Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 551

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 551 (NJ DDR 1955, S. 551); von dem Aufkommen „supranationaler“ Machtgebilde, die die Nationalstaaten überflüssig machen, notwendig brüchig sein. Die jüngsten Ereignisse zeigen, daß diese Politik der Aggression, die „Politik der Stärke“, auf ihre Grenzen stößt. Die wirkliche Bewegung der Weltpolitik geht in der Richtung der Mobilisierung der Völker gegen die Politik der Aggression und Völkerunterdrückung in der Richtung der Entspannung und Respektierung der Rechte der Völker auf Frieden, Sicherheit und Selbstbestimmung. Um den Kampf um die Durchsetzung des Systems der kollektiven Sicherheit und der friedlichen Koexistenz der Völker erfolgreich führen zu können, ist es notwendig, klare Erkenntnisse darüber zu gewinnen, daß zwischen den in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegten Grundsätzen des Völkerrechts, die das Selbstbestimmungsrecht der Völker gewährleisten, auf der einen und den „supranationalen“ Machtsystemen der imperialistischen Mächte, die die Herrschaft über die Völker, den Weltstaat, erstreben, auf der anderen Seite ein unüberwindbarer Gegensatz klafft, daß die Herrschaftsprinzipien der letzteren die Negation der Grundsätze der Vereinten Nationen und des Völkerrechts darstellen. Die Einsicht in diese Tatsache ist um so bedeutsamer, als die Ideologen der Imperialisten danach streben, diese Gegensätze zu verwischen und das System der imperialistischen Weltherrschaft als ein System der Sicherheit und des Friedens hinzustellen. So wird das Recht der Völker auf ihre staatliche Souveränität und ihre nationale Selbstbestimmung als durchaus entbehrlich, ja sogar als Hemmnis für die Herstellung von Sicherheit und Frieden betrachtet. Ausgehend davon wird dann die Reform der Organisation der Vereinten Nationen und ihrer Satzung gefordert. Aus einem freien Bund freier Völker soll sie zu einem „supranationalen“ Machtorgan werden, zu einer Weltregierung, mit unbegrenztem Eingriffsrecht in die inneren Angelegenheiten der in ihr vereinigten Staaten. So heißt es in einem Manifest des „Gesamtverbandes der Parlamente für eine Weltregierung“ vom Herbst 1954 u. a.: „Verzichten wir also auf das Unmögliche, . nehmen wir es als gegeben hin, daß eine absolute nationale Souveränität in der modernen Welt nicht mehr möglich ist, . fordern wir alle Regierungen auf, die Gelegenheit zu ergreifen, . die Charta der Vereinten Nationen zu reformieren ., damit sie die Aufgabe erhält, über den Frieden in der Welt auf der Grundlage des Weltrechts zu wachen, damit sie eine Weltpolizeitruppe erhält .“ Solche Konstruktionen treten nicht immer so unverhüllt auf. In seiner Abhandlung „Theorie und Wirklichkeit im Völkerrecht“ vertritt der belgische Völkerrechtler Charles de Visscher hinsichtlich der kollektiven Sicherheit folgenden Standpunkt: „Der abstrakte und schematische Gedanke der internationalen Sicherheit entspricht den unpersönlichen Perspektiven des Rechts, er widerspricht jedoch den politischen Realitäten. Der Geisteszustand, der bei allen so verschieden ist und der, subjektiv gesehen, die Sicherheit bedeutet, kann nicht einheitlichen Gegebenheiten angenähert werden.“* 18) Die Forderung nach kollektiver Sicherheit ist danach also nicht der Ausdruck realer politischer Kräfte. Zwei amerikanische Autoren, C. Howard Johnson und G. Niemayer, charakterisieren in einer Abhandlung „Kollektive Sicherheit: die Geltung eines Ideals“19) das System der kollektiven Sicherheit als einen Irrtum. Es könne sich deshalb nicht durchsetzen, weil eben die Völker verschieden seien und es nicht in gleicher Weise begreifen könnten. „Es ist und war ein Irrtum, eine Besserung der internationalen Beziehungen auf dem Wege zu suchen, daß man von universellen Gedankengängen ausgeht und sie den verschiedenen Nationen in- 18) Charles de Visscher, Theories et realitCs en droit international public, Verlag A. Pedone, Paris 1953, S. 137/138. 18) Johnson und Niemayer, Collective Security: The Validity of an Ideal. International Organisation, Bd. 8, Nr. l, vom Februar 1954. tellektuell oder auf andere Weise aufzwingen will. Die kollektive Sicherheit in der Bedeutung, in der das Wort hier gebraucht wird, scheint ein derartiger Gedankengang zu sein.“ Diese beiden amerikanischen Autoren wollen nicht von solchen „universellen Gedankengängen“, d. h. von den allgemein gültigen Grundsätzen der Gleichberechtigung, der Selbstbestimmung der Völker usw., ausgehen, sondern von den politischen Machtverhältnissen. Diese Machtverhältnisse zeigen nach ihrer Auffassung auch, welche „Werte und Interessen“ es zu schützen gelte, daß diese „mit der Waffengewalt in Zusammenhang stehen“ und sie dadurch also durch die Waffengewalt „tatsächlich zu einer universellen Größe erwachsen können“. Dann heißt es weiter: „Das kommt darauf hinaus, Vorschläge zu machen, wie wichtig es wäre, den Vereinten Nationen neue Gedanken zugrundezulegen, wenn man in der gegenwärtigen Lage ihr größtes Potential entwickeln will .“ Der Zweck all dieser Ideologien und Pläne ist es, die nationale Unabhängigkeit der Völker und ihre staatlichen Souveränitätsrechte in den internationalen Beziehungen sowie im Völkerrecht zu negieren und der Politik der Aggression und der Völkerunterdrückung Tür und Tor zu öffnen. Sie streben danach, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Es unterliegt keinem Zweifel und die geschichtliche Entwicklung der letzten Jahre läßt es auch dem politisch Blinden offenbar werden , daß die Idee der kollektiven Sicherheit zu einer materiellen Macht wurde, die die Völker ergreift. In dem Maße, wie die Völker selbst auf den Plan treten, um ihr Geschick selbst in die Hände zu nehmen und alle Unterdrückung von sich zu schütteln, tritt die Idee der friedlichen Koexistenz und der kollektiven Sicherheit als eine die geschichtliche Entwicklung gestaltende Kraft hervor. Die im Jahre 1946/47 anhebende Welle der Politik der Einkreisung der sozialistischen Staaten und des Ausbaus der „supranationalen“ Machtsysteme hat ihren Zenit überschritten. Schon bei dem ersten Versuch, sich gewaltsam durchzusetzen, bei der Entfaltung der Aggression in Korea, stießen die Aggressoren auf den unüberwindlichen Widerstand des koreanischen Volkes. Das wahre Verhältnis der Kräfte wurde hier sichtbar. Damals legte Stalin dar, aus welchen geschichtlichen Gründen die imperialistischen Aggressoren, trotz ihrer Überlegenheit in der Kriegsausrüstung, das koreanische Volk nicht besiegen konnten: Für die Interventionssoldaten war dieser Krieg eine ungerechte Sache; sie kämpften für die Völkerunterdrückung, und dafür konnten sie keinen Enthusiasmus und keine Energien entwickeln. Das Bewußtsein der Gerechtigkeit des Kampfes, der moralische Faktor war nicht auf ihrer Seite. Das koreanische Volk erwies sich als unbesiegbar, weil es für seine Freiheit und Unabhängigkeit, für sein Leben selbst kämpfte. In diesem Kampf konnten sich die unermeßlichen Kräfte des Volkes weiter entfalten. Vor dieser Macht der stets wachsenden, schöpferischen Energien des Volkes, das für seine Freiheit kämpft, mußten die Aggressoren kapitulieren. Dasselbe sehen wir in Vietnam. Von hier sprang der Funke auf die Völker Asiens und Afrikas über: 29 Staaten Asiens und Afrikas, die eineinhalb Milliarden Menschen vertreten, bekundeten auf der Konferenz von Bandung ihre Entschlossenheit, die Sicherung ihrer Lebensgrundlagen in die eigenen Hände zu nehmen, diese auf dem festen Boden ihrer Selbstbestimmung zu begründen und aller Aggression und Unterdrückung entgegenzutreten. In der Deklaration von Bandung heißt es: „Freiheit und Frieden sind voneinander abhängig. Alle Völker müssen das Recht auf Selbstbestimmung haben, und Freiheit und Unabhängigkeit müssen so schnell wie möglich allen noch abhängigen Völkern gewährt werden. Alle Nationen sollten das Recht haben, ihr eigenes politisches und wirtschaftliches System und ihre eigene Lebensweise in Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen frei zu wählen.“20) 551 20) „Neues Deutschland“ vom 26. April 1955.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 551 (NJ DDR 1955, S. 551) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 551 (NJ DDR 1955, S. 551)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des Feindes sowie zur Erarbeitung anderer politisch-operativ bedeutsamer Informationen genutzt wurden, ob die Leitungstätigkeit aufgabenbezogen entsprechend wirksam geworden ist ob und welche Schlußfolgerungen sich für die Qualifizierung der Arbeit mit Anforderungs bildern zu geiben. Bei der Erarbeitung: von Anforderungsbildern für im muß grundsätzlich ausgegangen werden von der sinnvollen Vereinigung von - allgemeingültigen Anforderungen auf der Grundlage der exakten Einschätzung der erreichten Ergebnisse der Bearbeitung des jeweiligen Operativen Vorganges, insbesondere der erarbeiteten Ansatzpunkte sowie der Individualität der bearbeiteten Personen und in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlen. Das sind eng und exakt begrenzte gesetzliche Festlegungen; das Nichtvorliegen des Verdachts einer Straftat kann gegebenenfalls noch unter Berufung auf Strafgesetzbuch begründet werden und bei Jugendlichen kann in den gesetzlich bestimmten Fällen des gemäß von der Einleitung eines Ermittlunqsverfahrens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Strafverfolgung besteht darin, optimal zu sichern, daß der betreffende Jugendliche eine unmittelbare staatliche Reaktion auf seine gesellschaftsschädliche Handlungsweise erlebt, um daraus die erforderlichen Schlußfolgerungen zu ziehen.

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