Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 58

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 58 (NJ DDR 1955, S. 58); Verbrechens gewesen, beruht auf einer Verkennung der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Objekt, Gegenstand und Mittel eines Verbrechens. In dem Artikel „Objekt und Gegenstand in unserer Rechtsprechung“ (NJ 1951 S. 538 f.) hat Benjamin bereits auf die Erkenntnisse der sowjetischen Strafrechtswissenschaft hingewiesen, die klargestellt haben, daß die Verkennung der Begriffe „Objekt“ und „Gegenstand“ eines Verbrechens häufig die richtige Beurteilung einer strafbaren Handlung unmöglich macht. Es muß daher im vorliegenden Fall zunächst geprüft werden, welches das durch den § 24 Kraftfahrzeuggesetz, nach dem der Angeklagte verurteilt worden ist, geschützte Objekt ist. Durch § 24 dieses Gesetzes soll die Sicherheit des Straßenverkehrs, also aller Teilnehmer am Straßenverkehr, geschützt werden. Um diese Sicherheit zu erreichen, bestimmt diese gesetzliche Norm, daß alle Führer von Kraftfahrzeugen beim Benutzen derselben im Besitz einer Fahrerlaubnis sein müssen, zu deren Erlangung Kenntnisse in der Beherrschung des Kraftfahrzeuges und der Grundregeln des Verhaltens im Straßenverkehr erforderlich sind. Benutzer von Kraftfahrzeugen, die infolge unzureichender Kenntnisse eine Fahrerlaubnis nicht erhalten haben oder denen die Fahrerlaubnis wegen verkehrswidrigen Verhaltens entzogen worden ist, stellen eine Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr dar. Das durch den Angeklagten angegriffene Objekt war also die durch Maßnahmen unserer Regierung gewährleistete Sicherheit im Straßen- und Kraftfahrzeugverkehr. Die Objektsverletzung konkretisiert sich in vielen t Fällen im Gegenstand des Verbrechens. Häufig wird der Gegenstand eines Verbrechens eine Sache sein. So ist ein gestohlenes Motorrad Gegenstand eines Vergehens gegen § 242 StGB, weil sich in ihm das geschützte Objekt, nämlich das gesellschaftliche oder persönliche Eigentum darstellt. Das ohne Führerschein gefahrene eigene Motorrad ist jedoch nicht Gegenstand eines Vergehens; in ihm konkretisiert sich kein durch unsere Rechtsordnung geschütztes Objekt. Es gibt nun Fälle, in denen jemand durch Verletzung seiner Pflichten gegenüber dem von der Rechtsordnung geschützten Objekt dieses Objekt unmittelbar, also ohne Vermittlung durch einen besonderen Gegenstand, angreift; dann fehlt es an einem konkreten Gegenstand des Verbrechens. [Hierauf hat Kudrjawzew in dem Artikel „Über die Wechselbeziehungen zwischen dem Objekt und dem Gegenstand des Verbrechens“ (NJ 1951 S. 53.3 ff.) hingewiesen, mit dem sich Benjamin in dem bereits zitierten Aufsatz beschäftigt.] Das ist z. B. dann der Fall, wenn der Täter nicht auf die Formen gesellschaftlicher Verhältnisse, „von außen her“ einwirkt, sondern durch Nichterfüllung seiner ihm vom Gesetz auferleeten ver-waltungsrechtlichen Pflichten gegen diese verstößt, also diese geschützten Verhältnisse „von innen her“ angreift, wie es z. B. bei einer Nichtbeachtung polizeilicher Meldepflichten der Fall sein kann. Zu dieser Gruppe strafbarer Handlungen gehört das vom Aneeklagten begangene Vergehen nicht. Er hat die Rechtsordnung „von außen her“ angegriffen. Sein verbotswidriges Verhalten ist der konkrete Ausdruck der Nichtachtung unserer gesellschaftlichen Ordnung: mit ihm gefährdete er allgemein die Sicherheit im Straßenverkehr, konki-et die Verkehrssicherheit auf der von ihm zur Tatzeit befahrenen Straße. Diese spezielle Verkehrssicherheit ist hier der „Gegenstand“ des Vergehens. Zwar hat sich das Vergehen auch in der Benutzung eines Gegenstandes, nämlich des Motorrades konkretisiert. Damit ist das Motorrad aber noch nicht „Gegenstand“ des Vergehens geworden, es war vielmehr Voraussetzung für den Angriff gegen das oben bezeichnete Objekt im gekennzeichneten Gegenstand, also, im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Generalstaatsanwalts, Mittel, um die Tat auszuführen. Bei Vergehen gegen § 24 Kraftfahrzeuggesetz kann also grundsätzlich das vom Täter benutzte Kraftfahrzeug gemäß § 40 StGB eingezogen werden. Die Entscheidung der Frage, ob von der im § 40 StGB gegebenen Möglichkeit der Einziehung im Einzelfall Gebrauch zu machen ist, liegt im pflichtgemäßen Ermessen des erkennenden Gerichts. Wegen der schwerwiegenden, insbesondere für den Betroffenen meist bedeutsamen materiellen Folgen dieser Sicherungsmaßnahme muß das Gericht unter besonders sorgfältiger Abwägung aller sachlichen und persönlichen Umstände der Tat eingehend prüfen, ob die Einziehung im Interesse der Verkehrssicherheit erforderlich ist. Im vorliegenden Fall war die Einziehung des Kraftrades gerechtfertigt. Der Angeklagte wurde am 4. Dezember 1952 wegen Übertretung des § 4 StVO durch das Kreisgericht Anklam verurteilt. Im gleichen Jahr wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Gleichwohl benutzte er das Kraftrad erneut und wurde durch Urteil des Kreisgerichts Anklam vom 7. Mai 1954 wegen Vergehens gegen §§ 23, 24 Kraftfahrzeugverkehrsgesetz zu einer Geldstrafe von 550 DM verurteilt. Auch hieraus zog er keine Lehren. Wie der vorliegende Fall beweist, benutzte er das Motorrad weiter ohne Fahrerlaubnis und suchte sich der polizeilichen Feststellung durch die Flucht zu entziehen. Hierbei kam es sogar zu einem Unfall. Wenn dieser auch keine weiteren Folgen nach sich zog, so zeigt diese Tatsache doch deutlich die rücksichts- und skrupellose Fahrweise des Angeklagten. Die vom Kreisgericht ausgesprochene Einziehung des Kraftrades war daher sowohl zur Gewährleistung der Sicherheit des Straßen- und Kraftfahrzeugverkehrs als auch, um dem Angeklagten die Möglichkeit zu nehmen, in Zukunft wieder auf gleiche Art und Weise straffällig zu werden, unbedingt notwendig. §§ 315, 316 StGB. Zur Strafzumessung bei Transportgefährdung im Eisenbahnverkehr. OG, Urt. vom 3. Dezember 1954 3 Zst II 197/54. Durch Urteil des Kreisgerichts L. vom 9. Juni 1954 sind die Angeklagten A. und M. wegen fahrlässiger Transportgefährdung in Tateinheit mit Wirtschaftsverbrechen und fahrlässiger Tötung verurteilt worden, und zwar der Angeklagte A. zu einem Jahr und sechs Monaten, der Angeklagte M. zu acht Monaten Gefängnis. Das Kreisgericht hat folgende Feststellungen getroffen: Die Angeklagten versahen in der NaCht vom 3. zum 4. April 1954 ihren Dienst auf dem Bahnhof in Grabow. Der Angeklagte A. war als Fahrdienstleiter auf dem Stellwerk GN und der Angeklagte M. als Weichenwärter auf dem Stellwerk GS tätig. Zwischen 3 und 4 Uhr wurde A. der Durchgangsgüterzug 6553 aus Richtung Wittenberge gemeldet: er wurde von der Zugüberwachung des Reichsbahnamtes Wittenberge angewiesen, diesen Zug in Grabow stehen zu lassen, da der Bahnhof Ludwigslust besetzt sei. Obwohl gemäß der Bahnhofsfahrordnung des Bahnhofs Grabow der DG 6553 ln das Gleis 2 hätte einfahren müssen, veranlaßte A., daß der genannte Zug abweichend hiervon in das Gleis 1 einiuhr. Etwa 30 bis 40 Minuten nach Einfahrt des Zuges DG 6553 erhielt A. Mitteilung, daß der DG 6719 aus Wittenberge ebenfalls auf dem Bahnhof Grabow anzuhalten sei. Daraufhin gab A. dem Angeklagten M. die Anweisung, den DG 6719 in Gleis 1 einfahren zu lassen, obwohl dort noch der DG 6553 stand. Der kurze Zeit später einfahrende Güterzug aus Richtung Wittenberge fuhr auf den in Gleis 1 stehenden Zug auf. Infolge des Unfalls wurde die mitfahrende Schaffnerin tödlich verletzt; außerdem entstand ein Sachschaden von etwa 40 000 DM. Da der Angeklagte A. seine Verpflichtung, bei Abweichungen von der Bahnhofsfahrordnung die beteiligten Bahnnofs-angestellten unter Angabe des Zuges und der nunmehr bestimmten Fahrstraße ausdrücklich auf die Abweichung hinzuweisen, nicht erfüllt und außerdem bei Besetzung der Gleise Hilfssperren an den betreffenden Fahrstraßenhebeln nicht angebracht hat, hat das Kreisgericht den Angeklagten eines fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 315, 316 StGB in Tateinheit mit Vergehen gegen § 222 StGB und § 1 Abs. 1 Ziff 1 und 2, Abs. 2 WStVO schuldig gesprochen. Den Angeklagten M. hat es wegen Verletzung der gleichen Bestimmungen schuldig gesprochen, weil dieser als Weichenwärter seiner Pflicht, den gesamten Zugablauf zu verfolgen und die Fahrstraße zu überprüfen, ob sie frei sei, nicht nachgekommen ist. Demgemäß hat es die erkannten Strafen ausgesprochen. Gegen dieses Urteil hat der Generalstaatsanwalt einen auf die Strafzumessung beschränkten Kassationsantrag gestellt. Die vom Kreisgericht ausgesprochenen Strafen seien unter Beiück-sichtigung der Folgen des von den Angeklagten verursachten Unfalls zu niedrig. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat nicht in vollem Umfang die Gefährlichkeit fahrlässig begangener strafbarer Handlungen, insbesondere auf dem Gebiet des Eisenbahnverkehrs, erkannt, sonst wäre es nicht zu dem Ausspruch dieser gröblich unrichtigen Strafen gekommen. Durch die Nichtbeachtung elementarer Vorschriften der Bahnhofsfahrordnung haben die Angeklagten A. und M. den Tod eines Menschen sowie einen Sachschaden von etwa 40 000 DM verursacht. Das Kreisgericht hat bei der Strafzumessung nicht genügend berücksichtigt, daß von der gewissenhaften Erfüllung der Dienstobliegenheiten der Reichsbahnangestellten die Sicherheit unseres gesamten Bahn- und Frachtverkehrs auf der 58;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 58 (NJ DDR 1955, S. 58) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 58 (NJ DDR 1955, S. 58)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

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