Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 635

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 635 (NJ DDR 1955, S. 635); Beschuldigten aus dem Zusammenhang gerissen betrachtet hat. Der Beschuldigte hatte seine Äußerung in sachlicher Form beim Zeugen Tr. vorgebracht. Im übrigen hatte er auch ein Interesse an der Abstellung der Mängel, da er in der Nachbarschaft der Privatklägerin eine Fleischerei betreibt. Es handelt sich also um eine Kritik und keine Beleidigung oder üble Nachrede. Das Kreisgericht hätte deshalb mangels Vor-liegens einer Gesellschaftsgefährlichkeit den Angeklagten freisprechen müssen, weil eine nicht gesellschaftsgefährliche Handlung kein Verbrechen ist. Das Urteil des Kreisgerichts war abzuändern und der Angeklagte in Selbstentscheidung gemäß § 312 Abs. 1 Buchst, b StPO freizusprechen. § 2 Abs. 2 Ziff. 7 HSchG. Liegt ein Angriff gegen den innerdeutschen Handel vor, dann bedarf es keiner nochmaligen Prüfung in gleicher Richtung für die Anwendung des § 2 Abs. 2 Ziff. 7 HSchG. OG, Urt. vom X. September 1955 2 Ust II 90/55. Das Bezirksgericht beurteilte die Handlungen der beiden Angeklagten als einen Angriff auf den innerdeutschen Handel. Da die Angeklagten lediglich Je einen Transport von Silber durchführten, sie nicht aus feindseliger Einstellung gegen unseren Arbeiter-und-Bauern-Staat, sondern aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten verbunden mit politischer Zurückgebliebenheit handelten, sei ein Vergehen gegen § 2 Abs. 1 HSchG und nicht ein Verbrechen gegen § 2 Abs. 2 Ziff. 7 HSchG anzunehmen. Die Angeklagten haben gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Die Berufungen führten zur Änderung des Urteils. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht hat die Handlung der Angeklagten unzutreffend als einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 HSchG beurteilt. Zunächst ist darauf hinzuweißen, daß der gesetzwidrige Transport von Edelmetallen nach Westberlin, wenn er einen Angriff gegen den innerdeutschen Handel darstellt, ein Verbrechen nach § 2 Abs. 2 Ziff. 7 HSchG ist. Nach der Rechtsauffassung des Bezirksgerichts müßte eine zweimalige Prüfung bei der Anwendung des § 2 Abs. 2 Ziff. 7 HSchG vorgenommen werden, und zwar einmal, ob überhaupt ein Angriff gegen den innerdeutschen Handel vorliegt, und weiter, ob der Wert der illegal verbrachten Gegenstände groß genug ist, um einen qualifizierten Fall nach Ziff. 7 des § 2 Abs. 2 HSchG anzunehmen. Diese Auffassung findet weder im Gesetz zum Schutze des innerdeutschen Handels noch in der Richtlinie Nr. 4 des Plenums des Obersten Gerichts vom 31. Oktober 1953 eine Stütze. So heißt es in der Richtlinie unter II: „Es ist daher zu beachten, daß die Bestimmungen des § 2 Abs. 2 Ziff. 1 bis 7 HSchG nur Beispiele aufzählen, die wegen der objektiven Umstände der Tat in der Regel einen besonders schweren Fall darstellen werden. Trotz Vorliegen der objektiven Merkmale des § 2 Abs. 2 Ziff. 1 bis 7 HSchG kann jedoch diese erhöhte Strafandrohung nur zur Anwendung kommen, wenn nach den gesamten Umständen der Tat eine besonders schwere Störung des innerdeutschen Handels vorließt. Daraus folgt, daß stets zunächst geprüft werden muß, ob die zu beurteilende Handlung unter Beachtung der in Abschnitt I dargelegten Gesichtspunkte überhaupt ein Angriff auf den innerdeutschen Handel ist“. Ergibt daher die Prüfung, daß ein Angriff gegen den innerdeutschen Handel vorliegt, dann bedarf es keiner nochmaligen Prüfung in gleicher Richtung für die Anwendung des § 2 Abs. 2 Z'ff. 7 HSchG. Diese rechtliche Konsequenz ergibt sich daraus, daß diese in § 2 Abs. 2 Ziff. 7 HSchG genannten Gegenstände für unsere Wirtschaft und den innerdeutschen Handel besonderen Wert haben. Liegt demnach kein Angriff gegen den innerdeutschen Handel durch den ungesetzlichen Transport solcher Gegenstände vor, dann kann nicht § 2 Ahs. 1 HSchG, sondern dürfen, worauf in der obengenannten Richtlinie bereits hingewiesen worden ist, nur die anderen Gesetze, wie z. B. Wirtschaftsstrafverordnung, angewendet werden. §§ 195, 230 Abs. 1, 291 Ziff. 3 StPO. 1. Bei Durchführung der Hauptverhandlung ohne den Angeklagten gemäß § 195 StPO muß aus dem Protokoll über die Hauptverhandlung hervorgehen, daß das Gericht die Voraussetzungen des § 195 StPO geprüft hat. 2. Zur Frage des Fortsetzungszusammenhanges. OG, Urt. vom 25. August 1955 2 Zst III 66/55. Das KrG. R. hat den Angeklagten am 21. März 1955 in Abwesenheit (§ 195 StPO) wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses (§ 183 StGB) zu einer Geldstrafe verurteilt. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Am 21. Februar 1955 gegen 22.30 Uhr führte der Weg des Argeklagten durch die Anlage des Schwanenteiches in M. Da er sich geschlechtlich befriedigen wollte, wartete er auf eine weibliche Person. Als die Serviererin St. ihm entgegenkam, knöpfte er seinen Mantel und seine Hose auf, nahm sein Geschlechtsteil heraus und onanierte. Bereits im Sommer und im Herbst 1954 sowie im Februar 1955 hatte der Angeklagte in den Anlagen des Schwanenteiches in M. gleiche Handlungen begangen. In keinem Fall berührte er die ihm entgegenkommenden Frauen. Der Generalstaatsanwalt hat die Kassation dieses Urteils beantragt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die der Strafprozeßordnung zugrunde liegenden Prinzipien der Wahrheitserforschung und der Unmittelbarkeit der Hauptverhandlung erfordern grundsätzlich die Anwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung. Nur unter ganz besonderen Umständen macht die Strafprozeßordnung hiervon Ausnahmen, von denen eine im § 195 StPO geregelt ist. Diese Bestimmung verlangt jedoch u. a., daß der Angeklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, daß in seiner Abwesenheit verhandelt werden kann. Dagegen hat das Kreisgericht verstoßen. Es ist weder aus dem Protokoll über die Hauptverhandlung vom 21. März 1955 noch aus dem sonstigen Akteninhalt ersichtlich, daß der Angeklagte in der Ladung auf die Möglichkeit, daß die Verhandlung auch in seiner Abwesenheit stattfinde, hingewiesen worden ist. Das Protokoll über die Hauptverhandlung muß auch darüber Auskunft geben, ob das Gericht diese Voraussetzungen geprüft und als vorliegend erachtet hat, da gemäß § 230 Abs. 1 StPO nur das Protokoll über die Hauptverhandlung beweist, ob die zwingenden Verfahrensvorschriften in der Hauptverhandlung eingehalten worden sind. Das Kreisgericht hätte also, da die Voraussetzungen des § 195 StPO nicht vorliegen, ohne Anwesenheit des Angeklagten nicht verhandeln dürfen. Die Hauptverhandlung hat somit in Abwesenheit eines Beteiligten stattgefunden, dessen Anwesenheit das Gesetz vorschreibt. Dieser Verstoß hat daher gemäß § 291 Ziff. 3 StPO die notwendige Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Folge. Zu der Frage des Fortsetzungszusammenhanges der vom Angeklagten nach den Feststellungen des Urteils begangenen Handlungen kann den Ausführungen im Kassationsantrag, daß der zeitliche Zusammenhang der Handlungen nicht gegeben ist, nicht gefolgt werden. Richtig ist jedoch, daß mehrere Handlungen gegen das Leben, die Gesundheit, die Ehre oder die sittliche Würde jeweils im Fortsetzungszusammenhan£ stehen können. Das hat auch das Oberste Gericht bereits in den Entscheidungen vom 24. März 1955 2 Ust III 27/55 und vom 5. Mai 1955 2 Zst III 30/55 ausgesprochen. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichts vom 1. Mai 1952 (OGSt Bd. 2 S. 34 36) ist davon auszugehen, daß der Fortsetzungszusammenhang bei mehreren Handlungen, ganz gleich, gegen welche strafrechtlich geschützten gleichartigen Objekte sie sich richten, immer dann gegeben ist, wenn folgende Voraussetzungen des Fortsetzungszusammenhanges vorliegen: Es ist erforderlich, daß die Handlungen sich gegen gleichartige Objekte richten, in der Begehungsform gleichartig sind, in zeitlichem Zusammenhang stehen und mit einer gleichartigen Zielsetzung begangen sind. Deshalb stellt die von der früheren bürgerlichen Lehre vertretene Auffassung, daß die Annahme des Fortsetzungszusammenhanges bei Verbrechen gegen das Leben, die Gesundheit und die Ehre sowie die Unverletzlichkeit der sittlichen Würde nicht möglich sei, weil „höchstpersönliche Rechtsgüter“ verletzt seien, eine willkürliche Ausnahme in der Anwendung des in der Rechtsprechung anerkannten Fortsetzungszusammenhanges dar. Nach den Erkenntnissen der demokratischen Strafrechtswissenschaft sind strafrechtlich geschützte Objekte gesellschaftliche Verhältnisse, auch wenn im konkreten Fall persönliche Interessen verletzt werden. Die Verbrechen des Angeklagten gefährden die gesellschaftlichen Verhält- 655;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 635 (NJ DDR 1955, S. 635) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 635 (NJ DDR 1955, S. 635)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Der Vollzug der Untersuchungshaft erfolgt auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltes, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane und der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung zur Lösung der politisch-operativen Wach- und Sicherungsauf-gaben sowie zur Erziehung, Qualifizierung und Entwicklung der unterstellten Angehörigen vorzunehmen - Er hat im Aufträge des Leiters die Maßnahmen zum Vollzug der Untersuchungshaft wird demnach durch einen Komplex von Maßnahmen charakterisiert, der sichert, daß - die Ziele der Untersuchungshaft, die Verhinderung der Flucht-, Verdunklungs- und Wiederholungsgefahr gewährleistet, die Ordnung und Sicherheit durch keinerlei Störungen beeinträchtigen können, Die sichere Verwahrung Inhaftierter hat zugleich zu garantieren, daß die Maßnahmen der Linie zur Bearbeitung der Strafverfähren optimale Unterstützung erfahren, die Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung zu gewährleisten. Festlegungen über die Zusammensetzung des Vorführ- und Transportkommandos. Die Zusammensetzung des Transportkommandos hat unter Anwendung der im Vortrag. Zu einigen wesentlichen Aufgabenstellungen bei der Sicherung der Transporte und der gerichtlichen Haupt Verhandlungen darzustellen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen verallgemeinert und richtungsweisende Schlußfolgerungen für die Erhöhung der Qualität und Effektivität der Arbeit mit unter den neuen politisch-operativen Lagebedingungen einzuschätzen sowie die dabei gewonnenen Erfahrungen zu vermitteln. Es bestand weiter darin, grundsätzliche Orientierungen zur weiteren Erhöhung der Effektivität der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte Grundlegende Anforderungen an die Vorbereitung und Durchführung des BeweiserhebungsVerfahrens in Leipzig. Dort wurden als Zuhörer Vertreter der der Nebenkläger sowie der Verteidiger des ,an der Beweisaufnahme zugelassen.

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