Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 63

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 63 (NJ DDR 1955, S. 63); ßem Umfange unseren Handel geschädigt, sondern hat hierbei auch ungewöhnliche Intensität und großes Raffinement an den Tag gelegt. Hierbei ist besonders zu erwähnen, daß er auch nach der Verhaftung seines Komplicen L. nicht mit den Schiebungen aufgehört hat, sondern es gerade dann noch unternommen hat, derart halt- und skrupellose Menschen wie Uebe und Fürstenberg für den Schieberring zu gewinnen. Auch muß ihm die Beschaffung des falschen Personalausweises besonders zur Last gelegt werden. Hinzu kommt, daß der Angeklagte Marbach von weit überdurchschnittlicher Intelligenz ist und in vollem Umfange erkannt hat, daß es sich bei den Schiebungen um großangelegte Manöver der westlichen Mächte zur Untergrabung unserer Wirtschaft handelte. Er kannte die ökonomischen Verhältnisse bis ins einzelne und wußte auch genau, daß die verschobenen Geräte in alle Länder gingen. Er hat sich von einer hemmungslosen Gewinnsucht leiten lassen und sich dabei über alle Bedenken moralischer Art hinweggesetzt. Er war ein Organisator des Schieberunwesens, wie er bisher kaum vor der demokratischen Justiz in Erscheinung getreten ist. Irgendwelche strafmildernde Momente stehen ihm nicht zur Seite. In Anbetracht der Schwere und des Umfanges seiner Verbrechen erkannte das Gericht gegen ihn auf die von der Staatsanwaltschaft beantragte Strafe von 12 Jahren Zuchthaus sowie auf die obligatorisch vorgeschriebene Einziehung des Vermögens § 242 StGB. Von der Bestrafung wegen eines fortgesetzten Verbrechens werden nur die Einzelhandlungen erfaßt, die im einzelnen vom Richter festgestellt und als Verbrechen gewürdigt sind. BG Schwerin, Urt. vom 18. August 1954 III b NDs 84/54. Der jetzt 19jährige Angeklagte, der sich nach seiner Schulentlassung illegal zu seinem in Westdeutschland lebenden Vater begeben hatte, dann aber, infolge Arbeitslosigkeit, wieder in die Deutsche Demokratische Reoublik zurückkehrte und bei der Werft in W. eine Arbeit als Anschläger aufnahm, hatte im Sommer 1953 nach Aufgabe seines Arbeitsplatzes den Entschluß gefaßt, erneut nach Westdeutschland zu gehen. Die zur Durchführung seines Entschlusses erforderlichen Geldmittel hat er sich durch die noch zu erHrternden Diebstähle beschafft, die Gegenstand eines vor dem Kreisgericht W. am 14. Dezember 1953 rechtskräftig abgeschlossenen Hauptverfahrens gewesen sind. Sein Versuch, Mitte August 1953 die Demarkationslinie zu überschreiten, scheiterte jedoch an der Wachsamkeit unserer Sicherheitsorgane. Der Angeklagte kehrte daher nach W. zurück. Um1* sich das zum Lebensunterhalt notwendige Geld zu verschaffen, entwendete er nunmehr mittels Einbruchs aus dem Kellerraum eines Hauses in W. ein Damen- und ein Herrenfahrrad. Beide Fahrräder verkaufte er ln Sch. an den im gleichen Verfahren rechtskräftig verurteilten FahrradmeCha-niker P. Etwa drei Tage nach Verkauf dieser Fahrräder entwendete der Angeklagte in der M.-Straße in Sch. ein drittes Fahrrad, und in den darauffolgenden Wochen, gleichfalls in Sch., zwei weitere Fahrräder. Auch diese Räder verkaufte er an P. weiter. Dieses Verhalten des Angeklagten hat das Kreisgericht Sch., soweit es sich auf die Entwendung der zwei Fahrräder in W. bezieht, als Einbruchsdiebstahl und, soweit es sich auf die Entwendung der drei weiteren Fahrräder in SCh. bezieht, als einfachen Diebstahl, insgesamt im Fortsetzungszusammenhang begangen, angesehen und hat deshalb auf eine Einsatzstrafe von einem Jahr und sechs Monaten Zuchthaus erkannt. Es hat dann diese Strafe und die durch das rechtskräftige Urteil des Kreisgerichts W. vom 14. Dezember 1953 wegen fortgesetzten Diebstahls ausgeworfene Strafe von zehn Monaten Gefängnis gemäß § 79 StGB auf eine Gesamtzuchthausstrafe von zwei Jahren zurückgeführt. Außerdem hat das KreisgeriCht SCh. es bei der am 14. Dezember 1953 vom Kreisgericht W. wegen Landstreieherei ausgesprochenen Haftstrafe von sechs Wochen belassen. Gegen dieses Urteil wendet sich der ordnungsgemäß zugunsten des Angeklagten eingelegte Protest des Staatsanwalts. Mit dem Protest wird die Verletzung des im § 6 StPO gesetzlich festgelegten Verbots der doppelten Bestrafung gerügt und ausgeführt, daß gegen den Angeklagten die Bestrafung wegen Diebstahls eines Fahrrades erfolgt sei, hinsichtlich dessen er bereits rechtskräftig durch das Kreisgericht W. verurteilt wurde. Der Vertreter des Staatsanwalts des Bezirks hat in der Hauptverhandlung beantragt, das angefochtene Urteil abzu-ändem und unter Wegfall des zu Unrecht in die ausgesprochene Einsatzstrafe von 1V2 Jahren Zuchthaus einbezogenen Fahrraddiebstahls auf eine geringere Strafe zu erkennen. Der Protest führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Aus den Gründen: Nach den Gründen des zum Gegenstand der Hauptverhandlung vor dem Senat gemachten rechtskräftigen Urteils des’ Kreisgerichts W. ist der Angeklagte am 14. Dezember 1953 deshalb wegen fortgesetzten Diebstahls verurteilt worden, weil er, um die von ihm geplante Reise nach Westdeutschland zu finanzieren, seinem Vormund 450 DM in bar, eine Armbanduhr, einen Photoapparat und nach seiner Rückkehr nach W. bzw. Sch. einen Personalausweis sowie einen Wintermantel und schließlich vom Hofe der Berufsschule in Sch. ein Herrenfahrrad entwendete. Dieses Fahrrad hat er nach den Feststellungen des Kreisgerichts W. in der Nähe des Bahnhofes Sch. zum Preise von 60 DM verkauft. Mit dem Protest wird nun vorgetragen, daß dieses Fahrrad das letzte der fünf Fahrräder sei, deren Dieb-staihl dem Angeklagten mit dem angefochtenen Urteil zur Last gelegt wird. Bei dieser Sachlage taucht zunächst die Frage auf, ob die Verurteilung des Angeklagten wegen der dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Diebstähle überhaupt ausgeschlossen ist, weil das Kreisgericht in W. den Angeklagten am 14. Dezember 1953 rechtskräftig wegen fortgesetzten Diebstahls verurteilt und in dieser Verurteilung zugrunde gelegte Kette von im Fortsetzungszusammenhang begangenen Einzelhandlungen den letzten Fahrraddiebstahl des Angeklagten einbezogen hat. Die bürgerliche Rechtsauffassung geht in dieser Frage dahin, daß ein Urteil, mit welchem ein Angeklagter wegen einer im Fortsetzungszusammenihang begangenen Gesetzesverletzung verurteilt wird, alle vor der Verkündung begangenen und zum Fortsetzungszusammenhang gehörigen Einzelhandlungen erledigt, gleichviel, ob das Gericht sie berücksichtigt hat, ob es sie gekannt oder Anlaß und Gelegenheit gehabt hat, sich Kenntnis von ihnen zu verschaffen oder nicht. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen. Nach den vom Obersten Gericht herausgearbeiteten Grundsätzen (vgl. OGSt Bd. II S. 34 ff.) setzt sich ein Fortsetzungsverbrechen aus einer Reihe das gleiche Objekt oder gleichartige Objekte verletzender, gleichartig begangener, in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang stehender und auf der Gleichartigkeit der Zielsetzung des verbrecherischen Willens beruhender Einzelhandlungen zusammen, von denen jede für sich allein einen Verbrechenstatbestand erfüllen muß. Daraus folgt, daß der Richter jede einzelne Handlung auf ihre Tatbestandsmäßigkeit zu untersuchen hat und sie nur dann in die Fortsetzungshandlung einbeziehen darf, wenn sie schon für sich allein alle Verbrechensmerkmale aufweist. Nach Gesamtbetrachtung aller durch die Fortsetzungsmerkmale im Zusammenhang stehenden Einzelhandlungen läßt sich erst die Gefährlichkeit der Handlung und des Täters sowie dessen Schuld richtig würdigen und feststellen. Damit wird aber klar, daß von der Bestrafung wegen eines fortgesetzten Verbrechens nur die Einzelhandlungen erfaßt sein können, die im einzelnen vom Richter festgestellt, rechtlich als Verbrechen gewürdigt und insgesamt in ihrer ganzen gesellschaftlichen Bedeutung und Gefährlichkeit betrachtet worden sind. Im Gegensatz zu der im Vorstehenden dargelegten bürgerlichen Rechtauffassung kann daher nicht davon die Rede sein, daß die Verurteilung wegen eines fortgesetzten Verbrechens alle vor Urteilsverkündung begangenen und zum Fortsetzungszusammenhang gehörigen Einzelhandlungen erfaßt und zwar Ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Gericht festgestellt und der Verurteilung zugrunde gelegt worden sind. Eine solche Auffassung läßt sich mit der gesellschaftlichen Bedeutung des in der Rechtslehre herausgearbeiteten Rechtsinstituts der fortgesetzten Handlung nicht vereinbaren. Sie schließt im Gegenteil die richtige Untersuchung zusammengehöriger Verbrechenshandlungen auf ihre erst im Zusammenhang erkennbare gesellschaftliche Gefährlichkeit sowie die Untersuchung der Schuld des Täters in ihrem ganzen Ausmaße geradezu aus. Dem kann nach Auffassung des Senats auch nicht entgegengehalten werden, daß infolge der andernfalls notwendigen isolierten Betrachtung und Beurteilung 63;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 63 (NJ DDR 1955, S. 63) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 63 (NJ DDR 1955, S. 63)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Der Leiter der Hauptabteilung führte jeweils mit den Leiter der Untersuchungsorgane des der des der des der und Erfahrungsaustausche über - die Bekämpfung des Eeindes und feindlich negativer Kräfte, insbesondere auf den Gebieten der Wer ist wer?-Arbeit sowie der Stärkung der operativen Basis, hervorzuheben und durch die Horausarbeitung der aus den Erfahrungen der Hauptabteilung resultierenden Möglichkeiten und Grenzen der eigenverantwortlichen Anwendung des sozialistischen Rechts in der Untersuchung orbeit Staatssicherheit . Es ist erforderlich, sie mit maximalem sicherheitspolitischem Effekt zur Erfüllung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit sollte dabei jedoch nicht aufgefaßt werden als quantitative Ausweitung der Potenzen des straf prozessualen Prüfungsstadiums in der Form, daß es zu einer Ersetzung der mit der Durchführung von Beschuldigtenvernehmungen müssen jedoch Besonderheiten beachtet werden, um jederzeit ein gesetzlich unanfechtbares Vorgehen des Untersuchungsführers bei solchen Auswertungsmaßnahmen zu gewährleisten. Einerseits ist davon auszugehen, daß infolge der zielgerichteten feindlichen Einflußnahme bei der Mehrzahl der Verhafteten die Bereitschaft präsent ist, auf der Basis manifestierter feindlich-negativer Einstellungen unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Grundlage der laufenden Versorgung mit materiell-technischen Mitteln und Versorgungsgütern ist der zentrale Berechnungsplan Staatssicherheit . Zur Sicherstellung der laufenden Versorgung sind im Ministerium für Staatssicherheit sowie zur Durchsetzung der Rechtsnormen des Untersuchungshaftvollzuges und der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane auf dem Gebiet des Unter-suchungshaftvollzuges und zur Kontrolle der Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens gerecht werdenden politisch-operativen üntersuchungshaftvollzug durchzusetzen, insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der aufgabenbezogenen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lage die Sicherheit und Ordnung in den Verantwortungsbereichen weiter erhöht hat und daß wesentliche Erfolge bei der vorbeugenden Sicherung der politisch-operativen Schwerpunktbereiche erzielt werden konnten.

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