Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 625

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 625 (NJ DDR 1955, S. 625); einzelner Streitpunkte“ zu versuchen (§ 296 Abs. 1 ZPO). Das ist keine bloße Ausnahmebestimmung, sondern eine generelle Ermächtigung und Anleitung zum praktischen Handeln für alle Fälle, in denen ein Vermittlungsversuch des Gerichts angebracht erscheint. Die Bedeutung dieser Vorschrift wird noch dadurch unterstrichen, daß das Gericht diesen Versuch aus eigener Initiative, ohne einen dahingehenden Antrag einer Partei, unternehmen kann und daß die bei den Vergleichsverhandlungen stattfindende Aussprache mit den Parteien vom Anwaltszwang befreit ist (vgl. § 296 Abs. 2 ZPO). In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten wird der Vergleich vom Gesetz dadurch begünstigt, daß nach seinem Abschluß für die betreffende Instanz keine Gerichtsgebühren erhoben werden, auch wenn eine streitige Verhandlung vorausgegangen ist (§ 12 Abs. 2 Satz 1 ArbGG). Beide genannten Ansichten über das Verhältnis von Prozeßvergleich und Urteilsverfahren übersehen, daß es auf die Frage, ob „der Vergleich“ oder „das Urteil“ die bessere Lösung des Konflikts bietet, eine allgemein gültige Antwort gar nicht geben kann. Es hängt vielmehr ganz von der Lage des Einzelfalles ab, ob es sich für das Gericht empfiehlt, auf den Abschluß eines Vergleichs hinzuwirken. Es gibt eine Reihe typischer prozessualer Situationen, in denen der Vergleich tatsächlich dem Urteil vorzuziehen ist. Das Gemeinsame dieser Fälle ist die Blickrichtung auf das in der Sache später zu erlassende Urteil, auf die zu erwartenden besonderen Schwierigkeiten des weiteren Urteilsverfahrens, auf voraussich t-lidie Schwierigkeiten in der Vollstreckung des künftigen Urteils. Hierzu einige Beispiele. Im Laufe des Verfahrens stellt es sich heraus, daß zur völligen Aufklärung des Sachverhalts außerordentlich umfangreiche Beweiserhebungen notwendig sind. Vielfach sind solche Beweiserhebungen für die Parteien mit einem hohen Auslagenvorschuß verknüpft, vor allem bei Sachverständigengutachten. Kommt dann noch hinzu, daß das Ergebnis dieser weiteren Aufklärungstätigkeit für beide Parteien ganz ungewiß ist, so liegt der Gedanke des Vergleichsabschlusses nahe. Dabei haben die Parteien mit einem Vergleich den wesentlichen Vorteil, daß die Ungewißheit über das zwischen ihnen bestehende Rechtsverhältnis sofort beseitigt wird; auch vermeiden sie dabei das Risiko des Prozeßverlustes. Oder: Das Gericht hat im Zusammenwirken mit den Parteien und unter Ausnutzung aller hierzu gegebenen Möglichkeiten den Sachverhalt aufklären wollen, und es ist ihm dies nicht vollständig gelungen; bei diesem Prozeßergebnis ist es ihm nicht möglich, sich ein abschließendes Bild über die Wahrheit oder Unwahrheit einzelner Parteibehauptungen zu verschaffen. Hier müßte das Gericht in seinem Urteil auf Grund der allgemeinen Beweislastregel entscheiden, wonach die nachteiligen Folgen diejenige Partei treffen, die aus den beweislos gebliebenen Umständen Rechtswirkungen für sich in Anspruch genommen hat. Dieses auf die Beweislastregel gestützte Urteil muß der unterliegenden Partei hart erscheinen, wenn sie aus dem Prozeß den Eindruck mitnimmt, daß sie eigentlich im Recht und mit ihrer Prozeßführung nur an den Beweisschwierigkeiten gescheitert sei. Dieser ungünstige Eindruck wird noch verstärkt, wenn die Beweisschwierigkeiten offensichtlich auf dem früheren Verhalten beider Parteien beruhen. Beide Parteien haben früher vielleicht niemals mit der Möglichkeit gerechnet, daß es zwischen ihnen über die Fragen, die nunmehr vor Gericht entschieden werden sollen, zu einem Prozeß kommen könnte, und haben demzufolge wichtige Unterlagen verlegt, über das zwischen ihnen begründete Rechtsverhältnis überhaupt keine schriftlichen Vereinbarungen getroffen oder über die genauen Leistungen, die sie auf Grund dieses Rechtsverhältnisses erbracht haben, selbst keine richtige Übersicht mehr. Muß sich in solchen Fällen die Partei, die hinsichtlich des unklar gebliebenen Sachverhalts die Beweislast nicht trägt, selbst den Vorwurf machen, daß die im Verfahren auf getretenen Beweisschwierigkeiten mit auf ihrem Verhalten beruhen, so kann dieser Umstand auch bei dieser Partei das Bedürfnis nach Abschluß eines Vergleichs wecken. Ähnlich liegen die Dinge in allen Fällen, in denen die Parteien bei Abschluß eines Rechtsgeschäfts übereilt und unüberlegt gehandelt haben, in denen sie Vereinbarungen getroffen haben, über deren Auswirkungen sie sich beide nicht im klaren gewesen sind. So hat z. B. vor einiger Zeit ein Arztehepaar aus Leipzig, das kurzfristig eine neue Stelle in der Nähe Berlins angetreten hatte, in dem neuen Wirkungsbereich ein einstöckiges Haus gekauft, in dem die unteren Räume fiir die Privatpraxis, die oberen als Wohnung eingerichtet werden sollten. In dem hierüber abgeschlossenen Kaufvertrag hat sich der Verkäufer verpflichtet, das Grundstück den Käufern bezugsfertig zur Verfügung zu stellen. Nach Abschluß des Kaufvertrags ergeben sich erhebliche Schwierigkeiten in der anderweiten Unterbringung der Mieter, die noch in dem ersten Stock des Hauses wohnen. Aus diesem Grunde ist das Arztehepaar genötigt, sich ein anderes Grundstück zu verschaffen. Es verlangt nun einen hohen Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages. Der Verkäufer ist der Auffassung, daß ein fester Termin für die vollständige Räumung des Hauses nicht vereinbart worden sei, daß der Kaufvertrag noch erfüllt werden könne und den Klägern demzufolge der geltend gemachte Anspruch nicht zustehe. Der Streit der Parteien vor Gericht konzentriert sich darauf, ob der Termin für die Räumung des ersten Stockwerks so kurz bemessen worden ist, wie die Kläger es behaupten. Für die Angaben der Kläger spricht die Schnelligkeit, mit der sie seinerzeit ihre Übersiedlung nach Berlin betrieben haben, trotzdem bleiben noch Zweifel. Auch die Beweisaufnahme hat bisher noch keine genauen Anhaltspunkte hierzu ergeben. Weitere Beweiserhebungen stehen noch aus. Die bessere Lösung in einem solchen Fall ist jedoch nicht die Fortsetzung des Prozesses bis zum Urteil, sondern seine sofortige Beendigung durch einen Vergleich. Beide Parteien haben es hier offensichtlich bei der Abfassung des Kaufvertrages an der nötigen Umsicht fehlen lassen, zumal bei der bekannten Knappheit des Wohnraumes mit Schwierigkeiten in der anderweiten Unterbringung der Hausbewohner von vornherein hätte gerechnet werden müssen. Oder denken wir an Prozesse, in denen das Urteil besonders einschneidend auf die Lebensverhältnisse des künftigen Vollstreckungsschuldners einwirken würde, wie etwa in Mietaufhebungssachen oder in Unterhaltssachen. Auch in solchen Verfahren kann keine Rede davon sein, daß der Vergleich grundsätzlich die bessere Lösung des Rechtsstreits sei. Wenn jedoch im Einzelfall zu erwarten ist, daß die Rechte des Klägers durch einen Vergleich nicht beeinträchtigt werden und der Verklagte einen Vergleich viel eher aus freien Stücken erfüllen würde als ein Urteil, so ist der Vergleich dem Urteil im Interesse beider Parteien vorzuziehen. In diesem Zusammenhang müssen auch alle Zivilverfahren erwähnt werden, die Verwandte nicht selten mit größter Erbitterung gegeneinander führen. Das Urteil, das in der Sache erlassen werden müßte, würde vielfach den zwischen den Parteien angehäuften Konfliktstoff und die Erbitterung noch steigern, während ein Vergleich den Anfang zu einer endgültigen Bereinigung des Zerwürfnisses bedeuten kann. Eine solche Entspannung des Verhältnisses der Parteien zueinander wirkt sich erfahrungsgemäß wohltuend auf die Erfüllung des Vergleichs aus. In allen solchen Fällen kann es für das Gericht sehr ratsam sein, auf den Abschluß eines Vergleichs hinzuwirken. Die Praxis spricht dabei sehr drastisch davon, daß die Sache nach einem Vergleich „schreit“. Es ist eine wichtige Aufgabe des Richters, diese im Urteilsverfahren auftauchenden Situationen rechtzeitig zu erkennen und die entsprechenden Maßnahmen der Prozeßleitung zu treffen. Schlägt eine Partei selbst den Abschluß eines Vergleichs vor, so wird das Gericht regelmäßig eine derartige Anregung aufgreifen. In den meisten Fällen bedarf es jedoch der Initiative des Gerichts bei der Einleitung von Vergleichsverhandlungen. Die ganze Art und Weise, wie das Gericht daibei vorgeht, ist für den Erfolg dieser Verhandlungen sehr bedeutsam, darüber hinaus auch für das Urteil, das im Falle des Scheiterns der Vergleichsbemühungen erlassen werden muß. 625;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 625 (NJ DDR 1955, S. 625) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 625 (NJ DDR 1955, S. 625)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Durch den Leiter der Hauptabteilung Kader undlj-S.chu lung und die Leiter der zuständigen Kaderorgane ist zu gewä rleisten daß die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse für die Arbeit mit verantwortungsbewußt nsequenter Durchsetzung von Konspiration Geheimhaltung. und innerer Sicherheit wahrgenommen und zweckmäßig eingeordnet werden. Sie haben für die Realisierung -in Rahmen der Arbeit mit zu erhöhen, indem rechtzeitig entschieden werden kann, ob eine weitere tiefgründige Überprüfung durch spezielle operative Kräfte, Mittel und Maßnahmen sinnvoll und zweckmäßig ist oder nicht. Es ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der vorab erwähnten Tendenz der Kompetenzverschiebungen zugunsten des Polizeiapparates und zugunsten der Vorerhebungen im System der Strafverfolgung. Zusammenfassend läßt sich resümieren: daß den Polizeibehörden der im Rahmen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus in ihrer Gesamtheit darauf gerichtet ist, durch die Schaffung ungünstiger äußerer Realisierungsbedingungen die weitere erfolgreiche Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft. Diese Auffassung knüpft unmittelbar an die im Abschnitt der Arbeit dargestellten Tendenzen der Dekriminalisierung und Depönalisierung an und eröffnet der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Möglichkeiten zur weiteren Qualifizierung der Führung und Leitung des Klärungsprozesses er ist wer? in seiner Gesamtheit. Diese AuXsaben und Orientierungen haben prinzipiell auch für die operative Personenkontrolle als einem wichtigen Bestandteil des Klärungsprozesses Wer ist wer?, insbesondere in Zielgruppen des Gegners und Schwerpunktbereichen. Der zielgerichtete Einsatz der und anderer Kräf- te, Mittel und Methoden Staatssicherheit zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte. Der zielgerichtete Einsatz der.

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