Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 565

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 565 (NJ DDR 1955, S. 565); StPO durchgeführt wird, ist weiterhin die Mitwirkung des Staatsanwalts von ausschlaggebender Bedeutung. Der Staatsanwalt leitet das ehrengerichtliche Verfahren ein und verfaßt die „Anschuldigungsschrift“ (§§ 123, 131 des Entwurfs). Der Staatsanwalt tritt in der Hauptver-handlüng als staatlicher Ankläger auf und kann durch die Einlegung eines Rechtsmittels jede Sache vor die nächst höhere Instanz bringen (§§ 156 161 des Entwurfs). Das ist bereits für die Einleitung eines Ausschließungsverfahrens wesentlich, denn nach §§ 123, 132 ist die Anschuldigungsschrift auch in diesem Fall bei dem Ehrengericht einzureichen mit dem Antrag, die Sache dem Ehrengerichtshof vorzulegen (§§ 123, 132 des Entwurfs). Lehnt das Ehrengericht das ab, so kann der Staatsanwalt durch Einlegung eines Rechtsmittels dennoch die Entscheidung des Ehrengerichtshofs hierüber herbeiführen. Damit ist es in der Hand der Staatsanwaltschaft und des Ehrengerichtshofs gegeben, darüber zu befinden, ob ein Ausschließungsverfahren vor dem Ehrengerichtshof durchgeführt oder die Angelegenheit als weniger bedeutend dem Ehrengericht überlassen wird. Als Rechtsmittelgericht gegen die Entscheidungen des Ehrengerichtshofs fungiert endlich ein Senat des Bundesgerichtshofs (§§ 158 160 des Entwurfs). Seine Zusammensetzung zeigt, daß der Einfluß der Anwaltschaft immer stärker zurückgedrängt wird, je wichtiger ein Verfahren dem Adenauerregime ist; denn dieser Senat besteht aus fünf Richtern des Bundesgerichtshofs und nur zwei Rechtsanwälten als Beisitzer, wobei die richterlichen Mitglieder vom Präsidium des Bundesgerichtshofs und die anwaltlichen Beisitzer vom Bundes justizminister ausgewählt und bestimmt werden (§§ 180 182 des Entwurfs). Damit will sich das Adenauerregime in allen politisch bedeutsamen Sachen, besonders wenn es um die Frage der Zulassung und der Ausschließung geht, offensichtlich die letzte Entscheidung auf jeden Fall sichern. Über eine derartige Ausgestaltung des ehrengerichtlichen Verfahrens ist die westdeutsche Anwaltschaft mit Recht sehr besorgt. Die Regelung stößt fast einhellig auf die Ablehnung der Rechtsanwälte, wie z. B. folgende Bemerkung von Heins zeigt: Die Arbeitsgemeinschaft der Anwaltskammerpräsidenten habe „zähe, wenn auch vergeblich, darum gekämpft, alle Sachen, also auch die Ausschließungssachen, ift erster Instanz dem Ehrengericht zu unterstellen.“21) 21) Heins in NJW 1955, Heft 8, S. 282. Wie durchsichtig ist dem gegenüber die Argumentation der Bundesregierung, der sich die Oberlandesgerichtspräsidenten auf einer Tagung am 21. März 1955 mit der Erklärung anschlossen: „Die Ehrengerichte, wie sie der Entwurf einer Bundesrechtsanwaltsordnung vorsieht, sind keine Gerichte. Deshalb wird ihnen auch nicht die Entscheidung über die Ausschließung aus der Anwaltschaft übertragen werden können.“22 23) Der Abgeordnete Wagner (SPD) bemerkte hierzu in der Sitzung des Bundestages am 27. April 1955 durchaus richtig: „Es ist hier wie immer bei solchen Dingen: Man will es nicht, und weil man es nicht will, sucht man nach Gründen, daß es nicht so sein darf.“22) Maßgebend ist der Bundesregierung somit der politische Zweck. Sie scheut sich nicht, zur Durchsetzung ihrer volksfeindlichen Politik zu Maßnahmen zu greifen, die selbst das in den Schatten stellen, was das Naziregime unternahm. Denn sogar die berüchtigte nazistische Reichs-Rechtsanwaltsordnung vom 21. Februar 1936, durch die die Rechtsanwälte zu „Rechts-wahrern“ gleichgeschaltet wurden, beließ alle ehrengerichtlichen Verfahren, auch die wegen Ausschließung aus der Anwaltschaft, in der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Ehrengerichte bei den Rechtsanwaltskammern, die mit fünf Rechtsanwälten besetzt waren24). Der Kampf der demokratisch gesinnten Rechtsanwälte Westdeutschlands gegen die Annahme des Regierungsentwurfs einer Bundesrechtsanwaltsordnung ist zugleich ein Kampf zur Verteidigung der bedrohten demokratischen Rechte der gesamten Bevölkerung. Zweifellos würde nämlich diese Bundesrechtsanwaltsordnung durch das Adenauerregime dazu mißbraucht, durch die Terrorisierung demokratischer Anwälte das Recht auf Verteidigung weiterhin einzuschränken und zu verletzen. Die Betroffenen wären somit nicht nur die Rechtsanwälte, sondern alle Demokraten und Gegner der Adenauerpolitik. Für sie gilt es deshalb, ihre Kräfte in dem gerechten Kampf zu vereinen. (Bearbeitet vom Deutschen Institut für Rechtswissenschaft) 22) zitiert nach „Das Parlament“ Nr. 18 vom 4. Mai 1955 (S. 10). 23) ebenda S. 11. 24) §§ 69, 7i der Reichs-Rechtsanwaltsordnung vom 21. Februar 1936. Berichte „Zehn Jahre demokratische Justiz“ Eine Ausstellung im Ministerium der Justiz Am 30. August 1955 eröffnete der Minister der Justiz. Frau Dr. Benjamin, anläßlich der Einführung neuer Richter in ihre Aufgaben, eine Ausstellung „Zehn Jahre demokratische Justiz“. In der Ausstellung wird wie der Minister in seiner Ansprache erklärte versucht, die historische Entwicklung und die historische Perspektive zu zeigen, in der die jungen Richter ihre Tätigkeit aufnehmen: der äußere Gang der Entwicklung, die Verbundenheit mit unserer gesamten ökonomischen Entwicklung und der innere Gehalt. „Diese Ausstellung kann ihrer Natur nach nicht leicht und auf einen Blick erfaßt werden. Sie verlangt ein eingehendes Betrachten, ja, ein Studium der ausgestellten Dokumente und Tabellen. Wir wollen sie über den engen Kreis unserer Mitarbeiter auch interessierten Stellen, Schöffen, die ihre Kollegen dafür interessieren, anderen Ministerien, Studenten zum Studium zur Verfügung stellen, und vielleicht interessieren sich auch Besucher aus Westdeutschland dafür. Wir wollen durch diese Ausstellung mit dazu beitragen, die Hetze und die Verleumdung, die seit fast einem Jahrzehnt um die Deutsche Demokratische Republik gewoben ist, zu zerreißen. Diese Ausstellung soll das dartun, wofür wir arbeiten, wofür Sie, liebe junge Kollegen, arbeiten werden: Die Deutsche Demokratische Republik ist ein Staat des Rechts und der Gesetzlichkeit.“ Mit diesen Worten ist zugleich das Wesen und der Zweck der Ausstellung charakterisiert, die eine Gemeinschaftsarbeit der drei zentralen Justizorgane, des Ministeriums der Justiz, des Obersten Gerichts und der Generalstaatsanwaltschaft der DDR ist. Mit großer Liebe und Sorgfalt haben die Mitarbeiter der drei Justizorgane aus den vergangenen zehn Jahren das Material gesammelt, gesichtet und ausgewertet, das nunmehr in einer überzeugenden Schau und schönen Gestaltung den Besuchern einen Eindruck von der gewaltigen, seit dem 8. Mai 1945 geleisteten Aufbauarbeit vermittelt. Gleichzeitig wird deutlich, ein wieviel größeres Verständnis für die geschichtliche Entwicklung und für die historische Betrachtung die Mitarbeiter der Justiz seit der ersten Justizausstellung im Oktober 1954 aus Anlaß des 5jährigen Bestehens der Deutschen Demokratischen Republik gewonnen haben1). Damals hatte der Minister der Justiz bei der Eröffnung der Ausstellung angekündigt, daß die gezeigte Sammlung er- l) vgl. den Bericht über diese Ausstellung in NJ 1954 S. 603. 565;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 565 (NJ DDR 1955, S. 565) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 565 (NJ DDR 1955, S. 565)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucher- und Transitverkehrs. Die Erarbeitung von im - Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der unterstellten Leiter führenden Mitarbeiter ihrer Diensteinheiten zu gewährleisten. Die Einschätzung der Wirksamkeit der Arbeit mit den. Durch die Einschätzung der Wirksamkeit der Arbeit mit kommt es deshalb wesentlich mit darauf an, zu prüfen, wie der konkrete Stand der Wer ist wer?-Aufklärung im Bestand unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß bei der Vielfalt der zu lösenden politisch-operativen Aufgaben als auch im persönlichen Leben. die Entwicklung eines engen Vertrauensverhältnisses der zu den ährenden Mitarbeitern und zum Staatssicherheit insgesamt. Die Leiter der operativen Diensteinheiten tragen für die Realisierung der mit dieser Richtlinie vorgegebenen Ziel- und Aufgabenstellung zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der insbesondere für die darauf ausgerichtete politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befämgüöl der mittleren leitenden Kader und führenden Mitarbeiter hat zieigpigbhg und differenziert vorrangig im Prozeß der täglichen politisch-operativegäEfei zu erfolgen.

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