Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 582

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 582 (NJ DDR 1955, S. 582); in solchen Prozessen selbst als Kläger aufzutreten und selbständig Rechtsmittel einzulegen. Ob er solche Möglichkeit bei einer Neukodifizierung unseres Zivilprozeßrechts erhalten wird, wird wesentlich von der Entwicklung der Tätigkeit unserer Staatsanwälte auf den in Rede stehenden Gebieten abhängig sein. Aber auch die bei uns bestehende gesetzliche Regelung gibt unseren Staatsanwälten große und ehrenvolle Möglichkeiten, als Funktionäre unseres Staats, die aus der Arbeiterklasse stammen und ihr in ihrem täglichen Wirken aufs engste verbunden sind, als verständnisvolle Kenner der Lebensverhältnisse, aus denen die Rechtsstreitigkeiten der Bürger erwachsen, und als Marxisten-Leninisten zur Findung richtiger gerichtlicher Entscheidungen beizutragen. Dabei hat der Staatsanwalt sich mit keiner der streitenden Parteien zu identifizieren, er ist weder Parteivertreter noch Streitgenosse einer Partei. Er ist Vertreter unseres stolzen Staates der Arbeiter und Bauern. Er ist auch weder Anhängsel des Gerichts noch dessen Kontrolleur. Ihm steht eine systematische Kontrolle der ergangenen gerichtlichen Entscheidungen nicht zu, und er darf deshalb, wie im „Handbuch für den Staatsanwalt“ (S. 159) ausgeführt, auch nicht Urteilssammlungen der Gerichte zu dem Zweck anfordern, die ergangenen Entscheidungen auf ihre Kassations-bedürftigkeit zu überprüfen. Er soll mitwirken in allen Sachen, in denen ihm die Mitwirkung zur Pflicht gemacht ist: in allen Rechtsstreitigkeiten, die für die Entwicklung unserer Ordnung von Bedeutung sind, insbesondere in allen Prozessen, in denen eine Partei Rechtsträger von gesellschaftlichem Eigentum ist oder in denen grundsätzliche Rechtsfragen zur Entscheidung stehen. Betrachten wir den gegenwärtigen Stand der Mitwirkungstätigkeit unserer Staatsanwälte in zivil- und arbeitsgerichtlichen Verfahren, so müssen wir feststellen, daß er noch lange nicht befriedigend ist, wenn auch nicht mehr, wie vielleicht noch im Jahre 1954, davon gesprochen werden kann, daß der Staatsanwalt im Zivil- und Arbeitsrechtsprozeß nicht nennenswert in Erscheinung tritt. In erstinstanzlichen Verfahren vor den Bezirksgerichten wirkt der Staatsanwalt jetzt überall mit, in zweitinstanzlichen Verfahren nur mit Auswahl, nach schwerpunktmäßigen Gesichtspunkten. Erheblich schlechter steht es mit der Mitwikung der Bezirksstaatsanwälte bei den Bezirksarbeitsgerichten. Hier wird zwar teilweise auch schwerpunktmäßig, vielfach aber unsystematisch und sporadisch mitgewirkt, ein Mangel, der schleunigst überwunden werden muß. Immerhin haben einige Bezirksstaatsanwälte, insbesondere die in Karl-Marx-Stadt, Gera und Magdeburg, ihre Mitwirkung in zweitinstanzlichen Arbeitsrechtssachen im 1. Halbjahr 1955 gegenüber dem 2. Halbjahr 1954 nicht unerheblich gesteigert, so der Bezirksstaatsanwalt in Magdeburg von 35 auf 115 Verfahren. Bei den Kreisgerichten ist die Mitwirkung höchst unterschiedlich. Es gibt Kreisstaatsanwälte, wie z. B. den in Sternberg, die im 1. Halbjahr 1955 überhaupt nicht mitgewirkt haben. Es gibt aber auch Kreisstaatsanwälte, deren Mitwirkungstätigkeit Lob und Anerkennung verdient, so die des Kreisstaatsanwalts in Oschatz, der in dem genannten Zeitabschnitt an 113 Verfahren, und die des Kreisstaatsanwalts Potsdam-Land, der an 168 Verfahren teilgenommen hat, sowie die der Kreisstaatsanwälte in Stalinstadt, See-low und Fürstenwalde, deren Tätigkeit in Zivilverfahren sämtlich den Anfall an Strafsachen überstieg. In Berlin-Mitte hat der Staatsanwalt in dem genannten Zeitabschnitt sogar an 209 Zivilverfahren mitgewirkt. In Verfahren vor den Kreisarbeitsgerichten ist die Mitwirkung der Kreisstaatsanwälte noch erheblich schwächer. Es gibt einige hoffnungsvolle Ansätze, z. B. die Tätigkeit des Kreisstaatsanwalts in Stendal, der an 23 Arbeitsgerichtssachen mitgewirkt hat. Es gibt aber auch völlige Versager, wie den Kreisstaatsanwalt in Staßfurt, den das Kreisarbeitsgericht nicht ein einziges Mal gesehen hat. Diese mangelhafte Tätigkeit der Kreisstaatsanwälte kann weder mit der von der Organisation der Justizorgane abweichenden Organisation der Kreisarbeitsgerichte noch damit entschuldigt werden, daß den Kreisstaatsanwälten Terminsnachrichten und Prozeßunterlagen nur selten übersandt werden. Sie müssen eben dafür sorgen, daß sie ihnen übersandt werden ! Gerade das Gebiet des Arbeit'srechts, wo es um ihre Arbeit, um ihren Lohn geht, steht im Vordergrund des Interesses unserer Werktätigen, und unsere Staatsanwälte 'als frühere Werktätige müssen diesem Gebiet freudig ihre besondere Aufmerksamkeit zuwenden. Sie müssen deshalb im Sinne der Wahrung der Interessen unserer Werktätigen engen Kontakt mit den Kreisarbeitsgerichten hersteilen und gemeinsam mit ihnen die sehr im argen liegende Tätigkeit des FDGB auf diesem Gebiet aktivieren, insbesondere dabei mithelfen, daß die für die Werktätigen im Rechtsstreit auftretenden Prozeßvertreter in ganz anderer Weise qualifiziert werden, als es bislang der Fall ist. Sie müssen sich aber auch stärker bemühen, die geltenden Normen des Arbeitsrechts, insbesondere die von unserem Staat geschaffenen arbeitsrechtlichen Vorschriften, zum festen Bestandteil ihres Wissens zu machen. Das wird ihnen die Handhabung des kommenden neuen Arbeitsgesetzbuchs erleichtern. Die Arbeit der Kreisstaatsanwälte in bezug auf die Kontrolle der Konfliktkommissionen ist mancherorts noch mangelhaft; es gibt einige Kreisstaatsanwälte, die weder die Zahl der in ihrem Kreis existierenden Konfliktkommissionen kennen, noch wissen, wo sie bestehen. Im allgemeinen aber kann die Tätigkeit der Staatsanwälte auf diesem Gebiet als befriedigend bezeichnet werden. Sie haben erkannt, daß hier ein bedeutender Schwerpunkt gegeben ist und daß sie belehrend, anleitend und schulend bei den Konfliktkommissionen tätig sein müssen, wenigstens solange, als die Direktoren der Kreisarbeitsgerichte und ganz besonders der FDGB diese Aufgabe nur unzulänglich erfüllen. Bei ihren Schulungen, bei der Organisierung des Erfahrungsaustausches und bei Vorträgen, bei denen insbesondere die neue, für das Recht der Kündigung (§ 9 KündVO) so bedeutsame Richtlinie Nr. 4 des Obersten Gerichts erläutert wurde, sind unsere Staatsanwälte teilweise sehr erfolgreich gewesen. Sie haben feststellen können, wie groß das Bedürfnis unserer Werktätigen nach Rechtsbelehrung ist, wie sehr sie danach verlangen, das in unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat geltende Arbeitsrecht kennenzulemen. Andererseits haben die Staatsanwälte bei solchen Gelegenheiten die Auffassung der Werktätigen kennengelernt und im Erfahrungsaustausch wertvolle Erkenntnisse mit nach Hause genommen. Es hat sich bei der Teilnahme der Staatsanwälte an Sitzungen der Konfliktkommissionen und bei der laufenden Einsichtnahme in deren Beschlüsse gezeigt, daß die Kommissionen ihrer Aufgabe, die sozialistische Arbeitsdisziplin durchzusetzen und an der Fortentwicklung unseres Arbeitsrechts mitzuwirken, durchweg gerecht werden. Die Fälle, in denen der Staatsanwalt Aufhebungsanträge nach § 31 KKVO stellen mußte, sind wider Erwarten gering. Immerhin würde, so denke ich, eine sehr exakte und von tiefer Kenntnis unseres Arbeitsrechts getragene Nachprüfung der Beschlüsse der Konfliktkommissionen die Zahl der Aufhebungsanträge vermehren. In Berlin sind im 1. Halbjahr 1955 allein 67 Aufhebungsanträge gestellt worden. Fragt man nach den Ursachen der im ganzen noch unzulänglichen Arbeit der Staatsanwälte auf dem Gebiet der Mitwirkung in Zivil- und Arbeitsrechtssachen, so wird in erster Linie die „Scheu“ der Staatsanwälte geltend gemacht, ihre „Hemmungen“, auf diesen Gebieten tätig zu sein. Ich habe einen Staatsanwalt gesprochen, der mir erzählte, wie er im Anfang voll Beklemmungen im Gerichtstermin auf seinem Stuhl gesessen habe, sich überflüssig vorgekommen sei und nicht gewagt habe, gegenüber den „viel mehr wissenden“ Richtern seine eigene Meinung zu sagen, aber auch, wie er diese Scheu überwunden habe und wie in zunehmendem Maße der Richter von sich aus um seine Mitwirkung ersucht habe. Diese Scheu ist eine falsche Scheu. Der Staatsanwalt in unserem Staat der Arbeiter und Bauern bringt so viel Staatsbewußtsein, so viel an Kraft seiner Weltanschauung mit in den Gerichtssaal, daß ihn all das allein schon befähigt „mitzuwirken“, wenn auch zu Beginn in bescheidenem Maße. Er muß nicht schon im ersten Mitwirkungstermin seine Auf- 582;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit und die damit erlassenen Ordnungs- und Verhaltens-regeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstatt Staatssicherheit - Hausordnung - die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Unt,arBuchungshaft gerecht, in der es heißt: Mit detfifVollzug der Untersuchungs- der Verhaftete sicher ver-afverfahren entziehen und keine die Aufklärung oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht bestätigte oder die noch bestehende Gefahr nicht von solcher Qualität ist, daß zu deren Abwehr die Einschränkung der Rechte von Personen erforderlich ist. Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege, hat das Untersuchungsorgan das Verfahren dem Staatsanwalt mit einem Schlußbericht, der das Ergebnis der Untersuchung zusammen faßt, zu übergeben.

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