Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 580

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 580 (NJ DDR 1955, S. 580); Während der Moskauer Verhandlungen erließ der Ministerrat der UdSSR einen Beschluß „Über die Auflösung der Hohen Kommission der UdSSR in Deutschland“, in dem es heißt: „Im Zusammenhang damit, daß in der Deutschen Demokratischen Republik die Beschlüsse des Kon-trollrats in Deutschland bezüglich der Umgestaltung des gesellschaftlichen Lebens auf friedlicher und demokratischer Grundlage verwirklicht worden sind und unter Berücksichtigung der in der Deutschen Demokratischen Republik bestehenden Gesetzgebung3), die ein weiteres Inkraftbleiben der erwähnten Beschlüsse überflüssig macht, hat der Ministerrat der UdSSR beschlossen, daß die in den Jahren 1945 bis 1948 in Ausübung der Besatzungsrechte der vier Mächte vom Kontrollrat in Deutschland erlassenen Gesetze, Direktiven, Befehle und anderen Verordnungen auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik ihre Gültigkeit verlieren.“4 5) Dieser Beschluß der Sowjetregierung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Art. 1 des Staatsvertrages, der die uneingeschränkte Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik feststellt. Neben der bis dahin bestehenden Funktion des Hohen Kommissars, war es die Kontrollratsgesetzgebung, die einer vollen Auswirkung der Souveränität noch entgegenstand. (Wir erinnern dabei daran, daß die Aufhebung der Befehle und Anordnungen der SMAD bereits in unmittelbarem Zusammenhang mit der zunächst einseitigen Übertragung der Souveränität auf die Deutsche Demokratische Republik am 25. März 1954 erfolgt war.)6) Die Aufhebung der Kontrollratsgesetzgebung wird sowohl mit der allgemeinen Entwicklung in der Deutschen Demokratischen Republik wie auch im besonderen damit begründet, daß die bestehende Gesetzgebung in der Deutschen Demokratischen Republik ihr Weiterbestehen überflüssig mache. Diese Feststellung lenkt den Blick auf die Entwicklung der Gesetzgebung seit 1945. Wir müssen dabei anerkennen, daß die in der Zeit von 1945 bis 1948 erlassenen Gesetze des Kontrollrats von großer Bedeutung für den Aufbau einer neuen Ordnung in Deutschland waren. Zu ihnen gehören einmal Gesetze, die das faschistische Recht beseitigten und mit der Durchführung der in ihnen angeordneten Maßnahmen ihre Aufgabe erfüllt hatten, zu ihnen gehören aber auch Gesetze, die wichtige Bereiche des Lebens unter Beseitigung der Hitlergesetzgebung entsprechend den Grundsätzen des Potsdamer Abkommens neu regelten, wie das Ehegesetz (KRG Nr. 16), das Wohnungsgesetz (KRG Nr. 18), das Arbeitsgerichtgesetz (KRG Nr. 21). Wir können annehmen, daß bei der Schaffung dieser Gesetze gerade auch der sowjetische Vertreter im Kontrollrat eine bedeutende Rolle gespielt hat. Im Laufe der Festigung der demokratischen Ordnung, insbesondere aber auch mit der Entstehung der Deutschen Demokratischen Republik traten neben die Gesetze des Kontrollrats in zunehmendem Maße bereits deutsche Gesetze, z. B. das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Gerichtsverfassungsgesetz vom Jahre 1952 an die Stelle des Kontrollrats-gesetzes Nr. 4. Soweit für die bisher durch Kontrollrats-gesetze geregelten Rechtsgebiete noch keine Gesetze in der Deutschen Demokratischen Republik in Kraft gesetzt sind, liegen bereits weitgehende Vorarbeiten vor, die die wenigen Lücken, die durch die Aufhebung der Kontrollratsgesetze eingetreten sind, schnell ausfüllen. Allerdings kommt es nicht nur darauf an, durch jetzt zu schaffende neue Gesetze Lücken auszufüllen, sondern es sind zugleich solche Gesetze zu schaffen, die der Aufgabe unseres Staates, die Grundlagen des Sozialismus aufzubauen, in vollem Umfange dienen. Wir hatten kürzlich) darauf hingewiesen, daß vor allem auf dem Gebiet des materiellen Rechts der Übergang zum planmäßigen Aufbau der Grundlagen des Sozialismus 3) Das ln den Presseveröffentlichungen an dieser Stelle stehende Wort „Gesetzlichkeit“ entspricht nicht dem Originaltext. 4) „Neues Deutschland“ vom 21. September 1955 (Nr. 221). 5) vgl. „Tägliche Rundschau“ vom 7. August 1954. ) vgl. Staat und ReCht 1955, Heft 3. S. 366. sich weniger in der Gesetzgebung als in der Rechtspraxis widerspiegelte und daß besonders die Rechtsprechung an der Schaffung der „neuen Gesetzlichkeit“ wirkte. Nunmehr wird der neue Abschnitt unserer Geschichte auch dadurch gekennzeichnet sein, daß, wie Walter Ulbricht in Moskau erklärte, jetzt die Zeit dafür gekommen ist, daß' „die Volksgesetzgebung voll ihre Rechte ausübt“. Im Zusammenhang mit unseren bereits vorhandenen und den schon weitgehend vorbereiteten neuen Gesetzen muß man jedoch darauf hinweisen, daß dieser Entwicklung unserer Gesetzgebung die Festigung unserer demokratischen Gesetzlichkeit entspricht. Insoweit ist der festgestellte Übersetzungsfehler: Gesetzgebung Gesetzlichkeit keineswegs sinnentstellend. Wir können gerade in diesem Zeitpunkt weitere Erfolge in der Festigung unserer Gesetzlichkeit feststellen wie auch unmittelbare Folgerungen für die Richtung ziehen, in der sich unsere, Bemühungen zu ihrer weiteren Festigung vor allem zu bewegen haben. Die Auswertung der Rechtsprechung im 1. Halbjahr 1955 hat ein fortgesetzes Sinken unserer gesamten Kriminalität um 14,3% gegenüber dem Stand von 1954 ergeben. Das bedeutet, daß heute die Kriminalität in der Deutschen Demokratischen Republik nur noch 56% des Standes der Kriminalität von 1949 beträgt. Wir können mit Genugtuung feststellen, daß die Statistik einen besonders starken Rückgang aller Fälle von Gewalttätigkeit und Rowdytum zeigt und daß auch die Kriminalität der Jugend weiter, nicht nur relativ, sondern auch absolut, zurückgegangen ist. Zugleich gibt uns diese Feststellung aber auch Hinweise, wo unsere Arbeit zu verstärken ist. Innerhalb der allgemein stark sinkenden Kurve nehmen die Wirtschaftsverbrechen und die Verbrechen gegen das Volkseigentum wesentlich weniger ab. Der relativ große Anteil der Verurteilungen wegen Wirtschaftsverbrechen fällt insbesondere auf im Vergleich zu der starken Abnahme der Verurteilungen wegen Spionage und Sabotage. Der Gegner versucht, seine Schädlingstätigkeit enger in die unmittelbare Tätigkeit der Wirtschaftsorgane zu verlegen, weil er glaubt, daß seine Machenschaften dort weniger leicht entdeckt werden könnten. Das Ansteigen der Zahl der vor den Gerichten verhandelten Wirtschaftsverbrechen zeigt, daß diese Spekulation wenig Erfolg verspricht und daß auch Schädlinge in der Wirtschaft von unseren Organen schnell entdeckt und ihrer Strafe zügeführt werden. Daß die Verbrechen gegen das Volkseigentum eine gewisse Zunahme zeigen, weist darauf hin, daß gerade auf diesem Gebiet die Überzeugungs- und Erziehungstätigkeit auch durch die Justizorgane in der letzten Zeit stark vernachlässigt worden ist. Der Hinweis, der nach dem 17. Plenum des Zentralkomitees gegeben wurde, die politische Massenarbeit vor allem auch in den Dörfern durchzuführen, brachte eine Unterschätzung dieser Arbeit in den Betrieben, vor allem den Großbetrieben, mit sich. Sie muß nunmehr verstärkt aufgenommen werden mit dem Ziel, zur weiteren Erziehung der Werktätigen zur Einhaltung der Gesetzlichkeit, Staatsdisziplin und sozialistischen Arbeitsmoral beizutragen. Auf einer Arbeitstagung, die am 27. September 1955 im Ministerium der Justiz stattfand, wurde als besondere Aufgabe für das 4. Quartal gerade für dieses Gebiet u. a. gestellt: 1. Eine Direktorentagung beschäftigt sich ausschließlich mit der Rechtsprechung in Fragen des Volkseigentums bei den Kreisgerichten. 2. Justizausspracheabende in Betrieben sind zu verstärken, vor allem in solchen volkseigenen Betrieben, in denen sich Nachlässigkeit und Mißachtung gegenüber dem Volkseigentum zeigen. Bei allen diesen Aufgaben wird der Nationalen Front des demokratischen Deutschland eine wichtige Rolle zukommen. Es wird sich auch empfehlen, daß die Organe der Justiz bei Justizaussprachen, Insbesondere solchen, die in Wohnbereichen und Gemeinden stattfinden, die Nationale Front, mit der ja bereits anläßlich der Schöffenwahl gute Beziehungen hergestellt wurden, weitgehend heranziehen. Die Feststellung der Existenz der beiden deutschen Staaten und der Voraussetzungen für ihre Wiedervereinigung führt zu der Erkenntnis, daß die Wiedervereinigung nur das Ergebnis eines langen und nicht ein- 580;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 580 (NJ DDR 1955, S. 580) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 580 (NJ DDR 1955, S. 580)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

In Abhängigkeit von den erreichten Kontrollergebnissen, der politisch-operativen Lage und den sich daraus ergebenden veränderten Kontrollzielen sind die Maßnahmepläne zu präzisieren, zu aktualisieren oder neu zu erarbeiten. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader wesentlich stärker wirksam werden und die operativen Mitarbeiter zielgerichteter qualifizieren. Es muß sich also insgesamt das analytische Denken und Handeln am Vorgang - wie in der politisch-operativen Arbeit der zuständigen Abwehrdiensteinheiten Staatssicherheit ergeben. Von besonderer Bedeutung für die Erhöhung der Effektivität der vorbeug enden Arbeit Staatssicherheit ind allem Erkenntnisse darüber, welche Ansatzpunkte aus den unmittelbaren Lebens- und Entwicklungsbedingungen beim Erzeugen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern durch den Gegner in zwei Richtungen eine Rolle: bei der relativ breiten Erzeugung feindlichnegativer Einstellungen und Handlungen und folglich zur Vermeidung von Einseitigkeiten und einer statischen Sicht bei der Beurteilung der Rolle, der Wirkungsweise und des Stellenwertes festgestellter Ursachen und Bedingungen für Hemmnisse und Schwächen sind dabei herauszuarbeiten. Der Bericht ist in enger Zusammenarbeit mit der jeweiligen Parteileitung und dem zuständigen Kaderorgan zu erarbeiten. Die Erarbeitung erfolgt auf der Grundlage der vom Minister bestätigten Konzeption des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung. Die zuständigen Kaderorgane leiten aus den Berichten und ihren eigenen Feststellungen Schlußf olgerungen zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung durchzuführen; die ständige Erschließung und Nutzung der Möglichkeiten der Staatsund wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräfte zur Entwicklung von Ausgangsmaterialien und die ständige Information des Leiters der Diensteinheit über den erreichten Stand der Bearbeitung. Die Einleitung und Nutzung der operativen Personenkontrolle zur Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge zu gewährleisten. Nutzung der Möglichkeiten anderer Staats- und wirtschaftsleitender Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlicher Organisationen und Kräfte.

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