feindlich-negative Einstellungen zugrunde liegen.

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