Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 59

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 59 (NJ DDR 1955, S. 59); Eisenbahn abhängig ist. Jedem mit der Bedienung und Überwachung von Weichen und Signalen beauftragten Angestellten ist die Sorge für Menschen und Güter anvertraut. Eine Vernachlässigung dieser Pflichten kann die schwersten Schäden nach sich ziehen und muß, auch wenn keine besonders schädlichen Folgen ein-treten, streng bestraft werden. Hier aber sind derartige Folgen eingetreten. Die Angeklagten haben ihre Pflichten in gröblicher Weise verletzt. Der Angeklagte A. hat sich als Fahrdienstleiter nicht um den Zug Nr. 6553, den er in Gleis 1 hatte einfahren lassen, gekümmert; er hat noch nicht einmal, die bei einer Besetzung der Gleise in jedem Falle notwendigen und erforderlichen Hilfssperren angebracht. Der Angeklagte M., der den Zug mittels Weichenstellung in das Gleis 1 hat einfahren lassen, hat sich nachdem er die weitere Anweisung erhielt, den Zug Nr. 6719 ebenfalls in Gleis 1 einfahren zu lassen nicht davon überzeugt, ob der Fahrweg frei war, wie er dies pflichtgemäß hätte tun müssen. Beide Angeklagten haben über 30 Minuten Zeit gehabt, diese Maßnahmen durchzuführen. Bei dem infolge dieser groben Pflichtverletzungen der Angeklagten verursachten Schaden, insbesondere angesichts der Tatsache, daß ihrem Verhalten ein Menschenleben zum Opfer fiel, sind entsprechend der Verantwortlichkeit beider Angeklagten die ausgesprochenen Strafen zu gering. Das anigefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an das Kreisgericht Sch. zu verweisen. §§ 315, 316, § 2 StGB. Die Ausdehnung der Anwendung der §§ 315, 316 StGB auf den Omnibusverkehr würde gegen das Analogieverbot des § 2 StGB verstoßen. OG, Urt. vom 19. November 1954 3 USt V 1/54. Der Angeklagte war seit Juni 1954 als Omnibusfahrer im Linienverkehr beschäftigt. Am 21./22. August 1954 hatte er sich freiwillig für eine Sonderfahrt zur Verfügung gestellt, die am 22. August um 17 Uhr beendet sein sollte. Infolge Verzögerungen auf der Rückfahrt, die in anhaltendem Regen vor sich ging, traf der Angeklagte erst am 23. August gegen 1.15 Uhr wieder in seinem Wohnort S. ein. Er ließ das Fahrzeug vor seiner Wohnung stehen, weil er um 5.20 Uhr bereits die erste Fahrt des Berufsverkehrs durchführen mußte. Zwischen 4.30 und 4.45 Uhr stand der Angeklagte auf. Er war trotz der noch bestehenden Übermüdung der Ansicht, daß er die beiden ersten Fahrten nach B. und A. durchführen könne. Nach seiner Meinung bestand für diese beiden Fahrten keine Möglichkeit der Ablösung. Die erste Fahrt nach B. verlief ohne Zwischenfälle. Während der Fahrt von S. nach A. hatte der Angeklagte stark gegen die Müdigkeit anzukämpfen und schlief einige Male ein. In der Nähe des Holzplatzes vor den Steinbrüchen überholte er mit einer Stundengeschwindigkeit von 40 45 km einen Omnibus ordnungsgemäß. In der Nähe des Kilometersteines 11,2 verlor er die Herrschaft über den Wagen und fuhr nach der Unken Straßenseite, riß einen Straßenbegrenzungsstein um und fuhr gegen einen Baum. Der Omnibus stürzte die 12 Meter hohe Böschung hinunter, überschlug sich und blieb in der Nähe der Schienen liegen. Die Räder lagen an den Schienen und mußten abmontiert werden, um den Zugverkehr nicht zu behindern. Von den 33 Insassen des Omnibusses erlitten 15 schwerere und 18 leichtere Verletzungen. Am Omnibus entstand ein Sachschaden von etwa 18 000 DM. Die Untersuchungen am Kraftfahrzeug ergaben, daß der Unfall nicht auf technische Mängel zurückzuführen ist. Die Anklage legte dem Angeklagten zur Last, die Gesundheit von Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik und das Eigentum des Volkes geschädigt zu haben (Vergehen gegen §§ 315 Abs. 1, 316 Abs. 1, 230 StGB, § 1 StVO. § 73 StGB). Durch Urteil des Bezirksgerichts vom 23. Oktober 1954 ist der Angeklagte wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 230 StGB) zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden. Eine Verurteilung wegen Vergehens gegen §§ 315, 316 StGB hat das Bezirksgericht abgelehnt, weil eine Ausweitung des Tatbestandes des § 315 StGB auf den Omnibusverkehr eine nach § 2 StGB verbotene Analogie darstelle. Gegen dieses Urteil ist Protest eingelegt worden. Zur Begründung ist ausgeführt: Das Bezirksgericht habe nicht erkannt, daß durch die Fahrlässigkeit des Angeklagten eine Allgemeingefahr für 33 Arbeiter, von denen 15 durch den Unfall schwer verletzt worden seien, eingetreten sei. Außerdem sei auch der Omnibus für längere Zeit aus dem Personenbeförderungsverkehr ausgefallen. Bei der Wichtigkeit der Kraftfahrzeuge für den Arbeiterberufsverkehr sei es zwingend notwendig, den Angeklagten wegen fahrlässiger Transportgefährdung zu verurteilen. Durch die §§ 315, 316 StGB sei durchaus die Möglichkeit gegeben, den Arbeiterberufsverkehr zu schützen. Die Anwendung dieser gesetzlichen Bestimmungen auf den Kraftverkehr stelle keine Analogie im Sinne des § 2 StGB dar. Dem Protest mußte der Erfolg versagt bleiben. Aus den Gründen; Durch die §§ 315, 316 StGB wird, wie aus dem Gesetzestext hervorgeht, die Sicherheit des Betriebes einer Eisenbahn, einer Schwebebahn, der Schiffahrt, der Luftfahrt und der Straßenbahn geschützt. Bei diesen Verkehrs- und Transportmitteln handelt es sich ausschließlich um solche, deren Betrieb und Sicherheit nur durch besondere Anlagen z. B. Geleise, Drahtseile, feste Stromleitung, Signale, Leuchttürme, Bojen und ähnliches gewährleistet werden kann. Eingriffe, die die Sicherheit solcher Betriebe beeinträchtigen oder gefährden, stellen nicht nur eine erhebliche Gefahr für die in diesem Betrieb Beschäftigten, sondern auch eine Allgemeingefahr dar. Wie bereits ausgeführt, werden die Verkehrs- und Transportmittel, die des besonderen Schutzes des § 315 StGB bedürfen, nicht nur allgemein angegeben oder beispielsweise aufgeführt, sondern in dieser gesetzlichen Bestimmung genau festgelegt. Überdies sind die §§ 315, 316 StGB, worauf auch das Bezirksgericht zutreffend eingeht, in einer Zeit neu gefaßt, in der der Autobusverkehr bereits eine erhebliche Rolle spielte. Hieraus muß geschlossen werden, daß dieses Verkehrsmittel bewußt nicht aufgezählt worden ist. Es ist deshalb unmöglich, die §§ 315, 316 StGB auf den Auto- oder Omnibusverkehr auszudehnen. Eine derartige Ausdehnung widerspricht der gesetzlichen Bestimmung des § 2 StGB, in der ausgeführt wird, daß eine Handlung nur dann mit Strafe belegt werden kann, wenn diese Strafe gesetzlich bestimmt war, bevor die Handlung begangen wurde. Das Bezirksgericht hat daher zutreffend eine Verurteilung des Angeklagten wegen Transportgefährdung (§§ 315, 316 StGB) abgelehnt. Dem Bezirksgericht muß auch darin zugestimmt werden, daß eine Verurteilung des Angeklagten wegen fahrlässiger Transportgefährdung nicht erfolgen kann, weil der Omnibus nach dem Unfall in der Nähe der Schienen der Eisenbahn liegen blieb und dadurch den Zugverkehr behinderte. Auch diese weiteren Unfallfolgen stellen keine fahrlässige Transportgefährdung dar, weil sie nach den vorliegenden Umständen für den Angeklagten nicht voraussehbar waren. Wie das Bezirksgericht festgestellt hat, kreuzte die Eisenbahnlinie die Straße nicht. Für den Sturz des Autobusses gerade in der Nähe der Bahnlinie kann der Angeklagte deshalb nicht verantwortlich gemacht werden. Entscheidungen anderer Gerichte Strafrecht § 4 Berliner VO zum Schutze des innerdeutschen Handels vom 29. April 1950 (VOB1. I S. 96). Der Aufkauf von optischen und feinmechanischen Geräten in der Deutschen Demokratischen Republik und im demokratischen Sektor Groß-Berlins und ihr illegaler Transport von dort nach Westberlin oder Westdeutschland stellt einen ernsthaften und schwerwiegenden Angriff gegen den innerdeutschen Handel dar und verstößt gegen § 4 HSchVO. Stadtgericht Groß-Berlin, Urt. vom 10. Januar 1955 (102a) II 66/54. Aus den Gründen: Das vorliegende Strafverfahren hat sowohl wegen des Umfangs der zur Aburteilung stehenden Verbrechen wie wegen ihrer Bedeutung für unsere politische und volkswirtschaftliche Entwicklung mit Recht in großem Maße das Interesse der demokratischen Öffentlichkeit erregt. Gegenstand des Verfahrens ist die Verschiebung optischer und feinmechanischer Geräte insbesondere der in aller Welt geschätzten optischen Geräte des VEB Zeiss-Jena aus dem demokratischen Sektor Berlins in den Westen, an der alle Angeklagten in der einen oder anderen Weise und in verschiedenem Ausmaß beteiligt waren. 59;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 59 (NJ DDR 1955, S. 59) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 59 (NJ DDR 1955, S. 59)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei ungünstigen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ein wirksames Mittel zur Kontrolle über die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und Fristen, die im Zusammenhang mit der Verhaftung und Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel eine schriftliche Sprechgenehmigung auszuhändigen. Der erste Besuchstermin ist vom Staatsanwalt Gericht über den Leiter der betreffenden Diensteinheit der Linie mit dem Leiter der Abteilung rechtzeitig zu avisieren. ffTi Verteidiger haben weitere Besuche mit Verhafteten grundsätzlich mit dem Leiter der Abteilung in mündlieher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Dem Leiter der zuständigen Abteilung über Neigungen zu Gewalttätigkeiten, Suizidabsichten, Suchtmittelabhängigkeit, gesundheit liehe Aspekte, Mittäter; Übermittlung weiterer Informationen über Verhaftete die unter Ziffer dieser Dienstanweisung genannten Personen aus der Untersuchungsarbeit an den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung, dessen Stellvertreter oder in deren Auftrag an den Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung in seiner Zuständigkeit für das Disziplinargeschehen im Ministerium für Staatssicherheit sowie zur Durchsetzung der Rechtsnormen des Untersuchungshaftvollzuges und der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane auf dem Gebiet des Unter-suchungshaftvollzuges und zur Kontrolle der Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit in unserer gesamten Arbeit zu gewährleisten. Das ist eine wichtige Voraussetzung für unser offensives Vorgehen im Kampf gegen den Feind.

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