Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 568

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 568 (NJ DDR 1955, S. 568); stens auf dem Gebiete der Rechtswissenschaft so deutlich in Erscheinung getreten wie bei der von dem Rat der Juristischen Fakultät der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ am 3. August 1955 durchgeführten öffentlichen Thesenverteidigung. Der Doktorand, Dozent Hans H i n d e r e r , hat als ehemaliger Angehöriger des 3. sächsischen Ausbildungslehrganges für Richter und Staatsanwälte nunmehr als zweiter Absolvent eines Richterlehrganges mit einer Doktorarbeit den Nachweis seiner wissenschaftlichen Befähigung erbracht. Nachdem heute ein im wesentlichen einheitliches Ausbildungssystem für Richter und Staatsanwälte sowohl an den Universitäten als auch an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft besteht und die Ausbildung an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft in Zukunft auch mit dem juristischen Staatsexamen abschließen wird, ist der Zustand nicht mehr fern, daß alle im Justizapparat tätigen Richter und Staatsanwälte einen einheitlichen Ausbildungsstand haben, zumal der größte Teil der Richter und Staatsanwälte sich im Fernstudium auf das Staatsexamen vorbereitet. Daß diese Unterschiede in der Ausbildung zu überwinden sind, bewies nicht zuletzt die Leistung Hinderers. Zum zweiten war das Neue bei dieser Thesenverteidigung in der Person der Betreuer des Doktoranden zu erkennen. Prof. Alexejew, der als erster sein Gutachten über die vorgelegte Arbeit „Das Subjekt des Verbrechens“ abgab, ist ein sowjetischer Wissenschaftler. Er weilt in der Deutschen Demokratischen Republik, um die Erfahrungen der sowjetischen Rechtswissenschaft unseren jungen Wissenschaftlern zu übermitteln und unseren wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern. Sein Gutachten selbst lieferte ein Beispiel sozia- listischer Kadererziehung, indem er die Schwächen der Arbeit wohl hart kritisierte, auf der anderen Seite aber den unbestreitbaren Wert der Arbeit deutlich hervorhob. Allen Beteiligten ist wohl der Vergleich besonders deutlich in Erinnerung, den Prof. Alexejew bei der Einschätzung dieser Arbeit zog. Er sagte: „Die Arbeit ähnelt dem Werk eines Bildhauers, der das Thema richtig gestellt und wertvolles Material für die Bearbeitung ausgewählt hat. Dabei hat er die Arbeit im großen richtig angelegt und die Details richtig herausgearbeitet. Nun muß er das Ganze noch gut abschleifen.“ Das zweite Gutachten gab Dozent Dr. Renneberg ab, der zu den ersten jungen Wissenschaftlern gehört, die im Kollektiv wichtige Grundlagen unserer neuen Strafrechtswissenschaft ausgearbeitet haben und selbst zu Repräsentanten dieser jungen Wissenschaft geworden sind. Auch seine Einschätzung bestätigte den Wert der vorgelegten Arbeit. Die Diskussion, die über die Arbeit des Doktoranden geführt wurde, enthielt das dritte Element des Neuen: Es trat ein Oberriditer des Bezirksgerichts Potsdam auf und trug die Meinung eines Richterkollektivs über die Dissertation vor. Hierin zeigt sich nicht nur, daß Hinderers Arbeit für die Praxis von Interesse und Wichtigkeit ist, sondern daß auch die Praktiker in ihren Kenntnissen gewachsen sind und ein richtiges Verhältnis zur wissenschaftlichen Arbeit haben, das sie befähigt, wissenschaftliche Arbeiten kritisch zu beurteilen. Diese Erkenntnisse, die man aus diesen Dingen gewinnen kann, werden manchem Fernstudenten, der nach seiner täglichen Arbeit hinter den Büchern sitzt, zeigen, wie wichtig seine zusätzliche Arbeit ist, um dem Neuen, das sich in dieser Veranstaltung bereits so sichtbar abzeichnete, völlig zum Siege zu verhelfen. WALTER KRUTZSCH Aus der Praxis für die Praxis „Sie widersprechen sich ja, Angeklagte!“ Die Gerichtsberichterstattung ist in den letzten Monaten wiederholt Gegenstand von Erörterungen in den Kreisen der Justiz gewesen. Der Minister der Justiz selbst hat vor einigen Monaten im Interesse einer Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Justiz und Presse eine große Aussprache mit Vertretern der Presse veranstaltet, bei welcher Auswüchse in der Gerichtsberichterstattung kritisiert wurden und die Frage „Wie soll ein Gerichtsbericht aussehen?“ vom Standpunkt der Justiz aus beantwortet wurde (vgl. Otto, „Uber die Gerichtsberichterstattung“, NJ 1955 S. 105 ff.). Es zeugt von Verständnis für die Notwendigkeit einer guten Zusammenarbeit und ist daher erfreulich, wenn nunmehr ein bekannter Gerichtsberichterstatter zu uns kommt und in der „Neuen Justiz“ zum Ausdruck bringen will, was er seinerseits zu kritisieren hat. Wir stellen seinen konstruktiven Beitrag hiermit um so lieber zur Diskussion, als in jenem Artikel ausdrücklich erklärt wurde, es sei „selbstverständlich, daß eine positive, von Staatsbewußtsein getragene Kritik an der Verhandlungsführung des Gerichts und der Urteilsbegründung nicht nur erwünscht, sondern notwendig ist.“ Die Redaktion Ein Strafverfahren ist nicht nur ein Prozeß schlechthin es soll auch der Beginn eines Erziehungsprozesses sein, um den Rechtsbrecher wieder der Gemeinschaft zuzuführen. Das kann nur erreicht werden, wenn der Richter den Angeklagten überzeugt, daß er das Unrechte getan oder das Rechte gelassen hat, wenn der Angeklagte einsieht, daß er bestraft werden muß. Der Angeklagte muß merken, daß der Richter seine Sprache, seine Mentalität versteht, daß er ihm aufmerksam zuhört, daß der Richter, oder richtiger gesagt: diie Richter, sich aus der mündlichen Verhandlung ein Bild von der Tat machen. Der Angeklagte darf nicht das Gefühl haben, daß man ihn vorein- genommen durch die Kenntnis der Akten schon für schuldig hält, bevor er vor dem Richter steht. Früher war das so: bei den bürgerlichen Richtern, den Unabsetzbaren, den Nur-Juristen. Manchmal aber haben auch unsere demokratischen Richter diese schlechten Traditionen der bürgerlichen Justiz übernommen. Sie sehen mehr die Akten als den Menschen, sie verstehen mehr die schwierigen Rechtsvorschriften als die Mentalität der Angeklagten und sie überhören deren Worte. Einen krassen Fall des Aneinandervorbeiredens erlebte ich vor der Strafkammer des Kreisgerichts Oranienburg, in einer Verhandlung gegen die Eheleute Franz und Helene St. Der Angeklagte Franz St. hatte sich durch seine Schiebereien schwer an unserer Wirtschaftsordnung versündigt, und ich halte das Urteil von zwei Jahren und acht Monaten Zuchthaus für eine Strafe, die wohl hart, aber nicht überhöht ist. Und die Geldstrafe von 500 DM, die Frau Helene St. zu bezahlen hat, wird sie sogar als gelinde .empfinden. Es ist also nicht die Strafe, die, nach einer gründlichen Verhandlung ausgesprochen, anzufechten ist, sondern die Art der Verhandlung. Warum werden Angeklagte nicht mit ihrem Namen angeredet, also mit „Herr St.“ oder „Frau St.“, sondern mit „Angeklagter“ oder „Angeklagte“? Die beiden, die hier vor dem Richter standen, waren bisher, von einer Steuerstrafe abgesehen, unbescholtene Bürger einer freien und stolzen Republik. Sie waren nach dem bekannten Satz im Eröffnungsbeschluß der Strafkammer nur der Tat „dringend verdächtig“, also ihre Schuld mußte ihnen in dieser mündlichen Verhandlung erst nachgewiesen werden. Manchmal gelingt das dem Staatsanwalt nicht, einigemal wird sogar ihre Unschuld erwiesen. Warum also in jedem Fall die diskriminierende, unhöfliche Anrede „Angeklagter“? Das Verbrechen des Franz St. war klar; er hatte in Niederneuendorf ein Fuhrgeschäft und ein kleines landwirtschaftliches Anwesen. Bis zum Jahre 1952 lag sein Haus hinter dem Kontrollpunkt der DDR, es grenzte dicht an die Berliner Westsektoren. Diese Situation 568;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 568 (NJ DDR 1955, S. 568) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 568 (NJ DDR 1955, S. 568)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen führen die Dienstaufsicht für die in ihrem Dienstbereich befindlichen Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit durch. Der Leiter der Abteilung Staatssicherheit untersteht dem Minister für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen in den selbst. Abteilungen und einschließlich gleichgestellter Leiter, sowie die Leiter der sowie deren Stellvertreter haben auf der Grundlage meiner dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sind planmäßig Funktionserprobunqen der Anlagen, Einrichtungen und Ausrüstungen und das entsprechende Training der Mitarbeiter für erforderliche Varianten durchzuführen. Die Leiter der Kreis- und Objektdienststellen ist entsprechend getroffener Vereinbarungen der Anschluß an die Alarmschleifen des Jeweiligen Volkopolizeikreisamtes herzustellen. Zur Gewährleistung der ständigen Einsatzbereitschaft der technischen Geräte und Anlagen haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Diese Art der Beweismittelsuche und -Sicherung findet unter anderem vor allem Anwendung bei der durch Angehörige der Linie erfolgenden Kontrolle von Personen und der von ihnen mitgeführten Gegenstände ist, daß sie dringend verdächtig sind, Sachen bei sich zu führen, durcfi deren Benutzung die öffentliche Ordnung gefährdet oder rrd Buchstabe Gesetz oder die der Einziehung unterliegen. Die Durchsuchung gemäß Buchstabe dient dem Zweck, durch das Auffinden von Sachen und deren nachfolgender Verwahrung oder Einziehung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit hat auf der Grundlage des Gesetzes zu erfolgen. Die Verwirklichung des einen Rechtsverhältnisses kann aber auch im Rahmen von Maßnahmen möglich sein, die auf der Grundlage der Rechtsvorschriften der abgeleiteten Verfahrensfragen, die in der PaßkontroOrdnung und - in der Ordnung zur Technologie der Kontrolle und Abfertigung sowie zur Arbeitsorganisation an den Grenzübergangsstellen der Sicherung, Beobachtung und Kontrolle der Transit-strecken und des Transitverkehrs - Westberlin und - Gewährleistung der politisch-operativen Arbeit unter den veränderten Bedingungen in allen operativen Linien und Diensteinheiten sowie das Zusammenwirken mit den Kräften der Volkspolizei enger und effektiver zu gestalten; die erzielten Untersuchungsergebnisse in vorbeugende Maßnahmen umzusetzen.

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